VG Hannover, Urteil vom 10.07.2012 - 7 A 5059/11
Fundstelle
openJur 2012, 70327
  • Rkr:
Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren (noch), die Beklagte zu verurteilen, 6 mehr als 20 Jahre alte, ca. 15 m hohe Linden, die im öffentlichen Verkehrsraum in der Nähe des klägerischen Grundstückes stehen, zu entfernen bzw. zu stutzen, und ihnen außergerichtliche Kosten zu ersetzen.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks G. straße 25 im Gebiet der Beklagten. Das darauf in den Jahren 1989/1990 errichtete Reihenendhaus bewohnen sie selbst; die Klägerin zu 1. betreibt im Obergeschoss eine Wellness-Fußpflegepraxis. Die G. straße war bereits zum Zeitpunkt der Fertigstellung des klägerischen Wohnhauses beidseits mit Linden bestanden. Von den (zunächst) 7 streitbefangenen Linden stehen 3 zwischen dem östlich am klägerischen Grundstück verlaufenden Gehweg und der Fahrbahn der G. straße jeweils in einer Entfernung von ca. 2,25 m bis 2,40 m zur Grenze des klägerischen Grundstücks; der Abstand zwischen den Baumkronen und der Dachrinne an der östlichen Giebelwand der klägerischen Eckhausscheibe beträgt ca. 1,50 m bis 2,00 m. Jenseits der Fahrbahn auf der westlichen Seite der G. straße in Höhe der Häuser Nrn. 28 und 28a sind 4 Linden vorhanden - bei einer handelt es sich um eine kleinere Ersatzpflanzung -, die jeweils in einem Abstand von ca. 9,60 m zur Grundstücksgrenze der Kläger gepflanzt sind.

Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsvorgänge wandten sich die Kläger erstmalig fernmündlich am 13. Juni 2007 an die Beklagte. Die in der Nähe ihres Wohnhauses vorhandenen Linden nähmen das Licht, die Lindenblüten fielen auf den Gehweg und verwandelten diesen bei Regen in eine Rutschbahn.

Die Beklagte beschnitt im Herbst 2007 die Bäume in der G. straße, ohne dass dies die Klägerin zufrieden stellte. Nachdem die Kläger ihre Forderung, die Linden zu entfernen, erfolglos bei der Beklagten vorgebracht hatten, legten sie dieser ein vom 30. Oktober 2008 datierendes Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Akupunktur Dr. med H. vor, wonach bei der Klägerin zu 1. "seit Jahren eine bronchiale Hyperreagibilität mit allergischer Diathese" sowie "eine ausgeprägte Symptomatik mit Beschwerden und Atemnot und pulmonaler Dysfunktion … besonders in Bezug auf Linden" bestehe.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger trug vorprozessual gegenüber der Beklagten ergänzend vor, von den streitbefangenen Linden, insbesondere den drei ca. 2,15 m von der Grenze des klägerischen Grundstücks entfernt stehenden, gelange im Herbst abgeworfenes Laub, klebriges Sekret der Lindenzierläuse sowie im Juli abfallende Fruchtstände und gelber Lindenblütenstaub in großen Mengen auf das Grundstück der Kläger. Diese Verschmutzungen verursachten ein unzumutbares Maß an Reinigungsarbeiten. Lichtbilder und ein Protokoll über die Reinigungsarbeiten an den Tagen 31. Juli bis 09. August 2010 waren beigefügt.

Da die Beklagte das Entfernen der Bäume weiterhin ablehnte, haben die Kläger am 12. November 2010 bei dem Amtsgericht Hannover Klage erhoben (540 C 13206/10), das das Verfahren mit Beschluss vom 04. Februar 2011 an das Landgericht Hannover verwies (16 O 44/11). Eine von dort angeregte gerichtsnahe Mediation scheiterte im Oktober 2011. Das Landgericht Hannover verwies die Klage mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 an das Verwaltungsgericht Hannover.

Zur Begründung ihrer Klage wiederholen und vertiefen die Kläger ihr vorprozessuales Vorbringen.

