EuGH, Urteil vom 12.07.2012 - C-59/11
Fundstelle
openJur 2012, 69676
  • Rkr:
Tenor

Die Prüfung der vorgelegten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinien 2002/55/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut und 2009/145/EG der Kommission vom 26. November 2009 mit Ausnahmeregelungen für die Zulassung von Gemüselandsorten und anderen Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind, sowie von Gemüsesorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, sowie für das Inverkehrbringen von Saatgut dieser Landsorten und anderen Sorten beeinträchtigen könnte.

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit der Richtlinien

– 98/95/EG des Rates vom 14. Dezember 1998 zur Änderung der Richtlinien 66/400/EWG, 66/401/EWG, 66/402/EWG, 66/403/EWG, 69/208/EWG, 70/457/EWG und 70/458/EWG über den Verkehr mit Betarübensaatgut, Futterpflanzensaatgut, Getreidesaatgut, Pflanzkartoffeln, Saatgut von Öl? und Faserpflanzen, Gemüsesaatgut und über den gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzen, und zwar hinsichtlich der Konsolidierung des Binnenmarkts, genetisch veränderter Sorten und pflanzengenetischer Ressourcen (ABl. 1999, L 25, S. 1),

– 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (ABl. L 193, S. 1),

– 2002/55/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut (ABl. L 193, S. 33) und

– 2009/145/EG der Kommission vom 26. November 2009 mit Ausnahmeregelungen für die Zulassung von Gemüselandsorten und anderen Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind, sowie von Gemüsesorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, sowie für das Inverkehrbringen von Saatgut dieser Landsorten und anderen Sorten (ABl. L 312, S. 44).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Association Kokopelli (im Folgenden: Kokopelli) und der Graines Baumaux SAS (im Folgenden: Baumaux) über den Vertrieb von Gemüsesaatgut.

Rechtlicher Rahmen

Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Der Rat hat mit dem Beschluss 2004/869/EG vom 24. Februar 2004 den Abschluss des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (im Folgenden: Internationaler Vertrag) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt (ABl. L 378, S. 1).

Nach Art. 1 des Internationalen Vertrags hat dieser „im Einklang mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zur Erreichung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit“ zum Ziel.

Art. 5 des Internationalen Vertrags sieht vor:

„5.1. Nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Vertragsparteien fördert jede Vertragspartei einen integrierten Ansatz zur Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und wird insbesondere, sofern angebracht,
...
c) die Bemühungen von Bauern und ortsansässigen Gemeinschaften um On-farm-Bewirtschaftung und -Erhaltung ihrer pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft gegebenenfalls fördern oder unterstützen;
...“

Art. 6 des Internationalen Vertrags bestimmt:

„6.1. Die Vertragsparteien erarbeiten geeignete politische und rechtliche Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und erhalten diese Maßnahmen aufrecht.“
Nach Art. 7 Abs. 7.1 des Internationalen Vertrags nimmt „[j]ede Vertragspartei ..., sofern angebracht, die in den Artikeln 5 und 6 genannten Tätigkeiten in ihre Politiken und Programme für die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung auf und arbeitet unmittelbar oder über die [Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)] und andere einschlägige internationale Organisationen mit anderen Vertragsparteien bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zusammen“.

Art. 9 des Internationalen Vertrags sieht vor:

„9.1. Die Vertragsparteien erkennen den außerordentlich großen Beitrag an, den die ortsansässigen und eingeborenen Gemeinschaften und Bauern aller Regionen der Welt, insbesondere in den Ursprungszentren und Zentren der Nutzpflanzenvielfalt, zur Erhaltung und Entwicklung pflanzengenetischer Ressourcen, welche die Grundlage der Nahrungsmittel? und Agrarproduktion in der ganzen Welt darstellen, geleistet haben und weiterhin leisten.
...
9.3. Dieser Artikel ist nicht so auszulegen, als schränke er irgendwelche Rechte der Bauern ein, auf dem Betrieb gewonnenes Saatgut/Vermehrungsmaterial vorbehaltlich des innerstaatlichen Rechts und, sofern angemessen, zurückzubehalten, zu nutzen, auszutauschen und zu verkaufen.“

Unionsrecht

Richtlinie 2002/55

Die Richtlinie 2002/55 stellt einen gemeinsamen Sortenkatalog für Gemüsearten auf.

Die Erwägungsgründe 2 bis 4 und 12 dieser Richtlinie lauten:

„(2) Die Erzeugung von Gemüsesaatgut nimmt in der Landwirtschaft der Gemeinschaft einen wichtigen Platz ein.
(3) Der Erfolg des Anbaus von Gemüse hängt weitgehend von der Verwendung geeigneten Saatguts ab.
(4) Eine höhere Produktivität beim Gemüseanbau in der Gemeinschaft wird dadurch erreicht, dass die Mitgliedstaaten bei der Auswahl der zum Verkehr zugelassenen Sorten einheitliche und möglichst strenge Regeln anwenden.
...
(12) Saatgut der Sorten, die im gemeinsamen Katalog aufgeführt sind, darf innerhalb der Gemeinschaft im Hinblick auf die Sorte im Verkehr keinen Beschränkungen unterliegen.“

Die Richtlinie 2002/55 gilt nach ihrem Art. 1 „für die kommerzielle Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut von Gemüse in der Gemeinschaft“.

Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Gemüsesaatgut nur anerkannt, als Standardsaatgut kontrolliert und in den Verkehr gebracht werden darf, wenn seine Sorte in mindestens einem Mitgliedstaat amtlich zugelassen ist.“

Für die Zulassung der Arten zu den amtlichen Katalogen sieht Art. 4 Abs. 1 und 4 dieser Richtlinie vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Sorte nur zugelassen wird, wenn sie unterscheidbar, beständig und hinreichend homogen ist.
...
(4) Im Interesse der Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen gemäß Artikel 44 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten von den in Absatz 1 genannten Zulassungskriterien abweichen, soweit nach dem in [Artikel] 46 Absatz 2 genannten Verfahren besondere Bedingungen unter Berücksichtigung der Erfordernisse von Artikel 44 Absatz 3 festgelegt werden.“

Art. 5 der Richtlinie 2002/55 lautet:

„(1) Eine Sorte ist unterscheidbar, wenn sie sich ohne Rücksicht darauf, ob das Ausgangsmaterial, aus dem sie entstanden ist, künstlichen oder natürlichen Ursprungs ist, durch ein oder mehrere wichtige Merkmale deutlich unterscheidet von jeder anderen in der Gemeinschaft bekannten Sorte.
Die Merkmale müssen genau erkannt und genau beschrieben werden können.
...
(2) Eine Sorte ist beständig, wenn sie nach ihren aufeinanderfolgenden Vermehrungen oder, wenn der Züchter einen besonderen Vermehrungszyklus festgelegt hat, am Ende eines jeden Zyklus in ihren wesentlichen Merkmalen ihrem Sortenbild entspricht.
(3) Eine Sorte ist hinreichend homogen, wenn die Pflanzen, aus denen sie sich zusammensetzt – von wenigen Abweichungen abgesehen –, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Vermehrung der Pflanzen in Bezug auf alle zu diesem Zweck festgelegten Merkmale ähnlich oder in genetischer Hinsicht identisch sind.“

Art. 44 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2002/55 bestimmt:

„(2) Nach dem in Artikel 46 Absatz 2 genannten Verfahren können besondere Bedingungen festgelegt werden, um die Entwicklung in Bezug auf die Erhaltung in situ und nachhaltige Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen durch Anbau und Inverkehrbringen von Saatgut von

a) Landsorten und Sorten, die herkömmlicherweise an bestimmten Orten und in bestimmten Gebieten angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind, unbeschadet der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1467/94 des Rates vom 20. Juni 1994 über die Erhaltung, Beschreibung, Sammlung und Nutzung der genetischen Ressourcen der Landwirtschaft [ABl. L 159, S. 1] zu berücksichtigen;

b) Sorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, zu berücksichtigen.

(3) Die in Absatz 2 genannten besonderen Bedingungen schließen insbesondere Folgendes ein:

a) Im Fall von Absatz 2 Buchstabe a) werden solche Landsorten und Sorten in Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen. Dabei werden insbesondere die Ergebnisse nicht amtlicher Prüfungen sowie Erkenntnisse, die aufgrund praktischer Erfahrung während des Anbaus, der Vermehrung und Nutzung gewonnen wurden, sowie die ausführlichen Beschreibungen der Sorten und ihre entsprechenden Bezeichnungen, wie sie den betreffenden Mitgliedstaaten mitgeteilt wurden, berücksichtigt, die, wenn sie ausreichend sind, zu einer Freistellung von der vorgeschriebenen amtlichen Prüfung führen. Nach ihrer Zulassung wird eine solche Landsorte oder Sorte im gemeinschaftlichen Sortenkatalog als ‚Erhaltungssorte‘ aufgeführt;

b) im Fall von Absatz 2 Buchstaben a) und b) geeignete mengenmäßige Beschränkungen.“

<<<

Art. 48 der Richtlinie 2002/55 bestimmt:

„(1) Nach dem in Artikel 46 Absatz 2 genannten Verfahren können besondere Bedingungen festgelegt werden, um die Entwicklung in folgenden Bereichen zu berücksichtigen:
...
b) Voraussetzungen, unter denen Saatgut unter Berücksichtigung der Erhaltung in situ und der nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen in Verkehr gebracht werden darf, einschließlich Saatgutmischungen von Arten, die auch in Artikel 1 der Richtlinie 2002/53 ... aufgeführte Arten enthalten und mit spezifischen natürlichen und halbnatürlichen Lebensräumen assoziiert und von genetischer Erosion bedroht sind;
...
(2) Die besonderen Bedingungen gemäß Absatz 1 Buchstabe b) umfassen insbesondere folgende Punkte:
a) die Herkunft des Saatguts dieser Arten muss bekannt und von den zuständigen Behörden in den einzelnen Mitgliedstaaten für das Inverkehrbringen des Saatguts in bestimmten Gebieten zugelassen sein;
b) entsprechende mengenmäßige Beschränkungen.“

Richtlinie 2009/145

Mit der Richtlinie 2009/145 werden Art. 4 Abs. 4, Art. 44 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2002/55 mit dem Zweck durchgeführt, die pflanzengenetischen Ressourcen zu erhalten.

Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 14 der Richtlinie 2009/145 lauten:

„(1) Die Aspekte Biodiversität und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie verschiedene Entwicklungen auf internationaler und auf Gemeinschaftsebene zeigen. Als Beispiele seien genannt: der Beschluss 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt [ABl. L 309, S. 1], der Beschluss 2004/869 ..., die Verordnung (EG) Nr. 870/2004 des Rates vom 24. April 2004 über ein Gemeinschaftsprogramm zur Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1467/94 [ABl. L 162, S. 18] und die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) [ABl. L 277, S. 1]. Im Rahmen der Richtlinie 2002/55 ... sollten besondere Bedingungen festgelegt werden, um diesen Fragen hinsichtlich des Verkehrs mit Gemüsesaatgut Rechnung zu tragen.
(2) Zur Gewährleistung der In-situ-Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sollten Landsorten und andere Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind (Erhaltungssorten), angebaut und in Verkehr gebracht werden, selbst wenn sie nicht die allgemeinen Anforderungen an die Zulassung von Sorten und das Inverkehrbringen von Saatgut erfüllen. Neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes pflanzengenetischer Ressourcen liegt das besondere Interesse an der Erhaltung dieser Sorten in der Tatsache, dass sie an besondere örtliche Bedingungen hervorragend angepasst sind.
(3) Im Hinblick auf die nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sollten Sorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden (für den Anbau [unter besonderen Bedingungen] gezüchtete Sorten), angebaut und in Verkehr gebracht werden, selbst wenn sie nicht die allgemeinen Anforderungen an die Zulassung von Sorten und das Inverkehrbringen von Saatgut erfüllen. Neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes pflanzengenetischer Ressourcen liegt das besondere Interesse an der Erhaltung dieser Sorten in der Tatsache, dass sie für den Anbau unter besonderen klimatischen, pedologischen oder agrotechnischen Bedingungen (z. B. Pflege von Hand, Mehrfachernte) geeignet sind.
...
(14) Nach drei Jahren sollte die Kommission prüfen, ob die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Bestimmungen über mengenmäßige Beschränkungen für das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungssorten und zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten, wirksam sind.“

Art. 1 der Richtlinie 2009/145 sieht vor:

„(1) Mit dieser Richtlinie werden für die von der Richtlinie 2002/55 ... abgedeckten Gemüsearten gewisse Ausnahmeregelungen in Bezug auf die In-situ-Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen durch Anbau und Inverkehrbringen festgelegt, und zwar:
a) für die Zulassung zur Aufnahme von Landsorten und anderen Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind, nachstehend ‚Erhaltungssorten‘, in die nationalen Sortenkataloge für Gemüsearten gemäß der Richtlinie 2002/55 ... und
b) für die Zulassung zur Aufnahme von Sorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, nachstehend ‚für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtete Sorten‘, in die unter Buchstabe a genannten Kataloge und
c) für das Inverkehrbringen von Saatgut solcher Erhaltungssorten und für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten.
(2) Sofern in dieser Richtlinie nicht anders bestimmt, gilt die Richtlinie 2002/55 ...“

Art. 35 der Richtlinie 2009/145 sieht vor:

„Bis zum 31. Dezember 2013 bewertet die Kommission die Umsetzung dieser Richtlinie.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Kokopelli ist eine Vereinigung ohne Erwerbszweck, die Saatgut alter Gemüse? und Blumensorten aus biologischem Anbau verkauft und ihren Mitgliedern Gemüsesorten zur Verfügung stellt, die in Frankreich wenig angebaut werden.

Baumaux erzeugt und vertreibt Samen von Blumen? und Gemüsepflanzen. Dieses Unternehmen erhob im Jahr 2005 Klage wegen unlauteren Wettbewerbs gegen Kokopelli und begehrte u. a. einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 50 000 Euro und die Einstellung jeglicher Werbung für die von ihr vertriebenen Sorten.

Mit Urteil vom 14. Januar 2008 verurteilte das Tribunal de grande instance de Nancy Kokopelli dazu, Baumaux Schadensersatz wegen unlauteren Wettbewerbs zu zahlen. Dieses Gericht stellte fest, dass Kokopelli und Baumaux im Bereich alten oder Kollektionssaatguts tätig seien, in 233 Fällen identische oder ähnliche Erzeugnisse vertrieben und sich an dieselbe Kundschaft von Hobbygärtnern wendeten und daher in Wettbewerb miteinander stünden. Das Gericht kam infolgedessen zu dem Schluss, dass Kokopelli unlautere Wettbewerbshandlungen dadurch vornehme, dass sie Saatgut für Gemüsepflanzen zum Verkauf anbiete, das weder im französischen Katalog noch im gemeinsamen Katalog für Gemüsesorten enthalten sei.

Kokopelli legte gegen dieses Urteil Berufung bei der Cour d’appel de Nancy ein.

Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Nancy das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Richtlinien 98/95/EG, 2002/53/EG und 2002/55/EG des Rates sowie 2009/145 der Kommission im Hinblick auf die nachstehenden Grundrechte und -prinzipien der Europäischen Union, nämlich die freie wirtschaftliche Betätigung, die Verhältnismäßigkeit, die Gleichbehandlung oder Nichtdiskriminierung, den freien Warenverkehr, sowie wegen der im Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft übernommenen Verpflichtungen – insbesondere soweit sie Zwänge hinsichtlich der Erzeugung und des Vertriebs alten Saatguts und alter Pflanzen einführen – ungültig?

Zur Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit

Baumaux ist der Ansicht, dass das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig sei, da sich Kokopelli nicht auf die Ungültigkeit der streitigen Richtlinien berufen könne, denn diese regelten weder Rechte noch Pflichten für Einzelpersonen. Kokopelli könne nur die Gültigkeit der nationalen Bestimmungen zur Umsetzung dieser Richtlinien anfechten.

Ferner ist nach Ansicht von Baumaux die Bezugnahme auf die Richtlinie 98/95 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erheblich. Die Richtlinie 2002/53 sei ebenfalls nicht einschlägig, da sie ausschließlich den Handel mit landwirtschaftlichen Pflanzenarten betreffe, während sich aus dem Sachverhalt in diesem Rechtsstreit ergebe, dass Kokopelli behaupte, ausschließlich Saatgut für Gemüsepflanzen zu vertreiben. Baumaux fügt hinzu, dass die Gültigkeit der Richtlinie 2009/145 die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht berühre, da sie erst lange nach Erhebung ihrer Klage gegen Kokopelli erlassen worden sei.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, vor dem eine Frage nach der Gültigkeit einer Handlung der Organe der Europäischen Union aufgeworfen wird, zu beurteilen, ob für seine Entscheidung eine Klärung dieses Punktes erforderlich ist, und den Gerichtshof gegebenenfalls zu ersuchen, über diese Frage zu befinden. Betreffen die vom nationalen Gericht vorgelegten Fragen die Gültigkeit einer Bestimmung des Unionsrechts, ist der Gerichtshof daher grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (Urteil vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C-343/09, Slg. 2010, I?7027, Randnr. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine von einem nationalen Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage zu befinden, wenn offensichtlich ist, dass die Auslegung oder die Beurteilung der Gültigkeit einer Vorschrift des Unionsrechts, um die das vorlegende Gericht ersucht, in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder wenn das Problem hypothetischer Natur ist (Urteil Afton Chemical, Randnr. 14).

In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2002/53 den gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten betrifft. Da aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass der Ausgangsrechtsstreit den Vertrieb von Gemüsesaatgut durch Kokopelli betrifft, ist die Gültigkeit dieser Richtlinie nicht zu prüfen.

Außerdem ist klarzustellen, dass die Richtlinie 98/95 ein Rechtsakt zur Änderung der Richtlinien 66/400/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Betarübensaatgut (ABl. 1966, Nr. 125, S. 2290), 66/401/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut (ABl. 1966, Nr. 125, S. 2298), 66/402/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Getreidesaatgut (ABl. 1966, Nr. 125, S. 2309), 66/403/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln (ABl. 1966, Nr. 125, S. 2320), 69/208/EWG des Rates vom 30. Juni 1969 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen (ABl. L 169, S. 3), 70/457/EWG des Rates vom 29. September 1970 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (ABl. L 225, S. 1) und 70/458/EWG des Rates vom 29. September 1970 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut (ABl. L 225, S. 7) ist und dass die Bestimmungen der letztgenannten Richtlinien durch die Richtlinien 2002/53 und 2002/55 kodifiziert worden sind. Unter diesen Umständen ist die Gültigkeit der Richtlinie 98/95 ebenfalls nicht zu prüfen.

In Bezug auf die Richtlinie 2009/145 steht fest, dass sie im Lauf des Jahres 2009, also nach der Erhebung der Klage von Baumaux gegen Kokopelli wegen unlauteren Wettbewerbs, erlassen wurde. Wie die Generalanwältin in Nr. 48 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, könnte die Prüfung der Gültigkeit dieser Richtlinie jedoch dem vorlegenden Gericht für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von Nutzen sein.

Infolgedessen ist nicht offensichtlich, dass die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder ein hypothetisches Problem betrifft.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass in dem vollständigen System von Rechtsbehelfen und Verfahren, das der AEU-Vertrag geschaffen hat, um die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zu gewährleisten, natürliche oder juristische Personen, die wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 263 Abs. 4 AEUV Unionshandlungen allgemeiner Geltung nicht unmittelbar anfechten können, die Möglichkeit haben, je nach den Umständen des Falles die Ungültigkeit solcher Handlungen entweder inzident nach Art. 277 AEUV vor dem Unionsrichter oder aber vor den nationalen Gerichten geltend zu machen und diese Gerichte, die nicht selbst die Ungültigkeit der genannten Handlungen feststellen können, zu veranlassen, dem Gerichtshof insoweit Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen (Urteil Afton Chemical, Randnr. 18).

Es genügt die Feststellung, dass Kokopelli unbestreitbar nicht befugt war, eine Klage nach den Art. 230 EG und 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 zu erheben. Sie ist demnach berechtigt, im Rahmen einer nach dem nationalen Recht erhobenen Klage die Ungültigkeit dieser Richtlinien geltend zu machen, auch wenn sie gegen diese nicht innerhalb der in diesen Artikeln vorgesehenen Frist beim Unionsrichter eine Nichtigkeitsklage erhoben hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Afton Chemical, Randnrn. 19 bis 25).

Nach alledem ist die von dem vorlegenden Gericht gestellte Frage zulässig, soweit sie die Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 betrifft.

Zur Beantwortung der Frage

Mit seiner Frage begehrt das vorlegende Gericht Auskunft über die Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 in Anbetracht der Grundsätze der freien Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und des freien Warenverkehrs sowie in Ansehung der von der Union nach dem Internationalen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen.

Zur Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

Nach ständiger Rechtsprechung gehört der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dessen geltend gemachte Verletzung an erster Stelle zu prüfen ist, zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts und verlangt, dass die von einer Bestimmung des Unionsrechts eingesetzten Mittel zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über das dazu Erforderliche hinausgehen (Urteile vom 6. Dezember 2005, ABNA u. a., C-453/03, C-11/04, C-12/04 und C-194/04, Slg. 2005, I?10423, Randnr. 68, vom 7. Juli 2009, S.P.C.M. u. a., C-558/07, Slg. 2009, I?5783, Randnr. 41, und vom 8. Juni 2010, Vodafone u. a., C-58/08, Slg. 2010, I?4999, Randnr. 51).

In Bezug auf die gerichtliche Nachprüfung der in der vorhergehenden Randnummer des vorliegenden Urteils aufgeführten Voraussetzungen ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Art. 40 AEUV und 43 AEUV übertragen, und dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein kann, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteile vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat, C-280/93, Slg. 1994, I?4973, Randnrn. 89 und 90, vom 13. Dezember 1994, SMW Winzersekt, C-306/93, Slg. 1994, I?5555, Randnr. 21, und vom 2. Juli 2009, Bavaria und Bavaria Italia, C-343/07, Slg. 2009, I?5491, Randnr. 81).

Zwar kann die Bedeutung der angestrebten Ziele Einschränkungen rechtfertigen, die sogar beträchtliche negative Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer haben können (Urteil vom 17. Juli 1997, Affish, C-183/95, Slg. 1997, I?4315, Randnr. 42), doch ist zu ermitteln, ob der Unionsgesetzgeber bei der Prüfung der mit verschiedenen möglichen Maßnahmen verbundenen Belastungen neben dem verfolgten Hauptziel den betroffenen Interessen in vollem Umfang Rechnung getragen hat (Urteil vom 12. Januar 2006, Agrarproduktion Staebelow, C-504/04, Slg. 2006, I?679, Randnr. 37).

Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die in den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 vorgesehene Regelung der Zulassung des Saatguts von Gemüsesorten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/55 beschränkt nämlich die Anerkennung, die Kontrolle als Standardsaatgut und das Inverkehrbringen von Gemüsesaatgut auf solches Saatgut, dessen Sorte in mindestens einem Mitgliedstaat amtlich zugelassen ist. Nach Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie kann eine Sorte indessen nur dann zu den amtlichen Katalogen zugelassen werden, wenn sie unterscheidbar, beständig und hinreichend homogen ist.

Kokopelli macht geltend, es sei ihr unmöglich, Saatgut „alter“ Gemüsesorten in den Verkehr zu bringen, da diese wegen ihrer Merkmale die Kriterien der Unterscheidbarkeit, der Beständigkeit und der Homogenität nicht erfüllen könnten und damit in ungerechtfertigter Weise von den amtlichen Katalogen ausgeschlossen seien.

Hierzu geht aus den Erwägungsgründen 2 bis 4 der Richtlinie 2002/55 hervor, dass das Hauptziel der Bestimmungen über die Zulassung des Saatguts von Gemüsesorten in der Steigerung der Produktivität beim Gemüseanbau in der Union besteht. Dieses Ziel gehört ausdrücklich zu den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik, wie sie in Art. 39 Abs. 1 Buchst. a AEUV aufgeführt sind.

Zur Gewährleistung einer gesteigerten Produktivität dieser Kulturen erweist sich die Aufstellung eines gemeinsamen Gemüsesortenkatalogs auf der Grundlage nationaler Kataloge im Rahmen vereinheitlichter und bei der Auswahl der zum Verkehr zugelassenen Sorten möglichst strenger Regeln als geeignet, dieses Ziel zu gewährleisten.

Eine solche Zulassungsregelung, die verlangt, dass Saatgut von Gemüsesorten unterscheidbar, beständig und homogen ist, erlaubt nämlich die Verwendung geeigneten Saatguts und damit eine gesteigerte Produktivität der Landwirtschaft, die auf der Verlässlichkeit der Eigenschaften dieses Saatguts beruht.

Ferner gilt die Richtlinie 2002/55 nach ihrem Art. 1 für die kommerzielle Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut von Gemüse in der Union. In ihrem 12. Erwägungsgrund wird klargestellt, dass Saatgut der Sorten, die im gemeinsamen Katalog aufgeführt sind, innerhalb der Union im Hinblick auf die Sorte im Verkehr keinen Beschränkungen unterliegen darf.

Damit dient die Richtlinie 2002/55 auch der Errichtung des Binnenmarkts für Gemüsesaatgut, indem sie dessen freien Verkehr innerhalb der Union gewährleistet. Im vorliegenden Fall ist die in dieser Richtlinie vorgesehene Zulassungsregelung geeignet, zur Verwirklichung dieses Ziels beizutragen, da eine solche Regelung garantiert, dass Saatgut, das in den verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht wird, den gleichen Anforderungen entspricht.

Auch geht aus Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2002/55 hervor, dass sie der Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen dient. Die Mitgliedstaaten können daher nach den in Art. 44 Abs. 3 und Art. 46 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Verfahren von den in ihrem Art. 4 Abs. 1 aufgestellten Zulassungskriterien abweichen.

In dieser Hinsicht erweist sich eine solche – durch die Richtlinie 2009/145 umgesetzte – abweichende Zulassungsregelung für Saatgut von Landsorten und anderen Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind (Erhaltungssorten), sowie Saatgut von Sorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, als geeignet, die Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen zu gewährleisten.

Somit ist die in den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 vorgesehene Zulassungsregelung geeignet, das Erreichen der mit diesen Richtlinien angestrebten Ziele zu ermöglichen.

In Bezug auf die Frage, ob diese Regelung über das für die Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinausgeht, macht Kokopelli geltend, dass diese Regelung die einschneidendste Weise der Regelung der Ausübung einer wirtschaftlichen Betätigung darstelle.

Der Rat der Europäischen Union führt aus, dass Kokopelli nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie der Ansicht sei, dass die genannte Zulassungsregelung offensichtlich außer Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehe. Jedenfalls seien andere, weniger einschneidende Maßnahmen wie die Etikettierung kein ebenso wirksames Mittel, um das mit der Richtlinie 2002/55 verfolgte Produktivitätsziel zu gewährleisten, denn diese ermögliche den Verkauf und die Aussaat von Saatgut, das möglicherweise schädlich sei oder keine bestmögliche landwirtschaftliche Produktion erlaube.

Hierzu ist festzustellen, dass Saatgut, das im Binnenmarkt in den Verkehr gebracht wird, im Hinblick auf die Gewährleistung einer gesteigerten landwirtschaftlichen Produktivität die notwendigen Garantien für eine bestmögliche Nutzung der landwirtschaftlichen Ressourcen bieten muss.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber annehmen durfte, dass die in der Richtlinie 2002/55 vorgesehene Zulassungsregelung erforderlich war, damit die landwirtschaftlichen Erzeuger eine hinsichtlich des Ertrags verlässliche und qualitätsvolle Produktion erreichen.

Zunächst verlangt nämlich Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/55, dass eine Gemüsesorte unterscheidbar in dem Sinne ist, dass sie sich ohne Rücksicht darauf, ob das Ausgangsmaterial, aus dem sie entstanden ist, künstlichen oder natürlichen Ursprungs ist, durch ein oder mehrere wichtige Merkmale deutlich von jeder anderen in der Union bekannten Sorte unterscheidet. Diese Unterscheidbarkeit verschafft damit den landwirtschaftlichen Erzeugern die notwendigen Informationen in Bezug auf die Eigenschaften des unterschiedlichen Saatguts und erlaubt es ihnen, eine Auswahl zu treffen, die ihnen einen bestmöglichen Ertrag gewährleistet.

Sodann heißt es in Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie, dass eine Sorte beständig ist, wenn sie nach ihren aufeinanderfolgenden Vermehrungen oder, wenn der Züchter einen besonderen Vermehrungszyklus festgelegt hat, am Ende eines jeden Zyklus in ihren wesentlichen Merkmalen ihrem Sortenbild entspricht. Das Kriterium der Beständigkeit gewährleistet auf diese Weise, dass die qualitativen Eigenschaften eines zugelassenen Saatguts über die Jahre hinweg beständig bleiben.

Schließlich bezieht sich nach Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie das Erfordernis der Homogenität darauf, dass die Pflanzen, aus denen sich eine Sorte zusammensetzt, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Vermehrung der Pflanzen in Bezug auf alle zu diesem Zweck festgelegten Merkmale ähnlich oder in genetischer Hinsicht identisch sind. Das Kriterium der Homogenität fördert einen bestmöglichen Ertrag dadurch, dass es gewährleistet, dass alles unter einem bestimmten Namen verkaufte Saatgut die gleichen genetischen Merkmale aufweist.

Daher erlauben die Pflicht zur Aufnahme in die amtlichen Kataloge und die damit verbundenen Zulassungskriterien die Beschreibung der Sorte und die Überprüfung ihrer Beständigkeit und Homogenität, um sicherzustellen, dass Saatgut einer Sorte die notwendigen Eigenschaften besitzt, um eine gesteigerte, qualitätsvolle, verlässliche und über die Zeit gleichbleibende landwirtschaftliche Erzeugung zu gewährleisten.

Unter diesen Umständen – und insbesondere im Hinblick auf das weite Ermessen, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt und das wirtschaftliche Entscheidungen verlangt, bei denen er komplexe Prüfungen und Beurteilungen vornehmen muss – durfte er berechtigterweise annehmen, dass andere Maßnahmen wie die Etikettierung es nicht erlauben würden, dasselbe Ergebnis zu erzielen wie die Vorschriften der hier in Rede stehenden Art, die eine Regelung der vorherigen Zulassung des Saatguts von Gemüsesorten vorsehen, und dass diese Vorschriften daher im Hinblick auf die Ziele, die der Gesetzgeber verfolgen möchte, geeignet waren.

Eine weniger einschneidende Maßnahme wie die Etikettierung würde nämlich kein ebenso wirksames Mittel darstellen, da sie den Verkauf und infolgedessen die Aussaat von Saatgut ermöglichen würde, das möglicherweise schädlich ist oder keine bestmögliche landwirtschaftliche Erzeugung erlaubt. Somit können die streitigen Vorschriften nicht als im Hinblick auf diese Ziele offensichtlich ungeeignet betrachtet werden.

Der Unionsgesetzgeber hat mit seinem Vorgehen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt, da diese Vorschriften zwar – sogar beträchtliche – negative Folgen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer haben können, aber festzustellen ist, dass die in den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 vorgesehene Zulassungsregelung, mit der insbesondere eine gesteigerte landwirtschaftliche Produktivität und der freie Verkehr des zugelassenen Saatguts gewährleistet werden soll, in Anbetracht der mit ihr verfolgten Ziele gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen der landwirtschaftlichen Erzeuger und die Interessen der Wirtschaftsteilnehmer, die zugelassenes Gemüsesaatgut in den Verkehr bringen, fördert.

Was Wirtschaftsteilnehmer wie Kokopelli anbelangt, die „alte Sorten“, die nicht den Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 2002/55 genügen, zum Verkauf anbieten, ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie in Art. 44 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 1 Buchst. b für die Erhaltungssorten und die Sorten, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, die Festlegung besonderer Bedingungen für die Zulassung und das Inverkehrbringen vorsieht.

Insbesondere sieht Art. 44 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2002/55 vor, dass Saatgut von Erhaltungssorten ohne amtliche Prüfung auf der Grundlage insbesondere der Ergebnisse nichtamtlicher Prüfungen und der praktischen Erfahrung während ihres Anbaus zur Aufnahme in den Unionskatalog zugelassen werden kann. Außerdem sind nach Art. 44 Abs. 3 Buchst. b dieser Richtlinie geeignete mengenmäßige Beschränkungen für Erhaltungssorten und Sorten anzuwenden, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden. In diesem Zusammenhang wurde die Richtlinie 2009/145 in Anwendung dieser Artikel der Richtlinie 2002/55 erlassen.

Die Richtlinien 2002/55 und 2009/145 berücksichtigen die wirtschaftlichen Interessen von Wirtschaftsteilnehmern wie Kokopelli, indem sie das Inverkehrbringen „alter Sorten“ nicht ausschließen. Zwar schreibt die Richtlinie 2009/145 geografische, mengenmäßige und die Verpackung betreffende Beschränkungen für Saatgut von Erhaltungssorten und Sorten, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, vor, doch fügen sich diese Beschränkungen in den Kontext der Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen ein.

Im Übrigen beabsichtigte der Unionsgesetzgeber, wie die Organe, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, geltend machen, nicht die Liberalisierung des Marktes für Saatgut der Erhaltungssorten und der für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten, sondern war bestrebt, die Zulassungsbestimmungen flexibler zu gestalten und dabei zugleich die Bildung eines Parallelmarkts für dieses Saatgut zu verhindern, der den Binnenmarkt für Saatgut von Gemüsesorten zu behindern drohte.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Art. 35 der Richtlinie 2009/145 verlangt, dass die Kommission deren Umsetzung bis zum 31. Dezember 2013 bewertet. Der 14. Erwägungsgrund dieser Richtlinie bestätigt, dass die Kommission nach drei Jahren prüfen sollte, ob insbesondere die Bestimmungen über mengenmäßige Beschränkungen für das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungssorten und zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten wirksam sind. Diese Richtlinie kann somit nach Maßgabe der Ergebnisse der durchgeführten Prüfungen geändert werden.

Daher konnte der Unionsgesetzgeber mit Recht annehmen, dass die geeignete Art und Weise, die mit den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 angestrebten Ziele, die in den Randnrn. 43 bis 49 des vorliegenden Urteils dargestellt sind, und die Interessen aller beteiligten Wirtschaftsteilnehmer miteinander zu vereinbaren, darin bestand, eine allgemeine Zulassungsregelung für das Inverkehrbringen von Standardsaatgut und besondere Bedingungen für den Anbau und das Inverkehrbringen von Saatgut der Erhaltungssorten und der Sorten, die für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden, vorzusehen.

Außerdem ist festzustellen, dass in Anbetracht der Bedeutung, die das Ziel der Produktivität im Rahmen von Art. 39 AEUV hat, Maßnahmen wie die in Rede stehenden, die es erlauben, die Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und einen bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren zu gewährleisten, auch dann, wenn sie nachteilige wirtschaftliche Folgen für einige Wirtschaftsteilnehmer nach sich ziehen können, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen dieser Wirtschaftsteilnehmer nicht offensichtlich außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen.

Nach alledem verletzen die Richtlinien 2002/55 und 2009/145 den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht.

Zur Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung oder das Diskriminierungsverbot, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteile vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a., C-44/94, Slg. 1995, I?3115, Randnr. 46, vom 9. September 2004, Spanien/Kommission, C-304/01, Slg. 2004, I?7655, Randnr. 31, vom 8. November 2007, Spanien/Rat, C-141/05, Slg. 2007, I?9485, Randnr. 40, und vom 15. Mai 2008, Spanien/Rat, C-442/04, Slg. 2008, I?3517, Randnr. 35).

Kokopelli macht geltend, dass die durch die Richtlinien 2002/55 und 2009/145 vorgeschriebene Zulassungsregelung eine nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von Saatgut der Erhaltungssorten und Standardsaatgut, das in die amtlichen Kataloge aufgenommen werden könne, einführe. Wegen dieser Regelung sei es Kokopelli nämlich nicht möglich, das Saatgut der Erhaltungssorten in den Verkehr zu bringen.

Standardsaatgut und Saatgut der Erhaltungssorten befinden sich wegen ihrer jeweiligen Eigenschaften in unterschiedlichen Situationen. Das Saatgut der Erhaltungssorten genügt nämlich grundsätzlich nicht den Anforderungen von Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 2002/55. Es wird herkömmlicherweise an besonderen Orten und in besonderen Gebieten angebaut und ist von genetischer Erosion bedroht.

Unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenschaften der verschiedenen Saatgutsorten sieht die durch die Richtlinien 2002/55 und 2009/145 aufgestellte Zulassungsregelung zum einen allgemeine Regeln für das Inverkehrbringen des Standardsaatguts und zum anderen besondere Bedingungen für den Anbau und das Inverkehrbringen des Saatguts der Erhaltungssorten vor.

Diese besonderen Bedingungen fügen sich nämlich in den Rahmen der In-situ-Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen ein.

Hierzu heißt es in den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie 2009/145, dass neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes pflanzengenetischer Ressourcen das besondere Interesse an der Erhaltung der Erhaltungssorten in der Tatsache liegt, dass sie an besondere örtliche Bedingungen hervorragend angepasst sind und dass sie für den Anbau unter besonderen klimatischen Bedingungen geeignet sind.

Somit hat der Unionsgesetzgeber dadurch, dass er mit der Richtlinie 2002/55 und mit der Richtlinie 2009/145, die zu ihrer Umsetzung erlassen wurde, besondere Bedingungen für den Anbau und das Inverkehrbringen von Saatgut der Erhaltungssorten festgelegt hat, unterschiedliche Sachverhalte unterschiedlich behandelt. Infolgedessen verletzen diese Richtlinien den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht.

Zur Missachtung des Rechts auf freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit

Nach ständiger Rechtsprechung gehört das Recht auf freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts. Diese Grundsätze können jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden. Folglich kann das Recht auf freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Union entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. u. a. Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder HS Kraftfutter, 265/87, Slg. 1989, 2237, Randnr. 15, und vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C-154/04 und C-155/04, Slg. 2005, I?6451, Randnr. 126).

Im vorliegenden Fall ist zwar die Zulassungsregelung für Gemüsesaatgut in den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 geeignet, die freie Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Händler für Saatgut alter Sorten wie Kokopelli zu beschränken.

Die Bestimmungen der Art. 3 bis 5 der Richtlinie 2002/55 dienen jedoch der Steigerung der Produktivität beim Gemüseanbau in der Union, der Errichtung des Binnenmarkts für Gemüsesaatgut durch Gewährleistung seines freien Verkehrs in der Union und der Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen, die Ziele des Allgemeininteresses darstellen. Wie aus den Entscheidungsgründen des vorliegenden Urteils, die die gerügte Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit betreffen, hervorgeht, zeigt sich nicht, dass diese Bestimmungen und die darin vorgesehenen Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele ungeeignet wären, und das Hemmnis für die freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, das solche Maßnahmen darstellen, kann in Anbetracht der verfolgten Ziele nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf die Ausübung dieser Freiheit angesehen werden.

Zur Missachtung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs

Nach ständiger Rechtsprechung gilt das in Art. 34 AEUV vorgesehene Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen sowie von Maßnahmen gleicher Wirkung nicht nur für nationale Maßnahmen, sondern auch für Maßnahmen der Unionsorgane (vgl. Urteile vom 17. Mai 1984, Denkavit Nederland, 15/83, Slg. 1984, I?2171, Randnr. 15, und Alliance for Natural Health u. a., Randnr. 47).

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die in den Richtlinien 2002/55 und 2009/145 vorgesehene Zulassungsregelung, wie aus den Randnrn. 43 bis 47 des vorliegenden Urteils hervorgeht, zur Steigerung der Produktivität beim Gemüseanbau in der Union und zur Errichtung des Binnenmarkts für Gemüsesaatgut dadurch beiträgt, dass sie dessen freien Verkehr in der Union gewährleistet. Somit wird der freie Warenverkehr durch diese Regelung eher gefördert als beschränkt.

Zur Missachtung des Internationalen Vertrags

Nach Art. 1 des Internationalen Vertrags hat dieser die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zum Hauptziel.

Hierzu vertritt Kokopelli die Ansicht, dass die in der Richtlinie 2002/55 vorgesehene Regelung die Bestimmungen des Internationalen Vertrags nicht beachte.

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Organe der Union, wenn von dieser Übereinkünfte geschlossen werden, nach Art. 216 Abs. 2 AEUV an solche Übereinkünfte gebunden; die Übereinkünfte haben daher gegenüber den Rechtsakten der Union Vorrang (Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a., C-366/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50).

Die Gültigkeit des betreffenden Rechtsakts der Union kann an völkerrechtlichen Normen gemessen werden, wenn die Union an diese Normen gebunden ist und wenn Art und Struktur des betreffenden völkerrechtlichen Vertrags dem nicht entgegenstehen und dessen Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen (vgl. in diesem Sinne Urteil Air Transport Association of America u. a., Randnrn. 51 bis 54).

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Union als Vertragspartei an den Internationalen Vertrag gebunden ist. Wie jedoch die Generalanwältin in Nr. 53 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, enthält dieser Vertrag keine Bestimmung, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau wäre, um die Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 in Frage zu stellen.

Insbesondere sieht nämlich Art. 5 Abs. 5.1 des Internationalen Vertrags vor, dass jede Vertragspartei nach Maßgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Vertragsparteien einen integrierten Ansatz zur Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft fördert und insbesondere, sofern angebracht, eine Reihe von Maßnahmen ergreifen wird.

Ferner erarbeiten die Vertragsparteien nach Art. 6 dieses Vertrags geeignete politische und rechtliche Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und erhalten diese Maßnahmen aufrecht.

Somit überlassen es diese Bestimmungen der Beurteilung der Mitgliedstaaten, welche Maßnahmen in den einzelnen Arten von Fällen zu ergreifen sind.

Ferner erkennen die Vertragsparteien nach Art. 9 des Internationalen Vertrags, auf den sich Kokopelli beruft, den außerordentlich großen Beitrag an, den die ortsansässigen und eingeborenen Gemeinschaften und Bauern aller Regionen der Welt, insbesondere in den Ursprungszentren und Zentren der Nutzpflanzenvielfalt, zur Erhaltung und Entwicklung pflanzengenetischer Ressourcen, welche die Grundlage der Nahrungsmittel? und Agrarproduktion in der ganzen Welt darstellen, geleistet haben und weiterhin leisten.

Art. 9 Abs. 9.3 dieses Vertrags bestimmt, dass dieser Artikel nicht so auszulegen ist, als schränke er irgendwelche Rechte der Bauern ein, auf dem Betrieb gewonnenes Saatgut/Vermehrungsmaterial vorbehaltlich des innerstaatlichen Rechts und sofern angemessen, zurückzubehalten, zu nutzen, auszutauschen und zu verkaufen.

Somit enthält dieser Artikel ebenfalls keine Verpflichtung, die hinreichend unbedingt und genau ist, um Zweifel an der Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 zu begründen.

Nach alledem hat die Prüfung der vorgelegten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinien 2002/55 und 2009/145 beeinträchtigen könnte.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.