Hessisches LAG, Urteil vom 09.12.2011 - 3 Sa 508/11
Fundstelle
openJur 2012, 68959
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts D vom 9. Dezember 2010 – 11 Ca 2091/10 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um die Vergütung für Oktober 2009 bis Dezember 2009, Differenzspesen für Januar 2009 bis Dezember 2009 sowie im Wege der Widerklage um Rückzahlungsansprüche.

Der Kläger war vom 16. Januar 2009 bis 15. Dezember 2009 bei der Beklagten als Montagearbeiter zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 1.900,00 tätig. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft A erischen Rechts, welche ausweislich des Handelsregisterauszuges in D vom 11. Februar 2009 bis zum 25.Februar 2010 eine Zweigniederlassung hatte. Ihr Hauptzweck bestand in der Vermittlung von Dienstleistungen an Bauprojekten, wobei sie selbst als Auftraggeberin auftrat. Im Januar 2009 arbeitete der Kläger für 70 Stunden für die Zentrale in der A, im Übrigen in B .Er verfügte bei der C, der Finanzsparte der A Post, über ein Postscheckkonto, welches in Euro geführt wurde und auf das die Beklagte Überweisungen tätigte.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 5 ff. d. A. verwiesen wird,ist ua. Folgendes geregelt:

„…5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

5.1 Die Kündigung kann von beiden Vertragspartnern zu den gesetzlich festgelegten Fristen erfolgen, kündigungsberechtigt für den AG sind die Geschäftsführung sowie die Mitarbeiter der Personalabteilung.…

6. Vergütung und Zahlung…

6.2 Die monatliche Entlohnung erfolgt auf der Basis eines Leistungsgrundlohnes in Höhe von 1.900,00 €zzgl. ggf. gesondert schriftlich vereinbarter projektbezogenen Akkordaufschläge.…6.4 Für die Entlohnung bei Einsätzen außerhalb B s wird der jeweilige Mindestlohn gezahlt.6.5 Die Zahlung der Vergütung erfolgt monatlich nachträglich bis spätestens zum 15ten eines jeden Folgemonats durch Überweisung auf eines vom AN zu benennenden Kontos per Scheck.…

8. Auslösung und Spesen:

8.1. Der AN hat bei Montageeinsätzen mit einer Entfernung von mehr als 30 km vom Wohnort Anspruch auf Auslösungszahlungen.

8.2 Diese beträgt steuerfrei zurzeit pauschal für Verpflegungsmehraufwand 24,00 EUR pro Arbeitstag und 20,00 EUR pro Übernachtung.

8.3 Bei Arbeitszeiten unter 6,5 Stunden wird das Verpflegungsgeld um 12,00 € gekürzt und beträgt 12,00 €.Sollte die Arbeitszeit über 6,5 Stunden liegen beträgt der reguläre Satz 24,00 € Verpflegungsgeld.

8.4 Spesen werden jeweils als Vorauszahlung in Höhe von 400,00 € jeweils am 1ten und 15ten eines Monats gezahlt. Die Endabrechnung erfolgt dann mit der nächsten regulären Lohnabrechnung im Folgemonat.

9. Arbeitszeit:

9.1. Die Arbeitszeit, wöchentlich von Montag bis Freitag,beträgt 175 Stunden pro Monat. Dieses entspricht einer täglichen Arbeitszeit von 8,75 Stunden welche durch den Leistungsgrundlohn ausgeglichen werden.

11. Urlaubsregelung:

11.1 Der Urlaubsanspruch des AN beträgt 24 Arbeitstage im Kalenderjahr, anteilig je Beschäftigungsmonat ein Zwölftel.

11.4 Die Gewährung von Urlaubstagen liegt grundsätzlich im Ermessen des AG und hat sich nach den betrieblichen Erfordernisse zu richten. Die Urlaubsgewährung setzt eine rechtzeitige Beantragung schriftlich (jeweils möglichst 6 Monate, spätestens aber 3 Monate vor Urlaubsantritt) voraus, wobei die Urlaubswünsche des AN möglichst angemessen berücksichtigt werden.

16. Ausschlussfristen

16.2 Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Soweit die Gegenseite nach Geltendmachung eines Anspruchs nicht reagiert oder den Anspruch zurückweist, ist der Anspruchsteller innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten, d.h. insgesamt 5 Monate nach Fälligkeit des rückständigen Anspruchs verpflichtet, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

16.3. Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.

19. Schlussbestimmungen:

19.2 Auf dieses Vertragsverhältnis findet ausschließlich deutsches Recht Anwendung.

19.3 Gerichtsstand ist D .

…“

Dem Kläger wurden für Oktober 2009 € 684,06 netto ausbezahlt. Für November und Dezember 2009 leistete die Beklagte an den Kläger keine Nettozahlungen. Wegen der dem Kläger zuletzt erteilten Lohnabrechnungen für Oktober bis Dezember 2009 wird auf Bl. 109 – 112 d. A. verwiesen.

Der Kläger erhielt am 27. November 2009 ein Kündigungsschreiben vom 13. November 2009, nach dem das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 15. Dezember 2009 enden sollte. Das Kündigungsschreiben, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 292 d. A. verwiesen wird, war auf dem Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und trug die Unterschrift der damaligen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E . Es handelte sich um einen gescannten Ausdruck. Die Aufgabe von Frau Ebei der Beklagten bestand in der Verwaltung des Montagepersonals inklusive der Kalkulationsunterstützung und in der internen Unterstützung der Montageleitung. Sie hat die jeweiligen Abrechnungen mit den Mitarbeitern besprochen und Personalanforderungen bearbeitet. Ihr direkter Vorgesetzter bei der Beklagten war der für die gesamte externe Montage- und Projektleitung zuständige Mitarbeiter Herr F . In einem „Motivationsschreiben“ der Beklagten vom 21. Oktober 2009, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 113 d. A. verwiesen wird,wird Frau E als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet.Das Geschäftspapier, auf dem sich das „Motivationsschreiben“ befindet, enthält jeweils am unteren Seitenende im Kleindruck den Zusatz: „Der Leistungserbringer schuldet die Umsatzsteuer dem jeweiligen Land“. Darunter findet sich der Zusatz: „Für alle Leistungen gelten ausschließlich unsere aktuellen allgemeinen Geschäftsbedingungen“. Hierunter heißt es:„Verbindliche Erklärungen bedürfen der zusätzlichen schriftlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der Gesellschaft“.

Der Kläger erhielt von der Beklagten im Dezember 2009 einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass er wieder eingestellt werde,sobald die Baustellen wieder liefen. Dieser Brief wurde an die gekündigten Mitarbeiter versandt, nachdem sich Herr F mit Email vom 9. Dezember 2009, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 176 f. d. A.verwiesen wird, an Frau G und Frau E gewandt und um ein Schreiben an jeden einzelnen Mitarbeiter zum Thema „Wiedereinstellung“ im neuen Jahr gebeten hat, da dies bei den Arbeitsämtern den Vorteil habe, dass nicht jeder Mitarbeiter an „diversen Vermittlungsgesprächen sowie an sogenannten Maßnahmen teilnehmen“ müsse.

Mit Email vom 11. Dezember 2009, wegen deren Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 309 d. A. verwiesen wird, wandte sich Herr F wie folgt an die Mitarbeiterin E :

„…Bitte für die Herren H, J, K, L, M, N und O am 14.12. und 15.12.09Urlaub eintragen.…“

Mit Schreiben vom 4. Januar 2010, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 293 f. d. A. verwiesen wird, wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:

„…Sie haben die Baustelle vor Weihnachten ungerechtfertigter Weise am 11. Dezember 2009 vorzeitig verlassen; noch schlimmer aber waren die geschäftsschädigenden und verleumderischen Aussagen durch Sie und den Führungskader unseren Auftraggebern gegenüber, dass sämtliche Montagemitarbeiter gekündigt hätten, weil keine Löhne gezahlt würden.…

Die Vorauszahlungen auf Ihr Postscheckkonto beziehen sich auf Leistungen, die durch die Monteure in der A zu erbringen sind und den A er Mindestlöhnen unterliegen. Von unserer Revisionsstelle wurden wir angewiesen, diese monatlich als Vorauszahlung zu leisten und eine Jahresendabrechnung zu erstellen. Diesbezüglich leisten Sie uns bitte Ihre Stunden- und Leistungsnachweise für die im Jahr 2009 erbrachten Arbeiten in der A nach.…

Durch Ihre ungerechtfertigte Kündigung der gesamten Mitarbeiter und die damit ausgelöste Reaktionen der Auftraggeber,die jetzt die berechtigten Forderungen nicht zahlen, liegt der momentane Umsatz und das Einkommen der P bei Null, wobei die laufenden Deckungsbeitragskosten weiter laufen.…

Wir bitten Sie, zur Wahrung ihrer Interessen, das Vertragswerk zu lesen und Ihrem Rechtsbeistand zur Kenntnisnahme zu übergeben, damit dieser Ihnen die durch uns an Sie gerichteten Schadensersatzforderungen und vertragsgerechte Abrechnung erklären kann.…“

Der Kläger hat behauptet, das Geld auf dem A Konto habe er gesondert erhalten, ein Zusammenhang mit der Klageforderung bestehe nicht. Diese Zahlungen seien als gesondertes Gehalt zusätzlich durch eine Zusatzvereinbarung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 114d. A. verwiesen wird, vereinbart worden. Diese sehe eine Erfolgsvergütung zusätzlich zum vereinbarten Grundlohn vor. Die Zahlungen der Beklagten auf sein A Konto seien auf Grundlage der Zusatzvereinbarung erfolgt. Eine Überzahlung liege nicht vor.Ferner sei er nicht arbeitsvertragswidrig der Arbeit ferngeblieben,sondern weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis wirksam zum 15.Dezember 2009 gekündigt habe. Frau E habe sich als Mitglied der Geschäftsleitung um alle Personalfragen gekümmert. Für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass die Kündigung unwirksam gewesen sein soll. Auch habe ihn die Beklagte nach dem 15. Dezember 2010 niemals zur Arbeitsleistung aufgefordert. Die Arbeitszeitnachweise und die Leistungsnachweise habe er erbracht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden die in den Abrechnungen (Bl. 109 – 112 d. A.) genannten Beträge der Höhe nach zu. Für Oktober 2009 könne er daher € 2.343,59 brutto,für November 2009 € 2.077,77 brutto und für Dezember 2009€ 1.158,23 brutto verlangen, wobei die Nettoauszahlung für Oktober 2009 in Höhe von € 684,06 in Abzug zu bringen sei (Klageantrag zu 1.). Ferner könne er die in den Abrechnungen genannten Spesen für den Zeitraum Oktober 2009 bis Dezember 2009beanspruchen (Klageantrag zu 2.). Für Oktober 2009 stünden €744,00, für November 2009 € 752,00 und für Dezember 2009€ 380,00 aus. Dies ergebe insgesamt € 1.876,00 netto.Ebenso habe er Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemachten Differenzspesenansprüche für die Monate Januar 2009 bis September 2009. Insofern könne er auf die Abrechnung für Dezember 2009 verweisen, nach welcher die Beklagte Korrekturen vorgenommen habe. Gegenansprüche der Beklagten seien nach den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen verfallen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 5.579,59 brutto abzüglich € 684,09 netto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus € 2.343,59 brutto abzüglich €684,06 netto seit 16. November 2009, aus € 2.077,77 brutto seit 16. Dezember 2009 sowie aus € 1.158,23 brutto seit 16.Januar 2010 zu zahlen;2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.876,00 netto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus € 744,00netto seit 16. November 2009, aus € 752,00 netto seit 16.Dezember 2009 sowie aus € 380,00 netto seit 16. Januar 2010 zu zahlen;3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 660,75 netto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 16. Januar 2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen sowie widerklagend,1. den Kläger zu verurteilen, an sie € 3.503,98 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;2. festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr darüber hinaus aus dem arbeitsvertragswidrigen Fernbleiben von der Arbeit seit Dezember 2009 entstanden ist.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Kündigung vom 13. November 2009 auf Weisung des Montageleiters Herrn F ausgesprochen und rückdatiert worden sei. Am 24. November 2009 habe dieser seine Assistentin Frau E in der damaligen Zentrale in Q angewiesen, auf den 13. November datierte und zum 15. Dezember 2009 lautende Kündigungsschreiben an sämtliche Mitarbeiter der Niederlassung zu fertigen, zu unterzeichnen und ihm per Email zur Übergabe an sie zu übermitteln. Diese Anweisung habe er angeblich in Absprache mit der Geschäftsleitung gegeben, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.Vielmehr habe er die Monteure zusammen mit dem früheren Prokuristen, Herrn R, dazu verleitet, die Arbeit für sie zu beenden. Auch für den Kläger sei deutlich gewesen, dass die Kündigung nicht wirksam gewesen sei. Frau E sei zur Kündigung nicht berechtigt gewesen. Die ihr übertragene Personalverwaltung umfasse nicht die Einstellung und Entlassung, sondern Lohnabrechnungen,Urlaubserfassung, Arbeitspapiere uä. Das Schreiben, das der Kläger im Dezember 2009 erhalten habe, rühre nicht von der Beklagten,sondern von Herrn F, der Frau E hierum gebeten habe. Der Kläger habe zu viel Vergütung erhalten, es liege eine Überzahlung vor.Neben dem Bruttomonatsgehalt von € 1.900,00 seien keine weiteren Entgelte vereinbart worden. Bei der Zusatzvereinbarung handele es sich nach ihren Kenntnissen um eine solche mit der S .Der Kläger habe zusätzlich zu der Pauschalabrechnung in B als Vorauszahlung für die Arbeit in der A immer Zahlungen auf das AKonto erhalten. Sie habe Arbeitsleistungen des Klägers in der Aerwartet und daher zusätzlich als Vorschau zur Verrechnung für Leistungen in der A Löhne abgerechnet und Nettobeträge auf das A er Konto des Klägers überwiesen. Diese Zahlungen seien als Vorauszahlung gekennzeichnet. Wegen der behaupteten Zahlungen zugunsten des Klägers auf sein A er und das deutsche Konto wird auf Bl. 58 d. A. und Bl. 138 – 141 d. A. verwiesen. Sie habe diese Zahlungen getätigt, um den gesetzlichen Mindestlöhnen und Sozialabgaben in der A zu genügen. Diese Vorauszahlungen in der Aseien notwendig, da sie nicht vorher absehen könne, welcher Monteur in der A tätig werde. Wegen der Regelung des Mindestlohnes in Ziff.6.4 des Arbeitsvertrages habe sie 28,15 A Franken, was € 18,77entspreche und 6,05 % Sozialabgaben auf die Vorauszahlungen geleistet, was den deutschen Stundenlohn in Höhe von € 10,85brutto deutlich übersteige. Sämtliche Sozialabgaben und Steuern auf das Bruttoentgelt habe sie abgeführt. Dies habe der ehemalige Montageleiter des Klägers, Herr F, am 21. Dezember 2009 für ihre Auftraggeber bestätigt und könne ggf. durch amtliche Aufrechnungsbescheinigungen und Ähnliches belegt werden. Der Vortrag des Klägers zu verdeckten Lohnzahlungen sei falsch. Bereits am 22. Februar 2010 habe sie dem Klägervertreter durch ihre Mitarbeiterin Frau G mitgeteilt, dass die Entscheidung für Zahlungen in der A eine buchhalterische und lohnrechtliche gewesen sei. Der Kläger sei ohne genehmigten Urlaub seit dem 14. Dezember 2009 der Arbeit fern geblieben. Der Vorgesetzte des Klägers, Herr F, sei nicht dazu berechtigt gewesen, Urlaub zu genehmigen. Dieser habe mit der Zentrale in der A abgestimmt werden müssen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die zu viel geleisteten Nettozahlungen seien als Vorauszahlungen auf die Nettolohnzahlungen für die Arbeit in B zu verrechnen.

Das Arbeitsgericht D hat der Klage mit am 9. Dezember 2010verkündetem Urteil stattgegeben und die Widerklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung für Oktober 2009 bis Dezember 2009 in Höhe von € 5.579,59 brutto abzüglich €684,09 netto nebst Zinsen. Der Klageanspruch sei weder ganz noch zum Teil wegen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist ausgeschlossen. Diese vertragliche Ausschlussfrist sei gemäß § 307Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die zweistufige Ausschlussfrist sei in der ersten Stufe mit zwei Monaten zu kurz bemessen. Der Anspruch des Klägers beruhe auf § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag. Der Anspruch des Klägers sei dem Grunde und der Höhe nach durch die Aufführung auf den Abrechnungen für Oktober bis Dezember 2009unstreitig gestellt. Die Beklagte berücksichtige aus ihrer Sicht erfolgte „Vorauszahlungen" im Hinblick auf Leistungen auf das A Konto. Eine Vorschusszahlung, die als vorweggenommene Lohntilgung ohne Aufrechnungserklärung bei der Lohnabrechnung in Abzug gebracht werden könnte, und zwar auch von dem unpfändbaren Arbeitseinkommen, würde jedoch eine entsprechende Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien voraussetzen. Die Existenz einer solchen Vereinbarung sei jedoch nicht vorgetragen. Falls sich die Beklagte auf eine Aufrechnung habe berufen wollen, so greife auch diese nicht durch. Zwar sei eine Aufrechnungserklärung im Sinne des § 388BGB auch konkludent möglich. Aus dem Beklagtenvortrag lasse sich eine konkludente Aufrechnungserklärung auch entnehmen, da sie mit aus ihrer Sicht bestehenden Gegenansprüchen in Form von Überzahlungen die Forderungssumme des Klägers verrechnen wolle. Bei dieser Aufrechnung im Sinne des § 387 BGB beachtete sie jedoch die Pfändungsfreigrenzen nicht. Nach § 394 Satz 1 BGB könne eine Lohnforderung nur in der Höhe aufgerechnet werden wie diese nach den §§ 850 ff. ZPO pfändbar sei. Der Arbeitgeber habe auch dann,wenn ihm höhere Gegenansprüche zustehen, stets den unpfändbaren Teil auszuzahlen. Zwar sei eine Aufrechnung über die Grenze des §850d ZPO zulässig, wenn der Arbeitnehmer bereits ausgeschieden sei.Im Zeitpunkt der Aufrechnung der Beklagten habe das Arbeitsverhältnis jedoch noch bestanden, weswegen die Aufrechnung nach § 394 BGB unzulässig sei. Selbst falls unpfändbare Ansprüche iSd. § 850d ZPO nicht in der kompletten Höhe der jeweiligen gesamten monatlichen Nettohöhe bestanden hätten, so habe zumindest keine Aufrechnung in der gesamten Höhe des monatlichen Nettolohnes erfolgen können. Darüber hinaus bestünde kein Anspruch der Beklagten, mit dem sie aufrechnen könne. Einem möglichen Anspruch der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1Satz 1 Alt. 1 BGB stehe die Kenntnis der Nichtschuld im Sinne des §814 Alt. 1 BGB entgegen. Den Beklagtenvortrag als wahr unterstellt habe sie positiv gewusst, dass sie zumindest zu einem Teil der an den Kläger auf das A Konto geleisteten Zahlungen nicht verpflichtet sei. Die Voraussetzungen einer Absprache über eine Verrechnung oder eine Vorschusszahlung habe sie nicht dargelegt. Damit stehe als rechtshindernde Einwendung nach ihrem eigenen Vortrag § 814 Alt. 1BGB einem möglichen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGBentgegen. Die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts im Sinne des § 273 BGB oder des § 320 BGB habe die Beklagte nicht dargelegt.Der Anspruch des Klägers bestehe auf Zahlung des Bruttolohnes. Die Beklagte habe keinen konkreten Vortrag geschweige denn einen Nachweis dafür erbracht, dass sie Steuern und Sozialabgaben abgeführt habe. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen beruhe auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Der Kläger habe auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Spesen für Oktober 2009 bis Dezember 2009 in Höhe von € 1.876,00 netto gemäß Ziff. 8 des Arbeitsvertrages nebst Zinsen. Der Klageanspruch sei weder ganz noch zum Teil wegen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist ausgeschlossen. Diese vertragliche Ausschlussfrist sei gemäß § 307Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die zweistufige Ausschlussfrist sei in der ersten Stufe mit zwei Monaten zu kurz bemessen. Der Anspruch des Klägers sei dem Grunde und der Höhe nach durch die Aufführung auf den Abrechnungen für Oktober bis Dezember 2009 unstreitig gestellt worden. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen beruhe auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Differenzspesenansprüchen für Januar bis September 2009 gemäß Ziff.8 des Arbeitsvertrages nebst Zinsen. Der Klageanspruch sei weder ganz noch zum Teil wegen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist ausgeschlossen. Diese vertragliche Ausschlussfrist ist gemäß § 307Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Weswegen die Korrekturen bei den Spesen erfolgt seien, erkläre die Beklagte nicht. Mangels Erläuterungen der Beklagten gehe das Gericht daher von einem Anspruch des Klägers auch in der jeweiligen Höhe der vorgenommenen Abzüge der Spesenforderungen aus, da die Beklagte auch zuvor diese Spesenabrechnungen ausweislich der vorherigen Abrechnungen als berechtigt angesehen habe. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen beruhe auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine Überzahlung, welche die Beklagte widerklagend geltend machen könne,liege nicht vor. Einem möglichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB stehe § 814 Alt.1 BGB entgegen.

Gegen das Urteil vom 9. Dezember 2010, das der Beklagten am 21.März 2011 zugestellt worden ist, hat sie mit am 11. April 2011vorab per Telefax bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 21. Juni 2011 durch am 8. Juni 2011 vorab per Telefax bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht mit der Berufung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten nach dem Luganer Übereinkommen für den Kläger nicht eröffnet sei. Außer dem Arbeitsvertrag und der Betriebsordnung gebe es keine weiteren Abreden über Entgelte irgendwelcher Art oder sonstige Zusatzvereinbarungen über Prämien,Gratifikationen oder Ähnliches. Der Kläger habe im Jahr 2009insgesamt € 26.003,05 netto ausweislich der Korrekturausdrucke der Lohnabrechnungen und Conguaglio zu erhalten gehabt. Ausgezahlt worden seien ihm unstreitig € 27.455,98. Das Arbeitsverhältnis habe fortbestanden als der Kläger und seine Kollegen vertragswidrig die Arbeitsstelle verlassen hätten und nicht mehr zur Arbeit erschienen seien. Urlaub habe der Kläger nicht beantragt. Von vertretungsberechtigten Personen sei keine Kündigung ausgesprochen worden. Es sei abwegig, einem Arbeitgeber deshalb eine nichtige Kündigung zuzurechnen, weil eine Mitarbeiterin sie ausgesprochen habe. Der Kläger und seine Kollegen hätten rechtswidrig die Beendigung der Aufträge an den Baustellen veranlasst. Zeitgleich hätte der Konkurrenzunternehmer T mit ihrem früheren Prokuristen das Konkurrenzunternehmen U gegründet. Dort seien nach ihren Informationen ihre früheren Monteure sofort über Treuhandverträge zu 3,5 % beteiligt worden. Die Monteure arbeiteten seit Februar und März „offiziell“ mit Arbeitsverträgen in diesem neuen Konkurrenzunternehmen. Frühere Auftraggeber hätten bestätigt, dass die frühere Montagegruppe des Projekts dieses sofort für Uübernommen habe. Dies stelle die Übernahme des Betriebsteils Montage nach § 613a BGB durch das neue Unternehmen dar. Damit trete dieses in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein. Die Zahlungsansprüche des Klägers seien nach § 362 BGBvollständig erfüllt. Im Übrigen sei ihr auch hilfsweise die Aufrechnung gegen unpfändbare Ansprüche auf Arbeitsentgelt möglich.Sie habe mit Nettozahlungen gegen Nettozahlungen aufgerechnet. Das Arbeitsgericht verwehre ihr auch zu Unrecht Bereicherungsansprüche.Sie habe keine Leistungen in Kenntnis einer Nichtschuld nach § 814BGB erbracht. Ein Kennenmüssen genüge nicht. Sie sei nach wie vor der Meinung, auf Grund der bilateralen Abkommen der A mit B wie geschehen abrechnen zu müssen. Im Hinblick auf Zahlungen, welche von der A er Zentrale zur Ersparnis von Bankgebühren (immerhin € 12,00 bei Transaktionen nach B ) auf die A Konten einzelner Monteure geleistet worden seien, sei die zuständige Mitarbeiterin,Frau G, von Beginn an von einer gesonderten Abrechnungspflicht über Nettozahlungen an die A er Behörden ausgegangen. Dies sei auf Grund entsprechender Erläuterungen in Seminaren zur Wirtschaftprüfung als auch wiederholter Auskünfte des Bürovorstehers der kantonalen Ausgleichskasse V der Alters- und Hinterbliebenenversicherung AHV,Herrn W, geschehen. Dieser halte eine Abrechnung nach bilateralen Abkommen für zwingend. Die Widerklage sei hinreichend begründet. Es bestünden Rückzahlungsansprüche in Höhe von € 1.453,98. Für sie, die Beklagte, gelte der allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsvertrag im A Dach- und Wandgewerbe, an dessen Mindestlöhne sie sich für Leistungen halten müsse, die deutsche Arbeitnehmer in der A erbrächten. Geprüft werde dies durch sog.paritätische Kommissionen. Dies solle Lohndumping durch den Einsatz ausländischer Arbeitnehmer an A Baustellen verhindern. Im Gesamtarbeitsvertrag heiße es unter Ziff. 22.4.: „Bei Austritt des Arbeitnehmers während des laufenden Jahres wird eine Schlussabrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis zum Austritt erstellt.“ Da im Arbeitsvertrag unter Ziff. 6.4 bei Einsätzen außerhalb B der entsprechende Mindestlohn vorgesehen sei, habe sie den deutschen Monteuren jeden Monat den Lohn und die Spesen laut Arbeitsvertrag bezahlt und im Hinblick auf die von ihr in der Abedienten Baustellen jeden Monat Pauschallohnabrechnungen erstellt.Hierüber sei am Jahresende definitiv abzurechnen gewesen, wie viele Stunden der Monteur in der A gearbeitet habe, wie viel sie auf Grund der Pauschallohnabrechnungen zu viel oder zu wenig gezahlt habe. Sie habe sich für verpflichtet gehalten, in Vorausschau auf die an A Baustellen oder bei Auslandsaufenthalten in der A Zentrale schon ab Grenzübertritt anzuwendenden Mindestlohn Zahlungen zu leisten und über diese gegenüber den AHV Ausgleichskassen abzurechnen. Im Übrigen seien ihre Rückzahlungsansprüche nicht ausgeschlossen, da schon die Abrechnungen erst am 18. Februar 2010korrigiert erstellt und zugleich mit der Gesamtabrechnung an die Monteure übersandt worden seien, was dem Schreiben vom 22. Februar 2010 an den Klägervertreter zu entnehmen sei, der hierauf reagiert habe. Die Ansprüche seien sodann fristgerecht gerichtlich geltend gemacht worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 09. Dezember 2010– 11 Ca 2091/10 – abzuändern und1. die Klage abzuweisen;2. auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, an sie 3.503,98€ netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Mai 2010 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.Er ist der Auffassung, ein arbeitsrechtlich nicht vorgebildeter Arbeitnehmer müsse nicht auf den ersten Blick erkennen, dass die mit Personalangelegenheiten betraute Frau E nicht zum Kündigungsausspruch berechtigt gewesen sei. Dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Unternehmen tätig gewesen sei, könne nicht zu einer schuldhaften Pflichtverletzung führen.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22. November 2011 die Berufung wegen der mit der Widerklage verfolgten Forderungen wegen der Vertragsstrafe in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt (= €1.900,00) und des pauschalen Aufwandsentgelts in Höhe von €150,00 zurückgenommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 9. Dezember 2010 - 11 Ca 2091/10 - ist gemäß §§ 8Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und auch zulässig,insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden,§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO. Die Berufung hat in der Sache, soweit nicht ohnehin zurückgenommen, jedoch keinen Erfolg. Im Einzelnen:

I.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als zulässig angesehen, weil die Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl.auch für die Revisionsinstanz BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08- EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1), ergibt sich allerdings nicht aus Ziff. 19.3 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 15. Januar 2009.Nach Ziff. 19.3 ist Gerichtsstand D . Auf die Rechtswirksamkeit dieser Gerichtsstandsvereinbarung nach geltendem innerstaatlichem Recht kommt es vorliegend nicht an, weil die Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens (im Folgenden „LugÜ“) gegenüber §38 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorrangig sind (vgl. BAG 8. Dezember 2010- 10 AZR 562/08 - EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1 mwN.; Geimer 5. Aufl. Rn.1643). Nach Art. 17 Nr. 1 LugÜ kann von den Vorschriften des 4. Abschnitts nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit getroffen wird. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Gerichtsstandsvereinbarung bereits Gegenstand des Arbeitsvertrages vom 15. Januar 2009 war. Die internationale Zuständigkeit richtet sich danach nach dem LugÜ, wobei dort Art. 18maßgeblich ist.

1. Das LugÜ ist von den Gerichten der Mitgliedstaaten anzuwenden, wenn die maßgeblichen Bezugspunkte über den Kreis der Mitgliedstaaten hinausführen und auf einen Lugano-Staat weisen.Diese Grundregel führt Art. 64 Abs. 2 LugÜ (früher Art. 54b Abs. 2)für die drei Bereiche Zuständigkeit, Rechtshängigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung weiter aus (Kropholler 8. Aufl.Einl. Rn. 69). Danach ist das LugÜ insbesondere anzuwenden,wenn die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem sog.„Lugano-Staat“ hat. Vorliegend hat die Beklagte ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz in der A, mit der Folge, dass das LugÜAnwendung findet.

2. Nach Art. 18 Abs. 1 LugÜ bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Art. 4 und Art. 5 Nr. 5 nach diesem Abschnitt, wenn ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.Dies ist hier der Fall.

a) Der Begriff des Arbeitsvertrags ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff des LugÜautonom auszulegen (zur autonomen Auslegung solcher internationalen Regelungen: EuGH 10. April 2003 - C-437/00 - Rn.16, Slg. 2003, I-3573; BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - EzAZPO 2002 § 38 Nr. 1; BAG 20. August 2003 - 5 AZR 45/03 - APLugano-Abkommen Art. 5 Nr. 1; Kropholler 8. Aufl. Art. 18 LugÜ Rn.2). Unter dem Begriff des „individuellen Arbeitsvertrages“ ist eine Vereinbarung zu verstehen, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer zum Inhalt hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (BAG 8.Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; BAG 24.September 2009 - 8 AZR 306/08 - AP EuGVVO Art. 18 Nr. 1). Dass eine soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit der schwächeren Partei besteht, wirkt indiziell, ist aber für sich allein weder erforderlich noch ausreichend. Der Begriff „individuell“ grenzt den Arbeitsvertrag lediglich von kollektiven Vereinbarungen wie Tarifvertrag, Betriebs- und Dienstvereinbarung ab (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 -EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; Musielak/Stadler 7. Aufl. Art. 18 EuGVVORn. 2; Junker NZA 2005, 199, 201).

b) Danach handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009 um einen individuellen Arbeitsvertrag. Der Vertrag ist nicht nur als „Arbeitsvertrag als Individualvereinbarung“ überschrieben, der Kläger wird auch als Arbeitnehmer bezeichnet. Ferner wird durchweg der Begriff „Arbeitsverhältnis“ verwandt.

2. Nach Art. 18 Abs. 2 LugÜ wird der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates keinen Wohnsitz hat, ua.für Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hätte. Für die Eröffnung des Gerichtsstandes kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an,nicht auf die Situation im Zeitpunkt der Klageerhebung.Anderenfalls könnte der Arbeitgeber den Gerichtsstand der Zweigniederlassung abschütteln, in dem er diese schließt. In diesem Falle ginge der Arbeitnehmer des Schutzes durch das LugÜ insgesamt verlustig, was im Ergebnis dem sozialpolitischen Anliegen des Arbeitsprozessrechts, aber auch den Prinzipien der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeiten widerspräche (zu dem inhaltsgleichen Art. 18 Abs. 2 EuGVVOStein/Jonas/Wagner 22. Aufl. Art. 18 EuGVVO Rn. 26). Für diese Sichtweise spricht im Übrigen auch die Bestimmung des Art. 19 Nr. 2a) und b) LugÜ, die es zulässt, dass ein Arbeitgeber auch in einem durch das LugÜ gebundenen Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, oder bei Verrichtung der Tätigkeit in mehr als einem Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw.befand, verklagt wird. Denn nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung soll der Arbeitnehmer wegen seiner sozialen Schutzbedürftigkeit bei der Eröffnung des Gerichtsstandes bevorzugt werden (vgl.Kropholler 8. Aufl. Art. 19 LugÜ Rn. 4 und 12). Es liefe dieser Zielsetzung zuwider, wenn ein Kläger, der überwiegend nur in einem Staat eingesetzt würde und bei dem dort wegen der Natur seiner Tätigkeit kein gewöhnlicher Arbeitsort feststellbar ist, nur deshalb am Wohnsitz des Arbeitgebers klagen müsste, während der Arbeitnehmer mit einem festen Arbeitsort an diesem Arbeitsort Klage erheben könnte.

3. Unter Anwendung vorstehender Grundsätze ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Zwar wurde die Zweigniederlassung der Beklagten erst am 11. Februar 2009in das Handelsregister eingetragen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009 benennt als Arbeitgeberin aber bereits die „P Zweigniederlassung B X“. Danach handelt es sich um eine Streitigkeit aus dem Betrieb der Zweigniederlassung, deren Löschung aus dem Handelsregister am 25. Februar 2010 vor Rechtshängigkeit die Annahme der internationalen Zuständigkeit nicht hindert.

II.

Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten Vergütung für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 15. Dezember 2009(Klageantrag zu 1.), Spesen für Oktober 2009 bis 15. Dezember 2009(Klageantrag zu 2.) sowie für Januar 2009 bis September 2009(Klageantrag zu 3.) verlangen kann. Die Beklagte kann wegen der behaupteten Überzahlung nicht gegen die Vergütungsansprüche des Klägers aufrechnen. Ebenso wenig hat die Widerklage im verbliebenen Umfang von € 1.453,98 netto Erfolg.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Vergütung für den Monat Oktober 2009 in Höhe von €2.343,59 brutto abzüglich € 684,06 netto, für den Monat November 2009 in Höhe von € 2.077,77 brutto und für den Monat Dezember 2009 in Höhe von € 1.158,23 brutto aus § 611 Abs. 1BGB iVm. dem Arbeitsvertrag vom 15. Januar 2009. Der Klageantrag zu 1. ist – wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – begründet.

a) Die Höhe der monatlichen Vergütung des Klägers nach Ziff. 6.2des Arbeitsvertrages vom 15. Januar 2009 steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Die Beklagte hat dem Kläger am 18.Februar 2010 Korrekturausdrucke bezüglich der Lohnabrechnungen für Oktober 2009 bis Dezember 2009 übersandt. Aus diesen Korrekturausdrucken ergibt sich für Oktober 2009 ein Bruttobetrag von € 2.343,59; für November 2009 ein Bruttobetrag in Höhe von € 2.077,77 sowie für Dezember 2009 ein Bruttobetrag in Höhe von € 1.158,23. Zwischen den Parteien steht ferner nicht in Streit, dass die Beklagte für den Monat Oktober 2009 lediglich € 684,06 netto gezahlt und für den Zeitraum 1. November bis 15. Dezember 2009 keinerlei Vergütungszahlungen erbracht hat. Zwar stellt eine Lohnabrechnung grundsätzlich kein Anerkenntnis dar (BAG 10. März 1987 - 8 AZR 610/84 - NZA 1987, 557),vorliegend hat die Beklagte jedoch keine Einwendungen zur Höhe der Lohnforderungen an sich geltend gemacht.

b) Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf den Erfüllungseinwand in § 362 Abs. 1 BGB. Sie hat die geschuldete Leistung nicht bewirkt.

aa) Soweit die Beklagte behauptet, sie habe die Sozialabgaben und Steuern auf das Bruttoentgelt abgeführt, so geht aus ihrem Vortrag bereits nicht eindeutig hervor, ob sie hiermit lediglich die in der A geleisteten Zahlungen verstanden wissen will oder ob sie behauptet, sie habe Sozialabgaben und Steuern auf die für Oktober 2009 bis Dezember 2009 noch ausstehenden Vergütungsansprüche des Klägers geleistet. Der Vortrag, der ehemalige Montageleiter, Herr F, habe dies am 21. Dezember 2009ihren Auftraggebern bestätigt und dies könne ggf. durch amtliche Aufrechnungsbescheinigungen uä. belegt werden, ist jedenfalls nicht geeignet, den Erfüllungseinwand zu substantiieren. Es kann als wahr unterstellt werden, dass der ehemalige Montageleiter die behauptete Bestätigung abgegeben hat, ohne dass hieraus folgt, dass die Zahlungen an Sozialversicherungsträger und Finanzbehörden tatsächlich abgeführt worden sind. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, aus welchen Umständen und Tatsachen folgt, dass aus „amtlichen Aufrechnungsbescheinigungen“ die Erfüllung von Steuerpflichten und Sozialabgaben ersichtlich ist. Ebenso wenig ersichtlich ist, welche Kenntnisse die Mitarbeiterinnen G und Ebezüglich der Erfüllung der Forderungen gegenüber Finanzamt und Sozialversicherungsträger haben.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass an die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH 20. September 2002 - V ZR 170/01 - NJW-RR2003, 69, 70; BGH 8. Mai 2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433ff.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind (BGH 27. September 2001- IX ZR 281/00 - NJW 2002, 825 ff.). Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die Beweisführung deshalb erschwert ist, kann sie auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen (BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGHReport 2003, 891;BGH 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 - NJW-RR 2002, 1419, 1420 f.; vgl.auch BAG 3. August 2005 - 10 AZR 585/04 - NZA 2006, 175 f.).Vorliegend ist es der Beklagten sowohl möglich als auch zumutbar,substantiierter als geschehen zu dem behaupteten Erfüllungseinwand vorzutragen. Die einer Erfüllung zu Grunde liegenden vorzutragenden Umstände und Tatsachen liegen allein in ihrer Sphäre. Sie allein hat Einblick in die konkreten Geschehensabläufe, die zu der behaupteten Erfüllung der Forderungen des Finanzamts und der Sozialversicherungsträger geführt haben sollen. Bereits der Entscheidung des Arbeitsgerichts war hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der pauschale Vortrag der Beklagten keinem Beweismittel zugänglich ist.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie die behaupteten zu viel geleisteten Nettozahlungen nicht als Vorauszahlungen mit den Nettolohnzahlungen für die Arbeit in Bverrechnen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass dies eine dahingehende Vereinbarung der Parteien vorausgesetzt hätte.

(1) Vorschüsse sind Vorauszahlungen des Arbeitgebers auf noch nicht verdienten Lohn des Arbeitnehmers (Küttner/Griese 18.Aufl. Vorschuss Rn. 1). Eine Zahlung durch den Arbeitgeber ist dann ein Vorschuss, wenn sich beide Seiten bei der Auszahlung darüber einig waren, dass es sich um eine Vorwegleistung handelt,die bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird (BAG 13.Dezember 2000 - 5 AZR 334/99 - AP BGB § 394 Nr. 31; BAG 11. Juli 1961 - 3 AZR 216/60 - AP BGB § 614 Gehaltsvorschuss Nr. 2). Da ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt,bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach §§ 387, 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (BAG 13. Dezember 2000 - 5 AZR 334/99 - AP BGB§ 394 Nr. 31). Für die Behauptung, eine Leistung sei als Vorschuss gewährt, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig, weil er insoweit eine vorweggenommene Tilgung behauptet (LAG München 28. September 1989 - 4 Sa 241/89 - DB1990, 1292; Schaub/Vogelsang 14. Aufl. § 70 Rn. 15). Die Rückzahlungsverpflichtung folgt dabei aus der Vorschussvereinbarung. Diese beinhaltet, dass der vorschussweise Betrag mit dem Arbeitsverdienst verrechnet und ein etwaiger zu Lasten des Arbeitnehmers verbleibender Saldo von diesem ausgeglichen wird. Eine solche Vorschussvereinbarung kann ohne weiteres angenommen werden, wenn sich die Parteien über die vorschussweise Gewährung einer Zahlung einig waren, auch in Form einer konkludenten Einigung. Dies wiederum setzt die Kenntnis des Empfängers von dem Vorschusscharakter der Zahlung voraus (Küttner/Griese 18. Aufl. Vorschuss Rn. 8).

(2) Unter Anwendung vorstehender Grundsätze kann die Beklagte keine Verrechnung mit den auf das A Konto des Klägers geleisteten Nettozahlungen vornehmen. Bereits das Arbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass dem Vortrag der Beklagten keine Vorschussvereinbarung zu entnehmen ist. Der Kläger stellt die Vereinbarung eines Vorschusses in Abrede. Er geht vielmehr von zusätzlichen Lohnzahlungen aus. Damit fehlt es an einer –auch nur konkludenten – Einigung der Parteien über die vorschussweise Gewährung von Vergütung. Der Verweis auf die mögliche Praktibilität der Nettozahlungen unter buchhalterischen und lohnrechtlichen Gesichtspunkten wegen Ziff. 22.4 des Gesamtarbeitsvertrages im A Dach- und Wandgewerbe vermag übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien nicht zu ersetzen.Danach ist die Beklagte nicht berechtigt, die ausstehende Vergütung des Klägers für die Monate Oktober 2009 bis Dezember 2009einzubehalten.

c) Dem Bestand der Forderung gegen die Beklagte steht auch nicht der von dieser behauptete Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 BGBauf die U entgegen. Selbst wenn ihre Monteure nach dem 15. Dezember 2009 die Baustelle der Beklagten rechtswidrig verlassen haben sollten, um für das Konkurrenzunternehmen tätig zu werden und der Betriebsteil „Montage“ nach § 613a BGB auf das neue Unternehmen übergegangen wäre – wofür nach dem Vortrag der Beklagten keine rechtlichen Anhaltspunkte bestehen –, bliebe sie nach § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB zur Zahlung der streitgegenständlichen Forderungen verpflichtet.

d) Der Vergütungsanspruch für den Monat Dezember 2009 ist auch nicht zu kürzen, weil der Kläger am 14. und 15. Dezember 2009unerlaubt der Arbeit ferngeblieben wäre. Die Beklagte behauptet insofern nur, dass der Vorgesetzte des Klägers, der Montageleiter Herr F, am 11. Dezember 2009 die Eintragung des Urlaubs für sieben Monteure bei der Mitarbeiterin der Beklagten Frau E veranlasst habe. Der Kläger hat indes keinen Urlaub eintragen lassen. Es fehlt vorliegend erkennbar an einem gegenüber den übrigen Parallelverfahren individualisierten Vorbringen der Beklagten bezüglich der behaupteten Abwesenheit des Klägers.

e) Die Beklagte kann schließlich nicht mit Gegenforderungen in Höhe von € 1.453,98 netto wegen Überzahlungen und Schadensersatzansprüchen in Höhe von zumindest € 5.000,00wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers aufrechnen. Die ohnehin streitigen Gegenforderungen der Beklagten sind –unabhängig von der Frage der Leistung auf eine Nichtschuld nach §814 Alt. 1 BGB hinsichtlich der Zahlungen auf das A er Konto des Klägers – nach Ziff. 16.3. des Arbeitsvertrages verfallen,weil das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Dezember 2009geendet hat. Sind Ansprüche nach den Ausschlussfristen verfallen,so kann mit ihnen auch nicht mehr die Aufrechnung erklärt werden (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - AP BGB § 390 Nr. 4;Schaub/Treber 14. Aufl. § 209 Rn. 10).

aa) Nach Ziff. 16.2 des Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2009müssen die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Soweit die Gegenseite nach Geltendmachung eines Anspruchs nicht reagiert oder den Anspruch zurückweist, ist der Anspruchsteller danach innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten, d.h. insgesamt 5 Monate nach Fälligkeit des rückständigen Anspruchs verpflichtet, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Ziff. 16.3 regelt, dass im Falle des Ausscheidens die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.Diese Voraussetzungen hat die Beklagte sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Sicht nicht gewahrt.

(1) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auf Grund der Kündigung der Mitarbeiterin E vom 13. November 2009 zum 15.Dezember 2009 beendet worden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.

Das Kündigungsschreiben vom 13. November 2011 war auf dem Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und trug die Unterschrift der damaligen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau E .Die Aufgabe von Frau E bei der Beklagten bestand unstreitig in der Verwaltung des Montagepersonals inklusive der Kalkulationsunterstützung und in der internen Unterstützung der Montageleitung. Sie hat die jeweiligen Abrechnungen mit den Mitarbeitern besprochen und Personalanforderungen bearbeitet. Ihr direkter Vorgesetzter bei der Beklagten war der für die gesamte externe Montage- und Projektleitung zuständige Mitarbeiter Herr F .In dem Motivationsschreiben aus Oktober 2009 wird Frau E als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet. In Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags der Parteien heißt es, dass kündigungsberechtigt für den Arbeitgeber ua. die Mitarbeiter der Personalabteilung seien.

(2) Die Kündigung vom 13. November 2009 durch die Mitarbeiterin E ist der Beklagten jedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zuzurechnen.

Von einer Anscheinsvollmacht wird gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt,es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines (Schein-)Vertreters (BAG 11. September 1984 - 3 AZR33/82 - nv.; BGH 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - NJW 2007, 987ff.; Palandt 70. Aufl. § 172 BGB Rn. 11 mwN). Die Anscheinsvollmacht setzt danach zunächst das Vorliegen eines Rechtsscheintatbestandes voraus (MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl.§ 167 BGB Rn. 57). Das Verhalten, das den Rechtsschein einer Bevollmächtigung erzeugt, muss von einer gewissen Dauer oder Häufigkeit sein, wobei die wiederholte Verwendung überlassener Geschäftspapiere oder Firmenstempel ausreichend ist (BGH 5.März 1998 - III ZR 183/96 - NJW 1998, 1854 ff.; BGH 12. Februar 1952 - I ZR 96/51 - BGHZ, 111 ff.). Dem Vertretenen muss weiter eine Verletzung von Sorgfaltspflichten zur Last fallen, dh.er musste die Möglichkeit haben, das vollmachtlose Handeln vorauszusehen oder zu verhindern (Palandt 70. Aufl. § 172 BGBRn. 12). Der Rechtsschein der Bevollmächtigung muss zur Zeit des vollmachtlosen Auftretens noch bestanden haben und für das Handeln des anderen Teils ursächlich geworden sein. Der Geschäftsgegner muss daher in der Regel die Tatsachen kennen, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - NJW 2007, 987 ff). Ferner muss der andere Teil in analoger Anwendung des § 173 BGB gutgläubig gewesen sein. Er wird nicht geschützt, wenn er den Mangel der Vollmacht kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte (Palandt 70. Aufl. § 172 BGB Rn. 15). Es ist hierbei Sache des Vertretenen, die mangelnde Zurechenbarkeit, also das Fehlen der Kenntnis oder des Kennenmüssens, zu behaupten und notfalls zu beweisen (MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 167 BGB Rn.64).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte hat zunächst in zurechenbarer Weise einen Rechtschein gesetzt. Der Mitarbeiterin E stand nicht nur Geschäftspapier zur Verfügung, sie hat davon auch mit Wissen und Wollen der Beklagten Gebrauch gemacht. Dementsprechend ist auch das sog.„Motivationsschreiben“ vom 21. Oktober 2009 neben Frau G und Herrn Y von ihr unterschrieben worden. Hinzu kommt auch, dass in Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags geregelt ist, dass kündigungsberechtigt für den Arbeitgeber ua. die Mitarbeiter der Personalabteilung sind. In dem Motivationsschreiben wird der Begriff der Personalabteilung zwar nicht verwandt, Frau E wird aber, nachdem zuvor darauf hingewiesen wurde, dass der Innendienst nur noch aus drei Mitarbeitern besteht, als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet. Frau E war auch unstreitig Ansprechpartnerin für den Kläger als Mitarbeiter des Montagepersonals. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht (BAG 14. April 2011 - 6 AZR727/09 - NZA 2011, 683 ff.). Frau E war als alleinige Mitarbeiterin in der Personalverwaltung zwar nicht gleichzusetzen mit einer Personalabteilung, das „Motivationsschreiben“war aber dazu geeignet, bei den Mitarbeitern den Eindruck zu erwecken, Frau E falle als für die Personalverwaltung verbliebene Mitarbeiterin im Innendienst unter Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags.Das vollmachtlose Handeln der Mitarbeiterin wäre für die Beklagte auch zu verhindern gewesen, indem sie die Vertretungsverhältnisse bei Kündigungen gegenüber den Mitarbeitern klargestellt hätte. Dies wäre umso mehr zu fordern gewesen, als sich die Beklagte gerade in einem Umbruch befand – der ehemalige Montageleiter Herr Farbeitete ein neues Geschäftskonzept aus – und einige ihrer Führungskräfte wie der ehemalige Prokurist, Herr R, nicht mehr bei ihr beschäftigt waren. Soweit sich die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte darauf beruft, dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Mitarbeiterin E sie nicht habe rechtgeschäftlich vertreten dürfen, so wird diese Behauptung nicht durch ihr Vorbringen getragen. Der kleingedruckte Zusatz in dem „Motivationsschreiben“, nach dem „verbindliche Erklärungen“ der zusätzlichen schriftlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der Gesellschaft bedürfen, belegt weder die Kenntnis des Mangels der Vollmacht noch deren fahrlässige Unkenntnis. Denn dieser Zusatz steht im inhaltlichen Zusammenhang mit den zuvor in dem Passus enthaltenen Erklärungen „Der Leistungserbringer schuldet die Umsatzsteuer dem jeweiligen Land“ und „Für alle Leistungen gelten ausschließlich unsere aktuellen allgemeinen Geschäftsbedingungen“. Es handelt sich bei den kleingedruckten Zusätzen auf dem Geschäftspapier erkennbar um Geschäftsbedingungen, die gegenüber den Kunden und Geschäftspartnern der Beklagten im Rechtsverkehr Geltung beanspruchen sollen, nicht aber um den Versuch der Klärung von Vertretungsverhältnissen im Innenverhältnis gegenüber ihren Mitarbeitern.

(3) Der Rechtswirksamkeit der Kündigung steht auch nicht die Formnichtigkeit der Kündigung nach §§ 623, 125 Satz 1 BGB wegen der Übersendung per Email entgegen. Der Beklagten ist es nach § 242 BGBverwF sich hierauf zu berufen.

Die Berufung auf einen Formmangel kann ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR 799/96 - APBGB § 626 Nr. 141). Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form zwar zu beachten. Denn wenn die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden. Das kann unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) dann der Fall sein, wenn der Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und der Erklärende sich mit der Berufung auf den Formmangel zu eigenem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt (BAG 16. September 2004 - 2 AZR 659/03 - BGB§ 623 Nr. 1). Ein solches Vorgehen, das zum früheren eigenen Verhalten in unlösbarem Widerspruch steht, kann dann anzunehmen sein, wenn sich jemand zu seinem Vorteil auf eine Rechtsvorschrift beruft, die er selbst missachtet (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR799/96 - AP BGB § 626 Nr. 141).

Danach ist die Beklagte nicht berechtigt, sich auf einen etwaigen Formmangel wegen der Übersendung per Email zu berufen. Der Kläger durfte wegen des vorangegangenen Verhaltens der Beklagten darauf vertrauen, dass die Kündigung trotz des Formmangels gültig sein sollte. Im Kammertermin vom 7. Oktober 2011 hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass es bei der Beklagten bereits im Gespräch gewesen sei, die Arbeitsverhältnisse über den Winter zu beenden, die Geschäftsleitung aber letztlich davon Abstand genommen habe. Die Kündigung entsprach demzufolge der ursprünglichen Absicht der Geschäftsleitung, die Arbeitsverhältnisse über den Winter zu beenden. Der Kläger hat zudem nach Ausspruch der Kündigung von der Beklagten einen Brief erhalten, der zwar auf die Initiative von Herrn F zurückgehen mag, nach dem er aber wieder eingestellt werden soll, sobald die Baustellen wieder liefen. Damit hat die Beklagte die Kündigung gegenüber dem Kläger nochmals bestätigt. Erstmals in dem Schreiben vom 4. Januar 2010 spricht sie von ungerechtfertigten Kündigungen, wobei sie sich auch hier nicht auf den Formmangel beruft. Der Kläger durfte danach darauf vertrauen, dass die Beklagte den Formmangel nicht geltend machen würde. Dies muss umso mehr gelten, als die Kündigung aus seiner Sicht auch mit den finanziellen Verhältnissen der Beklagten in Wechselwirkung stand.Die Beklagte hat auf sein in B befindliches Konto seit Oktober 2009, in dem ein hälftiges Gehalt gezahlt worden war, keinerlei Vergütung mehr erbracht hat. Wegen des Ausbleibens seiner Vergütung hätte dem Kläger sogar ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zugestanden. Die Beklagte kann sich mithin nicht auf die Formunwirksamkeit berufen, weil sie sie selbst verursacht hat, sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt und der Kläger hier in besonderem Maße schutzbedürftig ist, weil er selbst wegen der erheblichen Vergütungsrückstände von einem außerordentlichen Kündigungsrecht hätte Gebrauch machen können, wenn die Kündigung der Beklagten dem nicht zuvor gekommen wäre.

bb) Hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Dezember 2009geendet, hätte es der Geltendmachung nach Ziff. 16.3. des Arbeitsvertrags vom 15. Dezember 2009 bedurft. An einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Forderungen fehlt es vorliegend.Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 hat sich die Beklagte zwar an den Kläger gewandt und ihm mitgeteilt, dass die Vorauszahlungen auf sein Postscheckkonto sich auf Leistungen bezögen, die durch die Monteure in der A zu erbringen seien und den A er Mindestlöhnen unterliegen würden. Sie hat auch diverse Schäden an Baustellen reklamiert wegen des behaupteten rechtswidrigen Verlassens der Arbeitsstelle. Die Beklagte hat den Kläger in der Folge jedoch nur angewiesen, seine Stunden- und Leistungsnachweise für die im Jahr 2009 erbrachten Arbeiten in der A einzureichen. Am Ende des Schreibens bittet sie den Kläger, zur Wahrung seiner Interessen,das Vertragswerk zu lesen und seinem Rechtsbeistand zur Kenntnisnahme zu übergeben, damit dieser ihm die Schadensersatzforderungen und vertragsgerechte Abrechnung erklären könne.

Hierin liegt keine ordnungsgemäße Geltendmachung der in Streit stehenden Ansprüche. Denn Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung einstellen, Beweise sichern oder - bei hohen Summen - vorsorglich Rücklagen bilden können. Die Geltendmachung einer Forderung im Sinne einer Ausschlussfrist verlangt daher, dass die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufgefordert wird (für tarifliche Ausschlussfristen BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - AP TVG § 1Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11). Dies braucht zwar nicht wörtlich, muss jedoch hinreichend klar geschehen. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung bestehen wird (für tarifliche Ausschlussfristen BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - AP GG Art. 9 Nr. 140; BAG 5. April 1995 - 5AZR 961/93 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 130). Hierzu gehört auch die Spezifizierung nach Grund und Höhe (Schaub/Treber 14. Aufl. § 209 Rn. 47).

An einer solchen Geltendmachung fehlt es hier. Die Beklagte stellt zwar mögliche Gesamtschäden in den Raum, beziffert diese in Bezug auf den Kläger aber nicht. Bezüglich der von ihr behaupteten Vorschusszahlungen in der A fordert die Beklagte den Kläger nur zur Hereingabe von Stundenzetteln und Leistungsnachweisen auf. Eine Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen liegt darin nicht. Für den Kläger war auch nicht erkennbar, in welcher Höhe Forderungen wegen der behaupteten Vorschusszahlungen geltend gemacht werden.Schließlich vermag die Aufforderung, sich dem eigenen Rechtsbeistand zuzuwenden, um sich Klarheit über die Ansprüche zu verschaffen, eine ordnungsgemäße Geltendmachung nicht zu ersetzen.Es ist nicht Sache der auf Rückzahlung in Anspruch genommenen Partei, die Forderungen der Gegenseite unter Inanspruchnahme juristischen Beistands auf ihre Kosten schlüssig zu machen.

cc) Im Übrigen fehlt es an einer rechtzeitigen Geltendmachung der behaupteten Forderungen. Der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung wird im Zeitpunkt der Überzahlung fällig, wenn die Vergütung fehlerhaft berechnet worden ist, obwohl die maßgebenden Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Rückzahlungsanspruch kommt es regelmäßig nicht an (BAG 1. Juni 1995 - 6 AZR 912/94 - BGB § 812 Nr. 16). Damit sind die letzten behaupteten Vorschusszahlungen der Beklagten aus Dezember 2009 spätestens in diesem Monat fällig geworden. Nach Ziff. 16.3des Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2009, der Ausschlussfristen nach dem Ausscheiden regelt, wären die letzten verbliebenen Ansprüche der Beklagten wegen der Rechtswirksamkeit der Kündigung zum 15.Dezember 2009 spätestens am 15. Januar 2010 geltend zu machen gewesen.

Die Beklagte hat im Kammertermin vom 7. Oktober 2011 erklärt,die im Wege der Widerklage erhobenen Forderungen seien auch außergerichtlich geltend gemacht worden. Mit Schriftsatz vom 4.November 2011 hat sie auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 7.Oktober 2011 ausgeführt, ihre Rückzahlungsansprüche seien nicht ausgeschlossen, da schon die Abrechnungen erst am 18. Februar 2010korrigiert erstellt und zugleich mit der Gesamtabrechnung an die Monteure übersandt worden seien, was dem Schreiben vom 22. Februar 2010 an den Klägervertreter zu entnehmen sei, der hierauf reagiert habe. Die Ansprüche seien sodann fristgerecht gerichtlich geltend gemacht worden.

Hierin liegt – unabhängig von dem möglichen Inhalt und dem Zugangszeitpunkt des Schreibens vom 22. Februar 2010 – keine Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist.

dd) Die rechtzeitige Geltendmachung wäre aber erforderlich gewesen, weil die Ausschlussfristen in Ziff. 16 trotz deren Rechtsunwirksamkeit gegenüber dem Kläger im Verhältnis zur Beklagten Geltung behalten.

(1) Die Beklagte kann sich im Verhältnis zum Kläger zwar nicht auf die Ausschlussfrist berufen, weil sie diesen – wie schon das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – unangemessen benachteiligt. Sie selbst bleibt aber an die Ausschlussfristen gebunden.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009hat die Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1Sätze 1 und 2 BGB aufgestellt. Sie hat die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen dem Kläger in dieser Form angeboten. Die Parteien haben die Vertragsbedingungen ungeachtet der Formulierung „Arbeitsvertrag als Individualvereinbarung“ nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGBausgehandelt. Der Text ist vollständig vorformuliert und für die Parteien wird durchweg die Bezeichnung „AG“ und „AN“ verwandt. Ausschlussfristen können grundsätzlich auch in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die §§ 305 ff.BGB enthalten keine Bestimmungen, die Ausschlussfristen für unwirksam erklären (BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - BGB §305 Nr. 10; BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr.7; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - AP BGB § 310 Nr. 1).

§ 16.2 und § 16.3. des Arbeitsvertrags sind gemäß § 307 Abs. 1Satz 1 BGB rechtsunwirksam. Nach dieser Rechtsnorm sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Regelung benachteiligt den Kläger unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Eine einzelvertragliche Verfallfrist von zwei Monaten bzw. einem Monat nach dem Ausscheiden ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar (§307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Erfasst sie alle Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, schränkt sie wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist daher eine Frist für die erstmalige Geltendmachung von weniger als drei Monaten unangemessen kurz (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr.7).

(2) Die Rechtsunwirksamkeit der Ausschlussfrist betrifft allerdings nur das Verhältnis der Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten. Die Beklagte selbst ist nicht berechtigt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als rechtunwirksam zu rügen. Sie bleibt als Verwenderin hieran gebunden (vgl. BGH 4. Dezember 1997 - VII ZR 187/96 - NJW-RR 1998, 594 f.). Es würde gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen, wenn sich die Beklagte als Verwenderin einer nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Klausel einerseits auf diese Klausel berufen und andererseits deren Unwirksamkeit geltend machen könnte, um darzulegen, der Kläger dürfe sich auf diese Klausel rechtens nicht stützen. Die Vorschriften, auf die sich die Beklagte in diesem Fall berufen würde, dienen dem Schutz des Verbrauchers vor Vertragsgestaltungen,die ihn in nicht mehr hinzunehmender Weise benachteiligen und nicht dem Schutz des Verwenders (vgl. für eine Versetzungsklausel auch BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1Namensliste Nr. 17).

(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten wären die Ausschlussfristen in dem Arbeitsvertrag vom 15. Januar 2009 auch zu berücksichtigen, wenn sich der Kläger hierauf nicht ausdrücklich darauf berufen hätte. Es ist ausreichend, dass er der Forderung der Beklagten entgegengetreten und der Arbeitsvertrag in den Prozess eingeführt ist. Die Beklagte verweist in ihrer Berufungsbegründung im Übrigen selbst auf die Ausschlussfristen in § 16 des Arbeitsvertrags. Zu beachten ist hierbei, dass der Ablauf der Ausschlussfrist rechtsvernichtende Wirkung hat und von Amts wegen zu berücksichtigen ist, anders als die Verjährung, die Einrede ist,und damit nach § 214 BGB die Durchsetzung der rechtlich fortbestehenden Forderung hindert (vgl. BAG 28. September 2005- 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr. 7).

f) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2,286 Abs. 1 Satz. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BGB.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Kläger auch Spesen in Höhe von € 1.876,00 netto für Oktober 2009 bis Dezember 2009aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 8 des Arbeitsvertrags vom 15.Januar 2009 zugesprochen.

a) Die Beklagte beziffert auf ihrem Korrekturausdruck für Oktober 2009 die Tagesspesen mit € 444,00 und die Übernachtungsspesen mit € 300,00, auf ihrem Korrekturausdruck für November 2009 die Tagesspesen mit € 432,00 und die Übernachtungsspesen mit € 320,00 und auf ihrem Korrekturausdruck für Dezember 2009 die Tagesspesen mit €240,00 und die Übernachtungsspesen mit € 140,00. Dies ergibt insgesamt € 1.876,00 netto. Zwar stellt eine Lohnabrechnung grundsätzlich kein Anerkenntnis dar (BAG 10. März 1987 - 8 AZR610/84 - NZA 1987, 557), vorliegend hat die Beklagte jedoch keine substantiierten Einwendungen gegen die Höhe der Spesenforderungen an sich geltend gemacht.

Der Anspruch ist insbesondere nicht verfallen. Die Ausschlussfristen in Ziff. 16.2 und 16.3. des Arbeitsvertrages der Parteien vom 15. Januar 2009 sind – wie bereits festgestellt – zu kurz bemessen, benachteiligen den Kläger unangemessen und sind deshalb unwirksam. Die Beklagte ist selbst – wie bereits festgestellt – nicht berechtigt, mit ihren verfallenen Forderungen aufzurechnen.

b) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2,286 Abs. 1 Satz. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BGB.

3. Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Kläger auch Spesen in Höhe von € 660,75 netto für Januar 2009 bis September 2009 aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. Ziff. 8 des Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2009 zugesprochen.

a) Aus dem Korrekturausdruck für den Monat Dezember 2009 ergibt sich unter Berücksichtigung der von der Beklagten eingestellten Abzüge in der Addition der vom Kläger geltend gemachte Betrag. Zwar stellt eine Lohnabrechnung grundsätzlich kein Anerkenntnis dar (BAG 10. März 1987 - 8 AZR 610/84 - NZA 1987, 557),vorliegend hat die Beklagte jedoch keine substantiierten Einwendungen gegen die Höhe der Spesenforderungen an sich geltend gemacht.

Der Anspruch ist insbesondere nicht verfallen. Die Ausschlussfristen in Ziff. 16.2 und 16.3. des Arbeitsvertrages der Parteien vom 15. Januar 2009 sind – wie bereits festgestellt – zu kurz bemessen, benachteiligen den Kläger unangemessen und sind deshalb unwirksam. Die Beklagte ist selbst – wie bereits festgestellt – nicht berechtigt, mit ihren verfallenen Forderungen aufzurechnen.

b) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2,286 Abs. 1 Satz. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BGB.

4. Die Beklagte kann von dem Kläger nicht im Wege der Widerklage Zahlung von € 1.453,98 netto verlangen. Die Widerklage ist im verbliebenen Umfang der Berufung unbegründet. Die Ansprüche sind verfallen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der rechtlichen Erwägungen auf II. 1. e) verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels und im Umfang der Berufungsrücknahme zu tragen.

Für die Zulassung der Revision gibt es keinen gesetzlichen Grund nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ArbGG.