Die Kläger haben zunächst beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die sich vor dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. an der westlichen Seite befindlichen 7 Lindenbäume, deren konkrete Lage dem als Anlage K 1 beigefügten Grundriss zu entnehmen ist, zu entfernen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, die sich vor dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. an der westlichen Seite befindlichen 7 Lindenbäume, deren konkrete Lage dem als Anlage K 1 beigefügten Grundriss zu entnehmen ist, auf eine angemessene Höhe von 5,00 m zurück zu schneiden und durch jährliche Rückschnitte auf dieser Höhe zu halten,

2. die Beklagte zu verurteilen, die in das Grundstück der Kläger hineingewachsenen Wurzeln des sich vor dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. an der westlichen Seite befindlichen Lindenbaumes, dessen konkrete Lage dem als Anlage K 1 beigefügten Grundriss zu entnehmen ist, zu entfernen,

3. die Beklagte zu verurteilen, die bestehenden Schäden, die durch den im Klageantrag zu 2) näher bezeichneten Lindenbaum und dessen Wurzeln auf dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. entstanden sind, auf ihre Kosten zu beseitigen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger eine monatliche finanzielle Entschädigung für die Reinigungsarbeiten zu zahlen, deren Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

4. die Beklagte zu verurteilen, den Klägern außergerichtliche Kosten in Höhe von 489,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise,

die Kläger gegenüber Rechtsanwältin H., Garbsen, in dieser Höhe freizustellen.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit übereinstimmend insoweit für erledigt erklärt, als mit der Klage die Verurteilung der Beklagten zur Entfernung (auch) derjenigen Linde, die jenseits des klägerischen Grundstücks an der G. straße am weitesten südlich steht (Ersatzpflanzung), und die Entfernung des Wurzelwerks, das von den unmittelbar dem klägerischen Grundstück benachbarten Linden auf jenes hinüber wächst, begehrt worden ist.

Die Kläger haben sodann in der mündlichen Verhandlung vor Ort beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1a) die sich vor dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. an der westlichen Seite des Grundstücks befindlichen sechs Lindenbäume - drei Bäume auf der östlichen Straßenseite und drei Bäume auf der westlichen Straßenseite in Höhe der Häuser Nrn. 28 und 28a - zu entfernen,

1b) hilfsweise,

die sich vor dem Grundstück der Kläger in der G. straße 25 in I. J. an der westlichen Seite des Grundstücks befindlichen sechs Lindenbäume - drei Bäume auf der östlichen Straßenseite und drei Bäume auf der westlichen Straßenseite in Höhe der Häuser Nrn. 28 und 28a - auf eine Höhe von 5,00 m zurückzuschneiden und durch jährliche Rückschnitte auf dieser Höhe zu halten,

1c) hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger eine monatliche finanzielle Entschädigung für die Reinigungsarbeiten zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird

und

2a) den Klägern außergerichtliche Kosten in Höhe von 489,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2b) hilfsweise

die Kläger gegenüber Rechtsanwältin H., Garbsen, in dieser Höhe freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen.

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss die Örtlichkeit am 10. Juli 2012 in Augenschein genommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

I.

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

II.

1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung außergerichtlicher Kosten, hilfsweise zur Freistellung gegenüber ihrer Prozessbevollmächtigten begehren (Klaganträge 2a) und 2b)). Denn insoweit fehlt es der Klage am Rechtsschutzbedürfnis. Gemäß § 161 Abs. 1 VwGO hat das Gericht im Urteil über die Kosten zu entscheiden; nach § 162 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwGO sind solche Kosten (u. a.) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten und sind die Gebühren und Auslagen (u. a.) eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest (§ 164 VwGO). Aus dem Zusammenhang dieser Vorschriften folgt, dass ein Kläger die Möglichkeit hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Rahmen des der Entscheidung in der Sache folgenden Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen, ein solcher Anspruch also nicht zulässigerweise gesondert klageweise geltend gemacht werden kann.

2. Im Übrigen ist die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig, jedoch unbegründet.

Die Voraussetzungen eines von den Klägern geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs müssen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erfüllt sein. Ein Anspruch auf Folgenbeseitigung ist gegeben, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert; der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf die Wiederherstellung des Zustandes, der im Zeitpunkt des rechtswidrigen Eingriffes bestand oder, falls dies unzweckmäßig ist, auf Herstellung eines gleichwertigen Zustandes (BVerwG, Urt. v. 06.09.1988 - 4 C 26/88 -, BVerwGE 80, 178 = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 188).

