SG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 31.05.2012 - S 61 KR 244/11
Fundstelle
openJur 2012, 68762
  • Rkr:

Ein Gebärdensprachlernprogramm für Kinder gehört zu den Hilfsmitteln im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB 5 und ist von den Krankenkassen zu übernehmen.

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2011 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Kosten in Höhe von 152,20 € für das Gebärdensprachlernprogramm Tommys Gebärdenwelt 1, 2 und 3 sowie das Begleitbuch 1 zu erstatten.

3. Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, die Kosten für die Begleitbücher 2 und 3 zu dem Gebärdensprachlernprogramm Tommys Gebärdenwelt zu übernehmen.

4. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Kostenerstattung für ein Gebärdensprachlernprogramm.

Die am F. 2009 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet, ebenso wie ihre Zwillingsschwester, unter angeborener hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit beidseits. Der Hörverlust beträgt beidseits 100%. Die Klägerin ist vorsorgt mit einem Cochlea Implantat (CI) rechts. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt.

Sie beantragte, vertreten durch ihre Mutter, am 10.06.2011 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 06.06.2011 und eines Kostenvoranschlages die Kostenübernahme für das Gebärdensprachlernprogramm Tommys Gebärdenwelt 1 - 3 nebst Begleitbüchern 1 - 3, um die Sprachanbahnung zu unterstützen.

Mit Bescheid vom 28.06.2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da das Produkt nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung falle.

Die Klägerin legte, vertreten durch ihre Mutter, am 06.07.2011 Widerspruch ein und trug vor, sie sei taub. Sie sei zwar mit einem CI versorgt, könne aber weder sprechen, noch so gut hören, dass eine Kommunikation möglich sei. Sie benötige die Gebärdensprache um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, nämlich Kommunikation zu erlernen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es handele sich bei dem Gebärdensprachlernprogramm nicht um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung. Betroffen sei vorliegend eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, die in den Zuständigkeitsbereich anderer Sozialleistungsträger gehöre. Das Erlernen einer Sprache sei keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation.

Am 24.08.2011 stellte die Klägerin einen parallelen Antrag beim beigeladenen Sozialhilfeträger. Dieser lehnte den Antrag mit Bescheid vom 06.09.2011 ab, da das Gebärdensprachlernprogramm dem Behinderungsausgleich diene. Betroffen sei ein Grundbedürfnis des gesamten täglichen Lebens und zwar die Erschließung eines geistigen Freiraums durch Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit Menschen. Zuständig sei daher die gesetzliche Krankenversicherung.

Mit ihrer am 19.08.2011 gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.08.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Hörvermögen sei trotz CI-Versorgung mit einer schwerhörigen Person vergleichbar. Zudem sei die Nutzung des CI begrenzt. Es könnte beispielsweise bei diversen alltäglichen Verrichtungen wie im Bett, beim Baden und Duschen oder im Schwimmbad nicht getragen werden. Zudem bestehe die Gefahr eines technischen Defekts. Es sei die Versorgung des Grundbedürfnisses Hören und Verständigung mit anderen Menschen betroffen. Es handele sich nicht bloß um eine Hilfe zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt. Die Klägerin befinde sich jetzt in einem Alter, in dem ihr das Erlernen der Gebärdensprache noch leicht falle, die Versorgung dulde keinen Aufschub.

Eine unterschiedliche Auffassung von Sozialleistungsträgern über die Zuständigkeit könne zudem nicht zu Lasten des Versicherten gehen.

Die Klägerin hat sich einen Teil des geltend gemachten Anspruchs mittlerweile durch ihre Eltern beschafft. Auf ihre Bestellung vom 26.11.2011 wurde der Mutter der Klägerin mit Rechnung vom 28.11.2011 ein Betrag in Höhe 152,20 € in Rechnung gestellt, für Tommys Gebärdenwelt 1 bis 3 und das Begleitbuch 1.

Die Klägerin beantragt nach dem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

1. den Bescheid der Beklagten vom 28.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2011 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verurteilen, Kosten in Höhe von 152,20 € für das Gebärdensprachlernprogramm Tommys Gebärdenwelt 1, 2 und 3 sowie das Begleitbuch 1 zu erstatten,

3. die Beklagte des Weiteren zu verurteilen, die Kosten für die Begleitbücher 2 und 3 zu dem Gebärdensprachlernprogramm Tommys Gebärdenwelt zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und hält weiterhin den Sozialhilfeträger für zuständig. Es handele sich nicht um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation

Das Gericht hat den Sozialhilfeträger beigeladen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. G.vom 15.02.2012. Dieser führte aus, die Hörentwicklung, Sprachentwicklung und die Teilhabe sowie die Ausbildung einer sozial-emotionalen Intelligenz sei durch den Befund massiv gefährdet. Ohne das CI sei die Klägerin taub, mit der Prothese könne sie Sprache und Geräusche leise hören und zum Teil verstehen. Das CI müsse beim Baden, Haarewaschen, Schwimmen und manchen Sportübungen sowie in starkem Magnetfeld abgelegt werden, so dass dann völlige Taubheit bestehe. Auch beim Schlafen könne es in der Regel nicht verwendet werden. Lautsprachliche Kommunikation sei dann nicht möglich. Bei Defekt sei mit einer mehrwöchigen Taubheit zu rechnen. Die Gebärdensprache diene dazu, Funktionsausfälle des CI zu überbrücken und dadurch Hilflosigkeit zu vermeiden. Das Erlernen von Gebärdensprache sei als Erwachsener kaum zu bewältigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte den Rechtsstreit gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der vorliegende Fall geht nicht über den durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad eines sozialgerichtlichen Verfahrens hinaus und es ist nicht zu erwarten, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung neue tatsächliche Gesichtspunkte ergeben könnte. Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung für das Gebärdensprachlernprogramm als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung, da es der Erfüllung eines Grundbedürfnisses dient.

Soweit das geltend gemachte Gebärdensprachlernprogramm nebst Begleitbüchern noch nicht beschafft wurde, ergibt sich der Anspruch auf Kostenübernahme aus §§ 27 Abs. 1 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Soweit es bereits beschafft wurde, hat sich der Kostenübernahmeanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt. Der Kostenerstattungsanspruch ergibt sich aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach ist eine notwendige Leistung von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1. Es bestand bzw. besteht ein Anspruch auf Versorgung gem. § 27 Abs. 1 Nr. 3, § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (2. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Das Gebärdensprachlernprogramm stellt ein Hilfsmittel dar, das der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt. Es dient vorliegend dem Behinderungsausgleich. Ein Lernprogramm für ein häusliches Hirnleistungstraining (Software für den PC) wurde bereits höchstrichterlich als Hilfsmittel anerkannt; als nicht relevant wurde angesehen, ob es dazu dient, ein Training durchzuführen, das ebenso von niedergelassenen Ergotherapeuten angeboten wird und dann als Heilmittel gem. § 32 SGB V gilt (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2001 – B 3 KR 3/00 R, zitiert nach Juris). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an und überträgt sie auf das hier streitige Programm zur Erlernung von Gebärdensprache.

Hilfsmittel sind nicht nur die klassischen Körperersatzstücke, Seh- und Hörhilfen. Zu den „anderen“ Hilfsmitteln zählen auch Geräte, die vom Versicherten selbst angewandt werden (BSG 30.1.2002 – B 3 KR 6/00 R, zitiert nach Juris). Ein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung muss auch nicht auf den Körper des Versicherten einwirken; es dient auch dann der dem Behinderungsausgleich, wenn es häuslich durch eine Hilfsperson – wie vorliegend durch die Eltern - angewandt wird (vgl. dazu BSG, Urt. v. 03.08.2006 – B 3 KR 25/05 R, zitiert nach Juris). Das Gebärdensprachlernprogramm soll das Erlernen von Gebärdensprache ermöglichen und damit die Kommunikation der hörbehinderten Klägerin sicherstellen.

Dass das Gebärdensprachlernprogramm nicht im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 128 SGB V enthalten ist, spricht nicht gegen die Annahme eines Hilfsmittels, da das Verzeichnis nicht abschließend ist.

Die Beklagte macht zu Unrecht geltend, dass die Versorgung der Klägerin mit dem Gebärdensprachlernprogramm in die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers falle. Grundsätzlich bemisst sich die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich des Behinderungsausgleichs gemäß ständiger Rechtsprechung des BSG danach, ob eine Leistung zum unmittelbaren oder zum mittelbaren Behinderungsausgleich beansprucht wird. Im Vordergrund steht zumeist der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst, wie es z.B. bei Prothesen, Hörgeräten und Sehhilfen der Fall ist. Bei diesem sog. unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (vgl. BSGE 93, 183 - C-Leg II).

Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Fall hat die Krankenversicherung nur für den Basisausgleich einzustehen; es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl. § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl. z.B. § 5 Nr. 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 Nr. 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (st. Rspr., vgl. etwa BSGE 105, 170 - Hörgerätefestbetrag; BSGE 107, 44 - Treppensteighilfe; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 32 Rn. 13 - Therapiedreirad II; jeweils m.w.N. und zuletzt BSG, Urt. v. 03.11.2011 - B 3 KR 8/11 R, zitiert nach Juris). Zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen (z.B. Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der z.B. die Bewegung im Nahbereich der Wohnung sowie die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen umfasst. (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 6 m.w.N.; BSG, Urt. v. 03.11.2011 - B 3 KR 8/11 R, zitiert nach Juris)

Das Gebärdensprachlernprogramm ist in diesem Sinne als Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich einzuordnen. Tommys Gebärdenwelt ist ein Lernprogramm für gehörlose, schwerhörige und lernbehinderte Kinder sowie Kinder mit Down-Syndrom und mit CI zum Erlernen eines Grundwortschatzes in Gebärdensprache. Es dient der Herstellung und Erleichterung der Verständigungsmöglichkeit ohne normale Lautsprache oder in Ergänzung dazu. Es dient nicht der Wiederherstellung des Hörens, sondern dem Ausgleich der durch den Hörverlust eintretenden Kommunikationslosigkeit. Denn das Programm ermöglicht es der Klägerin, die Gebärdensprache zu erlernen, die sie zwingend benötigt, um in allen Alltagssituationen, wie etwa bei dem gebadet werden, dem Duschen, dem ins Bett gebracht werden und dem aufgeweckt werden, kommunizieren zu können. In diesen Situationen kann sie das CI nicht nutzen, also nicht durch Lautsprache kommunizieren. Eine Kommunikation auch in diesen Situationen gehört aber zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und unterfällt daher der Leistungspflicht der Krankenversicherung.

Vorliegend ist die Klägerin zwar noch mit anderen Hilfsmitteln, insbesondere mit einem Cochlea Implantat versorgt, dieses ermöglicht aber nicht in allen Alltagssituationen eine Kommunikation mit der Umwelt. Erst das Erlernen von Gebärdensprache ermöglicht es der Klägerin, das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen geistigen und körperlichen Freiraums, wozu die Kommunikation und die Aufnahme von Information gehört, möglichst lückenlos zu befriedigen. Dieses Grundbedürfnis ist von der Beklagten durch die Verschaffung des Hilfsmittels zu erfüllen. Das Gebärdensprachlernprogramm ist daher im vorliegenden Fall zur Befriedigung des allgemeinen Grundbedürfnisses (jedenfalls für die alltäglichen Situationen, in denen das CI nicht benutzbar ist) erforderlich. Es ist auch zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne des § 33 SGB V.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Versorgung auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil es um das Erlernen einer Sprache gehe. Denn es soll vorliegend nicht eine Fremdsprache im Sinne einer Zweitsprache erlernt werden. Die Gebärdensprache ist als Erstsprache zu qualifizieren, da sie eine Kommunikationslosigkeit der Klägerin mit ihrer Umwelt gerade in solchen Situationen ermöglichen soll, in denen das CI nicht benutzbar ist. Es geht um eine möglichst lückenlose Kommunikation, die durch die Gebärdensprache als Erstsprache in bestimmten Situationen überhaupt erst prinzipiell ermöglicht wird.

2. Bei dem Gebärdensprachlernprogramm handelt es sich auch nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Denn Personen, die nicht an einer Hörminderung leiden, können sich zuverlässig ohne das Erlernen der Gebärdensprache verständigen. Das Gebärdensprachlernprogramm ist speziell für hörbehinderte Kinder entwickelt worden und wird auch in der Praxis für diese genutzt.

Das Gebärdensprachlernprogramm ist auch nicht durch Rechtsverordnung nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen.

3. Die Kostenbelastung durch Selbstbeschaffung des Hilfsmittels ist vorliegend auch dadurch veranlasst worden, dass die Beklagte die beantragte Versorgung zu Unrecht abgelehnt hat. Die Ablehnung hätte nicht erfolgen dürfen, da die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung hatte. Der Beschaffungsweg ist eingehalten, da das Programm erst nach erfolgter Ablehnung (teilweise) beschafft wurde.

4. Zwar sind nicht der Klägerin selbst die Kosten entstanden, sondern ihre Mutter ist im Rahmen ihrer familiären Fürsorge dafür aufgekommen. Gleichwohl kann der Versicherte den Kostenerstattungsanspruch in diesem Fall geltend machen (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R, zitiert nach Juris).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105, 193 SGG. Der Beigeladenen sind keine wesentlichen Kosten entstanden, sie hat sich zur Vertretung keines Rechtsanwalts bedient und keinen Antrag gestellt.