Hessisches LAG, Urteil vom 02.03.2012 - 3 Sa 955/11
Fundstelle
openJur 2012, 70289
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 – 3 Ca 16 /11 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Tenor der angefochtenen Entscheidung wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass sich die Vergütung des Klägers ab dem 1. August 2006 aus seinem Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in seiner jeweils gültigen Fassung, einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) richtet.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob sich die Vergütung der Klägerin seit dem 1. August 2006 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (im Folgenden: „TVöD“) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: „TVÜ-VKA“) richtet.

Die Klägerin vereinbarte mit dem Partner für psychisch Kranke im Landkreis A B, dem nicht tarifgebundenen Rechtsvorgänger des Beklagten, unter dem 10. November 1999 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage sie seit dem 19. April 1999 als Ergotherapeutin tätig ist und der auszugsweise die folgenden Regelungen enthält:

„...1. Allgemeines

Dieser Arbeitsvertrag beruht auf den „Richtlinien für die Errichtung und den Betrieb für Tagesstätten für psychisch Kranke/seelisch behinderte Menschen“ des LWV C in der jeweils gültigen Fassung.

2. Einstellung

2.1. …

2.2. Der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT)/Gemeinden gilt nur, soweit ausdrücklich in diesem Vertrag auf ihn Bezug genommen wird.

3. Vergütung

3.1. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem BAT/Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung.

Der Mitarbeiter erhält eine Vergütung, die der Vergütungsgruppe VIb des BAT entspricht.

3.2. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, den Arbeitgeber sofort über alle Änderungen, welche die Berechtigung zum Bezug und die Höhe des Ortszuschlags betreffen, zu benachrichtigen. Im Übrigen gelten die Regelungen des Paragraphen 29 BAT(Gemeinden).

3.3. Der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld wird in Anlehnung an den BAT gewährt, jedoch nur in der Höhe der Finanzierungsbewilligung des LWV.

3.4. Alle Verpflichtungen des Arbeitgebers stehen unter dem Refinanzierungsvorbehalt des LWV. Der Verein verfügt über keine eigenen Mittel zu Begründung des Arbeitsverhältnisses. Insofern sind Abschläge vom BAT möglich bis zur Höhe der zugesagten Refinanzierung.

4. Arbeitszeit

4.1. Die Arbeitszeit richtet sich nach den Bestimmungen des BAT (Gemeinden). Die Arbeitszeit beträgt gegenwärtig wöchentlich 30,5 Stunden.

7. Urlaub

7.1. Die Dauer des Erholungsurlaubs richtet sich nach den Bestimmungen des BAT (Gemeinden) in der jeweils gültigen Fassung.

7.2. Arbeitsbefreiung kann nach Paragraph 52 BAT (Gemeinden)gewährt werden.

11. Ausschlussfrist

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.…“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags vom 10.November 1999 wird auf Bl. 4 ff. d. A. Bezug genommen.

Am 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in Kraft, für den Bereich der Sparte Pflege- und Betreuungseinrichtungen der TVöD-B am 1.August 2006.

Jedenfalls für die Jahre 2005 bis einschließlich 2007 schloss die Klägerin mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten jeweils eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag, in der für das Jahr 2007auszugsweise Folgendes geregelt ist:

„…

Zur Kompensation der veränderten Finanzierung im Betreuten Wohnen wird die Eingruppierung und Einstufung nach BAT für das Jahr 2007 beibehalten auf dem Stand 31.12.2004. Bewährungsaufstiege werden 2007 vollzogen zum entsprechenden Datum unter Berücksichtigung der Veränderungspause lt. Zusatzvereinbarung für das Jahr 2005.

Tarifliche Gehaltserhöhungen finden nicht statt.

Der Mitarbeiter ist damit einverstanden, dass für das Jahr 2007 kein Urlaubsgeld und kein Weihnachtsgeld gezahlt wird. …“

Wegen der Einzelheiten der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag für das Jahr 2007 wird auf Bl. 75 d. A. 3 Sa 953/11 verwiesen.

Am 11. und 13. Februar 2008 veranstaltete der Rechtsvorgänger des Beklagten in seinen Betrieben in D und EMitarbeiterversammlungen, in denen den Mitarbeitern von seinem 2.Vorstand, Herrn F, die Einführung des TVöD mit der Maßgabe angeboten wurde, dass eine halbe Stunde Mehrarbeit zu leisten sei,alle Sonderzahlungen freiwillig seien und eine Altersstufensteigerung nicht stattfinde. Auf dieses Angebot ging die Klägerin nicht ein.

Unter dem 29. April/19. Mai 2008 schlossen der Rechtsvorgänger des Beklagten und der Betriebsrat eine rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene „Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung“, in der auszugsweise Folgendes geregelt wird und wegen deren Inhalt im Übrigen auf Bl. 76 d. A. 3 Sa 953/11verwiesen wird:

„… Präambel

Die Mitarbeiter des Vereins verzichten seit dem 1.1.2005freiwillig auf Teile ihres tariflich zustehenden Gehalts, weil die Vergütung der Fachleistungsstunden durch die Kostenträger nicht mehr kostendeckend ist.

Ziel dieser Betriebsvereinbarung ist, den Mitarbeitern des Vereins in Anerkennung der geleisteten Dienste eine Jahressonderzahlung zukommen zu lassen, sofern die dazu nötigen finanziellen Ressourcen vorhanden sind.

§ 1 Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten des Vereins, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen und

- deren Arbeitsvertrag sich auf den BAT bezieht und die einer Zusatzvereinbarung gemäß Anlage 1 zugestimmt haben oder

- deren Arbeitsvertrag sich auf den TVöD bezieht.

§ 2 Sonderzahlung

Der Vorstand des Vereins stellt das Betriebsergebnis der Bereiche „Betreutes Wohnen“ und „Tagesstätte“ fest, sobald der geprüfte Jahresabschluss vorliegt. Anschließend vereinbart die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat einvernehmlich, welcher Betrag für die Jahressonderzahlung zur Verfügung steht und wie die Verteilung erfolgt. Grundlage dieser Vereinbarung ist der geprüfte Jahresabschluss, der dem Betriebsrat rechtzeitig zur Kenntnis gegeben wird. Als Obergrenze für die individuelle Sonderzahlung gilt die Summe aus Urlaubsgeld und Zuwendung nach BAT bzw. der Prozentsatz nach § 20 Abs. 2 TVöD in der jeweils gültigen Fassung. …“

Am 1. Oktober 2009 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf den ebenfalls nicht tarifgebundenen Beklagten über.

Am 6. November 2009 fand bei dem Arbeitsgericht Kassel ein Gütetermin statt, nachdem die Klägerin gegen den Rechtsvorgänger des Beklagten Klage auf Feststellung ihrer Eingruppierung nach dem TVöD erhoben hatte. Auf Grund des Betriebsübergangs schlossen die Klägerin und der Rechtsvorgänger des Beklagten einen Vergleich, der eine Einmalzahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Frage der Geltung des TVöD zum Gegenstand hatte.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 1. Dezember 2010 (Bl. 8 d. A.) lehnte der Beklagte eine Eingruppierung nach dem TVöD ab.

Mit ihrer am 18. Januar 2011 bei dem Arbeitsgericht Kassel eingegangenen Klage hat die Klägerin die Überleitung in den TVöD im Hinblick auf ihre Vergütung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, weder Refinanzierungsvorbehalt noch ein etwaiges Missverhältnis zur Arbeitszeit änderten etwas an dem grundsätzlichen Anspruch auf Überleitung und Vergütung nach dem TVöD. In Ermangelung irgendwelcher anderer relevanter Regelungen,etwa eines neu geschlossenen Haustarifvertrages oder neuer einzelarbeitsvertraglicher Vereinbarungen, könne die durch den Wegfall der Dynamik des BAT entstandene Regelungslücke nur durch Einsatz des TVöD ausgefüllt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass sich die Vergütung aus ihrem Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Gemeinden, (TVöD-Gemeinden), in seiner jeweils gültigen Fassung, einschließlich des Überleitungstarifvertrages zum TVöD (TVÜ) richtet.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei unzulässig,dass sich die Klägerin mit ihrer Klage isoliert Vergütungsansprüche „herauspicke“. Sie vergesse, dass sich die Arbeitszeit nach dem Arbeitsvertrag ebenfalls nach den Bestimmungen des BATkommunal richte. Indem sie den Aspekt der verlängerten Arbeitszeit außer Acht lasse, bringe sie das vertragliche Leistungsgefüge durcheinander. Wenn die Klägerin eine Überleitung in den TVöDverlange, so müsse dies gleichzeitig auch bedeuten, dass die Arbeitszeit entsprechend dem TVöD verlängert werde. Sie hätte ihre Ansprüche auch unmittelbar nach Einführung des TVöD geltend machen müssen. Da dies nicht geschehen sei, seien die Ansprüche verfallen,jedenfalls aber verwirkt. Die Parteien hätten in dem Arbeitsvertrag zudem vereinbart, dass alle Verpflichtungen unter dem Refinanzierungsvorbehalt des Landeswohlfahrtsverbandes stünden. Die Klägerin berücksichtige mit ihrem Antrag jedoch diesen Refinanzierungsvorbehalt nicht. Er sei damit zu weit gefasst. Bei einer ergänzenden Vertragsauslegung sei maßgeblich darauf abzustellen, inwieweit er, der Beklagte, Vergütung nach dem BATgezahlt habe. Tatsächlich habe er die Zahlung der Vergütung immer von der Refinanzierung des Kostenträgers abhängig gemacht. Eine ergänzende Vertragsauslegung könne daher nur zu dem Ergebnis kommen, dass die Vergütungszahlung von der Refinanzierung abhänge.

Das Arbeitsgericht Kassel hat der Klage mit am 26. Mai 2011verkündetem Urteil stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrages ergebe, dass sich die in Ziff. 3 des Arbeitsvertrages geregelte Vergütung nicht mehr nach dem BAT,sondern dem TVöD richte. Nach Ziff. 3 des Arbeitsvertrages richte sich die Höhe der Vergütung nach dem BAT/Gemeinden in der jeweils geltenden gültigen Fassung. Diese Vereinbarung enthalte eine dynamische Bezugnahme, die allerdings den TVöD zunächst nicht erfasse. Sie enthalte insbesondere auch keine Bezugnahme auf etwaig den BAT ersetzende Tarifverträge. Der TVöD sei keine - neue -Fassung des BAT. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthalte infolge der Tarifsukzession eine nachträglich eingetretene Regelungslücke,die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Diese Regelungslücke sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dahingehend zu schließen, dass im Zweifel diejenigen Nachfolgeregelungen gälten, die typischerweise zur Anwendung kämen, wenn die ausgeübte Tätigkeit innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden. Da insoweit in dem Arbeitsvertrag ausdrücklich auf den BAT in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung Bezug genommen worden sei, schließe sich die Regelungslücke zwangsläufig durch die Anwendung des TVöD im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände.Die Regelungslücke sei anderweitig nicht zu schließen. Ob und inwieweit etwaige Refinanzierungsvorbehalte Einfluss auf die geschuldete Vergütung hätten, sei eine andere Fragestellung.Jedenfalls könne die Regelungslücke nicht dahingehend geschlossen werden, dass sich die Vergütung der Klägerin ausschließlich nach den Beträgen, die seitens des Kostenträgers (LWV) zur Verfügung gestellt würden, richte. Der Feststellungsanspruch sei weder verfallen noch verwirkt. Insbesondere folge aus der gerichtlichen Feststellung unmittelbar keine Leistungsverpflichtung des Beklagten. Ob und inwieweit – bezogen auf die Vergangenheit – Ansprüche auf Grundlage der in Ziff. 11 des Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist verfallen sein können,bleibe von dem Urteil unberührt. Schließlich ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei dem Beklagten ein Vertrauen geschaffen hätte, sie werde zukünftig Gehaltssteigerungen auf Grundlage der tariflichen Lohnentwicklung nicht mehr geltend machen.

Gegen das Urteil vom 26. Mai 2011, das dem Beklagten am 6. Juni 2011 zugestellt worden ist, hat er mit am 5. Juli 2011 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 6. September 2011 durch am 6.September 2011 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte macht mit der Berufung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, der erstinstanzliche Tenor sei zu weitgehend. Er führe dazu, dass der TVöD auf jedwede Vergütungszahlung einschließlich der Weihnachtsgratifikation und des Urlaubsgeldes Anwendung finde, ohne dass der Refinanzierungsvorbehalt in dem Arbeitsvertrag berücksichtigt werde. Es stelle sich zudem die Frage der Regelungslücke. Ab 2006seien im Betrieb des Rechtsvorgängers anderweitige Regelungen mit neu eingestellten Arbeitnehmern getroffen worden. Bei diesen Arbeitnehmern sei unter Verzicht auf Sonderzahlungen und Stufensteigerungen das Gehalt eingefroren worden. Es komme daher auch eine Auslegung in Betracht, nach der sich die Klägerin mit den mit den neuen Arbeitnehmern vorgeschlagenen Anpassungen hätte einverstanden erklären können und müssen. Der Anspruch sei zudem verfallen.

Der Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 - 3 Ca 16/11 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.Sie trägt vor, ein Verfall der Verpflichtung des Beklagten, sie nach dem TVöD zu vergüten, sei nicht eingetreten.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. Mai 2011 - 3 Ca 16/11 - ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64Abs. 2b) ArbGG statthaft und auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit des allgemeinen Feststellungsantrags bejaht. Der Antrag ist auch – wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat – begründet. Dies folgt aus der ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages vom 10.November 1999. Der Anspruch ist im Übrigen weder durch den Vergleich vom 6. November 2009 erledigt noch durch den Abschluss der Zusatzvereinbarungen oder durch Zeitablauf verwirkt noch verfallen. Im Einzelnen:

I.

Die Klage ist zulässig. Sie ist nicht nur hinreichend bestimmt,für sie besteht auch ein besonderes Feststellungsinteresse.

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die unterbliebene Aufnahme des arbeitsvertraglichen Refinanzierungsvorbehalts nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Antrag die Maßnahme, für die ein Recht bejaht oder verneint wird, so genau bezeichnen, dass die eigentliche Streitfrage zwischen den Beteiligten mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - AP ArbzG § 2Nr. 4; BAG 10. März 2009 - 1 ABR 87/07 - AP BetrVG 1972 Nr.16). Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag. Sein Gegenstand ist bei gebotener Auslegung nicht ungenau. Die Klägerin verlangt die Feststellung, dass sich die Vergütung aus ihrem Arbeitsverhältnis bei dem Beklagten nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, Gemeinden, (TVöD-Gemeinden), in seiner jeweils gültigen Fassung, einschließlich des Überleitungstarifvertrages zum TVöD (TVÜ) richtet. Dieser Antrag ist – wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – im Hinblick auf die betroffenen Vergütungsbestandteile auslegungsfähig. Die Klägerin hat zudem in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2012nochmals ausdrücklich klargestellt, dass die Vergütung in Ziff.3.1. des Arbeitsvertrages Gegenstand der Klage ist. Sie hat dort auch ausdrücklich klargestellt, dass sie die Anwendbarkeit des TVöDhinsichtlich der Vergütung ab dem 1. August 2006 begehrt. Danach ist der Antrag hinreichend bestimmt. Der Klägerin geht es darum,festgestellt zu wissen, dass sich die Höhe ihrer Vergütung nach Ziff. 3.1 ab dem 1. August 2006 nach dem TVöD bzw. dem TVÜ-VKArichtet. Danach sollen TVöD bzw. TVÜ-VKA maßgeblich für ihre Eingruppierung, hieran anknüpfende Tariflohnerhöhungen und etwaige Stufensteigerungen (zu deren Zulässigkeit nach dem TVöD vgl.BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - NZA 2012, 275 ff.) sein.Das Fehlen des Refinanzierungsvorbehalts nach Ziff. 3.4. in dem Klageantrag führt nicht zu dessen Unzulässigkeit. Selbst bei unterstellter Rechtswirksamkeit der Klausel bliebe diese durch Ziff. 3.1. unberührt. Durch den Klage stattgebenden Tenor wird nur festgestellt, dass Bezugsgröße in Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrages nicht mehr der BAT, sondern der TVöD bzw. der TVÜ-VKA in seiner jeweiligen Fassung ist.

2. Für die Klage besteht auch ein besonderes Feststellungsinteresse. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand haben (BAG21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101; BAG 22.Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 mwN). Das besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO muss aber als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein (BAG 17. Oktober 2007 -4 AZR 1005/06 - AP TVG § 1 Nr. 40).

Ein besonderes Feststellungsinteresse ist vorliegend gegeben.Denn mit dem Antrag kann der Streit der Parteien über das für die Vergütung der Klägerin nach Ziff. 3.1. maßgebliche Tarifwerk dauerhaft bereinigt werden. Dass es vorliegend um die allgemeine Anwendung der Vergütungsregelung eines bestimmten Tarifvertrages geht, ändert nichts daran, dass dieser Streit zwischen den Parteien abschließend entschieden werden kann (vgl. BAG 15. Juni 2011 -4 AZR 563/09 - EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr.35).

II.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien,soweit die Vergütung in Ziff. 3.1. in Rede steht, der TVöD bzw. der TVÜ-VKA Anwendung finden. Dies folgt aus der ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrags vom 10. November 1999. Die Regelung zur Arbeitszeit in Ziff. 4.1. steht dem ebenso wenig entgegen wie der Refinanzierungsvorbehalt in Ziff. 3.4. Die Geltendmachung des Anspruchs hindern auch nicht der Vergleich vom 6. November 2009sowie Ausschlussfristen und Verwirkung.

1. Die Vergütung in Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrages richtet sich für den von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum ab dem 1.August 2006 nicht nach dem BAT, sondern nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA. Dies folgt aus der ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrags vom 10. November 1999.

a) Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass weder der beklagte Verein noch dessen Rechtsvorgänger Tarifvertragspartei oder Mitglied einer Tarifvertragspartei sind. Eine unmittelbare und zwingende Geltung der Rechtsnormen des TVöD und des TVÜ-VKA gemäß §4 Abs. 1 Satz 1 TVG kommt aus diesem Grund nicht in Betracht.

b) Die Parteien haben den TVöD und den TVÜ-VKA nicht einzelvertraglich in Bezug genommen. Eine Inbezugnahme ergibt sich nicht aus Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrags der Parteien vom 10.November 1999. Dem steht der in erster Linie anhand des Wortlauts zu ermittelnde Bedeutungsinhalt der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel entgegen. Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrags lautet wie folgt:

„Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem BAT/Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung.

Der Mitarbeiter erhält eine Vergütung, die der Vergütungsgruppe VIb des BAT entspricht.“

aa) Bei Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrags der Parteien vom 10.November 1999 handelt es sich nach Form und Diktion um eine allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB, welche nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, aber zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Dies gilt gleichermaßen für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - EzTöD100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 24).

bb) Bei der von den Parteien vereinbarten dynamischen Verweisung auf die Vergütungsgruppe VIb BAT handelt es sich nicht um eine sog.Gleichstellungsabrede iSd. der früheren Rechtsprechung des 4.Senats des Bundesarbeitsgerichts, nach welcher eine in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten und vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf ein Tarifwerk, an das der Arbeitgeber selbst gebunden ist, regelmäßig die Gleichstellung der bei ihm beschäftigten nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer mit den tarifgebundenen bezweckt (vgl. zu dieser Rechtsprechung BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - AP TVG § 1Nr. 39 Bezugnahme auf Tarifvertrag). Diese Auslegung von Altverträgen hat zur Folge, dass die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer endet, beispielsweise durch den Austritt des Arbeitsgebers aus dem zuständigen Arbeitgeberverband. Der Gleichstellungsgehalt einer solchen Vereinbarung ist nach dieser Rechtsprechung auf den Zusammenhang zwischen der Dynamik der Bezugnahme und der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die bezeichneten Tarifverträge beschränkt (vgl. BAG 29. August 2007- 4 AZR 767/06 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 61; BAG18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 mwN.). Eine solche Gleichstellungsabrede liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der beklagte Verein selbst nicht tarifgebunden ist und durch die Inbezugnahmeklausel eine Gleichstellung der tarifgebundenen mit den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht hergestellt werden kann.

cc) Der Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien in Ziff. 3.1.des Arbeitsvertrags keine sog. Gleichstellungsabrede vereinbart haben, führt auch nicht dazu, dass die Bestimmung als sog.Tarifwechselklausel auszulegen wäre. Entscheidend für die Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut, denn die Arbeitsvertragsparteien haben die Möglichkeit, die Rechtsfolge eines Tarifwechsels ausdrücklich zu vereinbaren. Sie bestimmen mit ihrer vertraglichen Abrede den Umfang der Inbezugnahme. Wollen die Arbeitsvertragsparteien beispielsweise auch für den Fall einer durch einen Verbandswechsel geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers die Gleichstellung des Arbeitnehmers auf der Grundlage des dann einschlägigen Tarifrechts, haben sie die Möglichkeit, den Typus der Tarifwechselklausel zu wählen. Schlicht unterstellt werden kann der Wille zum Tarifwechsel nicht (vgl. BAG 22.Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - AP TVG § 1 Nr. 66 Bezugnahme auf Tarifvertrag).

Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel gibt keine ausreichenden Hinweise dafür, dass eine Tarifwechselklausel vereinbart worden ist. Ziff. 3.1. verweist zum Einen auf die Vergütungsgruppe IVb BATund auf den „BAT/Gemeinden in der jeweils gültigen Fassung“. Dies dient lediglich der Unterscheidung des BAT in der Fassung für die kommunalen Bediensteten und für die Bediensteten des Bundes und der Länder. Die Parteien haben schließlich keinen Passus aufgenommen, nach dem auch die den „BAT ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge“Anwendung finden sollen. Es handelt sich um eine zeit-, nicht inhaltsdynamische Bezugnahme.

dd) Die Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA folgt – wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat –vielmehr aus einer ergänzenden Vertragsauslegung.

(1) Die zeitdynamische Bezugnahme in Ziff. 3.1. ist lückenhaft.Der BAT besteht zwar noch fort und könnte mit seinem –nunmehr – statischen Inhalt die Vergütung der Parteien regeln. Dies widerspräche aber dem Zweck der zeitdynamischen Bezugnahme. Denn den Parteien ging es darum, die tariflichen Vergütungsregelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer Entwicklung einzubeziehen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrags die fehlende Fortführung des BAT bedacht haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschluss handelte es sich beim BAT vielmehr um ein schon seit langen Jahren beständig fortentwickeltes Tarifwerk,von dessen weiterem Bestand als Grundlage künftiger Tarifverhandlungen beide Arbeitsvertragsparteien ausgehen durften.Dieses Regelwerk wurde weitestgehend durch den TVöD und den TVÜ-VKAersetzt, wodurch der dynamischen Entwicklung des BAT ein Ende bereitet wurde. Da die arbeitsvertragliche Dynamik auf dieser Bezugnahme aufbaut, ist Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrags in dem von der Klägerin begehrten Zeitraum ab dem 1. August 2006 lückenhaft geworden (vgl. hierzu BAG 16. November 2011 - 4 AZR 781/09 -derzeit nv.).

(2) Diese Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die ergänzende Vertragsauslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss.Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG§ 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 mwN.; vgl. auch BAG 16. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - DB 2010, 1888 f.).

(?) Da die Parteien die Bezugnahmeklausel in Ziff. 3.1.des Arbeitsvertrags zeitdynamisch ausgestaltet haben, kann davon ausgegangen werden, dass es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in ihrem Interesse lag, die Vergütung bei einer faktisch nur noch statischen Weitergeltung des BAT einzufrieren. Bei dem Beklagten handelt es sich zudem ebenso wie bei seinem Rechtsvorgänger um einen gemeinnützigen Verein, der vom Landeswohlfahrtsverband und im Bereich der Jugendhilfe vom Jugendamt finanziert wird und damit eine Verbindung zur öffentlichen Hand aufweist.

Der Zweck der allgemeinen dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen.Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 15. Juni 2011 - 4AZR 563/09 - EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 35; BAG16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79).

Soweit der Beklagte vorträgt, dass sich die Frage der Regelungslücke stelle, weil ab 2006 im Betrieb des Rechtsvorgängers anderweitige Regelungen mit neu eingestellten Arbeitnehmern getroffen worden seien, deren Gehalt unter Verzicht auf Sonderzahlungen und Stufensteigerungen eingefroren worden sei, so führt dies entgegen seiner Auffassung nicht dazu, dass auch eine Auslegung in Betracht käme, nach der sich die Klägerin mit den mit den neuen Arbeitnehmern vorgeschlagenen Anpassungen hätte einverstanden erklären können und müssen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist nämlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch,wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR563/09 - EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 35; BAG 19.Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wäre aber die von dem Beklagten vorgenommene Anpassung nicht in Betracht gekommen, da gerade eine zeitdynamische Regelung gewollt war.

(?) Die Parteien haben in dem Arbeitsvertrag zwar nur einzelne Bestimmungen des BAT in Bezug genommen, gleichwohl haben sie kein „Baukastensystem“ geschaffen, das mehrere Elemente aus verschiedenen externen Normenwerken miteinander verknüpft und in einem eigenständigen Regelwerk miteinander verbindet (vgl. hierzu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - APBGB § 157 Nr. 38). Nur in einem solchen Fall wäre es geboten,den TVöD und den TVÜ-VKA nicht als Fortschreibung der Vergütungsstruktur nach dem BAT in Ziff. 3.1. anzusehen.

Die Parteien verweisen in dem Arbeitsvertrag auf einzelne Bestimmungen des BAT, ua. die Vergütungsgruppe, Arbeitszeit,Urlaubsregelungen und Nebentätigkeiten. Es handelt sich hierbei um eine pauschale Verweisung, nicht aber die Schaffung eines eigenen Normenwerks. Die Parteien haben bezüglich dieser Komponenten mit dem BAT eine Bezugsgröße geschaffen. Eine Verknüpfung innerhalb dieses Gefüges mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen ist nicht erfolgt.

Soweit der Beklagte rügt, der Refinanzierungsvorbehalt und die Erhöhung der Arbeitszeit nach dem TVöD stünden der Anwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKA auf die Vergütung in Ziff. 3.1. entgegen,so folgt die Kammer dem nicht.

Die Vergütungsdynamik in Ziff. 3.1. als solche hängt nicht von anderen Faktoren ab. Anders als der Beklagte womöglich meint, kommt eine Feststellung, welche die Vergütung nach dem TVöD Zug-um-Zug gegen eine entsprechende Erhöhung der Wochenarbeitszeit zum Gegenstand hat, nicht in Betracht. Die Klägerin war auch nicht gehalten, ihr Antragsziel dahingehend zu formulieren, um zu obsiegen. Denn die Frage, nach welchem Tarifwerk sich die Vergütung in Ziff. 3.1. richtet, kann losgelöst von der Frage beantwortet werden, welche Wochenarbeitszeit sie zu leisten hat. Die Eingruppierung der Klägerin und die sich hieraus der Sache nach ergebende Grundvergütung kann festgestellt werden, ohne dass feststeht, zu welcher Wochenarbeitszeit sie der Beklagte verpflichten kann.

Der Refinanzierungsvorbehalt in Ziff. 3.4. des Arbeitsvertrages kann schon deshalb keinen Einfluss auf das für Ziff. 3.1.maßgebliche Tarifwerk haben, weil er bei gebotener Auslegung auch auf TVöD und TVÜ-VKA Anwendung finden würde. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, würde dies aber nichts an der Begründetheit der Klage ändern, weil der Refinanzierungsvorbehalt wegen Intransparenz ohnehin keiner AGB-Kontrolle standhielte. Gemäß § 307 Abs. 1 BGBsind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam,wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2BGB. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur insoweit der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wie durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, weil in ihnen frei von gesetzlicher Regulierung die Art der Arbeitsleistung, die Höhe des Arbeitsentgelts und der Umfang der Arbeitszeit festgelegt werden,sind von der Angemessenheitskontrolle ausgenommen. Sie unterliegen jedoch der Transparenzkontrolle, § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese erfasst insbesondere Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistungen festlegen (BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 238/10 - EzA BGB 2002 §306 Nr. 5; BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - AP TVG § 1Altersteilzeit Nr. 38). Ziff. 3.4. ist nicht hinreichend klar und verständlich. Die Vertragsklausel bestimmt, dass alle Verpflichtungen des Arbeitgebers unter dem Refinanzierungsvorbehalt des Landeswohlfahrtverbandes stehen. Abschläge seien vom BATmöglich bis zu der Höhe der zugesagten Refinanzierung. Durch diese Vertragsgestaltung besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer als Vertragspartner des Arbeitgebers von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Denn es bleibt offen, welche Auswirkung die zugesagte Refinanzierung konkret auf die individuelle Vergütung hat, insbesondere bis zu in welcher Höhe die individuelle Vergütung gekappt werden kann. Die Klausel eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, bei Ausbleiben der Refinanzierung Abschläge von der vertraglich vereinbarten Vergütung in nicht bestimmter und unbegrenzter Höhe vorzunehmen. Damit wird das gesamte unternehmerische Risiko einseitig auf den Arbeitnehmer übertragen.Die Intransparenz von Ziff. 3.4. hat die Unwirksamkeit der gesamten Klausel zur Folge, vgl. § 306 Abs. 1 BGB.

(?) Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der TVöD ein den BAT ersetzender Tarifvertrag ist. Es handelt sich nicht um einen Fall des Tarifwechsels, sondern um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - AP BetrVG 1972 § 99Eingruppierung Nr. 38; vgl. auch BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09- AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21). Zwar sieht § 2 Abs.1 Satz 1 TVÜ-VKA nur eine Ersetzung des BAT durch den TVöDgegenüber den tarifgebundenen Mitgliedern der VKA vor, vorliegend steht jedoch nicht die Geltung des TVöD kraft unmittelbarer Tarifbindung in Frage, sondern die durch Auslegung zu ermittelnde Reichweite einer vertraglichen Inbezugnahmeregelung (vgl. auch BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - AP BetrVG 1972 § 99Eingruppierung Nr. 38). Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien bei der Vergütung in Ziff. 3.1. den TVöD-B und nicht den TVöD als maßgeblich erachten, sind durch die Parteien weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Die Geltendmachung der Vergütung nach dem TVöD und dem TVÜ-VKA wird nicht durch den gerichtlichen Vergleich vom 6.November 2009 gehindert. Mit der Einmalzahlung durch den Rechtsvorgänger des Beklagten sollte nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien im Kammertermin vom 2. März 2012 nicht die Anwendbarkeit oder Nichtanwendbarkeit des TVöD und des TVÜ-VKApräjudiziert werden.

3. Der von der Klägerin in dem vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Feststellungsklage geltend gemachte Anspruch auf Anwendung des TVöD und des TVÜ-VKA ab dem 1. August 2006 im Hinblick auf ihre Vergütung nach Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrages ist auch nicht verwirkt oder verfallen.

a) Der Verwirkung unterliegt grundsätzlich jeder Anspruch und jedes Recht (BAG 3. April 2007 - 9 AZR 281/06 - nv). Die Verwirkung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sein Recht über längere Zeit hinweg nicht ausgeübt hat - Zeitmoment - und bei dem Arbeitgeber dadurch die Überzeugung hervorgerufen hat, er werde sein Recht nicht mehr durchsetzen - Umstandsmoment - (vgl. BAG15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - NZA-RR 2011, 467 ff.). Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz (BAG14. Februar 2007 - 10 AZR 35/06 - NZA 2007, 690 ff.).

Vorliegend hat die Klägerin ihre Rechte gegenüber dem Beklagten zwar erst mit Klageschrift vom 18. Januar 2011 geltend gemacht. Es fehlt jedoch an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Auch der Beklagte trägt keinen konkreten Anlass vor, zu dem die Klägerin vor Erhebung der Klage zu irgendeinem Zeitpunkt zu verstehen gegeben hat, dass sie ihre Rechte aus Ziff.3.1. des Arbeitsvertrages nicht mehr geltend machen wolle. Ein Verzicht auf die Geltendmachung ihrer Rechte folgt insbesondere nicht aus dem Ausbleiben einer Reaktion auf das Angebot des Rechtsvorgängers des Beklagten in den Mitarbeiterversammlungen vom 11. und 13. Februar 2008. Das Angebot umfasste zwar die Einführung des TVöD, jedoch nur mit der Maßgabe, dass eine halbe Stunde Mehrarbeit zu leisten sei, alle Sonderzahlungen freiwillig seien und eine Altersstufensteigerung nicht stattfinde. Dass sie auf dieses Angebot nicht positiv reagierte, stellt keinen Umstand dar,aus dem der Beklagte bzw. dessen Rechtsvorgänger schließen konnte,dass die Klägerin nicht ihre Rechte aus Ziff. 3.1. des Arbeitsvertrages verfolgen werde. Denn diese sind weitgehender als das Angebot des Rechtsvorgängers des Beklagten, das den Arbeitnehmern finanzielle Zugeständnisse abverlangt hätte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Zusatzvereinbarungen zu dem Arbeitsvertrag ab dem Jahr 2005. Darin wurde ua. geregelt, dass zur Kompensation der veränderten Finanzierung im Betreuten Wohnen die Eingruppierung und Einstufung nach dem BAT für das jeweilige Jahr auf dem Stand 31.12.2004 beibehalten wird. Des Weiteren sollten auch tarifliche Gehaltserhöhungen nicht stattfinden. Durch diese Zusatzvereinbarungen wird weder die Geltung des BAT dauerhaft fortgeschrieben noch die Geltendmachung des TVöD und des TVÜ-VKAgehindert. Es handelt sich um einen punktuellen, anlassbezogenen Verzicht, mit dem die Arbeitnehmer freiwillig der finanziellen Lage des Rechtsvorgängers des Beklagten Rechnung getragen haben. Der Umstand, dass der Rechtsvorgänger des Beklagten eine solche Zusatzvereinbarung für erforderlich gehalten hat, spricht im Ergebnis dafür, dass beiden Seiten bewusst gewesen ist, dass den Arbeitnehmern darüber hinausgehende Ansprüche zugestanden hätten,diese aber durch den Rechtsvorgänger des Beklagten nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen hätten erfüllt werden können. Auch die Tatsache, dass die Zusatzvereinbarung jährlich aktualisiert wurde, spricht dafür, dass keine dauerhafte Regelung, welche die grundsätzliche Geltendmachung der Anwendbarkeit des TVöD auf die Vergütung in Ziff. 3.1. hindert, getroffen wurde.

b) Der Anspruch ist auch nicht nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrages verfallen. Der Anspruch auf Feststellung der Anwendbarkeit eines Tarifvertrages verfällt schon als übergeordnetes Mutter- oder Stammrecht, für das kein Fälligkeitszeitpunkt besteht, nicht (vgl. hierzu BAG 15.September 2004 - 4 AZR 416/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge:Metallindustrie Nr. 191).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Beklagte die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1ArbGG.

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