I. Unter Änderung von Nr. 1 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Dezember 2008 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nrn. 2 und 3 des Widerspruchsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 18. August 2008 angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Änderung von Nr. 3 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 15. Dezember 2008 wird der Streitwert für jeden Rechtszug auf 2 576,73 Euro festgesetzt.
I.
Durch Allgemeinverfügung vom 27. Mai 2008 ordnete die zuständige Kreisverwaltungsbehörde des Antragsgegners unter anderem an, dass Halter von Rindern, Schafen oder Ziegen in der Zeit vom 1. Juni 2008 bis 31. August 2008 ihre Tiere von einem Tierarzt gegen die Blauzungenkrankheit impfen lassen müssen. Die Impfpflicht bestehe für alle Rinder, Schafe und Ziegen, die am 1. Juni 2008 älter als drei Monate seien. Unter Vorbehalt des Widerrufs seien von der Impfpflicht ausgenommen Rinder, die im Stalle zu Mastzwecken gehalten würden, Rinder, Schafe und Ziegen, die innerhalb der nächsten vier Wochen nach der Bestandsimpfung geschlachtet würden, sowie Besamungs- oder Prüfbullen. Dies gelte nicht für Deckbullen im Herdeneinsatz.
Entsprechend der auch im Amtsblatt veröffentlichten Rechtsbehelfsbelehrung der Allgemeinverfügung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Juni 2008 Widerspruch ein, den die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2008 als sachlich unbegründet zurückwies, dem Antragsteller die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegte, eine Gebühr von 150,-- Euro festsetzte sowie 3,45 Euro an Auslagen erhob.
Gegen die Allgemeinverfügung und den Widerspruchsbescheid erhob der Antragsteller Klage und begehrt sinngemäß deren Aufhebung.
Am 31. Oktober 2008 beantragte er beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragte, den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 lehnte das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag ab. Nach summarischer Prüfung habe die erhobene Klage voraussichtlich keinen Erfolg. Gegen die Gültigkeit der der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung zugrunde liegenden Rechtsverordnungen bestünden weder in formeller noch materieller Hinsicht Bedenken. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers, im Hinblick auf den jeweiligen Lebensbereich zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen könnten. Von den anzuwendenden Impfstoffen gingen keine außerordentlich beschwerenden Nebenwirkungen aus. Die Gefahr von Impfschäden könne nicht ausgeschlossen werden.
Hiergegen erhob der Antragsteller Beschwerde und führte unter anderem aus, das Verwaltungsgericht überlasse es der behördlichen Beurteilung, ob es sich um eine übertragbare Krankheit handle und welcher Erreger für diese verantwortlich sei. Das PCR-Verfahren sei eine Vermehrungs- nicht aber eine Nachweismethode. Es fehle der wissenschaftliche und der empirische Beweis für eine Wirksamkeit der Impfstoffe. Deren Zusatzstoffe seien schädlich und kontaminierten seine Tiere.
Der Antragsteller beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Beschlusses die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Allgemeinverfügung anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auch Behörden könnten Tatsachen feststellen. Das Friedrich-Loeffler-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut, beide selbständige Bundesoberbehörden, bestätigten die Existenz der Blauzungenkrankheit als Tierseuche und deren Übertragung durch Insekten. Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR), ein chemisches Verfahren, weise das Virus nach, das die Blauzungenkrankheit auslöse. Nach einer auch im Internet veröffentlichten Meldung des Friedrich-Loeffler-Institutes Ende Januar 2009 sei die Blauzungenkrankheit im Jahre 2008 vornehmlich bei nicht oder nicht vollständig durch Impfung geschützten Tieren aufgetreten. Die Bedenken des Antragstellers gegen die den Impfstoffen zur Konservierung und Wirkungsverstärkung zugesetzten Stoffe seien nicht erwiesen. Die Fortsetzung der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit sei vorgesehen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 146, 147 VwGO) hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht einiges dafür, dass die rechtzeitig erhobene Klage (§ 58 Abs. 2 VwGO), der keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 TierSG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), gegen Nrn. 2 und 3 des Widerspruchsbescheides der Regierung von Mittelfranken vom 18. August 2008 Erfolg haben wird, weil der Widerspruchsbescheid insoweit rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit er ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt und Gebühren und Auslagen festsetzt. Denn ein Widerspruchsverfahren war entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung fakultativ nicht statthaft, weil Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 AGVwGO ein solches Vorverfahren nur im Bereich des Landwirtschaftsrechtes, nicht jedoch im Bereich des Tierseuchenrechtes nach § 68 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative VwGO bestehen lässt (vgl. die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der VwGO vom 22.6.2007 GVBl S. 390, LT-Drs. 15/7252 S. 10/11, sowie Vollzugsbekanntmachung zu Art. 15 AGVwGO vom 13.8.2007 AllMBl 2007, 425/426 und 429 – Nrn. 2.3 und 3.1). Deswegen erfolgte die Zurückweisung des Widerspruchs zu Recht. Der Antragsteller kann jedoch nicht mit den Kosten des Vorverfahrens belastet werden, weil ihm durch die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung der Allgemeinverfügung ein nicht statthaftes Widerspruchsverfahren aufgezwungen worden war. Da der Antragsteller im Klageverfahren sowohl Ausgangsverfügung wie Widerspruchsbescheid angefochten und im Eilverfahren uneingeschränkt die aufschiebende Wirkung der Klage beantragt hat (vgl. Antragsschriftsatz vom 30.10.2008 sowie Klage vom 16.9.2008), war insoweit seinem Begehren im Wege einer originären Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren zu entsprechen (s. BVerwG vom 29.8.1986 DVBl 1987, 238; BayVGH vom 22.8.1989 BayVBl 1990, 312; vom 12.1.1990 BayVBl 1990, 370 m. Anm. Jäde BayVBl 1990, 696; Kopp, VwGO, 14. Aufl., § 113 RdNr. 15, § 79 RdNr. 1).
Im Übrigen bleibt die Beschwerde des Antragstellers in der Sache ohne Erfolg.
Eine Verletzung von subjektiven Rechten des Antragstellers ist weder durch die Allgemeinverfügung vom 27. Mai 2008 der nach Art. 1 des Gesetzes über den Vollzug des Tierseuchenrechts zuständigen Behörde noch durch Nr. 1 des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2008 in diesem summarischen Verfahren ersichtlich. Der Tierbestand des Antragstellers unterliegt, soweit er Rinder, Schafe und Ziegen umfasst, der Pflicht, diese gegen die Blauzungenkrankheit impfen zu lassen. Zu diesem Ergebnis ist das Verwaltungsgericht unter Darlegung der einschlägigen Rechtsgrundlagen rechtsfehlerfrei gelangt. Es hat betont, die streitgegenständliche Allgemeinverfügung konkretisiere die gesetzlich gemäß § 4 Abs. 1 a der Verordnung zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über Maßnahmen zur Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit – EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungsverordnung – vom 31. August 2006 (i.d.F. d. Bekm. vom 24.9.2008) geregelte Impfpflicht, bestimme Zeitpunkt und Einzelheiten der Impfung sowie Ausnahmen nach § 4 Abs. 2 dieser Verordnung. Die Verordnung konnte auch ergehen, weil die Verordnung über bestimmte Impfstoffe zum Schutz vor der Blauzungenkrankheit vom 2. Mai 2008 (BAnz 2008, 1599, Gültigkeit gemäß § 17 c Abs. 3 Satz 3 TierSG verlängert bis zum 30.6.2009) vor Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung festgelegt hat, dass die in ihrem Art. 1 aufgeführten Impfstoffe von der Zulassungspflicht freigestellt sind und damit ihre Verwendung zulässig ist.
Der Senat weist deshalb die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück, weshalb es keiner weiteren Begründung bedarf (§ 150 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO entsprechend; vgl. hierzu BayVGH vom 16.2.2004 Az. 23 CS 03.3049 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 150 RdNrn. 3 ff.; Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 150 RdNr. 2).
Ergänzend ist im Hinblick auf die dargelegten Gründe des Antragstellers im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) auf Folgendes hinzuweisen:
Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen der Beteiligten keine durchgreifenden Zweifel daran, dass es sich bei der Blauzungenkrankheit um eine (zwischen Tieren) übertragbare Krankheit handelt und dass dafür bestimmte Erreger verantwortlich sind. Sachkundige Behörden können dergleichen Tatsachen feststellen. Solche Feststellungen haben selbständige Bundesoberbehörden wie das Friedrich-Loeffler-Institut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (§ 4 Abs. 1 TierSG) und das Paul-Ehrlich-Institut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (§ 4 Abs. 2 TierSG; Art. 1 des Gesetzes vom 7.7.1972 BGBl I S. 1163) getroffen. Weiter haben diese sachverständigen Bundesoberbehörden festgestellt, dass diese Krankheit durch kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen) bei Tieren übertragen wird, und dass es sich hierbei deswegen um eine Tierseuche handelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 a TierSG), die nach den Vorschriften des Tierseuchengesetzes zu bekämpfen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1, §§ 17 ff. TierSG), hier durch Impfen gegen übertragbare Krankheiten (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 17, §§ 18, 23 TierSG). Bei der anzeigepflichtigen Tierseuche handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen von Serotyp 6 durch importierte Tiere aus Holland überwiegend um den Serotyp 8 des BT-Virus (BTV-8).
Diese Krankheit (die oft zum Tod der befallenen Tiere führt) breitete sich in Deutschland sehr schnell aus, bis Ende des Jahres 2007 wurden im Bundesgebiet insgesamt 20 623 Fälle gemeldet. Um der Verbreitung von BTV-8 Einhalt zu gebieten und den Verlust weiterer Tiere zu vermeiden, wurde in Deutschland im Mai 2007 mit der Impfung von Rindern, Schafen und Ziegen begonnen. Dafür werden monovalente, nur gegen BTV-8 gerichtete, inaktivierte Impfstoffe eingesetzt. Um mindestens 80 % aller empfänglichen Tiere zu erreichen, müssen alle Halter von Schafen, Ziegen und Rindern ihre Tiere grundsätzlich impfen lassen. Im Jahre 2008 ist die Blauzungenkrankheit erneut aufgetreten, vornehmlich bei nicht oder noch nicht vollständig durch Impfung geschützten Tieren. Da die (in Art. 1 Nrn. 1 - 3 der Verordnung vom 2.5.2008 BAnz 2008 S. 1595 aufgeführten) Impfstoffe zum Zeitpunkt des Impfbeginns noch nicht zugelassen waren, führte das Land Mecklenburg-Vorpommern in Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Loeffler-Institut eine Studie zur Überprüfung ihrer Unschädlichkeit und Wirksamkeit durch, und zwar insgesamt an 1 207 Rindern und 1 456 Schafen aus drei landwirtschaftlichen Betrieben. Die Ergebnisse dieser Impfstudie zeigen, dass alle drei getesteten Impfstoffe von Rindern und Schafen gut vertragen werden und dass sie keine über das übliche Maß hinausgehende Impfreaktionen hervorrufen.
Diese Feststellungen sind nicht nur behördenintern getroffen, sondern auch an die Landesbehörden weitergegeben (vgl. Schreiben des Bayer. Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 8.12.2008 an den Antragstellervertreter) und im Internet veröffentlicht worden (www.fli.bund.de). Ihnen ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nichts mehr hinzuzufügen.
Auch wenn der in der Allgemeinverfügung bestimmte Zeitraum abgelaufen ist, besteht die Impfpflicht weiter (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG), auch, weil die Fortsetzung der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit vorgesehen ist. Darauf hat der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung hingewiesen.
Dafür, dass die den Impfstoffen zugesetzten Stoffen Thiomersal und Aluminiumhydroxit, die der Konservierung bzw. Wirkungsverstärkung dienen, den geimpften Tieren schadeten oder in ihren Mengengaben etwa gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs verstießen (vgl. Art. 2 ff., 8 und 9 dieser VO sowie deren Anhänge), waren konkrete Tatsachen weder vorgetragen worden noch ansonsten ersichtlich gewesen.
Die Kostenentscheidung folgt § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Der Streitwert ergibt sich aus § 63 Abs. 3, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 und 3, § 47 Abs. 1 GKG (vgl. BayVGH vom 2.5.2006 Az. 23 C 06.870).
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.