OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.02.2009 - 22 U 240/05
Fundstelle
openJur 2014, 18258
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufungen der Klägerin und des Streithelfers A wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 27.10.2005 aufgehoben.

Bezüglich des Beklagten zu 5) wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Wegen der „Flachdachschäden S 2“ (Klageschrift vom 02.09.2002, S. 13, 62.558,71 DM entsprechend 31.985,76 €) wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Klageanspruch gegen die Beklagten zu 1) – 3) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Rechtsstreit wird zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 5) zu tragen. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist für den Beklagten zu 5) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch wegen Baumängeln an dem in ihrem Eigentum stehenden Altenpflegeheim „B“ in O1 in Anspruch, das in den Jahren 1998 bis 2000 durch Um- und Anbau saniert und erweitert wurde. Ihr Streithelfer und Berufungskläger A führte die Bodenbelagsarbeiten im Objekt aus, wobei er die inzwischen insolvente Streithelferin C GmbH & Co KG als Subunternehmerin für die Erstellung des Estrichs einsetzte.

Die Beklagte zu 1), die Architektenpartnerschaft GbR, war aufgrund Architektenvertrags vom 13.10.1998 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 02.09.2002, Bl. 15 ff d.A.) mit der Bauplanung, der Bauleitung sowie der Objektüberwachung und –betreuung (Leistungsphasen 1-9 nach § 15 HOAI) betraut. Die Beklagten zu 2), 3) und 4) waren die Gesellschafter der Architektengemeinschaft. Der Beklagte zu 3) ist am 27.02.2007 verstorben. Über das Vermögen des Beklagten zu 4) ist am 01.07.2006 das Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht Darmstadt eröffnet worden. Das Verfahren gegen ihn wurde daher mit gleichzeitig verkündetem Beschluss abgetrennt. Der Beklagte zu 5) war als angestellter Architekt für die Architektengemeinschaft tätig und als örtlicher Bauleiter im Bauvorhaben eingesetzt. Generalunternehmerin für mehrere Gewerke (nicht für die Bodenbelagsarbeiten) war die Streithelferin der Beklagten, die D GmbH & Co KG, die die Dachbegrünungsarbeiten durch die Firma F als Subunternehmerin ausführen ließ.

In verschiedenen Bereichen des 1. Bauabschnitts des Baus kam es zu Blasen- und Beulenbildung in den Bodenbelägen, wobei die Schäden im Erdgeschoss, insbesondere im Speisesaal, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Betroffen sind im ersten Obergeschoss mehrere Räume, die unter einem Flachdach liegen. Wassereintritt erfolgte auch durch eine Fluchttür im dritten Obergeschoss sowie durch offene Fenster und Türen in Zimmern mit Loggien im ersten und zweiten Obergeschoss, wobei Umfang und Intensität der Wassereintritte streitig sind. Weiterhin sind im Bereich der Baubewegungsfuge und in anderen Bereichen Bodenbelagsschäden festzustellen.

Die Klägerin beantragte im November 2000 die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht Mannheim, das dort unter dem Aktenzeichen 5 OH 15/00 durchgeführt wurde. Auf die beigezogenen Akten 5 OH 15/00, insbesondere auf die im Rahmen dieses Verfahrens eingeholten Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 17. Januar 2001 (einschließlich Vorabinformationen und Zwischenberichte) und des vom Sachverständigen beauftragten E wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Blasen- und Beulenbildung sei auf in den Bau eingedrungenes Wasser zurückzuführen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hätten ihre Pflichten durch mangelhafte Bauüberwachung und mangelhafte Überwachung der ausführenden Firmen verletzt. Insbesondere seien Feuchtigkeitsmessungen vor Aufbringung des Oberbelags durch den Streithelfer A nicht ausreichend durchgeführt und durch die Beklagten nicht kontrolliert worden. Die Beklagten haben ihre Verantwortlichkeit insbesondere unter Hinweis auf von ihnen nicht festzustellendes Fehlverhalten des Streithelfers A bestritten.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, insbesondere auch zur Schadenshöhe, bei deren Ermittlung unstreitige Honoraransprüche der Beklagten seitens der Klägerin verrechnet wurden, wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und wegen des Ergebnisses der erstinstanzlich durch Vernehmung von Zeugen, durch Anhörung des Sachverständigen SV1 sowie durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen SV2 durchgeführten Beweisaufnahme wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze, die Sitzungsniederschriften sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Schadensursächlichkeit des Eindringens von Regenwasser sei nicht nachgewiesen. Die Feuchtigkeitsmessungen des Streithelfers A vor Einbringung der Bodenoberbeläge seien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fachgerecht durchgeführt worden. Eine Kontrollpflicht der Beklagten diesbezüglich habe nicht bestanden. Es sei durchaus möglich, dass zu hohe Restfeuchte des Estrichs schadensursächlich gewesen sei, so dass nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass von außen eindringendes Regenwasser die Schäden verursacht habe.

Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob Regenwasser aufgrund mangelnder Objektüberwachung durch die Beklagten in den Bau eingedrungen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen das der Klägerin und dem Streithelfer A am 07.12.2005 zugestellte Urteil haben der Streithelfer A am 22.12.2005 und die Klägerin am 04.01.2006 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung der Klägerin ging am 24.01.2006, diejenige des Streithelfers A am 30.01.2006 bei Gericht ein.

Die Klägerin rügt zweitinstanzlich, das Landgericht habe nicht beachtet, dass bereits eine Mitursächlichkeit der Pflichtverletzungen der Beklagten für deren Haftung ausreiche. Es stehe fest, dass während der Estrich- und Bodenbelagsarbeiten Feuchtigkeit von außen eingedrungen sei. Die Beklagten seien sowohl für die nicht bzw. spät abgedichtete Bauteilfuge wie auch für die zu niedrige Schwelle vor der Fluchttür im dritten Obergeschoss und den Wassereintritt über Fenster und Loggien verantwortlich. Der Beklagte zu 5), dessen Haftung sich aus deliktsrechtlichen Vorschriften ergebe, hätte mehr und aussagekräftigere Messprotokolle vom Streithelfer A anfordern müssen.

Der Streithelfer A behauptet, im 2. Bauabschnitt (Haus A) seien bei gleicher Ausführung der Bodenbelagsarbeiten keinerlei Schäden entstanden. Er vertritt die Ansicht, daraus ergebe sich, dass er ordnungsgemäß gearbeitet habe und dass die Feuchtigkeitsschäden im 1. Bauabschnitt (Haus B), die – insoweit unstreitig - 859,55 qm und damit rund 55 % der Flächen betreffen, auf Feuchtigkeitseinwirkungen von außen zurückzuführen sein müssten. Er behauptet weiter, der Zeuge A habe die Feuchtigkeitsmessungen derart durchgeführt, dass er die Proben vier bis fünf Mal mit zeitlichen Abständen geschüttelt habe. Die Klageabweisung gegen den Beklagten zu 5) greift der Streithelfer A ausdrücklich nicht an.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 27.10.2005 aufzuheben und die Beklagten zu 1) - 5) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 167.964,76 € zuzüglich 8 %-Punkte Zinsen über dem Basiszins ab 18.09.2002 aus 159,332,19 € und aus weiteren 8.632,57 € ab 09.12.2004 zu bezahlen.

Der Streithelfer A schließt sich dem Antrag der Klägerin mit der Maßgabe an, dass die Verurteilung des Beklagten zu 5) nicht begehrt wird.

Die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) und die Streithelferin D GmbH & Co KG beantragen,

die Berufung zurückzuweisen;

Die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) beantragen hilfsweise:

Zurückverweisung an die erste Instanz.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie tragen vor, die Ursachen der Blasenbildung in den Bodenbelägen seien nicht bewiesen; mangelhafte Verlegereife des Estrichs sei weder bewiesen noch widerlegt. Die Wassereintritte von außen seien nur geringen Umfangs und lokal begrenzt gewesen. Für den Wassereintritt durch das Flachdach seien die Beklagten nicht verantwortlich, weil das Flachdach bereits fertig abgedichtet und durch Flutung geprüft gewesen sei, bevor die Dachbegrünungsmaßnahmen und die Gerüsterstellung begannen. Gegen eindringende Feuchtigkeit habe der Streithelfer A seine noch nicht abgenommenen Werke selbst schützen müssen. Die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen SV1 seien nicht überzeugend.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte 5 OH 15/00 des Landgerichts Mannheim war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässigen Berufungen der Klägerin und des Streithelfers A sind teilweise begründet und führen zum Erlass eines Teil- und Grundurteils sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht zur Durchführung des Betragsverfahrens.

Da der Architektenvertrag vor dem 01.01.2002 geschlossen und die hier in Rede stehenden Baumaßnahmen vor diesem Zeitpunkt durchgeführt wurden, ist der Rechtsstreit auf der Grundlage der Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung zu entscheiden (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

24Unbegründet ist die Berufung der Klägerin, soweit sie eine Mithaftung des Beklagten zu 5) erreichen will. Vertragliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 5) bestehen nicht, da dieser als angestellter Architekt nicht Vertragspartei des zwischen der Architektenpartnerschaft und der Klägerin geschlossenen Architektenvertrags geworden ist. In Betracht kommen daher nur Ansprüche aus § 823 I BGB wegen Eigentumsverletzung. Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass vertragliche und deliktische Ansprüche nebeneinander bestehen (vgl. hierzu Palandt-Sprau, 68. Auflage, Vor § 823 Rdn. 4 ff m.w.N.); jedoch ist bei der Konkurrenz von werkvertraglicher Sachmängelhaftung aus Architekten- und Bauverträgen mit deliktischen Ansprüchen zu beachten, dass es nicht Aufgabe des Deliktsrechts ist, die Erwartung des Bestellers, hier der Klägerin, zu schützen, dass der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt wird und deshalb der mit den Sanierungsmaßnahmen bezweckte Erfolg eintritt (vgl. BGH BauR 2005, 705, 708). Ansprüche aus unerlaubter Handlung können daher nur dann neben den vertraglichen Sachmängel- und Schadensersatzansprüchen stehen, wenn eine fehlerhafte Planungs- oder Überwachungsleistung zu einem Eingriff in eine bereits vorhandene und vorher unversehrte Sache des Eigentümers führt und der Schaden über den Mangelunwert der mangelhaften Leistung hinausgeht (vgl. BGH a.a.O., Werner-Pastor, 12. Auflage, Rdn. 1839-1842). Vorrangige vertragliche Regelungen sollen nicht ausgehöhlt werden (vgl. Werner-Pastor, Rdn. 1841). Muss der Architekt oder Werkunternehmer nach dem erteilten Bau- oder Architektenauftrag in die Bausubstanz eingreifen, ist eine damit zusammenhängende Schädigung der Bausubstanz in der Regel keine selbständige Eigentumsverletzung. Dies gilt auch dann, wenn durch die mangelhafte Architektenleistung ein Schaden an Bauteilen entsteht, die zwar nicht erneuert werden, jedoch derart in die Sanierungsaufgabe integriert sind, dass ohne diese Einbeziehung der vertraglich geschuldete Erfolg nicht erzielt werden kann (BGH a.a.O.). So liegt der Fall hier, wo durch Umgestaltung und Anbau insgesamt ein heutigen Anforderungen entsprechendes Bauwerk erstellt wurde. Betroffen ist hier das Interesse der Klägerin als Bauherrin an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung. In einem derartigen Fall ist eine deliktische Haftung neben der vertraglichen nicht gegeben.

25Die Beklagten zu 1) – 3) haften der Klägerin aufgrund der Verletzung vertraglicher Pflichten aus § 635 BGB a.F., da sie der Klägerin eine mangelfreie Architektenwerkleistung schuldeten, die sie nicht erbracht haben. Die Beklagten zu 1) bis 3) hatten mit Planung, Bauleitung und Objektüberwachung (Leistungsphasen 1 – 9 nach § 15 HOAI) die sog. Vollarchitektur übernommen, so dass sie sowohl für Fehler bei der Planung als auch für solche bei der Bauleitung und –überwachung verantwortlich sind, wobei sie für ihren Erfüllungsgehilfen, den Beklagten zu 5), nach § 278 BGB einzustehen haben. Ob auch der Streithelfer A und/oder andere Bauhandwerker der Klägerin aufgrund eigener Pflichtverletzungen zum Ersatz der entstandenen Schäden verpflichtet sind, ist für die Haftung der Beklagten zu 1) – 3) unerheblich. Sie haften – selbst wenn sie nur einen geringen Verursachungsbeitrag geleistet hätten - neben den Bauhandwerkern gesamtschuldnerisch, auch wenn der oder die Bauhandwerker noch zur Nachbesserung ihrer mangelhaften Leistungen berechtigt sein sollten (vgl. BGH VII ZR 1/00 vom 07.03.2002, zitiert nach juris, Rdn. 50). Wie hoch die Haftungsanteile der Beklagten zu 1) – 3) im Verhältnis zu denjenigen der ebenfalls haftenden Bauhandwerker sind, ist im hier zu entscheidenden Rechtsstreit unerheblich. Die Frage der quotenmäßigen Beteiligung stellt sich erst dann, wenn in einem weiteren Verfahren der Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern nach § 426 BGB zu klären ist. Der Klägerin steht es gemäß § 421 BGB frei, jeden der Gesamtschuldner solange auf den vollen Betrag in Anspruch zu nehmen, bis sie vollständig befriedigt ist.

Der die Bauaufsicht führende Architekt hat dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird (vgl. OLG Stuttgart 5 U 22/08 vom 21.04.2008, zitiert nach juris, Rdn. 22). Dass das Bauwerk Mängel hatte, ist zwischen den Parteien unstreitig: an mehreren Stellen hatten sich Blasen und Beulen im Bodenbelag gebildet, die durch Feuchtigkeitseinwirkungen, deren Umfang im einzelnen streitig ist, entstanden waren.

So war durch die Fluchttür im 3. Obergeschoss Wasser eingedrungen, was damit zusammenhing, dass ein Abfluss auf dem davor befindlichen Flachdach, das zum Altbaubereich gehörte, verstopft war und sich deshalb eine größere Menge Regenwasser dort angesammelt hatte, die über die niedrige Schwelle in den Bau eindringen konnte. Weiterhin waren an dem auf den 02.06.2000 folgenden Wochenende Fenster nicht geschlossen, so dass Regen eindringen konnte. Die Bautrennfuge war über mehrere Monate im Winter 1999/2000 unverschlossen, so dass dort Niederschläge eindringen konnten. Die Fuge wurde im März 2000 geschlossen. Ein begrünter Flachdachbereich wies Leckagen auf. Insgesamt war im Estrich nach den Ausführungen des vom Sachverständigen SV1 hinzugezogenen E (Stellungnahme Nr. … – … vom 29.06.2001 im Rahmen des Gutachtens vom 17.01.2002) erhöhte Feuchtigkeit vorhanden.

Über die Verantwortlichkeit für die Entstehung der unstreitig vorhandenen Feuchtigkeit und der daraus folgenden Schäden an den Bodenbelägen streiten die Parteien. Bei dieser Sachlage kann dem Besteller, hier der Klägerin, der Nachweis einer für die Entstehung des Schadens ursächlichen Pflichtverletzung des Architekten durch einen Anscheinsbeweis erleichtert sein, wenn der typische Geschehensablauf dafür spricht, dass die Überwachung des Architekten bei den Bauarbeiten mangelhaft war (vgl. BGH VII ZR 81/00 vom 16.05.2002, zitiert nach juris, Rdn. 11).

Ein solcher Anscheinsbeweis ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die entstandenen Schäden, außer im Hinblick auf denjenigen, der durch Undichtigkeit des begrünten Flachdachs entstanden ist, anzunehmen: Den Beklagten war bekannt, dass Wasser in den Bau eingedrungen war, auch wenn der Umfang des Wassereintritts im einzelnen streitig ist. Sie hatten auf jeden Fall Anlass, den Bereich um die erst relativ kurz vor Beginn der Bodenbelagsarbeiten geschlossene Bautrennfuge besonders sorgfältig zu überwachen. Dort wurden noch während des selbständigen Beweisverfahrens nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 11.04.2003 (dort S. 6, Bl. 121 d.A.) Bohrungen im Sockelbereich der Wand vorgenommen, um der Wand auf diese Weise Feuchtigkeit zu entziehen. Zudem war der zeitliche Abstand zwischen der Fertigstellung des Estrichs und der Aufbringung der Bodenbeläge knapp gewählt. Zwar kann nach den Ausführungen des Sachverständigen SV1 (S. 6 des Sitzungsprotokolls des Landgerichts vom 14.01.2004, Bl. 255 d.A.) ein Estrich nach vier Wochen verlegereif sein; jedoch ist dies nicht zwingend, sondern hängt stark von den konkreten Bedingungen vor Ort ab, die vorliegend nicht günstig waren. Auch der von den Beklagten beauftragte Sachverständige Prof. Dr. SV3 hat, wie die Beklagten im Schriftsatz vom 17.12.2002 (dort S. 33, Bl. 78 d.A.) vortragen, Zweifel an der Verlegereife des Estrichs geäußert und eine längere Wartezeit zwischen Estrichverlegung und Aufbringung des Bodenbelags für notwendig erachtet. Ungeachtet der Frage, ob der Streithelfer A ausreichend und in der richtigen Art und Weise die Feuchtigkeitsmessungen vor Einbringen des Bodenbelags durchgeführt hat (vgl. hierzu die Ausführungen des Sachverständigen SV2 in seinem Gutachten vom 24.08.2004 und bei der mündlichen Erläuterung im Sitzungstermin des Landgerichts vom 25.08.2005, insbesondere S. 3 f. des Protokolls, Bl. 584 f. d.A.), ist nach den Regeln des Anscheinsbeweis davon auszugehen, dass die Überwachung der Bauhandwerker durch die Architekten bei der Einbringung der Bodenbeläge mangelhaft war. Es ist ein typischer Geschehensablauf, dass eingedrungene Feuchtigkeit und wegen ungenügender Austrocknungsbedingungen gegebene Restfeuchte zu Schäden am Bodenbelag führen. Die Beklagten hätten bei der gegebenen Konstellation, in welcher eingedrungenes Wasser und knappe Wartezeit zusammenkamen, Anlass gehabt, den Streithelfer bei der Feststellung der Verlegereife intensiver zu überwachen. Zwar mussten die Beklagten nicht die korrekte Ausführung der Messungen (Dauer und Anzahl der Schüttelvorgänge) des Streithelfers als Fachhandwerker überprüfen, da sie sich insoweit auf dessen Fachkunde verlassen konnten; jedoch hätten sie sich zumindest aussagefähige Messprotokolle vorlegen lassen müssen, um zu prüfen, ob die Proben in ausreichendem Maße und an den kritischsten Stellen entnommen worden waren. Die vom Streithelfer gefertigten Messprotokolle (Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.12.2002, Anlagenband) sind nicht aussagekräftig. Sie nicht beanstandet zu haben, wird von den Beklagten selbst als Nachlässigkeit eingeräumt (Schriftsatz vom 30.03.2003, dort S. 7, Bl. 151 d.A.). Zudem hätten die Beklagten Vorkehrungen gegen den Wassereintritt durch die Fluchttür treffen können und müssen, wie es im nachhinein geschehen ist.

Sie hätten im Rahmen der ihnen obliegenden Objektüberwachung auch dafür sorgen müssen, dass entweder immer jemand ansprechbar war, der Fenster mit einem Spezialschlüssel schließen konnte, die Fachhandwerker mit entsprechenden Spezialschlüsseln ausgestattet wurden oder bei Arbeitsende jemand kontrollierte, ob Fenster und Türen verschlossen waren.

Spricht mithin bei den unstreitig gegebenen Schäden am Bodenbelag und am Estrich der Anschein dafür, dass sie zumindest auch durch Pflichtverletzungen der Beklagten verursacht wurden, ist es für den hier vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, dass die Beklagten Pflichtverletzungen des Streithelfers A behaupten. Solche möglicherweise gegebenen Pflichtverletzungen des Bodenlegers hindern die Verantwortlichkeit der Beklagten als Architekten nicht.

Den Beklagten ist es nicht gelungen, diesen gegen sie sprechenden Anschein zu erschüttern. Wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich wurde, gehen die Beklagten selbst von ungeklärten Ursachenzusammenhängen aus. Sie hätten jedoch die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs beweisen müssen. Dazu reicht es nicht aus, dass sie die Feststellungen des Sachverständigen SV1 in etlichen Punkten angreifen. Vielmehr hätten sie einen anderen, nicht in ihren Verantwortungsbereich fallenden Ursachenzusammenhang darlegen müssen. Dies haben sie nicht getan. Auch der von ihnen beauftragte Privatgutachter Prof. Dr. SV3 kommt in seinem Gutachten vom 15.12.2002 (Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.12.2002, Anlagenband) zu dem Ergebnis, dass die Ursache der Schadensbilder aus technisch-wissenschaftlicher Sicht nicht geklärt ist (vgl. S. 20 des Gutachtens). Die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ist damit nicht bewiesen.

Anders ist die Rechtslage nur hinsichtlich der durch die Leckagen im begrünten Flachdach verursachten Schäden zu beurteilen. Hier ist ein Anscheinsbeweis nicht gegeben, da es insoweit an einem typischen Geschehensablauf fehlt. Wie aus der Aktennotiz vom 16.08.2001 (Anlage S 2 zum Schriftsatz D GmbH & Co KG vom 29.01.2003, Bl. 103 d.A.) hervorgeht, ist die Leckage durch eine Beschädigung der Dachhaut verursacht worden, nachdem das im März 2001 mangelfrei abgenommene Flachdach zuvor bereits über mehrere Monate hinweg dicht gewesen war. Diese Beschädigung kann durch die Gartenbaufirma, die Gerüstfirma oder Dritte fahrlässig oder sogar vorsätzlich verursacht worden sein. Dass derartige nachträgliche Beschädigungen typischerweise durch mangelhafte Überwachung der Architekten verursacht werden, kann nicht angenommen werden.

Da es sich sowohl bei der Frage der Haftung des Beklagten zu 5) als auch bei derjenigen der Schadensverursachung durch Leckagen des Flachdachs um individualisierbare und selbständige Teile des Streitgegenstands handelt, konnte insoweit durch Teilurteil entschieden werden. Die Abgrenzung war anhand der Schadensaufstellung in der Klageschrift vorzunehmen (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, 27. Auflage, § 301 Rdn. 4). Im übrigen war durch Grundurteil die Haftung der Beklagten zu 1) – 3) festzustellen. Wie hoch der durch die Pflichtverletzungen der Beklagten entstandene Schaden ist, ist in zahlreichen Punkten (Belegung des Altenheims, Tempo der Sanierung, Einbau von Provisorien etc.) streitig und muss durch eine umfangreiche Beweisaufnahme geklärt werden. Der Senat hält es für sachdienlich im Sinne des § 538 II ZPO, diese Beweisaufnahme vor dem Landgericht durchführen zu lassen. Das Interesse an endgültiger Erledigung in einer einheitlichen zweiten Instanz überwiegt den Verlust einer Tatsacheninstanz nicht. Der Senat entspricht daher dem Hilfsantrag der Beklagten auf Zurückverweisung.

Die Kostenentscheidung folgt wegen der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 5) aus § 91 I ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen dieser Kosten beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Im Übrigen sind Nebenentscheidungen derzeit nicht veranlasst, sondern dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.