Hessisches LAG, Urteil vom 21.09.2011 - 8 Sa 109/11
Fundstelle
openJur 2012, 70281
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 18.11.2010 - 11 Ca 3716/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 11. Januar 2010 aufgrund einer Anfechtung der Beklagten wegen artlistiger Täuschung des Klägers über seine Einsatzfähigkeit beendet worden ist.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. November 2010 die Klage des Klägers auf Feststellung des Fortbestandes seines Arbeitsverhältnisses über den 07. Mai 2010 und auf Weiterbeschäftigung abgewiesen mit Urteil vom 18. November 2010. Auf dieses Urteil wird insbesondere hinsichtlich der Darstellung des Tatbestandes verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten, wird auf das Protokoll vom 11. September 2011 verwiesen. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger habe die Beklagte nicht bewusst über seine fehlende Nachtschichttauglichkeit getäuscht. Soweit in einem Gespräch im Vorfeld eine Vereinbarung mit der Beklagten und dem Abschluss des Arbeitsvertrages vom Kläger die Frage, ob er in Wechselschicht arbeiten könne, bejaht worden sei, habe er unter Wechselschicht nur den Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht, nicht aber den Einsatz in Nachtschicht verstanden. Für den Kläger sei nicht erkennbar gewesen, dass die Nachtschichttauglichkeit für die Beklagte ein entscheidendes Einstellungskriterium gewesen sei. Den Arbeitsvertrag habe der Kläger sich nicht mehr im Einzelnen durchgelesen. Ein Mitarbeiter A sei von der Beklagten ebenfalls aus dem gleichen Unternehmen, wie der Kläger, übernommen worden. Dieser habe nach Aufnahme seiner Tätigkeit für die Beklagte diese darüber informiert, dass er aus gesundheitlichen Gründen überhaupt keine Wechselschicht leisten könne.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 18. November 2010, Az. 11 Ca 3716/10

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 07. Mai 2010 fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Frachtabfertiger in Früh- und Spätschicht zu den im Übrigen unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 11.01.2010 weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger habe nicht nur anlässlich eines Gesprächs mit der Beklagten am 27. Oktober 2009, sondern auch in der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 16. November 2009 sowie mit dem Arbeitsvertrag vom 11. Januar 2010 eine uneingeschränkte Wechselschichttauglichkeit, insbesondere eine Nachtschichttauglichkeit ausdrücklich erklärt, obwohl diese nicht bei ihm vorhanden war. Der Kläger habe gewusst, dass seine Erklärung unrichtig gewesen sei, da er schon im Besitz einer ärztlichen Bescheinigung vom 28. Juni 1999 bzw. vom 11. Juli 2005 gewesen sei, die ihn gerade attestiert hätten, keine Schicht/Nachtarbeiten leisten zu können. Der Kläger habe auch gegenüber der Vorsitzenden im Gütetermin vom 27. Juli 2010 ausdrücklich erklärt, dass er im Gespräch am 27. Oktober 2009 unter Wechselschichtdienst den abwechselnden Einsatz in der Früh- Spät- und Nachtschicht verstanden habe. Nur aufgrund der ausdrücklichen Erklärung des Klägers im Rahmen des Gesprächs im Oktober über seine Schichttauglichkeit sei es zu der Vereinbarung über die Einstellung des Klägers als Frachtabfertiger zu den bei der Beklagten gültigen Arbeits- und Vertragsbedingungen gekommen, wozu ausdrücklich die Einsatzfähigkeit in allen bei der Beklagten durchgeführten Schichten und die durch arbeitsmedizinische Bestätigung nachgewiesene Wechselschichttauglichkeit gehörte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts.

Auf die Berufung des Klägers ist festzuhalten:

Die Beklagte hat den zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 11. Januar 2010 zu Recht mit ihrer Erklärung vom 07. Mai 2010 angefochten. Der Kläger hat die Beklagte durch seine arglistige Täuschung über seine Einsatzfähigkeit zum Abschluss des Arbeitsvertrages bestimmt. In § 4 des von den Parteien am 11. Januar 2010 unterschriebenen Arbeitsvertrags heißt es:

„2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, Nacht- und Wechselschicht zu leisten“.

Kurz nach Antritt seiner Arbeit zum 01.03.2010 hat der Kläger ärztliche Atteste vom 28.06.1999 und vom 11.07.2005 vorgelegt, wonach er keine Nacharbeit bzw. Schicht/Nachtarbeit durchführen soll. Damit steht fest, dass der Kläger bereits bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages wusste, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in Nachtarbeit eingesetzt werden kann. Mit späterem ärztlichen Attest vom 10. April 2010 und arbeitsmedizinischer Untersuchung vom 29. April 2010 wurden diese Einschränkungen bestätigt. Durch diese Täuschung über die nach dem Vertrag vorausgesetzte Schicht- und Nachtschichttauglichkeit ist die Beklagte zum Abschluss des Vertrages bestimmt worden. Wie die Beklagte vorgetragen hat, ist sie im Hinblick auf Planbarkeit aller Mitarbeiter und aus Gründen der Gleichbehandlung darauf angewiesen, dass die bei ihr Beschäftigten in allen Schichten eingesetzt werden können. Daran ändert auch nichts, dass Schichten getauscht werden können oder einzelne Mitarbeiter nur in bestimmten Schichten eingesetzt werden. Besteht ein Arbeitsverhältnis, kann der Arbeitgeber gezwungen sein, aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen eines Mitarbeiters für diesen den Einsatz in bestimmten Schichten auszuschließen. Gerade dieser Umstand lässt es aber als nachvollziehbar erscheinen, dass die Beklagte bei einer Einstellung Wert darauf legt, dass der neue Mitarbeiter in allen Schichten eingesetzt werden kann.

Soweit sich der Kläger auf eine anderen Mitarbeiter beruft, der nach Einstellung seine Schichtuntauglichkeit nachwies und dessen Arbeitsverhältnis nicht angefochten wurde, verkennt der Kläger: Entscheidend ist, dass er selbst bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages und eine Einschränkungen wusste.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sie erfolglos blieb.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund.

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