OLG Nürnberg, Urteil vom 16.05.2012 - 14 U 928/10
Fundstelle
openJur 2012, 68549
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 O 7746/09

1. Erhebt eine in einem vorangegangen Zivilprozess unterlegene Partei Individualbeschwerde nach Art. 34 EMRK zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, so ist das Beschwerdeverfahren vorgreiflich im Sinne des § 148 ZPO, wenn der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess Bindungswirkung nach § 322 Abs. 1 ZPO für den Zivilrechtsstreit zukommt, dessen Aussetzung in Frage steht.

2. Bei der Ermessensentscheidung nach § 148 ZPO stellt es einen gewichtigen, gegen die Aussetzung sprechenden Umstand dar, dass der Beschwerdeführer bereits erfolglos Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben hat, in der er die Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten gerügt hat (hier: Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG), deren Schutzbereich im Wesentlichen demjenigen des geltend gemachten Konventionsverstoßes (hier: Art. 6 Abs. 1 EMRK) entspricht.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.03.2010 (Az.: 10 O 7746/09) wird zurückgewiesen. ??

II. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. ??

III. Dieses Urteil sowie das in Nummer I. genannte Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. ??Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin aus beiden Urteilen durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des aus beiden Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. ??

IV. Die Revision wird nicht zugelassen. ??

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 119.346,49 € festgesetzt.

Gründe

A

Die Beklagten kauften am 09.08.1996 von der S. GmbH eine Dachgeschoss- Eigentumswohnung in Berlin, B. Straße 21 (Wohnung Nr. …), für 310.800,00 DM. Es handelte sich um ein Sanierungsobjekt, wobei die Verkäuferin sich zum Ausbau des Dachgeschosses und damit zur Herstellung der verkauften Wohnung verpflichtete. Die Verkäuferin gewährte auf die Dauer von fünf Jahren eine Erstvermietungsgarantie von 15,00 DM/m². ??Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Beklagten mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin (künftig: Klägerin) am 29.08./10.09.1996 einen Vertrag über ein Annuitätendarlehen i. H. v. 278.000,00 DM.

Den Vertragsabschlüssen war eine Vermittlung durch L. M. vorausgegangen.

Nachdem die Beklagten ab Dezember 2000 die vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr erbrachten, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 03.02.2003 und stellte einen Betrag von 158.101,29 € zur sofortigen Rückzahlung fällig.

Am 18.07.2003 erhob die Beklagte zu 2 aus eigenem und abgetretenem Recht des Beklagten zu 1 Klage gegen die hiesige Klägerin mit dem Antrag, 59.952,13 € nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, diese habe Aufklärungspflichten im Hinblick auf die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises verletzt. Außerdem habe der Vermittler völlig überhöhte Mieten versprochen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies diese Klage mit Endurteil vom 22.12.2005 (Az. 10 O 6575/03) ab. Die Entscheidungsgründe enthalten unter anderem die Feststellung, dass der Verkehrswert der Wohnung nach dem erholten Sachverständigengutachten auf der Grundlage des Vergleichswertverfahrens 118.305,00 € betrug, somit eine sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung nicht vorliege. Die Höhe der nachhaltig zu erzielenden Miete ermittelte der Sachverständige mit 17,00 DM/m².

Die hiergegen gerichtete Berufung der damaligen Klägerin (hiesige Beklagte zu 2) wies das Oberlandesgericht Nürnberg (nach vorhergehendem Hinweis) mit Beschluss vom 27.12.2006 (Az. 6 U 251/06) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

Mit Beschluss vom 21.06.2007 gab das Oberlandesgericht auch der hiergegen gemäß § 321 a ZPO eingelegten Gehörsrüge der damaligen Klägerin (hiesige Beklagte zu 2) keine Folge, da eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vorliege.

Die damalige Klägerin (hiesige Beklagte zu 2) legte hiergegen Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ein, mit der sie insbesondere die Verletzung des Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG), die Verletzung des Rechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG) und Verstöße gegen das Gebot eines wirkungsvollen Rechtsschutzes rügte. Mit Beschluss vom 17.01.2008 (Az. 1 BvR 1934/07) nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Daraufhin erhob die damalige Klägerin (hiesige Beklagte zu 2) Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, mit der sie eine Verletzung des in Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verankerten Rechts auf ein faires Verfahren rügt. Das Beschwerdeverfahren ist dort am 24.07.2008 eingegangen (Beschwerde Nr. 35699/08). Eine Entscheidung liegt noch nicht vor.

Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin - ausgehend von dem Stand zum 31.12.2007 - Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehenskapitals sowie ausstehender Zins- und Tilgungsleistungen i. H. v. insgesamt 146.190,49 € nebst Zinsen i. H. v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 119.346,49 € (das ist der Restkapitalbetrag) seit 01.01.2008 geltend. Sie ist der Ansicht, die Beklagten seien, nachdem die Klägerin den Darlehensvertrag wirksam außerordentlich gekündigt habe, zur Zahlung des genannten - in der Höhe unstreitigen - Betrags verpflichtet. Auf Schadensersatzansprüche könnten sich die Beklagten nicht stützen, da solche rechtskräftig im genannten Vorprozess aberkannt worden seien.

Die Beklagten wenden ein, der Klägerin stehe aufgrund der ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche gegen diese kein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensrestbetrages sowie Zahlung ausstehender Zins- und Tilgungsleistungen zu. Die Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Entscheidungen stehe dem nicht entgegen. Diese seien aufgrund des völlig falschen und schlicht nicht verwertbaren Gutachtens des vom Gericht beauftragten Sachverständigen B. nicht fehlerfrei. Im Hinblick auf das in Strasbourg anhängige Individualbeschwerdeverfahren beantragen die Beklagten die Aussetzung des hiesigen Rechtsstreits bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte die Beklagten antragsgemäß als Gesamtschuldner zur Zahlung von 146.190,49 € nebst Zinsen i. H. v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 119.346,49 € seit 01.01.2008.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung rügen die Beklagten, das Ersturteil verstoße als unzulässige Überraschungsentscheidung gegen Artikel 103 Absatz 1 GG sowie gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot. Das Erstgericht habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23.03.2010 zunächst die Auffassung vertreten, von einer Bindungswirkung des Vorprozesses könne nicht ausgegangen werden, so dass eine erneute Beweisaufnahme stattfinden werde. Erst im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eingewendet, dass nach seiner Auffassung von einer Bindungswirkung auszugehen und der Klage stattzugeben sei. Ein diesbezüglicher schriftsätzlicher Vortrag habe nicht vorgelegen. Sodann habe das Erstgericht nach ausführlicher Diskussion den mündlichen Hinweis gegeben, dass nur zwei alternative Vorgehensweisen in Frage kämen, nämlich entweder die Durchführung einer erneuten Beweisaufnahme zu allen Teilbereichen oder eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Völlig überraschend habe das Erstgericht in der angefochtenen Entscheidung sodann eine abweichende Rechtsauffassung vertreten und - den Ausführungen der Klagepartei folgend - die Bindungswirkung der Entscheidung aus dem Vorprozess bejaht. Verfahrensfehlerhaft sei allerdings kein richterlicher Hinweis mehr an die Beklagtenvertreter erfolgt, so dass diese keine Möglichkeit für eine weitergehende Stellungnahme mehr gehabt hätten. Bereits aus diesem Grund sei die Entscheidung aufzuheben und zurückzuverweisen. Im Übrigen sei das Ersturteil insoweit unrichtig, als eine Aussetzung des Verfahrens hätte erfolgen müssen und eine Bindungswirkung an den rechtskraftfähigen Inhalt des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.12.2005 im Verfahren 10 O 657503 angenommen worden sei.

Die Beklagten beantragen:

I. Auf die Berufung der Kläger (richtig: Beklagten) wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.03.2010 einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch für die Kosten der Berufung, an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen. ??Hilfsweise zu I.): Unter Abänderung des am 30.03.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az.: 10 O 7746/09, die Klage abzuweisen.
II. Höchst vorsorglich und hilfsweise: Das Verfahren wird ausgesetzt bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Verfahren EGMR, Beschwerde-Nr.: 35699/08 S. gegen Bundesrepublik Deutschland.

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.03.2010, Az. 10 O 7746/09, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Berufung rüge zu Unrecht Verfahrensfehler des Erstgerichts. Der Verfahrensgang sei von den Beklagten falsch dargestellt worden. Die Klägerin habe bereits mit Schriftsatz vom 18.03.2010 zur Frage der Rechtskraft des Vorprozesses vorgetragen. Dieser sei innerhalb offener Schriftsatzfrist bei Gericht eingereicht und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 18.03.2010, also noch vor dem Verhandlungstermin am 23.03.2010, per Telefax übermittelt worden. Falsch sei auch die Darstellung der Beklagten, der Einzelrichter habe den Hinweis gegeben, es würden nur die in der Berufung genannten zwei alternativen Vorgehensweisen in Frage kommen. Vielmehr sei nur die Sach- und Rechtslage erörtert worden, wie es auch protokolliert worden sei. Indem die Rechtslage ergebnisoffen diskutiert worden sei, hätten sich sowohl die Prozessbevollmächtigten der Beklagten als auch diejenigen der Klägerin bemüßigt gefühlt, durch Schriftsätze vom 24.03.2010 ihre Rechtsauffassungen vorzutragen. Für den Schriftsatz der Beklagten vom 24.03.2010 hätte keine Veranlassung bestanden, wenn sich das Erstgericht im Verhandlungstermin tatsächlich in dem von der Berufung vorgetragenen Sinne geäußert hätte.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand des Ersturteils sowie auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

B

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gemäß § 607 Abs. 1 BGB a.F. in der geltend gemachten (unstreitigen) Höhe zu.

1. Das von den Beklagten aufgrund des wirksamen Darlehensvertrages vom 29.08./10.09.1996 empfangene Geld ist nach den Kündigungen vom 03.02.2003 zur Rückzahlung fällig (§ 609 BGB a. F.), wobei die Beklagten als Gesamtschuldner haften (§ 421 BGB). Die durch die Klägerin ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist wirksam, nachdem die Beklagten mit Darlehensraten von über zwei Jahren in Rückstand geraten waren. ??

2. Die Beklagten können sich nicht auf einen ihrer Zahlungspflicht entgegenstehenden Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin wegen einer Aufklärungspflichtverletzung über die Sittenwidrigkeit des Kaufpreises und über eine arglistige Täuschung durch den Vermittler hinsichtlich der Höhe der erzielbaren Miete berufen. Aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftigen Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.12.2005 steht nämlich - wie bereits das Landgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend und ausführlich begründet hat - fest, dass den Beklagten keine derartigen Schadensersatzansprüche zustehen.

a) Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Das bedeutet zum Einen, dass eine erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.1985 - V ZR 233/83, BGHZ 93, 287/288 f. = NJW 1985, 1711/1712, Rn. 10 nach juris; BGH, Urteil vom 07.07.1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137/139 ff. = NJW 1993, 2684 f., Rn. 8 ff. nach juris). Zum Anderen ist dann, wenn eine im Vorprozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage lediglich Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, die Rechtskraft der früheren Entscheidung und die sich daraus ergebende Bindungswirkung zu beachten (BGH, Urteil vom 16.01.2008 - XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227/1228, Rn. 9 nach juris m.w.N.). ??Die Rechtskraft beschränkt sich auf die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, den das Gericht aus dem Sachverhalt durch dessen Subsumtion unter das objektive Recht erschlossen hat. Bei einer - wie im vorliegenden Fall - klageabweisenden Entscheidung ist jedoch der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung. Wird ein Zahlungsanspruch abgewiesen, erwächst danach in Rechtskraft, dass die Klagepartei am Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess gegen die beklagte Partei keinen Zahlungsanspruch hatte. Diese Feststellung ist auch bindend, wenn in einem neuen Prozess der Parteien die Entscheidung über einen anderen Anspruch von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Zahlungsanspruchs abhängt (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.1993 - III ZR 43/92, NJW 1993, 3204/3205, Rn. 16 nach juris m.w.N.). Ein Urteil, das eine Leistungsklage abweist, stellt somit grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann, selbst wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft hat. Anders als die Prozessbevollmächtigten der hiesigen Beklagten meinen, hängt die Bindungswirkung bei einem klageabweisenden Urteil demnach nicht davon ab, ob die beklagte Partei ihrerseits im Vorprozess einen negativen Feststellungsantrag gestellt oder gar Widerklage erhoben hat. Solches wird in der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gefordert. ??Unterscheidet sich jedoch der Streitgegenstand des neuen Rechtsstreits von dem des Vorprozesses, weil ein seinem Wesen nach anderer Sachverhalt vorgetragen wird, so steht die Rechtskraft des früheren Urteils der neuen Klage nicht entgegen, selbst wenn das Klageziel äußerlich unverändert geblieben und die Tatsachen, die der neuen Klage zugrundegelegt sind, schon im Vorprozess hätten geltend gemacht werden können (BGH, Urteil vom 18.07.2000 - X ZR 62/98, NJW 2000 3492/3494, Rn. 19 nach juris m.w.N.). ?

b) Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit rechtskräftigem Endurteil vom 22.12.2005 die Klage der hiesigen Beklagten zu 2 gegen die hiesige Klägerin auf Schadensersatz abgewiesen und dies damit begründet, dass die hiesige Klägerin selbst keine Pflichtverletzung begangen habe und sie sich auch nicht eine mögliche Pflichtverletzung der im Rahmen der Vertragsverhandlungen tätigen Dritten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Insbesondere falle in den Aufgabenkreis der hiesigen Klägerin als Finanzierungsinstitut nicht eine Aufklärung über die Angaben des Vertriebs zum Wert der Immobilie, zu deren Wertsteigerungspotential und zu deren Risikofreiheit. ??Auch die Voraussetzungen einer Haftung der hiesigen Klägerin wegen Aufklärungspflichtverletzung lägen nicht vor. Eine Aufklärungspflicht über eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises habe nicht bestanden, da die Beweisaufnahme ergeben habe, dass eine Äquivalenzstörung nicht vorhanden sei. Die damalige Beklagte und hiesige Klägerin habe auch nicht darüber aufklären müssen, ob Miete und Steuervorteile die Darlehenstilgung ermöglichten. Falsche Angaben des Vertriebs über den Umfang der Sanierung sowie das Versprechen, dass nach Abschluss der Verträge eine Mietgarantie mit der Verwalterfirma abgeschlossen werde könne, seien keine Umstände, die sich die damalige Beklagte im Rahmen ihrer Finanziererrolle zurechnen lassen müsse. Ein Haftungsdurchgriff nach den Regeln des Verbraucherkreditgesetzes scheide aus. ?

c) Im vorliegenden Verfahren stützen die Beklagten ihre der Klageforderung entgegengehaltenen Schadensersatzansprüche darauf, dass die Klägerin positive Kenntnis von der sittenwidrigen Überteuerung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung gehabt und hiervon die Beklagten nicht unterrichtet habe. Sie hafte den Beklagten desweiteren aufgrund der evident falschen Beratung der eingeschalteten Vermittler bezüglich der Rentabilität des streitgegenständlichen Bauprojektes und wegen der unrealistischen Angaben zum Mietertrag. ??Herr L. M. habe die Eigentumswohnung als äußerst günstig angepriesen und angegeben, fünf Jahre lang könne man die steuerlichen Abschreibungen geltend machen und dann die Eigentumswohnung mit erheblichem Gewinn weiterveräußern. Das Ganze sei ein "Schnäppchen für Insider". Die Wohnung habe eine absolut hervorragende Lage, so dass diese sehr leicht vermietbar sei. Daher stelle der Veräußerer auch eine Mietgarantie zu 15,00 DM/m² Wohnfläche. Während dieser fünf Jahre würden die entstehenden Kosten durch die Mieteinnahmen sowie die berechneten Steuerersparnisse völlig gedeckt werden. ??Für die Erwerber bestünde bei der Kapitalanlage keinerlei Risiko. Das Objekt sei von Seiten der …bank eingewertet und die Finanzierung des Vertriebes der Eigentumswohnung genehmigt. Der Erwerb dieser Wohnung sowie die Finanzierung des Ankaufes seien von Herrn M. gegenüber der (damaligen) Klagepartei sowie dem hiesigen Beklagten zu 1 als "ein Paket" im Sinne einer auf fünf Jahre befristeten Kapitalanlage dargestellt worden. ?

d) Einen - soweit ersichtlich - wortgleichen Vortrag enthält bereits die Klageschrift im Vorprozess 10 O 6575/03 (vgl. dort S. 4 - 21 des Schriftsatzes vom 17.07.2003 und hier S. 3 - 17 des Schriftsatzes vom 12.02.2010). Damit steht fest, dass die von den hiesigen Beklagten und der dortigen Klägerin zur Unterstützung ihrer Schadensersatzforderungen vorgetragenen Umstände (sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung; behauptete Angaben des Geschäftsführers der Bauträgerin) identisch sind, also das Vorbringen der Beklagten zur Begründung ihrer hiesigen Schadensersatzansprüche dem Streitgegenstand des Vorprozesses entspricht. Dies führt dazu, dass die Beklagten mit dem Vortrag, ihnen sei aufgrund einer Verletzung von Aufklärungspflichten durch die Klägerin im Zusammenhang mit der Gewährung des Darlehens ein Schaden entstanden, im vorliegenden Verfahren nicht mehr gehört werden können. ?

e) Dies gilt für die Beklagte zu 2 als Klägerin des Vorprozesses, aber ebenso für den Beklagten zu 1. Denn die Beklagte zu 2 führte den Vorprozess jedenfalls (auch) im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für den Beklagten zu 1. Dort trug sie vor, der hiesige Beklagte zu 1 habe mit Abtretungserklärung vom 06.11.2002 seine Schadensersatzansprüche gegen die hiesige Klägerin an sie abgetreten (Klageschrift Seite 11). Gleichzeitig hat sie ihn für verschiedene unter Beweis gestellte Behauptungen als Zeuge angeboten. Die hiesige Klägerin hat im Vorprozess zwar die behauptete Abtretung bestritten. Eine Beweisaufnahme hierüber ist nicht erfolgt. Für die Frage der Rechtskrafterstreckung kann es aber dahinstehen, ob eine wirksame Abtretung vorliegt. Denn eine solche würde zu einer vollen Rechtsinhaberschaft führen mit der Folge, dass dem Beklagten zu 1 schon deshalb keine Schadensersatzansprüche zustünden, weil er diese an die Beklagte zu 2 abgetreten hätte bzw. - im Falle einer Rückabtretung - die Rechtskraft des klageabweisenden Endurteils im Vorprozess dem Beklagten zu 1 gemäß § 325 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 322 Abs. 1 ZPO entgegenstehen würde. Geht man hingegen davon aus, dass anlässlich des Vorprozesses keine wirksame Abtretung der dem Beklagten zu 1 zustehenden Schadensersatzansprüche an die Beklagte zu 2 und damalige Klägerin erfolgte, so hätte Letztere im Vorprozess jedenfalls (mit Zustimmung des hiesigen Beklagten zu 1 in gewillkürter Prozessstandschaft gehandelt, da sie insoweit ein dem hiesigen Beklagten zu 1 zustehendes auch fremdes Recht mit dessen Ermächtigung geltend gemacht hätte. Dies hat zur Folge, dass das im Rechtsstreit des Prozessstandschafters (hiesige Beklagte zu 2) ergangene Urteil für und gegen den Rechtsinhaber (hiesiger Beklagter zu 1) Rechtskraft entfaltet (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Vor § 50 Rn. 54 m.w.N). Dass die hiesige Beklagte zu 2 im Vorprozess zumindest in Ermächtigung des hiesigen Beklagten zu 1 Klage erhob, wird im vorliegenden Rechtsstreit von den Beklagten nicht in Abrede gestellt und wäre auch fernliegend, zumal die hiesige Beklagte zu 2 offenbar aus prozesstaktischen Gründen alleine als Klagepartei auftrat, um dem hiesigen Beklagten zu 1 die Zeugenstellung zu verschaffen. ??Nach alledem steht rechtskräftig fest, dass den Beklagten die der Klageforderung entgegengehaltenen Schadensersatzansprüche aus keinem Rechtsgrund zustehen. ?

II.

Die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth, den Rechtsstreit nicht im Hinblick auf das von den Beklagten betriebene Individualbeschwerdeverfahren nach Artikel 34 EMRK auszuset-zen, ist nicht zu beanstanden. ?

1. Allerdings kommt eine Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO im vorliegenden Verfahren grundsätzlich in Betracht.?

a) Die Aussetzung ist nur zulässig bei Vorgreiflichkeit im Sinne einer präjudiziellen Bedeutung. Das heißt, dass die Entscheidung im ausgesetzten Verfahren als Vorfrage mindestens zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen Rechtsverhältnisses abhängen muss (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22.06.2011 - I ZB 64/10, NJW-RR 2011, 1343, Rn. 10). Dies ist insbesondere der Fall, wenn über die Vorfrage im Parallelverfahren mit Rechtskraftwirkung für das aussetzende Gericht entschieden wird (vgl. BGHZ 16, 124, 130 ff.; Musielak/Stadler, ZPO, 9. Aufl., § 148 Rn. 5).?

b) Danach ist eine Vorgreiflichkeit hinsichtlich der im Vorprozess streitgegenständlichen Frage des Bestehens von Schadensersatzansprüchen der hiesigen Beklagten gegen die hiesige Klägerin gegeben. Mit Beendigung dieses Vorprozesses durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg über die Zurückweisung der Berufung der dortigen Klägerin wäre allerdings - wenn beide Verfahren gleichzeitig anhängig gewesen wären - zunächst die Zulässigkeit einer Aussetzung entfallen, da nunmehr eine rechtskräftige Entscheidung über die Vorfrage vorliegt. ?

c) Die von der damaligen Klägerin erhobene Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eröffnet jedoch (wieder) die Möglichkeit einer Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 148 Rn. 59).??Die Anhängigkeit der Vorfrage vor einem supranationalen Gericht setzt analog § 148 ZPO voraus, dass dessen Entscheidung für das deutsche Gericht bindend oder zumindest maßgebend ist (vgl. allgemein zu ausländischen Gerichten Stein/Jonas/Roth, aaO., § 148 Rn. 56 ff. Musielak/Stadler, aaO., § 148 Rn. 6; Wagner, in: MünchKommZPO, 3. Aufl., § 148 Rn. 11; Wendtland, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.01.2012, § 148 Rn. 10). Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, ist die Vorgreiflichkeit einer Entscheidung des Gerichtshofs zu bejahen. Denn deren Bindungswirkung erstreckt sich auf alle staatlichen Organe und verpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen konventionsgemäßen Zustand herzustellen. Gerichte sind demgemäß zur Berücksichtigung eines Urteils, das einen von ihnen bereits entschiedenen Fall betrifft, jedenfalls dann verpflichtet, wenn sie - wie hier - in verfahrensrechtlich zulässiger Weise erneut über den Gegenstand entscheiden und dem Urteil ohne materiellen Gesetzesverstoß Rechnung tragen können (vgl. BVerfG, Beschluss des 2. Senats vom 14.10.2004 - II BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 = NJW 2004, 3407, Rn. 29 f.).??Der durch das zweite Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 22.12.2006 (BGBl I, Seite 3416) eingeführte Wiederaufnahmetatbestand des § 580 Nr. 8 ZPO ermöglicht eine Restitutionsklage für den Fall, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. Für den Fall, dass die Individualbeschwerde der Beklagten zu 2 Erfolg haben sollte, wäre somit eine Korrektur der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess und konsequenterweise einer hierauf beruhenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren prozessual und materiellrechtlich möglich. ??Keine Rolle spielt es hierbei, dass die hiesige Klägerin im Individualbeschwerdeverfahren vor dem Gerichtshof nicht die Stellung einer echten Verfahrensbeteiligten hat. Dieser Umstand steht demzufolge auch einer Aussetzung nach § 148 ZPO nicht entgegen; bei einer solchen kommt es nicht darauf an, dass der vorgreifliche Rechtsstreit zwischen denselben Parteien geführt wird (vgl. Stein/Jonas/Roth, aaO., § 148 Rn. 29; Zöller/Greger aaO. § 148 Rn. 5; Wendtland, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, aaO., § 148 Rn. 9). ?

2. Das Landgericht hat jedoch in nicht zu beanstandender Weise unter Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine Aussetzung abgelehnt. Ergänzend hierzu ist Folgendes auszuführen:?

a) Bei der im pflichtgemäßen Ermessen liegenden Entscheidung über die Frage der Aussetzung ist eine an den Interessen der Parteien ausgerichtete Abwägung aller für und gegen eine Aussetzung sprechenden Umstände vorzunehmen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22.09.2008, 1 BvR 1707/08, BVerfGK 14, 270, Rn. 19). In die Abwägung einzustellen sind der Zweck des § 148 ZPO, eine doppelte Prüfung derselben Frage in mehreren Prozessen zu verhindern (vgl. hierzu Stein/Jonas/Roth, aaO. § 148 Rn. 3), die Interessen der Parteien, die Prozessökonomie, die Erfolgsaussichten des anderen Verfahrens und die mit der Aussetzung eintretende Verfahrensverzögerung (vgl. BGH, Beschluss vom 07.05.1992 - V ZR 192/91, NJW-RR 1992, 1149 Rn. 6; Wagner, in: MünchKommZPO, aaO., § 148 Rn. 14; Musielak/Stadler, aaO., § 148 Rn. 8; Stein/Jonas/Roth, aaO., § 148 Rn. 31; Zöller/Greger, a.a.O., § 148 Rn. 7).?

b) Zieht man die genannten Abwägungskriterien heran, ergibt sich folgendes Bild:??aa) Die durch eine Aussetzung zu erreichende Vermeidung einer doppelten Prüfung derselben Frage, letztlich also der Prozessökonomie, spielt vorliegend keine Rolle, da die Vorfrage im Vorprozess bereits entschieden wurde und somit im hiesigen Verfahren keine Beweisaufnahme hierüber stattfinden muss. ??bb) Für eine Aussetzung spricht das berechtigte Interesse der hiesigen Beklagten, nicht an ein rechtskräftiges Urteil gebunden zu sein, das ihrer Ansicht nach konventionswidrig ergangen ist, und hierdurch zu vermeiden, dass gegen sie aus einem Zahlungstitel (jedenfalls vorläufig) vollstreckt wird. Im Falle eines späteren Erfolges der Individualbeschwerde wären die Beklagten dann darauf verwiesen, durch Erhebung zweier Restitutionsklagen den Vorprozess und das laufende Verfahren "wieder aufzurollen"; sie hätten hierbei neben dem allgemeinen Kostenrisiko auch das Risiko auf sich zu nehmen, im Falle eines Obsiegens die vollstreckten Geldbeträge wieder zurückzuholen.?

cc) Dem steht das berechtigte Interesse der Klägerin gegenüber, innerhalb angemessener Zeit Rechtsschutz zu erlangen. Der durch die Aussetzung des Verfahrens herbeigeführte Stillstand des Verfahrens kann nämlich seinerseits den Anspruch der Parteien auf effektiven Rechtsschutz beeinträchtigen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22.09.2008, 1 BvR 1707/08, BVerfGK 14, 270, Rn. 15). Das Rechtsstaatsprinzip fordert im Interesse der Rechtssicherheit, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (BVerfGE 88, 118/124). Durch eine Aussetzung wäre für die Klägerin die Möglichkeit einer endgültigen wirtschaftlichen Realisierung ihrer Klageforderung auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben. Sie könnte jedoch - wenn das Ersturteil nicht aufgehoben und der Rechtsstreit nicht an die erste Instanz zurückverwiesen würde - im Wege der vorläufigen Vollstreckung zumindest die spätere Realisierung der Zahlung sicherstellen.??Ohne entscheidende Bedeutung ist der Umstand, dass die Klägerin etliche Jahre nach der Kündigung des Darlehensvertrages zuwartete, ehe sie selbst die vorliegende Klage erhob. Denn zum einen konnte sie damit rechnen, dass die Beklagten in überschaubarer Zeit nach rechtskräftigem Abschluss des Vorprozesses den Darlehensrestbetrag sowie die rückständigen Zins- und Tilgungsleistungen freiwillig begleichen würden. Zum anderen hat das vorprozessuale Zuwarten grundsätzlich keinen entscheidenden Einfluss auf das berechtigte Interesse der Klägerin, nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens in angemessener Zeit Rechtsschutz zu erlangen.? ?dd) Unter dem Aspekt des effektiven Rechtsschutzes kommt der Frage der Erfolgsaussichten des anderen Verfahrens und der mit der Aussetzung eintretenden Verfahrensverzögerung entscheidendes Gewicht zu.??Gegen eine Aussetzung spricht der Umstand, dass die von der Beklagten zu 2 mit ihrer Individualbeschwerde gerügte Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 EMRK in der Sache bereits Gegenstand einer zum Bundesverfassungsgericht eingelegten Verfassungsbeschwerde war. Die Beklagte zu 2 stützt ihre Individualbeschwerde darauf, dass die Gerichte im Vorprozess nur unter grober Missachtung ihres umfänglichen Sach- und Rechtsvortrages und ihrer Argumente und somit unter Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires, willkürfreies Verfahren zu dem Ergebnis gelangten, dass ihr kein Schadensersatzanspruch gegenüber der die Kapitalanlage finanzierenden Klägerin wegen der Verletzung einer Aufklärungspflicht zustehe (Seite 15 der Individualbeschwerde). Außerdem seien die Gerichte des Vorprozesses auf die nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft vom 25.10.2005 in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank e. G., C 350/03 und C 229/04 zwingend gebotenen Rechtsfolgen eines haustürgeschäftlichen Widerrufs mit keinem Wort eingegangen. ??Diese vor dem Gerichtshof erhobenen Rügen entsprechen den vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemachten Grundrechtsverstößen, nämlich einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Verfassungsbeschwerde jedoch mit Beschluss vom 17.01.2008 nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1934/07). Aufgrund der Nichtannahme gemäß § 93 b BVerfGG steht - eine form- und fristgerechte Einlegung der Verfassungsbeschwerde vorausgesetzt - fest, dass dieser weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukam noch deren Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte (also der Grundrechte und der in Art. 20 Abs. 4, Art. 33, 38, 101, 103 und 104 GG enthaltenen Rechte) angezeigt war. Weitergehende Rechte als die des Grundgesetzes werden der Beklagten zu 2 auch durch Artikel 6 EMRK nicht eingeräumt. Damit indiziert die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde der Beklagten zu 2 zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht auch das Nichtvorliegen eines Konventionsverstoßes. Ohne dass damit der Ausgang des Individualbeschwerdeverfahrens in irgendeiner Weise prognostiziert werden soll, kann diesem somit kein entscheidendes, zu einer Aussetzung des vorliegenden Verfahrens führendes Gewicht beigemessen werden. Im Gegenteil kommt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erhebliche Bedeutung dahingehend zu, die Interessen der Klägerin an der Fortsetzung des vorliegenden Verfahrens diejenigen der Beklagten an einer Aussetzung überwiegen zu lassen.??Ein wesentliches, gegen eine Aussetzung sprechendes Abwägungskriterium ist auch der Umstand, dass eine Entscheidung über die Individualbeschwerde der Beklagten zu 2 angesichts der allgemein bekannten Überlastung des Gerichtshofs nicht absehbar ist (vgl. zur Bedeutung dieses Kriteriums BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des ersten Senats vom 22.09.2008, 1 BvR 1707/08, BVerfGK 14, 270, Rn. 20).??Schließlich kann der Umstand, dass das Individualbeschwerdeverfahren vor dem Gerichtshof bei zivilrechtlichen Ausgangsverfahren die beteiligten Rechtspositionen und Interessen möglicherweise nicht vollständig abbildet, bei der Interessenabwägung nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Verfahrensbeteiligte vor dem Gerichtshof ist neben dem Beschwerdeführer nur die betroffene Vertragspartei, also die Bundesrepublik Deutschland. Die Möglichkeit einer Beteiligung Dritter an dem Beschwerdeverfahren (vgl. Art. 36 Abs. 2 EMRK) ist kein institutionelles Äquivalent für die Rechte und Pflichten als Prozesspartei im nationalen Ausgangsverfahren (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 = NJW 2004, 3407, Rn. 59).?Die Möglichkeiten der hiesigen Klägerin, auf den Verfahrensgang vor dem Gerichtshof einzuwirken, sind somit beschränkt.??In der Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen ist somit dem Interesse der Klägerin an einer Beendigung des vorliegenden Rechtstreits Vorrang zu geben, so dass eine Aussetzung nicht in Betracht kommt.?

c) Die von den Beklagten zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung herangezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1905/02) und des Europäischen Gerichtshofs (C-173/03) ist für die Frage der Aussetzung in der vorliegenden Fallgestaltung nicht einschlägig. ??Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 1905/02, BVerfGE 115, 51 = ZIP 2006, 60) verhält sich zur Frage der Anwendung des § 79 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BVerfGG auf Gerichtsentscheidungen, die auf mit dem Grundgesetz unvereinbarer Norm oder Normauslegung beruhen. Eine Auswirkung auf den vorliegenden Rechtstreit ist nicht erkennbar. ??Die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Urteil vom 13.06.2006 - C-173/03) betrifft den Grundsatz der außervertraglichen Haftung der Mitgliedsstaaten für Schäden, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, und die Voraussetzungen für die Auslösung dieser Haftung, wenn dieser Verstoß einem nationalen Gericht zuzurechnen ist; konkret ging es um die Frage der richtigen oder falschen Auslegung von Gemeinschaftsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen.??Allerdings kommt eine Aussetzung nach § 148 ZPO analog in Betracht, wenn in einem beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängigen Vorabentscheidungsverfahren über eine Vorfrage oder gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.2012, - VIII ZR 236/10, in juris; Musielak/Stadler, aaO., § 148 Rn. 6 und 16 m.w.N; Wendtland, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, aaO., § 148 Rn. 5; Wagner, in: MünchKommZPO, aaO., § 148 Rn. 6; Zöller/Greger aaO., § 148 Rn. 3 b.). ??Die Verletzung einer Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; früher: Art. 234 EG), wenn sich eine entscheidungserhebliche noch nicht geklärte Frage der Auslegung von Gemeinschaftsrecht stellt, tangiert den Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, also des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21.12.2010 - 1 BvR 506/09, GRUR 2011, 225, Rn. 13 ff.). Demgemäß kann in einem Rechtsstreit, in dem es um dieselbe europarechtliche Frage geht, die bereits Gegenstand eines laufenden Vorabentscheidungsverfahrens ist, das bei der entsprechenden Anwendung des § 148 ZPO auszuübende Ermessen des befassten nationalen Gerichts dahin eingeschränkt sein, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Aussetzung geboten ist. Damit ist die vorliegende Verfahrenssituation einer Individualbeschwerde gegen eine Entscheidung nationaler Gerichte in einem Vorprozess zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht vergleichbar.?

3. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht - wie von der Berufung gerügt, von der Klägerin aber in Abrede gestellt - hinsichtlich der Erörterung der Sach- und Rechtslage zur Aussetzung des Verfahrens das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat. Ein derartiger Verstoß wäre nicht ursächlich für die klageabweisende Entscheidung, da auch das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht zu einer Aussetzung des Verfahrens führt. ??Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Nürnberg-Fürth kommt somit nicht in Betracht. ??Nach alledem hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. ????

C

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. ??

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtsache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S .1 ZPO. Die sich im vorliegenden Verfahren stellenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich entschieden. Dies gilt auch für die Voraussetzungen einer Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO. Diese stellt eine Ermessensentscheidung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Prozessparteien dar, so dass auch hierfür vorwiegend Umstände maßgebend waren, die sich im tatsächlichen Bereich bewegen.