Nach § 32 des Niedersächsischen Straßengesetzes - NStrG - bleibt die Bepflanzung des Straßenkörpers dem Träger der Straßenbaulast - hier der Beklagten - vorbehalten. Die Kläger als Straßenanlieger haben alle Maßnahmen zu dulden, die im Interesse der Erhaltung und Ergänzung der auf dem Straßenkörper befindlichen Pflanzungen erforderlich sind. Diese Duldungspflicht verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (OVG Münster zur vergleichbaren Vorschrift in Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21.09.1999 - 23 A 875/97 -, NJW 2000, S. 754 = NuR 2001, S. 708 mwN); denn die Duldungspflicht wird von vernünftigen Gemeinwohlgedanken getragen. Die Bepflanzung der Straße und ihrer Nebenanlagen kann vielfältigen straßenbautechnischen und verkehrlichen Interessen oder aber auch der Straßengestaltung dienen. Zwecke können etwa die Befestigung der Böschung, die optische Führung der Straße, der Blendschutz und Windschutz oder der Schutz des Verkehrsteilnehmers vor Ablenkung durch die Umgebung bzw. sonstige fahrpsychologische Vorteile sein. Daneben haben Anpflanzungen regelmäßig bestandssichernde und verkehrslenkende Aufgaben. Die Bepflanzung der Straße und der Nebenanlagen erfüllt nicht zuletzt auch eine landschaftsgestalterische und landschaftsästhetische Funktion (vgl. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1989, § 32 Rn. 2; Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 290).

Nach der Rechtsprechung des OVG Münster endet die Duldungspflicht des Anliegers, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht hat, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führt bzw. solche Schäden hinreichend konkret zu befürchten sind oder aber die Nutzung dieser Grundstücke in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt wird; denn Art. 14 GG verbietet auch im nachbarlichen Verhältnis von öffentlicher Straße und Anliegergrundstück übermäßige - unmittelbare und mittelbare - Einwirkungen und verlangt eine angemessene Rücksichtnahme der Straße auf schutzwürdige Interessen des Anliegers.

Die von der Kammer durchgeführte Ortsbesichtigung hat nicht gezeigt, dass - soweit noch streitig zu entscheiden war - solche Schäden oder Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks gegeben oder in absehbarer Zukunft ernsthaft zu befürchten sind.

Soweit die Kläger die Verurteilung der Beklagten begehren, die 3 (noch) streitigen Linden auf der Westseite der G. straße zu fällen bzw. zurück zu schneiden, muss der Klage bereits deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil nach der Überzeugung des Gerichts von diesen Bäumen wegen ihres Abstandes von ca. 9,60 m zum klägerischen Grundstücks in keiner Hinsicht - sei es durch Laub-, Blüten oder Honigtaubefall - erhebliche Beeinträchtigungen i. S. d. dargelegten rechtlichen Maßstabes auf dieses Grundstück ausgehen können.

Auch wenn die Abstandsvorschrift des § 50 des Niedersächsischen Nachbargesetzes - NNachbG - hier keine Anwendung findet, weil § 50 NNachbG nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 NNachbG nicht für Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen und auf Uferböschungen gilt, so kann sie doch zur Orientierung dienen, weil sie wider gibt, wie der Gesetzgeber im Falle einer Interessenkollision wie der vorliegenden unter Nachbarn im zivilrechtlichen Rechtsverhältnis grundsätzlich entscheidet. Daran gemessen haben Bäume mit einer Höhe von mehr als 15 m - dies hier zugunsten der Kläger angenommen - nach § 50 Abs. 1 lit. f NNachbG mindestens einen Abstand von 8,00 m - gemessen von der Mitte des Baumes (§ 51 NNachbG) - von den Nachbargrundstücken einzuhalten. Dieser Mindestabstand wird durch die Linden auf der Ostseite der G. straße deutlich überschritten.

Aber auch die feststellbaren bzw. glaubhaft geschilderten Beeinträchtigungen durch herab fallendes Laub und durch die Verschmutzungen, die durch Lindenblütenstaub sowie durch sog. Honigtau entstehen, der von den 3 in unmittelbarer Nähe zum Grundstück der Kläger stehenden Bäumen an der Ostseite der G. straße ausgehen, sind von den Klägern als Anlieger grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen und rechtfertigen jedenfalls nicht die Beseitigung oder das Zurückschneiden dieser Linden. Nur bei quantitativ und/oder qualitativ ganz außergewöhnlichen Beeinträchtigungen kommt ein solcher Anspruch in Betracht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht das Sauberkeitsbedürfnis der Kläger als Maßstab dient, sondern dasjenige eines durchschnittlichen Hausgrundstückseigentümers.

