OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.11.1995 - 7 B 2752/95
Fundstelle
openJur 2012, 75019
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem

Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der

Antragstellerin vom 18.07.1995 hinsichtlich des mit

Baugenehmigung vom 12.06.1995 (Az.: 63/B

18/09225/1994) genehmigten Vorhabens der Beigeladenen

auf dem Grundstück Am L. 4 in L. , Gemarkung

M. , Flur 73, Flurstück 134, anzuordnen und den

Antragsgegner zu verpflichten, die Bauarbeiten bis zur

bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung über den

Widerspruch stillzulegen,

zu Recht in dem in dem Tenor des angefochtenen Beschlusses ausgedrückten Umfang

stattgegeben. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird Bezug

genommen. Das Beschwerdevorbringen läßt eine andere Bewertung nicht zu.

Mit dem Verwaltungsgericht und der von ihm herangezogenen Entscheidung des 10.

Senats des beschließenden Gerichts

vgl. OVG NW, Beschluß vom 31. Januar 1994

- 10 B 1414/93 -

geht der Senat davon aus, daß die für Giebel geltende günstigere Höhenberechnung auch

Anwendung finden kann, wenn sich der Giebel nicht bis zum Dachfirst erstreckt sondern in

Form eines Krüppelwalmdachs unterhalb der Firsthöhe des Hauses zu dem First hin

abknickt.

Die grundsätzliche Anwendbarkeit der auf Giebel bezogenen Berechnungsmethode für

den letzteren Fall rechtfertigt sich daraus, daß eine auf ein Krüppelwalmdach hin konzipierte

Wandfläche sich normalerweise auf die nachbarlichen Belange bezogen kaum anders

auswirkt, als eine echte Giebelfläche.

Durch die für Giebel geltende Drittelregelung wird dem Umstand Rechnung getragen, daß

Giebelflächen sich wegen ihrer nach oben verjüngenden Form in deutlich geringerem Maße

als eine etwa gleichhohe aber die volle Wandbreite einnehmende Fläche auswirken.

Flächenmäßig umfaßt der "Normalgiebel" zwar etwa die Hälfte einer gleichhohen

Wandfläche mit senkrecht verlaufendem seitlichen Abschluß. Dennoch ist die Drittelregelung

ein sachgerechter Bewertungsmaßstab; denn sie ist gerechtfertigt durch den Umstand, daß die

belastende Wirkung einer Fläche um so größer ist, je höher die Fläche liegt - was im übrigen

die Ausgangserkenntnis für das gesamte System der Abstandsflächenregelung ist - und

berücksichtigt, daß die nach oben hin sich verjüngende Normalgiebelfläche um so weniger

Fläche aufweist, je höher man den Punkt, auf den man seine Betrachtung richtet, ansetzt.

Diese Grundlage für die Drittelregelung würde verlassen, wenn es gestattet wäre, den

horizontalen, unterhalb der Abwalmung liegenden Wandabschluß der "Giebelfläche" in

beliebiger Länge zu gestalten. Die oben dargelegte und auch dem Beschluß des 10. Senats

vom 31. Januar 1994 zugrundeliegende Ausgangssituation für die Drittelberechnung, nämlich

das Vorhandensein einer vom Ansatz her dreieckigen, nach oben sich verjüngenden Fläche,

ist nicht mehr gegeben, wenn die "Giebelfläche" überwiegend dadurch charakterisiert ist, daß

sie einen horizontalen oberen Abschluß, also die Form hat, die die der üblichen

Abstandsregelung unterliegenden Wandflächen haben.

Dies ist dann der Fall, wenn, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, der

horizontale Verlauf des oberen Abschlusses mehr als die Hälfte der Breite der

darunterliegenden Außenwand ausmacht.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 154 Abs. 2, 159, 162 Abs. 3 VwGO, 13

Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG.