OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2012 - 16 B 536/12
Fundstelle
openJur 2012, 86518
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 3. April 2012 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter (vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO).

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.

Der Vorhalt des Antragstellers, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unzureichend begründet, dringt nicht durch. Das formale Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bezweckt zum einen die Unterrichtung des Bescheidadressaten sowie gegebenenfalls des Verwaltungsgerichts über die maßgeblichen Gründe für den Sofortvollzug und dient zum anderen der Selbstvergewisserung der anordnenden Behörde darüber, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs die Regel, der Sofortvollzug hingegen die Ausnahme ist. Die Begründung muss daher erkennen lassen, dass und warum die Behörde in dem konkreten Einzelfall dem öffentlichen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Diesen Ansprüchen genügen die Ausführungen in dem Bescheid vom 20. Februar 2012. Die hohe Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs und das erhebliche Gefährdungspotential drogenkonsumierender Verkehrsteilnehmer rechtfertigen in aller Regel nicht allein den Erlass gefahrenabwehrender Ordnungsverfügungen, sondern auch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit. Denn die für den Sachbereich des Fahrerlaubnisrechts spezifischen Gefahren liegen nicht in unbestimmter Zukunft, sondern können sich jederzeit realisieren. Daraus folgt, dass sich die Begründung für die Ordnungsverfügung selbst und diejenige für den Sofortvollzug typischerweise weitgehend decken. Eine gewisse Redundanz und Formelhaftigkeit ist unter diesen Umständen unvermeidlich und erlaubt nicht den Schluss, die Fahrerlaubnisbehörde habe nicht einzelfallbezogen die für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände abgewogen.

In der Sache ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird, weil der Antragsteller als gelegentlicher Cannabiskonsument nicht zwischen diesem Konsum und der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr getrennt hat (vgl. § 46 Abs. 1 FeV i. V. m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Die Richtigkeit dieser Bewertung wird durch die Beschwerde nicht erfolgreich in Frage gestellt.

Dass es dem Antragsteller an der Bereitschaft oder Fähigkeit fehlt, zwischen Konsum und Verkehrsteilnahme zu trennen, hat er mit der Fahrt vom 22. März 2011 (THC 1,6 ng/ml Serum) belegt. Der Senat bejaht im Einklang mit der fast einhelligen Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein solches Trennungsdefizit bereits dann, wenn mit einem Wert von 1 ng/ml THC im Blutserum ein Kraftfahrzeug geführt worden ist, ohne dass darüber hinaus noch spezifische Auffälligkeiten festgestellt werden müssten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2012 16 A 2075/11 ; ebenso Hamb. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 3 Bs 214/05 , juris, Rdnr. 20 (= NJW 2006, 1367); VGH Bad.Württ., Beschluss vom 27. März 2006 10 S 2519/05 , juris, Rdnr. 7 (= NJW 2006, 2135); OVG Schl.H., Urteil vom 17. Februar 2009 4 LB 61/08 , juris, Rdnr. 35 f.; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. Juni 2009 1 S 17.09 , juris, Rdnr. 6 (= NZV 2010, 531); Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 41. Aufl. 2011, § 2 StVG Rdnr. 17g.

Wenn die Beschwerde demgegenüber auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verweist, kann schon zweifelhaft sein, ob der dort zugrunde gelegte Grenzwert von 2,0 ng/ml THC wie nach der vorherrschenden Meinung auf das Blutserum oder aber auf das sog. Vollblut bezogen ist; in den veröffentlichten Entscheidungen ist jedenfalls durchgängig vom THCWert "im Blut" die Rede.

Vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 11. November 2004 11 CS 04.2348 , juris, Rdnr. 16 bis 19 (= Blutalkohol 43 [2006], 414), und vom 25. Januar 2006 11 CS 05.1711 , juris, Rdnr. 17 ff. (= DAR 2006, 407).

Ausschlaggebend für die Auffassung des Senats ist jedenfalls, dass nach dem Beschluss der sog. Grenzwertkommission vom 20. November 2002 aktualisiert durch Beschluss vom 22. Mai 2007, Blutalkohol 44 (2007), 311 der Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG für THC bei 1 ng/ml Serum liegen soll. Eine solche Konzentration kann einschließlich eines entsprechenden Sicherheitszuschlags sicher nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden. Insbesondere erscheint bei Erreichen einer derartigen Konzentration eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich.

Vgl. unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Stellungnahmen BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 1 BvR 2652/03 , juris, Rdnr. 9 und 29 f. (= NJW 2005, 349).

Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber trotz eines nicht lange zurückliegenden Cannabiskonsums und einer deshalb jedenfalls möglichen cannabisbedingten Fahrungeeignetheit am Straßenverkehr teil, ist das als ein hinreichend aussagekräftiger Beleg dafür zu werten, dass ihm das zu fordernde Trennungsvermögen fehlt. Darüber hinaus ergeben sich aus einer neueren Veröffentlichung deutliche Hinweise darauf, dass konkrete Straßenverkehrsgefährdungen und Unfälle nach Cannabiskonsum bei einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml nicht seltener als bei deutlich höheren Werten dieses Cannabiswirkstoffs auftreten, dass also bei Konzentrationen ab 1,0 ng/ml im Serum sogar mehr als bloß die Möglichkeit der Fahruntüchtigkeit besteht.

Vgl. Drasch/von Meyer/Roider/Staack/Paul/ Eisenmenger, Blutalkohol 43 (2006), 441.

Was die Annahme angeht, dass der Antragsteller gelegentlich Cannabis konsumiert, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die in dem Einwand, ein gelegentlicher Cannabisgebrauch sei nicht bewiesen, möglicherweise zu sehende Behauptung eines Erstkonsums könne rechtlich allenfalls dann relevant sein, wenn ein solcher Erstkonsum konkret und glaubhaft dargelegt werde. Daran fehle es hier, denn der Antragsteller habe nach dem Polizeibericht keine Angaben zu einem Cannabiskonsum gemacht.

Der hiergegen gerichteten Argumentation des Antragstellers, die Auffassung des Verwaltungsgerichts laufe auf eine im Gesetz nicht vorgesehene Umkehr der Darlegungs- und Beweislast hinaus, hat der Senat zuletzt mit Beschluss vom 12. März 2012 16 B 1294/11 , juris (= DAR 2012, 275), eine Absage erteilt. Er hat hierzu Folgendes dargelegt:

"Die regelmäßige Folge der Fahrungeeignetheit, die Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung an einen hier unstreitig gegebenen Verstoß gegen das Gebot, zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren zu trennen, knüpft, setzt voraus, dass der betroffene Fahrerlaubnisinhaber gelegentlich, d. h. öfter als nur einmal, Cannabis konsumiert (hat). Die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ist nach einhelliger Auffassung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde nach dem sog. Günstigkeitsprinzip die materielle (oder objektive) Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Keine Einigkeit besteht allerdings darüber, inwieweit bereits ein einziger aktenkundiger Verstoß gegen das Trennungsgebot in Verbindung mit einem bestimmten Erklärungsverhalten des Betroffenen den Schluss auf einen wiederholten Cannabisgebrauch erlaubt, sodass für eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen kein Raum ist. Nach Ansicht einer Reihe von Oberverwaltungsgerichten bzw. Verwaltungsgerichtshöfen kann in diesem Zusammenhang ein gelegentlicher Konsum ohne zusätzliche Sachaufklärung nur angenommen werden, wenn ein solches Verhalten von dem Betroffenen ausdrücklich eingeräumt wird.

Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 24. September 2008 2 B 1365/08 , juris, Rdnr. 4 (= NJW 2009, 1523); OVG M.-V., Beschluss vom 19. Dezember 2006 1 M 142/06 , juris, Rdnr. 21; Bay. VGH, Beschluss vom 16. August 2006 11 CS 05.3394 , juris, Rdnr. 19; aus erster Instanz siehe nur das vom Antragsteller angeführte Urteil des VG Düsseldorf vom 24. März 2011 6 K 1156/11 -, juris.

Demgegenüber geht der Senat in Übereinstimmung mit weiteren Obergerichten,

vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. März 2011 10 B 11400/10 , juris, Rdnr. 9 ff. (= NZV 2011, 573); OVG Schl.-H., Urteil vom 17. Februar 2009 4 LB 61/08 , juris, Rdnr. 33, und Beschluss vom 7. Juni 2005 4 MB 49/05 , juris, Rdnr. 3 ff. (= NordÖR 2005, 332); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21. Februar 2007 10 S 2302/06 , juris, Rdnr. 15 (= Blutalkohol 44 [2007], 190),

in ständiger Spruchpraxis davon aus, dass die Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss des Betäubungsmittels es grundsätzlich rechtfertigt, auf eine mehr als einmalige, gleichsam experimentelle Cannabisaufnahme zu schließen, wenn der auffällig gewordene Fahrerlaubnisinhaber einen solchen Vorgang zwar geltend macht, die Umstände des behaupteten Erstkonsums aber nicht konkret und glaubhaft darlegt.

Vgl. aus jüngerer Zeit etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juli 2011 16 B 784/11 , vom 30. März 2011 16 B 238/11 , und vom 29. Juli 2009 16 B 895/09 , juris, Rdnr. 13 (= NZV 2009, 522).

Die zuletzt genannte Rechtsprechung, die sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu eigen gemacht hat, beruht auf der Überlegung, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument zum einen bereits wenige Stunden nach dem Konsum wieder ein Kraftfahrzeug führt und er zum anderen dann auch noch trotz der geringen Dichte der polizeilichen Verkehrsüberwachung in eine Verkehrskontrolle gerät. Dies wiederum berechtigt zu der Erwartung, dass er sich ausdrücklich auf einen für ihn günstigen Erstkonsum beruft und zu den Einzelheiten der fraglichen Drogeneinnahme glaubhaft erklärt. Tut er es wider Erwarten nicht, erscheint es daher zulässig, hieraus für ihn nachteilige Schlüsse zu ziehen.

Siehe dazu insbesondere OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2. März 2011 10 B 11400/10 , juris, Rdnr. 11 (= NZV 2011, 573).

An dieser Sichtweise ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festzuhalten. Sie führt, anders als der Antragsteller meint, nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu seinen Ungunsten. Vielmehr handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Das Verwaltungsverfahren kennt ebenso wie der Verwaltungsprozess grundsätzlich keine Behauptungslast und Beweisführungspflicht (formelle oder subjektive Beweislast). Behörden und Verwaltungsgerichte ermitteln den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Indes sollen die Beteiligten bei der Sachaufklärung gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG NRW mitwirken bzw. sind hierzu nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO heranzuziehen. Da die in diesem Rahmen geregelte Mitwirkung an der Ermittlung des Sachverhalts nicht mit Zwang durchgesetzt werden kann, sondern bloß eine Obliegenheit der Beteiligten betrifft, sind sie im Ausgangspunkt zwar frei, selbst darüber zu entscheiden, ob sie ihre Mitwirkung verweigern wollen oder nicht. Unterlässt es ein Beteiligter aber ohne zureichenden Grund, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, obwohl ihm das ohne Weiteres möglich und zumutbar ist und er sich der Erheblichkeit der in Rede stehenden Umstände bewusst sein muss, kann dieses Verhalten je nach den Gegebenheiten des Falles bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten berücksichtigt werden.

Vgl. zum Verwaltungsverfahren Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 26 Rdnr. 40 f. und 43 f., § 24 Rdnr. 12a ff. und 50; zum Verwaltungsprozess siehe Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 86 Rdnr. 11 f., § 108 Rdnr. 17.

So verhält es sich regelmäßig, wenn sich ein nach Cannabisgenuss verkehrsauffällig gewordener Fahrerlaubnisinhaber zu der Frage der Konsumhäufigkeit nicht oder nur unzulänglich äußert. Aus den genannten Gründen ist es erheblichen tatsächlichen Zweifeln ausgesetzt, dass einer Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr unter dem fahrerlaubnisrechtlich relevanten Einfluss von Cannabis ein Erstkonsum zugrundeliegt. Die Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Sachverhaltsgestaltung rechtfertigt es, dem Betroffenen eine gesteigerte Mitwirkungsverantwortung aufzuerlegen, zumal er selbst durch sein Verhalten Fahren unter Drogeneinwirkung den entscheidenden Anlass gegeben hat, seine Konsumgewohnheiten im Vorfeld der Fahrt zu hinterfragen. Zugleich wird ein Cannabiserstkonsument, sollte es sich tatsächlich um einen solchen handeln, in aller Regel unschwer in der Lage sein, substantiiert darzulegen, wie es zu dem maßgeblichen Konsum gekommen ist und warum er sich schon kurz nach dem Konsumende wieder an das Steuer eines Kraftfahrzeugs gesetzt hat."

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Beschwerde zeigt keine neuen Gesichtspunkte auf, die Anlass zu einem erneuten Überdenken geben könnten.

Nicht zielführend ist im Weiteren der Einwand der Beschwerde, der Antragsteller habe gegenüber der Polizei schweigen dürfen, ohne dass dies zu seinen Lasten gewertet werde, weil er sich im Rahmen eines Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht selbst anklagen müsse (Grundsatz des nemo tenetur se ipsum accusare).

Zur Geltung auch im Ordnungswidrigkeitenrecht vgl. Gürtler, in: Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Kommentar, 15. Aufl. 2009, § 55 Rdnr. 8.

Zwar ist richtig, dass ein Fahrerlaubnisinhaber nicht gezwungen ist, sich gegebenenfalls selbst eines straf- oder bußgeldbewehrten Verhaltens zu bezichtigen. Die Beschwerde übergeht jedoch, dass das gegen den Antragsteller geführte Bußgeldverfahren zwischenzeitlich abgeschlossen ist und das Amtsgericht Herne-Wanne ihn wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung eines berauschenden Mittels rechtskräftig zu einer Geldbuße verurteilt hat. Ausgehend davon ist zumindest heute kein Grund mehr ersichtlich, zu den Umständen eines etwaigen Erstkonsums zu schweigen, da der Antragsteller damit letztlich nur das einräumen würde einmaliger Cannabisgebrauch , was ohnehin schon feststeht.

Soweit der Antragsteller ferner meint, die Verurteilung wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Wirkung eines berauschenden Mittels nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG stehe der Annahme entgegen, er sei gelegentlicher Konsument, vermag der Senat dieser Überlegung nicht zu folgen. Auch bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten, der dieses Rauschmittel wissentlich zu sich nimmt und einige Zeit danach ein Kraftfahrzeug führt, ist nicht notwendigerweise zu unterstellen, dass er die Möglichkeit fortdauernder Wirkung des Cannabiskonsums zum Tatzeitpunkt entweder erkannt oder zumindest billigend in Kauf genommen hat.

Zum Bezugsgegenstand von Vorsatz und Fahrlässigkeit vgl. etwa OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. Februar 2011 1 Ss 616/10 , juris, Rdnr. 11 (= DAR, 2011, 218), mit weiteren Nachweisen; Janker, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 22. Aufl. 2012, § 24a StVG Rdnr. 7a.

Hat demnach die Annahme eines mehr als einmaligen Cannabisgebrauchs bei gleichzeitigem Verstoß gegen das Trennungsgebot Bestand, bedarf auch im Beschwerdeverfahren keiner Klärung, ob der Antragsteller anlässlich der Blutentnahme am 22. März 2011 den unmittelbar fahreignungsausschließenden Konsum sog. harter Drogen eingeräumt hat. Allerdings spricht auch aus Sicht des Senats letztlich alles dafür, dass der in dem ärztlichen Bericht in der Rubrik "Befragung" zum Stichwort "Medikamente oder Drogen" vorgenommene Eintrag "Kokain + Amphetamine" auf Angaben des Antragstellers beruht, da anderenfalls nicht nachvollziehbar wäre, was den Arzt zu diesem Vermerk hätte veranlassen sollen. Hinzu kommt, dass der Arzt abschließend unter "Gesamteindruck (z. B. Vortäuschung/Übertreibung/sonstige Auffälligkeiten)" unter anderem "Angaben zum Drogenkonsum!" notiert hat. Soweit die Beschwerde die Bemerkung aufgrund des vorangestellten Zeichens "Ø" in dem Sinne verstehen will, dass der Antragsteller gerade keine Angaben zu einem Drogenkonsum gemacht hat, überzeugt diese Lesart schon deshalb nicht, weil ein Schweigen des Betroffenen der Regelfall sein dürfte, der als solcher kaum besonders mitteilungswürdig erscheint.

Schließlich unterliegt mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Interessenabwägung keinen durchgreifenden Bedenken. In aller Regel trägt allein die voraussichtliche Rechtmäßigkeit einer auf den Verlust der Kraftfahreignung gestützten Ordnungsverfügung die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die der Antragsteller hier im Hinblick auf seine Tätigkeit als Berufskraftfahrer geltend macht, muss der Betroffene jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.

Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Juli 2007 1 BvR 305/07 , juris, Rdnr. 6; für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO siehe BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. September 2000 2 BvQ 30/00 , juris, Rdnr. 4 (= NJW 2001, 357), und vom 15. Oktober 1998 2 BvQ 32/98 , juris, Rdnr. 5 (= DAR 1998, 466).

Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist daher auch in diesen Fällen regelmäßig nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt, dass der betroffene Fahrerlaubnisinhaber die Fahreignung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückerlangt hat, was hier aber nicht feststellbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 sowie 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).