VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.03.1994 - 8 S 1716/93
Fundstelle
openJur 2013, 9113
  • Rkr:

1. Die auf überwiegend eigener Futtergrundlage betriebene Pferdezucht einschließlich der reiterlichen Erstausbildung der gezüchteten Pferde ist der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB zuzurechnen. Dabei sind, je mehr ein Betrieb im Einzelfall vom klassischen Vorstellungsbild eines Vollerwerbsbauernhofs abweicht, desto höhere Anforderungen an die Gewähr der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit zu stellen und um so kritischer ist der Frage nachzugehen, ob nur der Fall eines im Außenbereich angestrebten Hobbys vorliegt. Für beides ist die Absicht der Gewinnerzielung ein gewichtiges Indiz.

2. Gegen die Annahme eines landwirtschaftlichen Pferdezuchtbetriebes auf einem Grundstück spricht, daß dort nur Platz für die Unterbringung von fünf Pferden vorhanden ist und die übrigen Tiere sich an unterschiedlichen Standorten befinden.

3. Die Erweiterung einer Reithalle auf eine Größe von 35x15 m "dient" nicht mehr einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn dieser nur über relativ wenige Pferde verfügt.

4. Zur Annahme einer Verunstaltung des Landschaftsbildes und des Entgegenstehens der natürlichen Eigenart der Landschaft.

5. Auch eine Nutzung als Reithalle führt nicht zu einer erleichterten Erteilung einer Ausnahme von der Waldabstandsvorschrift (im Anschluß an das Senatsurteil vom 8.10.1993 - 8 S 1578/93 -).

Tatbestand

Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung eines bestehenden Bauwerks im Außenbereich.

Er ist Miteigentümer der im Außenbereich von liegenden Grundstücke Flst. Nrn. und. Auf diesen befinden sich ein Wohnhaus mit integrierten Pferdeställen und eine als "Tierunterstand" bezeichnete Halle. Das Wohnhaus geht auf ein bis Ende der sechziger Jahre landwirtschaftlich genutztes Anwesen zurück, für das mehrere Umbaugenehmigungen erteilt worden sind. Der "Tierunterstand" mit einer Grundfläche von 15 x 20 m beruht auf einer (vom Innenministerium Baden-Württemberg und vom Regierungspräsidium im späteren Verfahren für rechtswidrig gehaltenen) Baugenehmigung vom 7.10.1982. Die Grundstücke liegen ferner im Geltungsbereich der Verordnung des Landratsamts zum Schutze von Landschaftsteilen im Kreis vom 4.11.1968, geändert durch Verordnung des Landratsamts des vom 11.3.1981.

Am 9.2.1991 beantragte der Kläger die Baugenehmigung zur Erweiterung des bestehenden "Tierunterstandes" in eine landwirtschaftliche Bewegungshalle sowie den Anbau eines Geräteschuppens. Das bestehende Bauwerk soll auf eine Grundfläche von 35 m x 15 m erweitert werden, an der Längsseite des Gebäudes sollte ein Geräteschuppen mit einer Grundfläche von 25 m x 3 m errichtet werden. In seiner Stellungnahme vom 26.3.1991 führte das Landwirtschaftsamt zum Baugesuch aus, der Kläger bewirtschafte nach seinen Angaben 5,5 ha landwirtschaftliche Fläche, wodurch die Futterflächengrundlage für seine Pferdehaltung gegeben sei. Die Erweiterung des Tierunterstandes diene jedoch keinem landwirtschaftlichen Betrieb, da eine Einkommenserzielung nicht nachgewiesen werden könne. Daraufhin legte der Kläger, der ein größeres Heizungsbauunternehmen betreibt und daneben als Dressurreiter tätig ist, ergänzend dar, der Schwerpunkt seines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes liege in der Aufzucht junger Pferde, die dann nach reiterlicher Ausbildung veräußert würden. Die jungen Tiere könnten nur dann erfolgreich verkauft werden, wenn sie diese reiterliche Ausbildung durchlaufen hätten. Hierfür sei eine derartige Reit- und Bewegungshalle, deren Größe hier unterhalb der Standardmaße liege, unumgänglich. Er besitze zur Zeit vier Zuchtstuten, drei Junghengste, zwei Fohlen und fünf Reitpferde im Alter von 4 bis 14 Jahren. Diese seien an vier unterschiedlichen Standorten untergebracht. In seinem Betrieb seien ein Rentnerehepaar und eine Angestellte mit Ausbildung für Pferdezucht und - haltung beschäftigt. Er selbst sei seit Jahren Mitglied des Pferdezuchtverbandes Baden-Württemberg, auf dessen ihn unterstützende Stellungnahmen zur Rentabilität des Betriebs er verweise.

Nach weiterem Schriftwechsel lehnte das Landratsamt den Bauantrag mit Bescheid vom 13.4.1992 mit der Begründung ab, eine Privilegierung des Betriebs des Klägers sei zu verneinen, da dieser nicht zumindest einen wesentlichen Nebenerwerb ermögliche und er nicht nachgewiesen habe, daß er zur Zahlung von Beiträgen an die landwirtschaftliche Alterskasse verpflichtet oder hiervon befreit worden sei. Als nicht privilegiertes Vorhaben sei es nicht genehmigungsfähig, da es innerhalb eines rechtsverbindlich ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes liege und damit Belange des Natur- und Landschaftsschutzes beeinträchtige sowie den gemäß § 4 Abs. 3 LBO gebotenen Waldabstand nicht einhalte.

In seinem hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, er sei bereits seit mehreren Monaten bei der landwirtschaftlichen Alterskasse versichert.

Mit Bescheid vom 12.8.1992 wies das Regierungspräsidium den Widerspruch zurück. Die Pferdehaltung sei nicht privilegiert, da der Kläger nicht über einen ausreichenden Tierbestand in der charakteristischen Zusammensetzung verfüge, der es rechtfertigen würde, von einer Pferdezucht im landwirtschaftlichen Sinne auszugehen, die entsprechend kontinuierlich angelegt sei. Ferner sei nach den Berechnungen des zuständigen Fachreferats eine Gewinnerzielung bei der vom Kläger geplanten Pferdezucht auf Dauer nicht möglich. Ferner sei das Merkmal des "Dienens" zu verneinen, da es an einem entsprechend großen Bestand an Tieren fehle, der die Erstellung einer eigenen Halle als vernünftig rechtfertige. Als nicht privilegiertes Vorhaben beeinträchtige es Belange des Natur- und Landschaftsschutzes. Daran änderten auch die in der Umgebung bereits vorhandenen baulichen Anlagen nichts. Ferner sei der Waldabstand nicht eingehalten.

Der Kläger hat am 7.9.1992 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Der Pferdebestand seines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes und die Tatsache, daß er mit ansehnlichen Preisen Pferde habe verkaufen können, sprächen eindeutig für eine Gewinnerzielungsabsicht und eine auf Dauer angelegte Führung seines Betriebes. Die Bewegungshalle diene auch seinem Betrieb, denn sie sei erforderlich, um die Jungtiere marktfähig zu machen. Der frühere Leiter des Landwirtschaftsamts habe verbindlich erklärt, daß sein Vorhaben privilegiert sei. Ihm stehe auch nicht entgegen, daß es sich im Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebiets befinde.

Das beklagte Land hat unter Hinweis auf die angegriffenen Entscheidungen Klagabweisung beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.4.1993 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Erteilung einer Baugenehmigung stehe bereits die Landschaftsschutzverordnung entgegen, so daß letztlich dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei der geplanten Baumaßnahme um ein privilegiertes Vorhaben handele oder nicht. Die vorgesehene Vergrößerung des Tierunterstandes stelle einen substantiellen Eingriff in den vorherigen natürlichen Zustand des Geländes um den bestehenden Tierunterstand dar. Die Halle solle um 15 m verlängert und unter Einbeziehung des geplanten Geräteschuppenanbaus das Grundstück damit um zusätzlich insgesamt 300 qm überbaut werden. Trotz der bereits vorgenommenen, zum Teil rechtswidrigen, Eingriffe in die Natur sei das Grundstück weiter schützenswert. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme von der Landschaftsschutzverordnung lägen nicht vor.

Gegen dieses ihm am 5.7.1993 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8.7.1993 Berufung eingelegt. Er beantragt

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. April 1993 -11 K 2639/92 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamtsvom 13.4.1992 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiumsvom 12.8.1992 aufzuheben und das beklagte Land zuverpflichten ihm die beantragte Baugenehmigung mit Ausnahme desGeräteschuppens zu erteilen.Mit seiner auf die Landschaftsschutzverordnung gestützten Begründung habe das Verwaltungsgericht eine typische Überraschungsentscheidung getroffen, denn in der mündlichen Verhandlung habe es anklingen lassen, daß der Kläger die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen als Nebenerwerbslandwirt erfülle. Er habe erhebliche Teile der Geschäftsführung in dem zur Zeit noch hauptberuflich betriebenen Unternehmen für Haus- und Klimatechnik seinem Sohn übertragen, so daß er künftig seine Arbeitskraft im zunehmenden Maße in den landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb einbringen könne. Im übrigen liege kein substantieller Eingriff in die Natur vor, denn es handele sich nur um die Vervollständigung des bereits vorhandenen Baukörpers, so daß aus ästhetischer Sicht eine Verbesserung der Gesamtsituation zu erwarten sei. Gegebenenfalls könnten auch Begründungsauflagen einen Eingriff mehr als kompensieren. Die Landschaftsschutzverordnung enthalte im übrigen nicht die erforderliche Angabe ihres Schutzzwecks.

Die beigeladene Gemeinde unterstützt die Rechtsauffassung des Klägers.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.Ein Überraschungsurteil liege schon deshalb nicht vor, weil sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst zum Entgegenstehen der Landschaftsschutzverordnung geäußert habe. Das Vorhaben müsse weiterhin als nicht privilegiert angesehen werden, es halte auch den Waldabstand nicht ein. Im übrigen könne die Landschaftsschutzverordnung auch einem privilegierten Vorhaben entgegengehalten werden. Durch das klägerische Vorhaben würde die Landschaft in ihrem geschützten Charakter nachteilig verändert. Hierzu könne nicht eingewandt werden, aus ästhetischer Sicht sei eine Verbesserung der Gesamtsituation zu erwarten. Geschützt sei nämlich nicht allein der Schutz der Ästhetik der Landschaft, sondern vor allem der Schutz vor Eingriffen in die ursprüngliche Eigenart der Landschaft. Ferner würde bei der beantragten Erweiterung erneut eine weitere Wiesen- und Weidefläche von der Tier- und Pflanzenwelt nicht genutzt werden können. Das Vorhaben sei in jedem Falle standortfremd, so daß der Verstoß auch nicht durch Auflagen oder Bedingungen abgewendet werden könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten sowie die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat den für die beantragte Halle vorgesehenen Standort und seine Umgebung in Augenschein genommen; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die ablehnenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Das Verwaltungsgericht hat keine möglicherweise bedenkliche (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1982 - 8 C 158.81 -, NVwZ 1983, 607) Überraschungsentscheidung getroffen. Der Einwand, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die Landschaftsschutzverordnung, durchzieht die gesamten Verwaltungsakten und ist in den angegriffenen Entscheidungen ausdrücklich erwähnt worden; er konnte für den Kläger somit nicht überraschend kommen. Im übrigen trägt das beklagte Land hierzu unwidersprochen vor, dieser Aspekt sei auch Teil der rechtlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gewesen.

1. Das im Außenbereich liegende Vorhaben dient keinem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.

1.1 Der landwirtschaftliche Betrieb unterscheidet sich von sonstigen Produktionsbetrieben dadurch, daß es neben der menschlichen Arbeitskraft und den Betriebsmitteln besonders auf die Nutzung des Bodens ankommt, der Boden also ein betriebswirtschaftlicher Faktor ist. Allgemeingültige Maßstäbe lassen sich wegen der Vielfalt der landwirtschaftlichen Betriebe nicht ohne weiteres festlegen. Generell wird es jedoch auf die Verkehrsüblichkeit der Betriebsform, auf den Umfang der landwirtschaftlichen Betätigung, auf die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung seiner Beständigkeit ankommen. Auch die persönliche Eignung des Betriebsinhabers und seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 21.6.1993 - 8 S 2970/92 -, RdL 1994, 7; Taegen in Berliner Kommentar zum BauGB, Rdnr. 17 zu § 35 m.w.N.). Im Hinblick auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft, der dazu führt, daß viele landwirtschaftliche Betriebe nur noch in der Form des Nebenerwerbs aufrechterhalten werden können, spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob der Betrieb dem Haupt- oder Nebenerwerb dient. Gerade bei Nebenerwerbsstellen gewinnt aber die - regelmäßig prognostische - Feststellung der Nachhaltigkeit an Bedeutung. Für sie ist die Absicht der Gewinnerzielung ein gewichtiges Indiz. Denn Nebenerwerb setzt begrifflich voraus, daß er dem Inhaber einen nachhaltigen Beitrag zur Sicherung seiner Existenz bieten soll. Dem stehen die teilweise ebenfalls zunehmenden Formen der Ausübung eines Hobbys im Außenbereich, zumal in besonders schützenswerter Landschaft, gegenüber. Hierzu gehört insbesondere die aus Liebhaberei betriebene Pferdehaltung.

Zwar ist auch die auf überwiegend eigener Futtergrundlage betriebene Pferdezucht einschließlich der reiterlichen Erstausbildung der gezüchteten Pferde der Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.4.1985 - 4 C 13.82 -, DÖV 1985, 1015 zu der im wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 146 BBauG). Dabei sind aber an die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betriebsführung besondere Anforderungen zu stellen sind (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.8.1991 - 3 S 1075/90 - BauR 1992, 208); ebenso ist sorgfältig zu prüfen, ob es sich nicht in Wahrheit um die Verfolgung einer Liebhaberei handelt. Dabei gilt: Je mehr ein Betrieb im Einzelfall vom klassischen Vorstellungsbild eines Vollerwerbsbauernhofs abweicht, desto höhere Anforderungen sind an die Gewähr der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit zu stellen und umso kritischer ist der Frage nachzugehen, ob nur der Fall eines im Außenbereich angestrebten Hobbys vorliegt. Maßgebend ist stets, daß der zu schonende Außenbereich nur einer ernsthaften in seiner Beständigkeit auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betätigung geopfert werden darf (BVerwG, Beschl. v. 13.5.1991 - 4 B 66.91 -, Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 271 m.w.N.; Urt. v. 19.4.1985 - 4 C 13.82 - BRS 44 Nr. 79).

Diese Maßstäbe stehen, entgegen der vom Beistand des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angedeuteten Auffassung, mit höherrangigem Recht im Einklang. Insbesondere ist die bei der Suche nach Indizien, die für oder gegen die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs sprechen, gebotene Differenzierung, ob ein Bauherr auf die Einkünfte aus der Landwirtschaft angewiesen ist oder ob dies nicht der Fall ist, er sich gar auch Verluste leisten kann, mit Art. 12 GG vereinbar.

Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze sprechen zahlreiche Gründe dagegen, daß es sich hier um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt.

Es liegt kein Fall vor, in dem eine Reithalle einem für sich genommen ohne Zweifel bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb angegliedert werden soll (vgl. zu einer derartigen Situation das Senatsurteil v. 25.6.1991 - 8 S 2110/90 - BauR 1992, 204 = NuR 1992, 329). Vielmehr ist die auf dem Grundstück des Klägers früher betriebene Landwirtschaft vor langem aufgegeben worden; die Pferdehaltung und -aufzucht stellt den einzigen Betriebsteil mit landwirtschaftlichem Bezug dar. Im übrigen ist der Kläger Eigentümer eines Fachunternehmens für Heizung, Lüftung und Klima; seine übrige berufliche Tätigkeit hat also nichts mit Landwirtschaft zu tun (vgl. demgegenüber etwa den beruflichen Zusammenhang zum Viehhandel im Urteil des Senats v. 21.6.1993 a.a.O.). Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß der Kläger nach seinem Vortrag plant, Teile der Geschäftsführung seinem Sohn zu übertragen.

Das vorhandene Wohngebäude enthält, wie der Augenschein des Senats ergeben hat, fünf baulich integrierte Pferdeboxen, die durch Entfernen der Trennwände zu einem Laufstall umgewandelt werden können. Eine größere Zahl von Pferden kann auf der Grundlage der baurechtlich genehmigten Situation auf dem Grundstück nicht untergebracht werden. Beim Augenschein befanden sich dort vier Pferde.

Legt man allein diese Zahl von vier bis fünf Pferden zugrunde, so scheidet die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs schon deswegen aus, weil bei dieser Größenordnung nicht ernsthaft von einem "Betrieb" gesprochen werden kann.

Bezieht man die an drei oder vier anderen Standorten untergebrachten Pferde mit ein, dann kann nach den einleuchtenden betriebswirtschaftlichen Berechnungen des Regierungspräsidiums immer noch zweifelhaft erscheinen, ob damit ein aus sich heraus rentabler landwirtschaftlicher Betrieb zu bejahen ist. Für die Einordnung als Liebhaberei spricht immerhin die, entsprechende Kosten verursachende, Beschäftigung eines Rentnerehepaares und einer Angestellten durch den Kläger. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargestellten Möglichkeiten der Veräußerung besonders erfolgreicher Reitpferde stehen dem nicht entgegen, da er, wie er selbst einräumt, auch immer damit rechnen muß, daß andere Pferde nicht einmal oder gerade nur für ihre Gestehungskosten zu veräußern sind. Im übrigen wird die aus anderen Indizien gewonnene Einordnung als Liebhaberei nicht von vornherein dadurch in Frage gestellt, daß der Inhaber unter günstigen Bedingungen auch zusätzliche Einkünfte erzielt.

Auch von der Zahl und der Art der Pferde her - vier Zuchtstuten, drei Junghengste, zwei Fohlen und fünf Reitpferde - kann kaum von einem hinreichend großen Bestand gesprochen werden, der unter betriebswirtschaftlichen Aspekten die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs nahelegt. Dabei ist dem Regierungspräsidium darin zuzustimmen, daß die dauerhaft gehaltenen Reitpferde nicht einbezogen werden können, da sie nicht der Pferdeaufzucht dienen.

Hinzu kommt hier aber entscheidend, daß die an anderer Stelle untergebrachten Pferde auch unter räumlich-organisatorischer Sicht nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Grundstück des Klägers zugeordnet werden können. Hinsichtlich dieser Pferde betreibt nicht der Kläger Pensionspferdehaltung im Sinne von § 201 BauGB sondern insoweit nimmt er landwirtschaftliche Dienstleistungen Dritter in Anspruch.

Im Ergebnis sprechen somit alle maßgeblichen Indizien für die Einordnung als Hobby und nicht als - die privilegierte Errichtung von Vorhaben im Außenbereich rechtfertigender - landwirtschaftlicher Betrieb.

1.2 Davon abgesehen fehlt es an dem in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorausgesetzten "Dienen". Hierfür genügt es nicht, daß die Erweiterung der bestehenden Halle dem Kläger die reiterliche Ausbildung von Pferden erleichtern mag. Voraussetzung ist vielmehr, daß ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs - das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 101; Urt. v. 20.1.1984 - 4 C 72.80 - BauR 1984, 386 = NVwZ 1985, 185; v. 19.6.1991 - 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78; Senatsurteil v. 25.6.1991 - 8 S 2110/90 - BRS 52 Nr. 74 = BauR 1992, 204).

Der Kläger verfügt bereits über eine Bewegungshalle für seine Pferde. Der Augenschein des Senats hat deutlich ergeben, daß das bereits errichtete und nun zu erweiternde Bauwerk nicht als bloßer Tierunterstand benutzt wird und von seiner Größe und Bauausführung her wie eine Reit- und Bewegungshalle wirkt. Das bestreitet der Kläger letztlich auch nicht. Er hält dem vielmehr nur entgegen, die Halle sei für eine optimale reiterliche Erstausbildung für hochqualifizierte Reitpferde zu klein, da der Radius zu eng sei und dies sich für die Gelenke der Pferde ungünstig auswirke. Auf den Einwand, unmittelbar daneben stehe ihm hinreichend Fläche im Freien zur Verfügung, verweist er auf die Zeiten schlechter Witterung insbesondere auf der

Dem Senat ist bekannt, daß ein Pensionspferdebetrieb oder ein Pferdezuchtbetrieb darauf angewiesen ist, den Pferden eine witterungsunabhängige Bewegungsmöglichkeit zu schaffen und hat dies auch seinem einer entsprechenden Klage stattgebenden Urteil vom 25.6.1991 (a.a.O.) zugrundegelegt. Dabei müssen aber vernünftige Größenordnungen gewahrt bleiben. Hier geht es nur um relativ wenige Pferde. Ihre Bewegung an der Longe ist bereits mit der bestehenden Halle unbedenklich möglich. Auch das Reiten der Pferde ist nicht ausgeschlossen, wenngleich die Fläche nicht den optimalen Radius erlaubt. Ein vernünftiger Landwirt (unterstellt, der Kläger fiele unter den Begriff des Landwirts) würde auch unter Berücksichtigung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs keine größere Halle als die bereits vorhandene - allerdings als Unterstand genehmigte - errichten.

Darüberhinaus fällt es schwer, die weitere Voraussetzung zu bejahen, wonach die Erweiterung durch die Zuordnung zum Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird. Denn dem vorhandenen Wohngebäude ist eine landwirtschaftliche Nutzung äußerlich kaum anzusehen; im Verhältnis dazu wirkt bereits die vorhandene Halle, die beispielsweise von der Straße her das Erscheinungsbild einer Lagerhalle bietet, wie ein Fremdkörper in der Landschaft. Dieses Mißverhältnis würde nach der angestrebten Erweiterung noch mehr auffallen.

Geht man überdies davon aus, daß ohnehin nur vier bis fünf Pferde an diesem Standort gehalten werden und die übrigen Tiere erst zu der umstrittenen Halle gefahren werden müssen und es für die Frage nach der Berechtigung eines derartigen Bauwerks im Außenbereich nur auf die Zahl der an diesem Standort lebenden Tiere ankommt, dann steht das zur Genehmigung gestellte Vorhaben erst Recht hierzu völlig außer Verhältnis.

Dagegen ist die Wahl des konkreten Standorts keine Frage des "Dienens"; einem privilegierten Vorhaben können aber wegen seines Standorts öffentliche Belange entgegenstehen (BVerwG, Urt. v. 19.6.1991 - 4 C 11.89 - BRS 52 Nr. 78). Dies ist hier der Fall.

2. Dem Vorhaben stehen, auch wenn es entgegen der Auffassung des Senats als privilegiert anzusehen sein sollte, Belange des Natur- oder Landschaftsschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft entgegen. Erst recht gilt dies, wenn man von einem nicht privilegierten Vorhaben ausgeht.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die hier maßgebliche Landschaftsschutzverordnung des Landratsamts vom 4.11.1968 seinerzeit wirksam zustandegekommen ist (dem Senat standen die Verfahrensakten trotz der telefonisch an das Landratsamt gerichteten Bitte, diese im Termin vorzulegen, nicht zur Verfügung). Denn die entsprechenden Belange können einem Vorhaben auch dann entgegenstehen, wenn das Gebiet nicht förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellt wurde (Senatsurteil v. 25.6.1991 a.a.O. m.w.N.).

Insoweit ist allerdings im Hinblick auf die Rüge des Klägers, es fehle der Verordnung an einer Bestimmung über den Schutzzweck, klarzustellen, daß sich dies unschwer damit erklären läßt, daß die Verordnung aus der Zeit vor Erlaß des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg stammt. Zu derartigen Konstellationen hat der 1. Senat des erkennenden Gerichtshofs in seinem Normenkontrollurteil vom 10.10.1980 - 1 S 176/80 - (VBlBW 1981, 43) gerade in Bezug auf die hier maßgebliche Verordnung des Landratsamts vom 4.11.1968 entschieden, daß auf Grund des Reichsnaturschutzgesetzes erlassene Landschaftsschutzverordnungen, die den Schutzzweck nicht ausdrücklich bestimmen, im Hinblick auf § 22 Abs. 1 NatschG nicht gemäß § 70 Abs. 3 NatschG außer Kraft getreten sind.

Die natürliche Eigenart der Landschaft oder eine Verunstaltung des Landschaftsbildes können ein privilegiertes Vorhaben regelmäßig nur dann verhindern, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit oder ihrer Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt (vgl. Senatsurteil v. 25.6.1991 a.a.O.; Urt. des 5. Senats v. 9.12.1983 - 5 S 1599/83 -). Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Vorhaben als besonderer Fremdkörper in Erscheinung tritt, es also einen negativen, d.h. verletzenden, Einfluß auf den gesamten Landstrich hat. Davon ist nach dem Ergebnis des Augenscheins auszugehen. Es handelt sich um eine besonders reizvolle Landschaft, die durch den nahen Wald, den Bach und ein kleines Tal geprägt wird. Das nahe an der Straße stehende Wohnhaus des Klägers ist insoweit ohne prägenden Einfluß. Auch die bereits bestehende im übrigen nicht als solche genehmigte Reithalle hat die verbliebene Landschaft noch nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen, daß diese nicht mehr schutzwürdig wäre. Vielmehr würde die jetzt zur Genehmigung gestellte Erweiterung der 20 m langen Halle um weitere 15 m die Landschaft noch einmal erheblich zusätzlich beeinträchtigen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch deutlich von demjenigen, der dem Senatsurteil vom 25.6.1991 (a.a.O.) zugrundelag, in dem eine maßgebliche Prägung durch mehrere Baulichkeiten des landwirtschaftlichen Hofs und eines Sägebetriebs festzustellen war.

Die Überlegung des Klägers, nach Erweiterung der Halle würde ein unter ästhetischen Gesichtspunkten besserer Zustand entstehen, ist nicht nachzuvollziehen. Es bleibt ihm unbenommen den gegenwärtigen Zustand durch entsprechende Begrünung noch zu verbessern.

3. Davon abgesehen hält - worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich hingewiesen hat - das Vorhaben den Waldabstand gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 LBO nicht ein. Ausnahmen hiervon können regelmäßig nur dann gestattet werden, wenn eine atypische Gefahrensituation gegeben ist. Eine solche liegt hier nicht vor. Sie könnte sich entweder aus der Topographie ergeben, etwa wenn das Baugrundstück höher läge als der Wald, oder wenn die vom Wald durch Baumsturz ausgehenden Gefahren sich nicht bis zum jeweiligen Bauvorhaben auswirken könnten, weil die dort wachsenden Bäume standortbedingt keine entsprechende Größe erreichen (vgl. hierzu das Urteil des Senats v. 8.10.1993 - 8 S 1578/93 -). Dagegen können grundsätzlich weder Haftungsausschlüsse noch besondere bauliche Vorkehrungen - etwa bei der Errichtung des Dachs - eine Ausnahme rechtfertigen. Auch die Nutzung als Reithalle führt zu keinem anderen Ergebnis, denn auch in ihr sollen sich Menschen aufhalten. Was für einen reinen Pferdeunterstand zu gelten hätte, bedarf hier keiner Entscheidung.