Solche Beeinträchtigungen sind vorliegend nicht feststellbar. Die - wie den Klägern zuzugeben ist - jahreszeitlich bedingt geringe Menge an Laub und Blütenstaub, die bei der Inaugenscheinnahme auf dem klägerischen Grundstück zu sehen war, rechtfertigte die von den Klägern geforderte Maßnahme ohnehin in keinem Fall. Aber auch die Mengen an Laub und Blütenstaub, die im Herbst und im Frühjahr jeweils während einiger weniger Wochen zu erwarten und die auch auf den von den Klägern zum vorgelegten Verwaltungsvorgang bzw. zur Gerichtsakte gereichten Fotografien zu erkennen sind, übersteigen das Maß des als sozialadäquat Hinzunehmendem deutlich nicht.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass die Dachrinne ihres Hauses regelmäßig von Laub und Blütenstaub verstopft werde, ändert dies nichts an dem gefundenen Ergebnis. Unterstellt, dieser Vortrag trifft zu, wäre den Klägern zuzumuten, neben dem Fangkorb im Fallrohr gegebenenfalls die Dachrinnen mit Drahtgeflecht gegen Verstopfung durch Laub zu sichern (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 04.06.2004 - 2 B 2/02 -, , NVwZ 2005, 721). Im Übrigen sind die Dachflächenfenster im Dachgeschoss nach Norden und Süden eingebaut; keines befindet sich nach Osten gewandt gegenüber den streitigen Linden.

Das Ausmaß der Verschmutzung durch Honigtau, das im Ortstermin erkennbar war, überschreitet die Grenze des Zumutbaren ebenfalls bei weitem nicht, und dies, obgleich die Inaugenscheinnahme in den Zeitraum gefallen ist, in dem erfahrungsgemäß mit dem Höchstmaß an Honigtaubefall zu rechnen ist. Selbst wenn man mit den Klägern davon ausgeht, dass die in den Wochen zuvor überwiegend herrschende eher kühle und regnerische Witterung dafür gesorgt hatte, dass die Lindenzierläuse eine unterdurchschnittlich geringe Menge an Honigtau produziert hatten und in warmen, trockenen Sommern die Beeinträchtigung durch Honigtau erheblich höher ist, dürfte diese ebenfalls grundsätzlich als sozialadäquat von den Klägern hinzunehmen sein. Die schwarze Fläche an der Einfriedung ihres Grundstücks zur G. straße hin, auf die die Kläger im Ortstermin besonders hingewiesen haben und die sie als Rückstände des Honigtaus bezeichnet haben, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

Auch die von den Klägern vorgetragene "seit Jahren bestehende … bronchiale Hyperreagibilität mit allergischer Diathese" bei einer "ausgeprägten Symptomatik mit Beschwerden und Atemnot und pulmonaler Dysfunktion … besonders in Bezug auf Linden", die von der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Akupunktur Dr. med. H. im Jahre 2008 der Klägerin zu 1. attestiert wurde, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach Auffassung der Kammer kann es in dem vorliegenden rechtlichen Zusammenhang nicht auf die individuelle gesundheitliche Disposition des Betroffenen, hier die geltend gemachte Allergie, ankommen. Dies ist ein allgemein anerkannter Grundsatz beispielsweise im Umweltschutzrecht, etwa im Zusammenhang mit der Abwehrbarkeit von Immissionen, insbesondere Lärm, oder auch im Baunachbarrecht bei der Güterabwägung im Rahmen des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 24.07.2009 - 2 A 286/09 -, juris, zur Ablehnung einer Baumfällgenehmigung aufgrund einer Baumschutzsatzung). Es erscheint ohnehin zweifelhaft, ob sich die Situation angesichts des Umstandes, dass es sich bei der G. straße um eine Lindenallee handelt, durch das Fällen oder gar durch ein Zurückschneiden der 3 an das klägerische Grundstück angrenzenden Linden wesentlich verbessern würde.

Im Übrigen erscheint die objektive Nutzbarkeit eines Grundstücks als solches nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein aktueller Nutzer aufgrund einer subjektiven gesundheitlichen Disposition das Grundstück nur eingeschränkt nutzen kann (vgl. VG München, Urt. v. 09.06.2008 - M 8 K 07.5646 -, juris, zur Ablehnung einer Baumfällgenehmigung aufgrund einer Baumschutzsatzung).

Wollte man der Argumentation der Kläger folgen, wäre wohl eine Vielzahl von Straßenbäume in bebauten Gebieten zu entfernen, weil so viele Einwohner Deutschlands unter Pollenallergien leiden, dass wohl in der Nähe nahezu jedes dieser Bäume ein Allergiker wohnt oder arbeitet.

Aber selbst wenn die individuelle gesundheitliche, von unmittelbar angrenzenden Bäumen ausgehende Beeinträchtigung eines Grundstücksnutzers ein Abwehrrecht begründen könnte, so wäre vorliegend hierfür jedenfalls kein hinreichender Nachweis geführt. Für die eine Allergie auslösende oder verstärkende Wirkung eines Baumes auf Nutzer des Grundstücks ist der Betroffene nachweispflichtig. Er hat zu diesem Zweck grundsätzlich ein hinreichend aussagekräftiges und substantiiertes, in der Regel auf entsprechenden Allergietests beruhendes ärztliches Attest oder Gutachten vorzulegen (OVG Münster, Beschl. v. 13.02.2003 - 8 A 5373/99 -, NuR 2003, 575, zur Ablehnung einer Baumfällgenehmigung aufgrund einer Baumschutzsatzung). Ein solches aussagekräftiges Attest haben die Kläger nicht vorgelegt. Weder hat ein Facharzt/eine Fachärztin für Allergologie die Diagnose gestellt, noch sind Ergebnisse von Allergietests beigefügt.

Im Übrigen hat die Klägerin zu 1. während des Ortstermins angegeben, ihre Fußpflegepraxis im klägerischen Wohngebäude nach wie vor zu betreiben; daraus folgt, dass sie augenscheinlich durch ihre Allergie auch in den Sommermonaten - die nach ihrem Vorbringen wegen der größeren Menge an umher fliegenden Lindenblüten zu einer erhöhten allergischen Empfindlichkeit führen dürfte/müsste - nicht derart belastet ist, dass sie etwa arbeitsunfähig wäre.

Schließlich müssen sich die Kläger im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung widersprüchliches Verhalten vorhalten lassen. Denn der Kläger zu 2. und seine damalige Ehefrau schlugen zusammen mit anderen Anliegern der G. straße anlässlich der Fertigstellung des Straßenkörpers mit Schreiben vom 07. Juli 1994 der Beklagten u.a. vor, "vier Großbäume zu pflanzen, um den Alleecharakter der G. straße zu erhalten (siehe beiliegende Karte)". Auf den vom Kläger zu 2. während des Ortstermins hiergegen vorgebrachten Einwand, die Linden seien seinerzeit noch nicht so hoch gewesen, muss er sich darauf verweisen lassen, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt absehbar war, dass sowohl die vorhandenen als auch die - wohl auf Anregung der Anlieger - seinerzeit zusätzlich gepflanzten Linden die heutige Wuchshöhe erreichen würden.

Die Kläger können von der Beklagten auch nicht die Zahlung einer monatlichen finanziellen Entschädigung für die Reinigungsarbeiten, die sie infolge des Befalls von Laub, Blütenstaub und Honigtau vorzunehmen haben, erfolgreich geltend machen. Denn ein solcher Anspruch käme nur im Falle der rechtswidrigen Verletzung geschützter Rechtspositionen der Kläger in Betracht. Dies ist vorliegend jedoch nicht gegeben, weil die Kläger - wie ausgeführt - die von den streitigen Linden ausgehenden Beeinträchtigungen als sozialadäquat hinzunehmen haben.

III.

Soweit die Klage abgewiesen worden ist, haben die Kläger als Unterlegene gemäß §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Soweit das Verfahren nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt worden ist, verbleibt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO lediglich noch die Entscheidung über die Kosten, die nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu treffen ist. Es entspricht vorliegend billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens insoweit den Klägern aufzuerlegen, als die Klage ursprünglich auch auf die Verurteilung der Beklagten gerichtet war, eine siebte, jenseits der G. straße stehende Linde zu entfernen bzw. zu kappen. Denn insoweit wäre die Klage - wie sich aus den Ausführungen zur Begründetheit der Klage ergibt - erfolglos geblieben. Hingegen ist die Beklagte mit den Verfahrenskosten zu belasten, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der begehrten Verurteilung zur Entfernung des in das klägerische Grundstück eingedrungenen Wurzelwerks der unmittelbar benachbarten Linden übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Denn die Beklagte hat der Klage insoweit abgeholfen, ohne dass ihr der Rechtsgedanke aus § 156 VwGO zur Seite steht. Dass die Beklagte den Klägern bereits zuvor das Entfernen dieses Wurzelwerks angeboten hätte (ohne hieran Bedingungen zu knüpfen), ist den vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen; auch während des gerichtlichen Verfahrens ist dies bis zur mündlichen Verhandlung nicht geschehen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO