AG Höxter, Urteil vom 26.04.2002 - 10 C 463/01
Fundstelle
openJur 2012, 124531
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger ist Halter und Eigentümer des PKW mit dem amtl. Kennzeichen ….

Der Beklagte zu 1) ist Halter des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ….

Das Fahrzeug des Klägers war im Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Am 4.11.2000 befuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug die ….. Er beabsichtigte, die - bevorrechtigte - …. zu überqueren und in die …. einzufahren. Aus dieser Straße kam der Beklagte zu 1) mit seinem PKW. Er beabsichtigte, nach links in die - auch aus seiner Sicht bevorrechtigte - ….. einzubiegen.

Es kam im Bereich der …. zu einer Kollision beider Fahrzeuge, wodurch dem Kläger ein Schaden in Höhe von 3.498,06 DM entstand.

Die Beklagte zu 2) hat auf den Schaden des Klägers unter dem 1.2.2001 1.707,03 DM an den Kläger gezahlt.

Der Kläger behauptet, der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen. Der Beklagte zu 1) habe den Unfall allein schuldhaft verursacht.

Mit der am 5.1.2001 bei Gericht eingegangen und am 19.2.2001 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.498,06 DM nebst 5%

Zinsen über dem Basissatz der EZB seit dem 7.12.2000 zu

zahlen.

Nachdem die Beklagte zu 2) am 1.2.2001 einen Teilbetrag in Höhe von 1.707,03 erstattet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.791,03 DM nebst 5%

Zinsen über dem Basissatz der EZB aus 3.498,06 DM für die

Zeit vom 7.12.2000 bis zum 1.2.2001 sowie aus 1.791,03 DM

seit dem 2.2.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) habe sich im Kollisionszeitpunkt bereits auf der …... befunden. Er habe den Scheitelpunkt der Kurve bereits durchfahren gehabt.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

In der Hauptsache steht dem Kläger gegen die Beklagten aus dem Unfallereignis vom 4.11.2000 ein weiterer Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein weiterer Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 7, 18 StVG; 3 PflVG.

Ein möglicherweise aus diesen Anspruchsgrundlagen herzuleitender Anspruch wäre nämlich jedenfalls bereits durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB untergegangen, denn der Kläger kann keinesfalls mehr als den seitens der Beklagten zu 2) erstatteten Betrag ersetzt verlangen.

Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausginge, dass dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagten aus §§ 7, 18 StVG; 3 PflVG besteht, so wäre ein über den bereits gezahlten Betrag hinausgehender Anspruch jedenfalls der Höhe nach unbegründet. Der Kläger haftet nämlich seinerseits gem. § 7 Abs. 1 StVG für die Unfallfolgen mit. Der Unfall beruhte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nämlich nicht auf einem für den Kläger unabwendbaren Ereignis. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht nämlich zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seinerseits in die …. eingefahren ist, obwohl er die Vorfahrt des Beklagte zu 1) zu berücksichtigen hatte.

Dass der Kläger in die …. einfuhr, obwohl der Beklagte zu 1) sich bereits im Bereich der …. befand, folgt aus den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Feststellungen des Sachverständigen. Dieser hat nämlich festgestellt, dass der Beklagte zu 1) sich mindestens im Bereich der Mitte der ….. befand als die Fahrzeuge kollidierten. Die Mittellinie der …. hatte er jedenfalls bereits überfahren. Danach steht fest, dass der Beklagte zu 1) bereits in den Bereich der …. eingefahren war, als der Kläger seinerseits aus der …. in die … einfuhr.

Dass der Kläger die Vorfahrt des Beklagten zu 1) zu berücksichtigen hatte, folgt aus § 10 StVO. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme und der Inaugenscheinnahme der Unfallstelle stehen nämlich zur Überzeugung des Gerichts tatsächliche Umstände fest, aus denen zu folgern ist, dass es sich bei der Unfallstelle aus Sicht des Klägers um einen solchen Bereich handelt, in dem die Verkehrsteilnehmer i.S.d. § 10 StVO über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren. Dies folgt aus den zur Gerichtsakte gereichten Lichtbildern (Bl. 70 ff. d.A.) und aus dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme der Unfallörtlichkeit.

Der Einordnung der Unfallörtlichkeit als "abgesenkter Bordstein" steht auch nicht etwa, wie der Kläger meint, entgegen, dass der Bordstein seitlich zu der Zufahrt zur …. nicht unmittelbar ansteigt. Der Bordstein muss nämlich nicht etwa im Verhältnis zum übrigen Bordstein abgesenkt sein. Vielmehr reicht es aus, dass der Bordstein seiner Bauart nach flach und mit einer abgerundeten Kante versehenen ist. Die Bauart muss erkennbar dazu dienen, ein - wenn auch verlangsamtes - Überfahren zuzulassen. Dies ist aber nach den örtlichen Feststellungen gerade der Fall.

Es ist auch davon auszugehen, dass die Beklagten sich dieses für sie günstige Ergebnis der Beweisaufnahme zu eigen gemacht haben, obwohl sie sich nicht ausdrücklich darauf berufen haben. Dies hat der Vertreter der Beklagten spätestens im Ortstermin deutlich gemacht.

Da nach alledem allenfalls eine quotenmäßige Haftung der Beklagten gem. § 17 StVG in Betracht kommt, die Quote aber wegen des Verstoßes des Klägers gegen den in § 10 StVO normierten höchsten Sorgfaltsmaßstab der StVO keinesfalls über die Hälfte des entstandenen Schadens hinausgeht, unterlag die Klage in der Hauptsache der Abweisung als unbegründet.

Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf die begehrten Zinsen aus dem für erledigt erklärten Teil des ursprünglichen Klageantrages nicht zu. Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 284, 286, 288 BGB. Die Beklagten sind nämlich insofern nicht in Verzug geraten, denn dem Kläger stand ein durchsetzbarer Hauptsacheanspruch zu keiner Zeit zu. Der Verkehrsunfall beruhte nämlich nicht nur aus Sicht des Klägers nicht auf einem unabwendbaren Ereignis. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den Verkehrsunfall überwiegend selbst verursacht hat. Er hat nämlich nach dem oben Gesagten seinerseits gegen § 10 StVO verstoßen. Den Beklagten fällt demgegenüber ein Verkehrsverstoß nicht zur Last. Dies gilt vor allem deshalb, weil die Kollision sich aus Sicht des Beklagten zu 1) jedenfalls jenseits der Mittellinie der …. ereignet hat. Dies folgt aus den Feststellungen des Sachverständigen, die inhaltlich von dem Kläger nicht angegriffen werden.

Die auf seiten der Beklagten demzufolge allenfalls zu berücksichtigende einfache Betriebsgefahr tritt im Rahmen der Haftungsabwägung gem. § 17 StVG gegenüber dem überwiegenden Verursachungsbeitrag des Klägers vollständig zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1, 91 a ZPO. Soweit der Kläger mit seiner Klage der Abweisung unterlag, hat er die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, folgt die Kostentragungspflicht des Klägers aus § 91 a ZPO. Nach bisherigem Sach- und Streitstand ist nämlich davon auszugehen, dass die Klage insgesamt der Abweisung unterlegen hätte. Insoweit gilt das zur Abweisung des Zinsantrags Ausgeführte entsprechend. Eine Korrektur dieses Ergebnisses unter dem Gesichtspunkt billigen Ermessens erschien nicht angezeigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

…..

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte