VG Ansbach, Beschluss vom 01.07.2009 - AN 5 S 09.00645
Fundstelle
openJur 2012, 101403
  • Rkr:
Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 3. April 2009 wird hinsichtlich der Ziffern 1, 3 und 4 wiederhergestellt und hinsichtlich der Ziffer 2 angeordnet.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine am … geborene türkische Staatsangehörige. Sie kam am … 1970 zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in das Bundesgebiet und hält sich seitdem hier auf. Am … heiratete die Antragstellerin in der Türkei einen türkischen Staatsangehörigen. Mit Urteil des Amtsgerichts … vom … 1989 wurde die Ehe, aus der drei in den Jahren …, … und … geborene Kinder hervorgegangen sind, geschieden. Das älteste der Kinder, der Sohn …, ist geistig behindert, leidet an Epilepsie und ist in einem Heim der Diakonie … untergebracht. Die … geborene Tochter der Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige. Die Mutter der Antragstellerin lebt bei ihr in Deutschland.

Am 18. Mai 1988 erteilte die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt … der Antragstellerin eine Aufenthaltsberechtigung. Seit 1. September 1995 bezieht die Antragstellerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer. Laut sozialmedizinischer Leistungsbeurteilung vom 16. November 2007 kann sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechend dem positiven und negativen Leistungsbild nur noch unter zwei Stunden täglich ausüben.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … 1994 wurde die Antragstellerin wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Nötigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verurteilt. Die Antragstellerin war am …1993 gegen 21.45 Uhr im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit 26 anderen Personen durch ein zuvor zu diesem Zweck zertrümmertes Fenster in die ehemaligen, am … 1993 versiegelten Räume des durch Bescheid des Bundesministers des Innern vom 22. November 1993 verbotenen „Kurdistan Kunst- und Kulturzentrum …“ in … eingestiegen. Mit ihrer Billigung kündigten Besetzer des Anwesens an, dass sie das Haus anzünden oder es in die Luft sprengen würden, wenn die Polizei sich nicht zurückziehe oder das Gebäude stürme.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern bat die Stadt … mit Schreiben vom 18. März 1999 unter dem Betreff „Verbot bzw. Beschränkung der politischen Betätigung von PKK-Aktivisten“ unter Übermittlung von drei Aufstellungen mit Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz über die Antragstellerin und zwei weitere türkische Staatsangehörige, ein Verbot bzw. eine Beschränkung der politischen Betätigung gemäß § 37 AuslG zu erlassen. Die Stadt … sah nach einer entsprechenden Überprüfung vom Erlass eines Bescheides ab, weil das Anhörungsverfahren keine neuen Erkenntnisse gebracht habe, die Antragstellerin nicht weiter strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und im Übrigen keine gerichtsverwertbaren Erkenntnisse vorlägen. Am … 2004 verzog die Antragstellerin in den Landkreis ….

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 bat das Bayerische Landeskriminalamt um Übermittlung der Ausländerakte der Antragstellerin. Sie stehe im Verdacht, die verbotene ausländische Gruppierung PKK/KONGRA-GEL zu unterstützen bzw. in Führungspositionen eingebunden zu sein. Mit Schreiben vom 17. August 2006 teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern der Regierung von Mittelfranken mit, die Antragstellerin sei dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz seit 1993 als PKK-Aktivistin bekannt. Zwischenzeitlich seien weitere sicherheitsrelevante Erkenntnisse mit PKK-Bezug angefallen, für die auf ein beigefügtes Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 6. Juli 2006 Bezug genommen werde. Die Antragstellerin habe sich danach noch bis zum Jahr 2005 für die Belange der PKK/KONGRA-GEL eingesetzt und somit eine terroristische Vereinigung unterstützt. Es werde gebeten, die Antragstellerin zu ihren PKK/KONGRA-GEL-Verbindungen und zur Gewaltfrage anzuhören.

Mit Schreiben vom 2. März 2007 forderte das Landratsamt … die Antragstellerin daraufhin auf, sich am 27. März 2007 bei der ZRS … in … zur Durchführung eines Sicherheitsgesprächs einzufinden. Nachdem die Antragstellerin das entsprechende Antwortschreiben nicht zurückgesandt und das Landratsamt mit Schreiben vom 15. März 2007 um Äußerung bis 21. März 2007 gebeten hatte, ob sie den Termin wahrnehme, teilten die früheren Bevollmächtigten der Antragstellerin dem Landratsamt mit Schreiben vom 16. März 2007 mit, dass die Antragstellerin am vorgesehenen Sicherheitsgespräch nicht teilnehmen wolle. Das Landratsamt teilte den früheren Bevollmächtigten der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 25. April 2007 mit, nach einer zwischenzeitlich erfolgten Absprache zwischen der Regierung von Mittelfranken und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern werde derzeit auf die Durchführung des angeregten Sicherheitsgespräches verzichtet.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2008 übermittelte das Bayerische Landeskriminalamt dem Landratsamt … zwei Schlussvermerke vom 21. Juli 2008 zu zwei Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … gegen die Antragstellerin wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz sowie einen Schlussvermerk vom 17. Juli 2008 zu einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … gegen einen anderen türkischen Staatsangehörigen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz.

Mit Schreiben vom 5. September 2008 übermittelte das Bayerische Staatsministerium des Innern der Regierung von Mittelfranken eine Zusammenstellung der Erkenntnisse des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 31. Juli 2008 über die Antragstellerin mit einer Auflistung der gegen sie anhängigen Ermittlungsverfahren bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft sowie einer Organisationsbeschreibung der PKK, die seit April 2002 in KADEK und seit 15. November 2003 in KONGRA-GEL umbenannt sei. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz führte in dem Schreiben abschließend aus, seines Erachtens lägen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass die Antragstellerin mit dem KONGRA-GEL einer Vereinigung angehöre bzw. sie unterstütze, die ihrerseits den Terrorismus unterstütze. Es handle sich bei ihr um eine Führungspersönlichkeit des KONGRA-GEL. Mit Anklageschrift vom 27. Oktober 2008 erhob die Staatsanwaltschaft … gegen die Antragstellerin Anklage zum Landgericht … wegen Zuwiderhandlung gegen ein Verbot nach dem Vereinsgesetz.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2009 gab die Regierung von Mittelfranken der Antragstellerin Gelegenheit, sich zu dem beabsichtigten Erlass einer sofort vollziehbaren Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5 AufenthG und Abschiebungsandrohung zu äußern. Hierzu trug die Antragstellerin durch Schriftsatz ihrer früheren Bevollmächtigten vom 30. Januar 2009 u.a. vor, im Verfahren vor dem Landgericht läge bisher noch kein Urteil vor, sie lehne terroristische Maßnahmen ab und gehöre weder der KONGRA-GEL noch der KADEK noch der PKK an.

Unter dem 3. April 2009 erließ die Regierung von Mittelfranken gegenüber der Antragstellerin folgenden Bescheid:

1. Sie werden aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen.

2. Sie sind vollziehbar zur Ausreise verpflichtet.

Sollten Sie dieser Verpflichtung nicht bis spätestens 18. Mai 2009 nachkommen, wird ihnen die zwangsweise Abschiebung in die Türkei oder einen anderen zu ihrer Aufnahme bereiten oder verpflichteten Drittstaat angedroht.

3. Sie sind verpflichtet, sich einmal wöchentlich bei der zuständigen Polizeiinspektion …, …str. …, … unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden.

4. Ihr Aufenthalt wird auf das Gebiet des Landkreises … beschränkt.

5. Die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1, 3 und 4 wird angeordnet.

6. a) falls Sie die unter Ziffer 3 dieses Bescheides festgelegte Meldeverpflichtung bei der PI … nicht oder nicht im festgelegten Zeitraum erfüllen, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 50,00 EUR je versäumter Meldung fällig.

b) falls Sie der unter Ziffer 4 dieses Bescheides festgelegten Pflicht, sich nur im Landkreisgebiet … aufzuhalten, zuwiderhandeln, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR je Zuwiderhandlung fällig.

7. Für diese Entscheidung wird keine Gebühr erhoben.

Die Kosten einer Abschiebung haben Sie zu tragen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen unter Darlegung von über die Antragstellerin vorliegenden Erkenntnissen aus den Jahren von 1993 bis 2008 ausgeführt, die Antragstellerin erfülle die Ausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5, 5 a und 6 AufenthG sowie des § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die Antragstellerin gehöre dem KONGRA-GEL/PKK und damit einer Vereinigung an, die den Terrorismus unterstütze. Gleichzeitig unterstütze sie diese Vereinigung im Sinne eines aktiven, zielgerichteten und bewussten Tätigwerdens für den KONGRA-GEL/PKK. Sie habe sich als Gebietsverantwortliche des KONGRA-GEL/PKK und als dessen Frontarbeiterin im Gebiet … betätigt, wobei sie Spendengelder für den KONGRA-GEL/PKK in fünfstelliger Höhe gesammelt und an übergeordnete Organisationseinheiten weitergeleitet habe. Sie habe Omnibusse im Rahmen der Organisation von KONGRA-GEL/PKK-Veranstaltungen angemietet und an verschiedenen Hungerstreikaktionen zu Gunsten des KONGRA-GEL/PKK und dessen Führer Abdullah Öcalan teilgenommen. Sie sei in herausgehobener Funktion innerhalb des KONGRA-GEL/PKK tätig gewesen. Die Organisation des KONGRA-GEL/PKK gefährde die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Der KONGRA-GEL sei Nachfolgeorganisation der 1993 in Deutschland verbotenen PKK. Das Verbot erstrecke sich auch auf den KONGRA-GEL. Der Rat der Europäischen Union habe zudem am 2. April 2004 beschlossen, sowohl den KONGRA-GEL als auch die Vorgängerorganisation KADEK als Aliasbezeichnungen der PKK, die bereits am 2. Mai 2002 in die EU-Liste terroristischer Organisationen aufgenommen worden sei, zu bewerten. Der Bundesgerichtshof habe festgestellt, dass die Führungsspitze der ehemaligen PKK - nunmehr KONGRA-GEL - auch weiterhin als kriminelle Vereinigung eingestuft werden müsse. Die Terrororganisation KONGRA-GEL/PKK gefährde zudem auch die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Durch ihr Eintreten für die Belange und Ziele der Terrororganisation KONGRA-GEL/PKK habe sich in der Person der Antragstellerin im Ergebnis die von der Organisation selbst ausgehende Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ebenso wie der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland realisiert. Der Tatbestand des § 54 Nr. 6 AufenthG sei erfüllt, weil die Antragstellerin nicht an dem Sicherheitsgespräch bei der Zentralen Rückführungsstelle … am 27. März 2007 teilgenommen habe. Die Ausweisung der Antragstellerin sei nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und nur im Ermessenswege zulässig, weil ihr der besondere Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zustehe. Schwerwiegende Ausweisungsgründe lägen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel in den Fällen der §§ 53, 54 Nr. 5, 5 a und 7 AufenthG vor. Die Antragstellerin werde im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zur Abschreckung anderer Ausländer, insbesondere jedoch zur Gefahrenabwehr, d.h. aus spezialpräventiven Gesichtspunkten, ausgewiesen. Eine schutzwürdige Rechtsstellung nach dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) stehe der Antragstellerin nicht zu. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 (Ausweisung) werde ausnahmsweise angeordnet, da ein besonderes Interesse am Sofortvollzug bestehe, welches über jenes hinausgehe, das die Ausweisung selbst begründe. Soweit die Ausweisungstatbestände des § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG erfüllt seien, was hier der Fall sei, sei die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Ausweisung grundsätzlich auch allein zu dem Zweck zulässig, die Folgen nach § 54 a Abs. 1 und 2 AufenthG eintreten zu lassen. Die Regelung des § 54 a Abs. 1 und 2 AufenthG sei so zu verstehen, dass die Ausweisungsverfügung allein wegen der Melde- und Aufenthaltsgebote für sofort vollziehbar erklärt werden könne, wenn es ausschließlich darum gehe, derartige Maßnahmen anzuordnen. Im vorliegenden Fall werde daher die sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisung angeordnet, weil es notwendig erscheine, die Bewegungsfreiheit der Antragstellerin einzuschränken und durch die gesetzlich vorgesehene wöchentliche Meldepflicht eine ausreichende Überwachung ihrer Person gewährleisten zu können. Das festgestellte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug bestehe auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin den Sicherheitsbehörden bereits seit Juli 1993 als Anhängerin der PKK bekannt sei. Sie sei bereits nach der Verurteilung durch das Amtsgericht … durch die damals zuständige Ausländerbehörde verwarnt und zugleich darauf hingewiesen worden, dass bei einem neuerlichen Verstoß gegen die deutsche Rechtsordnung grundsätzlich die Möglichkeit der Aufenthaltsbeendigung bestehe. Sowohl von der Geldstrafe als auch der ausländerbehördlichen Verwarnung habe sie sich jedoch in keinster Weise beeindrucken lassen. Vielmehr habe die Antragstellerin in den folgenden Jahren ihre Aktivitäten für die PKK und deren Nachfolgeorganisationen ganz erheblich intensiviert. Die über Jahre hinweg zu erkennende Eskalation der Unterstützung für die PKK und deren Nachfolgeorganisationen rechtfertige nicht nur die Ausweisung zur endgültigen Unterbindung der von der Antragstellerin ausgehenden Sicherheitsgefährdung. Sie sei zugleich auch ein Beleg dafür, dass nunmehr ein besonderes öffentliches Interesse daran bestehe, ihre Aktivitäten unmittelbar und zeitnah soweit als möglich einzuschränken und zu unterbinden, mithin im Wege des Sofortvollzugs der Ausweisung sowohl eine Aufenthaltsbeschränkung als auch eine Meldepflicht gemäß § 54 a AufenthG anzuordnen. Auch werde darüber hinaus die sofortige Vollziehung der Ziffer 3 (Meldepflicht) und Ziffer 4 (Aufenthaltsbeschränkung) dieser Entscheidung angeordnet. Das festgestellte besondere öffentliche Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung selbst bestehe in gleichem Maße auch hinsichtlich der sofortigen Vollziehbarkeit der Meldeverpflichtung und der Aufenthaltsbeschränkung. Das besondere Interesse am Sofortvollzug ergebe sich eben gerade aus der bereits dargestellten Notwendigkeit, den Handlungsspielraum im Hinblick auf sicherheitsgefährdende Aktivitäten bereits mit dem Erlass des Bescheides so weit im verhältnismäßigen Rahmen einzuschränken, bis diese endgültig und vollständig mit der Ausreise unterbunden werden können.

Gegen den Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 3. April 2009 erhob die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage (Verfahren AN 5 K 09.00646). Ferner stellte sie einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Unterstelle man, dass der KONGRA-GEL heute eine Vereinigung sei, die den Terrorismus unterstütze, sei die Ausweisung gleichwohl nicht nach § 54 Nr. 5 AufenthG gerechtfertigt, weil die Antragstellerin dieser Vereinigung nicht angehöre und nie angehört habe. Sie sei weder Gebietsverantwortliche noch Frontarbeiterin noch Spendensammlerin gewesen noch habe sie Omnibusse angemietet oder sonst eine herausgehobene Funktion innerhalb der KONGRA-GEL eingenommen. Ihre Tätigkeiten hätten sich auf die Teilnahme an Kundgebungen und Demonstrationen und folklore- und heimatverbundene Aktivitäten beschränkt. Ihre Sympathie gehöre der kurdischen Sache und nicht einer Organisation als solcher. Der Ausweisungstatbestand nach § 54 Nr. 5 a AufenthG sei nicht erfüllt, weil die Antragstellerin eine herausgehobene Stellung in der Organisation nicht innegehabt und Spendengelder nicht gesammelt habe. § 54 Nr. 6 AufenthG sei nicht deshalb verletzt, weil die Antragstellerin an dem Sicherheitsgespräch am 27. März 2007 nicht teilgenommen habe. Zur Türkei bestünden keine konkreten Verbindungen der Antragstellerin. Sie habe dort Verfolgung zu fürchten. In Deutschland lebten ihre volljährigen Kinder und ihre Mutter. Zu dem schwerbehinderten und unter Betreuung stehenden Sohn bestehe eine enge beidseitige Bindung. Die Kontakte seien für ihn sehr wichtig. Die Antragstellerin sei auch krank und stehe unter laufender ärztlicher Behandlung und Betreuung. Ausgehend von der Annahme, die Antragstellerin sei seit Jahren eine Funktionärin der PKK/KONGRA-GEL, hätte der Bescheid auch prüfen müssen, ob der Antragstellerin eine Rückkehr in die Türkei möglich und zumutbar sei oder ob ihr dort nicht Gefahren für Leib und Leben drohten, die gegen das Folterverbot und Art. 3 EMRK verstießen und ein Abschiebungsverbot begründeten. Dies sei im Fall der Antragstellerin schon deshalb naheliegend, weil ihr ca. zehn Jahre lang die Verlängerung ihres Passes durch die Türkei abgelehnt worden sei, weil sie seitens der türkischen Behörden mit der PKK in Verbindung gebracht worden sei. Eine entsprechende Prüfung hätte zur Bejahung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK führen müssen. Die Antragstellerin unterliege auch dem Assoziationsratsbeschluss und damit dem Schutz von Art. 28 Abs. 3 a der Richtlinie 2004/38/EG. Sie unterfalle dem Schutz von Art. 7 Satz 1 ARB, den sie durch die Heirat erworben habe. Die Anordnung nach § 54 a Abs. 2 AufenthG sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen von § 54 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen. Darüber hinaus wäre es geboten gewesen, insoweit abweichende Festlegungen zu treffen, die der 2. Halbsatz ausdrücklich ermögliche. Der Regierung sei bekannt, dass der schwer behinderte Sohn der Antragstellerin in … lebe und auf den regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter ebenso angewiesen sei wie die Antragstellerin ihrerseits. Der Regierung sei weiterhin bekannt, dass die Antragstellerin an vielfachen Erkrankungen leide und auf regelmäßige Arztbesuche angewiesen sei. Ihre Ärzte, die sie durchschnittlich einmal im Monat aufsuchen müsse, befänden sich zum Großteil in …, so dass es geboten gewesen wäre, bei Beachtung von Art. 1 und 2 GG eine Erweiterung auf das Stadtgebiet vorzunehmen, ggf. beschränkt auf „Arztbesuche“. Der Sofortvollzug greife schwer wiegend in die privaten Belange der Antragstellerin und die durch Art. 8 EMRK und Art. 6 GG geschützten Rechtsgüter ein. Daneben drohe eine Schädigung ihrer Gesundheit. Ihr Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sei verletzt. Sachliche Gründe für eine besondere Dringlichkeit lägen nicht vor. Dass mit dem Sofortvollzug der Ausweisung die Maßnahmen nach § 54 a AufenthG herbeigeführt werden sollen, reiche für die Anordnung des Sofortvollzugs nicht. Einen solchen Automatismus sehe das Gesetz nicht vor.

Die Antragstellerin beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Sofortvollzug der Ziffern 1, 2, 3 und 4 im Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 3. April 2009 anzuordnen bzw. wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Hierzu wurde u.a. ausgeführt, nachdem nunmehr im Rahmen der Klageschrift Einwendungen gegen die eingetretene Ausreisepflicht geltend gemacht worden seien, sei gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entsprechend beteiligt worden. Die verwaltungsinterne Stellungnahme des Bundesamtes zu den Einwendungen bleibe abzuwarten. Die Klägerin unterliege nicht dem ARB 1/80. Sie sei nicht im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland eingereist, so dass eine Anwendung des Art. 7 ARB 1/80 ausscheide.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 4. Mai 2009 legte die Antragstellerin ein ärztliches Attest ihrer behandelnden Hausärzte vom 28. April 2009 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Behördenakten und den Gerichtsakt Bezug genommen.

II.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. April 2009 gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Ausweisung (Ziffer 1), die Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der Polizeiinspektion … zu melden (Ziffer 2) und die Beschränkung des Aufenthalts auf das Gebiet des Landkreises … (Ziffer 4) im Bescheid der Regierung von Mittelfranken (nachfolgend: Regierung) vom 3. April 2009, wobei die sofortige Vollziehbarkeit dieser Anordnungen in Ziffer 5 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordnet wurde. Die Antragstellerin begehrt ferner gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die gemäß Art. 21 a BayVwZVG kraft Gesetzes vollziehbare Abschiebungsandrohung mit Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise in Ziffer 2 des Bescheides vom 3. April 2009. Da der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ausdrücklich nur gegen den Sofortvollzug der Ziffern 1, 2, 3 und 4 im Bescheid der Regierung vom 3. April 2009 gerichtet ist, erfasst er die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 6 des Bescheides demnach nicht.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und schon deshalb begründet, weil die Ausführungen zur Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Ausweisung der Antragstellerin die Vollzugsanordnung nicht tragen und damit nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügen. Eines Eingehens auf die Erfolgsaussichten der Klage bedarf es damit nicht. Soweit streitig ist, ob in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen oder (nur) die Vollziehbarkeitsanordnung aufzuheben ist, folgt die Kammer der erstgenannten Auffassung, weil § 80 Abs. 5 VwGO die Aufhebung der Vollziehbarkeitsanordnung nicht kennt, sondern im Fall eines Erfolgs des Antrags nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vorsieht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 80, Rd.Nrn. 87 und 148; Schoch, VwGO, § 80, Rd.Nrn. 180 und 298).

33Die Regierung geht im Rahmen der Begründung der Vollziehbarkeitsanordnung für die Ausweisung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschluss vom 13.6.2005, 2 BvR 485/05, NVwZ 2005, 1053) einleitend zu Recht davon aus, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts eines besonderes öffentliches Interesse erforderlich ist, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Sie sieht dieses besondere öffentliche Interesse im Fall der Antragstellerin offensichtlich allein darin, dass durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung die Voraussetzungen für Überwachungsmaßnahmen gegenüber der Antragstellerin nach § 54 a AufenthG geschaffen werden. Da gegenüber der Antragstellerin eine vollziehbare Abschiebungsandrohung nach § 58 a AufenthG nicht besteht, setzen die nach § 54 a AufenthG gegebenenfalls kraft Gesetzes eintretenden oder im Ermessen der Behörde liegenden Überwachungsmaßnahmen nämlich eine vollziehbare Ausweisungsverfügung nach § 54 Nr. 5, 5 a AufenthG voraus. Demgemäß führt die Regierung unter Ziffer 8.1.1 der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich aus, im vorliegenden Fall werde die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffer 1 des Bescheides, also der Ausweisung, angeordnet, da es notwendig erscheine, die Bewegungsfreiheit der Antragstellerin einzuschränken und durch die gesetzlich vorgesehene wöchentliche Meldepflicht eine ausreichende Überwachung der Person gewährleisten zu können. Auf Grund der nachhaltigen und vielfältigen Aktivitäten der Antragstellerin zur Unterstützung des KONGRA-GEL/PKK sei es notwendig, durch die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit auf den Landkreis … die von ihrer Person ausgehende Gefährdung schon mit Bescheidserlass möglichst zu unterbinden. Dies werde mit einer räumlichen Beschränkung auf den Landkreis … zunächst in ausreichendem Maße erreicht. Auch die Ausführungen in Ziffer 8.1.2 der Begründung des Bescheides dienen, wie sich aus deren Absatz 2 ergibt, nur dazu, ein besonderes Interesse an einer unmittelbaren und zeitnahen Einschränkung und Unterbindung der Aktivitäten der Antragstellerin im Sinne des § 54 a AufenthG darzulegen und damit die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung zu rechtfertigen.

34Die Regierung stützt die dargelegte Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der auf der Grundlage des § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG verfügten Ausweisung offensichtlich auf die Rechtsprechung des 10. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 24. Oktober 2008, 10 CS 08.2339. In dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof formulierten Leitsatz zu diesem Beschluss ist zwar ausgeführt, in den Fällen des § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Ausweisung grundsätzlich zu dem Zweck zulässig, die Folgen nach § 54 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AufenthG eintreten zu lassen. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Entscheidung des 10. Senats ein Fall zugrunde lag, in dem der ausgewiesene Ausländer nicht abgeschoben werden konnte, was bereits bei Bescheidserlass bekannt war. Dementsprechend ist auch unter Ziffer 22 des Beschlussabdrucks ausgeführt, dass dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Abschiebung nicht möglich sei, die sofortige Vollziehung der Ausweisung zwar nicht zur Vollstreckung der Ausreisepflicht, wohl aber wegen der Folgen nach § 54 a Abs. 1 und 2 AufenthG angeordnet werden könne. Ein derartiger Fall liegt aber bei der Antragstellerin nicht vor, weil die Regierung jedenfalls bislang und damit auch bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung nicht davon ausgegangen ist und ausgeht, dass die Antragstellerin nicht abgeschoben werden kann. Ob der Rechtsprechung des 10. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Fall der Unmöglichkeit der tatsächlichen Aufenthaltsbeendigung der Antragstellerin zu folgen wäre, mag dahingestellt bleiben, weil es hierauf im Fall der Antragstellerin jedenfalls derzeit nicht ankommt. Insoweit ist allerdings immerhin davon auszugehen, dass die Regelung des § 54 a AufenthG der Gefahrenabwehr dient und Ausländer betrifft, die zwar ausreisepflichtig sind, aber nicht abgeschoben werden können, weil rechtliche oder tatsächliche Abschiebungshindernisse dies verhindern (Hailbronner, AuslR, § 54 a AufenthG, Rd.Nr. 1). Jedenfalls aber dann, wenn der tatsächlichen Aufenthaltsbeendigung des nach § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG ausgewiesenen Ausländers keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, vermag die allein mit der Notwendigkeit des Eintretens der in § 54 a AufenthG gesetzlich vorgesehenen Überwachungsmaßnahmen begründete Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung diese Anordnung nach der Überzeugung der Kammer nicht zu tragen und ist fehlerhaft. Soweit die Ausweisung der Antragstellerin in dem angefochtenen Bescheid auf § 54 Abs. 6 sowie § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt ist, hat die Regierung die sofortige Vollziehung der Ausweisung im Übrigen nicht angeordnet.

35Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 9. Januar 2002 und damit mit der Einführung der den Ausweisungstatbeständen des § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG vorgehenden Regelung in § 47 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG zwar die Schwelle für das Eingreifen der Ausweisungstatbestände deutlich niedriger angesetzt als bei früheren Regelungen, er hat jedoch keinen Sofortvollzug kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) angeordnet (vgl. BayVGH, Beschluss vom 19.2.2009, 19 CS 08.1175). Die Klage gegen einen auf § 54 Nr. 5 oder 5 a AufenthG gestützte Ausweisung hat deshalb gemäß § 80 Abs. 1 VwGO auch unter Berücksichtigung des Gewichts dieser Ausweisungstatbestände aufschiebende Wirkung, es sei denn, die Behörde ordnet die sofortige Vollziehung der Ausweisung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO an. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung die begründete Besorgnis bestehen, die von dem Ausländer ausgehende und mit der Ausweisung bekämpfte Gefahr werde sich schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren. Da in den Fällen des Sofortvollzugs für die Widerspruchsbehörden und die Verwaltungsgerichte die Pflicht bestehe, das Hauptsacheverfahren mit möglichster Beschleunigung zu betreiben und abzuschließen, müssten die Verwaltungsgerichte bei der Entscheidung über die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 5 VwGO davon ausgehen, dass das Hauptsacheverfahren mit der gebotenen Eile gefördert werde und dementsprechend prüfen, ob die sofortige Vollziehung in der sich daraus ergebenden Zeitspanne notwendig sei. Die für diesen Zeitraum festzustellenden Gefahren für die Belange der Bundesrepublik Deutschland müssten von solchem Gewicht sein, dass sie schutzwürdige Interessen des Ausländers an der Erhaltung des Suspensiveffektes überwögen (BVerfG, Beschluss vom 12.9.1995, 2 BvR 1179/95, InfAuslR 1995, 397 f.). Demzufolge ist für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung zu prüfen, ob diese wegen der von dem Ausländer ausgehenden Gefahr geboten ist, wobei im Fall der Antragstellerin in diesem Zusammenhang z.B. die jahrelange Kenntnis der Behörden von den der Antragstellerin unterstellten Aktivitäten, die Intensität und Gefährlichkeit der zuletzt gezeigten Aktivitäten der Antragstellerin, etwaige konkrete Anhaltspunkte für eine Fortsetzung gefährlicher Aktivitäten bis zu einer gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung sowie die persönlichen Belange der Antragstellerin Berücksichtigung zu finden hätten. Eine derartige Überprüfung und darauf beruhende Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung ist im Fall der Antragstellerin aber nicht erfolgt.

36Der Gesetzgeber geht in § 54 a Abs. 1 AufenthG davon aus, dass - soweit nicht eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG besteht - erst nach Eintritt der Bestandskraft der auf § 54 Nr. 5 oder 5 a AufenthG gestützten Ausweisungsverfügung oder nach rechtmäßiger Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung nach den dafür geltenden und dargelegten Maßstäben die in § 54 a Abs. 1 und 2 AufenthG festgelegten Überwachungsmaßnahmen eintreten, weil erst dann eine vollziehbare Ausweisungsverfügung vorliegt. Er macht damit die Überwachungsmaßnahmen nach § 54 a AufenthG von der Bestandskraft der Ausweisung bzw. deren Sofortvollzugsanordnung abhängig. Dies bedeutet zugleich, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass umgekehrt allein deshalb, weil die in § 54 a AufenthG für den Fall des Vorliegens einer vollziehbaren Ausweisungsverfügung festgelegten oder im Ermessenswege festlegbaren Überwachungsmaßnahmen von der Ausländerbehörde für erforderlich gehalten werden, die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet werden kann. Hierfür ergeben weder die gesetzliche Reihenfolge und Systematik der §§ 54 und 54 a AufenthG noch deren Wortlaut einen Anhaltspunkt. Vielmehr sind die in § 54 a AufenthG vorgesehenen Folgen der Ausweisung nach § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG von den Modalitäten (Sofortvollzug) der Ausweisung bzw. deren rechtlichen Schicksal (Bestandskraft) abhängig. Ist demzufolge der Ausländer nicht so gefährlich, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung gerechtfertigt ist bzw. erscheint die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung nicht möglich, bedarf es nach den Vorstellungen des Gesetzgebers demnach bis zum Eintritt der Bestandskraft der Ausweisungsverfügung auch nicht der Überwachungsmaßnahmen, die § 54 a AufenthG für eine vollziehbare Ausweisungsverfügung vorsieht. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass Überwachungsmaßnahmen gemäß § 54 a AufenthG auch dann eingreifen bzw. angeordnet werden können, wenn ein Ausländer nicht sofort vollziehbar ausgewiesen ist und die Ausweisung noch nicht bestandskräftig ist, sie gleichwohl aber sinnvoll oder notwendig erscheinen, hätte er eine entsprechende Regelung treffen und die in § 54 a AufenthG geregelten Überwachungsmaßnahmen nicht allein von der Vollziehbarkeit der Ausweisung abhängig machen dürfen. Er hätte aber auch festlegen können, dass auf § 54 Nr. 5 und 5 a AufenthG gestützte Ausweisungen kraft Gesetzes vollziehbar sind. Auch dies ist aber nicht geschehen.

Hat demzufolge der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung der Antragstellerin Erfolg, gilt dies zugleich auch hinsichtlich der kraft Gesetzes vollziehbaren Abschiebungsandrohung mit auf einen bestimmten Tag festgesetzter Frist zur freiwilligen Ausreise. Eine zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht der bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids eine Niederlassungserlaubnis besitzenden Antragstellerin kommt im Hinblick auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisung nicht in Betracht. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat ferner auch hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Überwachungsmaßnahmen in Ziffern 3 und 4 des Bescheides der Regierung Erfolg. Als Folge der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich der Ausweisung fehlt es an einer vollziehbaren Ausweisungsverfügung, die gemäß § 54 a AufenthG Voraussetzung für Überwachungsmaßnahmen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Sie ergibt sich aus einem Streitwert in Höhe von 2.500,00 EUR jeweils für das Verfahren bezüglich der Ausweisung und hinsichtlich der Überwachungsmaßnahmen in Ziffern 3 und 4 des Bescheides.