VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.10.1993 - 3 S 666/92
Fundstelle
openJur 2013, 8846
  • Rkr:

1. Die normergänzende Verweisung in einem Bebauungsplan auf die Abstandsliste eines Gewerbeaufsichtsamts ist ungültig, wenn das Amt im Textteil nicht namentlich genannt und die Liste auch nicht eindeutig zum Normbestandteil erklärt worden ist.

2. Ein zentrumsnahes Gebiet, das historisch und baulich eng mit dem jenseits einer Bahnlinie liegenden Stadtzentrum verbunden ist, kann durch Ausweisung eines Kerngebiets in dieses städtebaulich integriert werden (Erweiterung der Innenstadt), wenn die bestehenden Nutzungen (hier: starke Wohnelemente) angemessen berücksichtigt sind (hier: Zulassung des Wohnens oberhalb der Erdgeschosse nach § 7 Abs 2 Nr 7 BauNVO).

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan -Straße/ straße" der Antragsgegnerin vom 30.4.1991. Sie sind Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet. Die Antragsteller zu 1 und 2 sind seit 1985 Eigentümer des Hinterliegergrundstücks. Das Grundstück liegt im Verhältnis zur -Straße in "zweiter Reihe". Es ist mit einem älteren Haupt- und einem Nebengebäude bebaut. Im OG/DG des Hauptgebäudes befindet sich eine Wohnung. Das EG des früher wohngenutzten Hauptgebäudes beherbergte bis 1989 eine Kindertagesstätte. 1989 wurde es wieder zu einer Wohnung umgebaut. Auch das Nebengebäude (Lager und Schopf) wird von den Antragstellern zu Wohnzwecken genutzt. Über einen Antrag auf Nutzungsänderung, dem die Antragsgegnerin - im Hinblick auf eine entgegenstehende Veränderungssperre vom 6.3.1990 - das Einvernehmen versagte (§ 14 Abs. 2 BauGB), ist bislang noch nicht entschieden. Der Antragsteller zu 3 ist Eigentümer des mit einem Vorder- und Hintergebäude bebauten Grundstücks, das Vorderhaus wird zu Wohnzwecken, das Hintergebäude wird als Lager genutzt.

Der Bebauungsplan "-Straße" umfaßt einen südlich des Ortszentrums und der Bundesbahn - Rheintalstrecke gelegenen Teil des Stadtgebiets von E.. Das Plangebiet wird durch eine Grünfläche (ehemaliger bach) und einen Fußweg in zwei Teile gegliedert. Zum östlichen, bislang noch nicht überplanten Plangebiet gehören die größtenteils geschlossen überbauten Grundstücke beiderseits der Straße. In den meist älteren Gebäuden sind zahlreiche Wohnungen und teilweise auch gewerbliche Nutzungen untergebracht (Gaststätten, Werkstatt, kleines Hotel, Büros, Einzelhandelsbetriebe, vgl. Bestandsplan der Antragsgegnerin). Die westlich anschließende, an die Straße grenzende Grundstückszeile ist mit überwiegend gewerblich genutzten Gebäuden bebaut (Schuppen, Lager-Werkstattgebäude). In einem Gebäude ist eine Diskothek untergebracht. Der südwestliche Teil des Plangebiets war bisher als Gewerbegebiet ausgewiesen. Er besteht aus dem Grundstück Flst.-Nr. welches von der straße, von der Straße und von der stark befahrenen straße begrenzt wird. Jenseits der straße liegt der städtische Festplatz mit Parkflächen. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. befanden sich bis vor kurzem die Betriebsanlagen einer großen Spedition, die dort seit 40 Jahren ansässig war. Aufgrund eines zivilrechtlichen Prozeßvergleichs mit dem Antragsteller zu 1 verpflichtete sich die Spedition zu bestimmten lärmmindernden Maßnahmen. Der Antragsteller zu 1 und seine dem Vergleich beigetretene Ehefrau, die Antragstellerin zu 2, verpflichteten sich, keine Einwendungen gegen einen von der Antragsgegnerin "am 13.6.1989 beschlossenen Bebauungsplan zu erheben". Die Spedition ist zwischenzeitlich ausgesiedelt, die Gebäude wurden abgebrochen.

Der streitige Bebauungsplan setzt für die Grundstücke beiderseits der Straße ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO mit geschlossener, maximal 3-geschossiger Bebauung fest (MK 2). In diesem sind in den Geschossen oberhalb des Erdgeschosses auch sonstige Wohnungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO zulässig. Vergnügungsstätten sind unzulässig. Die westlich an das MK 2 anschließende Grundstückszeile ist als gegliedertes Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO ausgewiesen (GEg). Zulässig sind "nur Anlagen der Abstandsklasse III der Abstandsliste 1982 des Gewerbeaufsichtsamts". Diese Abstandsliste ist dem Bebauungsplan nicht beigefügt und wird auch nicht als Bestandteil der Satzung aufgeführt. Vergnügungsstätten (mit Ausnahme bestimmter Typen) und Spielhallen bis 100 qm Nutzfläche sind ausnahmsweise zulässig. Entlang der Straße sind 17 Stellplätze geplant. Für das südwestliche Plangebiet (Flst.-Nr. 342/3) ist ebenfalls ein Kerngebiet mit einem großen Baufenster mit 2- bzw. 3-geschossiger Bebauung festgesetzt (MK 1). Verkaufsflächen für den Einzelhandel sind auf den Geschoßflächen des 2. OG ganz und auf den Geschoßflächen im EG und im 1. OG teilweise unzulässig. Diese Teilflächen sind schraffiert auf Schemaschnitten eingetragen und mit dem Einschrieb versehen: "Anliefer-, Lager-, Verkaufsflächen und sonstige Nutzung (keine Verkaufsfläche für den Einzelhandel)". Die übrigen Teilflächen beider Geschosse enthalten den Einschrieb: "Verkaufsfläche für den Einzelhandel 2.000 qm". Die Schemaschnitte enthalten ferner den Hinweis, daß sich aus dieser Festsetzung eine maximal realisierbare Netto-Verkaufsfläche für den Einzelhandel von 4.000 qm ergibt. Als Ausnahme können die schraffiert dargestellten Flächen flächengleich gegen die nichtschraffierten Flächen ausgetauscht werden. Die Regelung über Vergnügungsstätten und Spielhallen entspricht der im GEg. Private Stellplätze dürfen auf nahezu dem gesamten Grundstück angelegt werden. Nordwestlich des Baufensters ist eine mehrgeschossige Stellplatzanlage mit maximal 3 oberirdischen Ebenen zulässig. Die Ein- und Ausfahrten sind an der traße (Grundstücksostseite) und an der Straße (Grundstücksostseite und westseite) angeordnet. Die bestehende Grünanlage, der vorhandene Fußweg und die vorhandene Baumreihe nordöstlich des MK 1 werden im wesentlichen festgeschrieben. Jenseits der Grünanlage schließen sich die Grundstücke der Antragsteller an.

Nach der Begründung ist es Ziel des Bebauungsplans, Nutzungskonflikte zwischen bestehenden Gewerbebetrieben (Spedition u.a.) und der Wohnnutzung (Gemengelage) städtebaulich zu lösen und die Voraussetzungen für eine Entwicklung des Gebiets als integraler Bestandteil des Stadtkerns zu schaffen. Der seit 1830 gewachsene Bereich entlang der Straße soll wieder an die Kernstadt angebunden, das MK 1 und der Festplatz sollen den südlichen Pol eines erweiterten innerstädtischen Straßenzuges mit einem attraktiven Einzelhandelsbetrieb bilden. Die Verkaufsflächenbeschränkung soll überregionale Auswirkungen der Einzelhandelsnutzung, und damit raumordnerische Bedenken ausräumen. Damit soll Vorgaben des RP entsprochen werden. Durch die Regelungen im MK 2 soll das Wohnen in der Innenstadt gefördert werden. Es soll eine attraktive Mischung von Wohnen und Einzelhandel erreicht werden. Der Ausschluß von Vergnügungsstätten soll ebenfalls diesem Zweck dienen. Es soll die Entwicklung eines "Bahnhofsviertels" verhindert werden. Im GEg soll den vorhandenen und den angrenzenden Nutzungen (z.B. Wohnen) Rechnung getragen werden.

Der geltende Flächennutzungsplan der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft E. (genehmigt am 8.5.1985) stellt den Bereich des MK 2 und des GEg als Mischbaufläche und den Bereich des MK 1 als gewerbliche Baufläche dar. Die Verwaltungsgemeinschaft beschloß am 18.7.1990, die gewerbliche Baufläche in eine gemischte Baufläche zu ändern. Die Änderung ist noch nicht in Kraft getreten.

Der Aufstellungsbeschluß für den Bebauungsplan wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 13.6.1989 gefaßt. Die vorgezogene Bürgerbeteiligung fand am 18.9.1989 statt. Geplant war zunächst, das heutige MK 2 als Besonderes Wohngebiet nach § 4 a BauNVO und das heutige MK 1 als "Besonderes Sondergebiet" für großflächige Einzelhandelsbetriebe und für Gewerbebetriebe nach § 8 Abs. 1 und 2 BauNVO zu überplanen. Einzelne Grundstücke des heutigen MK 2, darunter das Grundstück der Antragsteller zu 1 und 2 und ein größerer Teil des Grundstücks des Antragstellers zu 3, waren noch dem GEg zugeschlagen. Der Entwurf lag erstmals vom 6.3. bis 11.4.1990 öffentlich aus. Die Antragsteller erhoben Bedenken. Die Antragsteller zu 1 und 2 wandten sich insbesondere gegen die Ausklammerung ihres Grundstücks aus dem Besonderen Wohngebiet. Der Antragsteller zu 3 rügte, daß sein Grundstück auseinandergerissen und im hinteren Bereich einer Wohnbebauung entzogen werde. Bislang seien die Grundstücke als Mischgebiet einzustufen gewesen. Die Antragsteller beanstandeten ferner die Festsetzungen im MK 1 (Sondergebiet, Stellplatzanlage) wegen zu befürchtender Lärm- und Abgasimmissionen. Gegen die Festsetzung des MK 1 erhoben auch zahlreiche örtliche Gewerbetreibende und deren Organisation sowie einzelne Träger öffentlicher Belange Einwände. Nach Prüfung der Einwendungen wurde der Planentwurf durch Beschluß des Gemeinderats vom 6.11.1990 teilweise geändert. Das GEg wurde auf seinen heutigen Bereich zurückgenommen, und statt des Besonderen Wohngebiets wurde ein Kerngebiet (heutiges MK 2) geplant. Im MK 1 war nunmehr ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO mit Festsetzung einer Verkaufsflächenbegrenzung für den Einzelhandel auf 4.000 qm vorgesehen.

Der neue Entwurf lag vom 17.12.1990 bis 21.1.1991 öffentlich aus. Die Träger öffentlicher Belange wurden erneut angehört. Die Antragsteller erhoben auch gegen die geänderte Planung Bedenken. Die Festsetzung eines Kerngebiets vernachlässige den Schutz des seit über 100 Jahren ganz überwiegend durch Wohnnutzung geprägten Gebiets an der Str.. Dieser Bereich gehöre nicht zur Innenstadt und müsse richtigerweise als Besonderes Wohngebiet ausgewiesen werden. Die Festsetzung des GEg verstoße gegen den Grundsatz der Konfliktbewältigung und gegen das Rücksichtnahmegebot. Tatsächlich handle es sich (mit Ausnahme der Diskothek) um ein Mischgebiet. Auch die Festsetzungen im MK 1 (insbesondere die Zu- und Abfahrtsregelungen) seien gegenüber der nahegelegenen Wohnbebauung rücksichtslos und konfliktträchtig. Die Gewerbetreibenden hielten ihre Bedenken im wesentlichen aufrecht. Die Gemeinde T. rügte, wie schon bisher, daß die Festsetzungen zum MK 1 gegen das zwischengemeindliche Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB) verstießen. Im übrigen sei eine Verkaufsflächenbegrenzung im Kerngebiet unzulässig. Sie hielt die örtliche Versorgung und die Ortskernsanierung in ihrem Ortsgebiet durch Kaufkraftabzug für gefährdet und bat, mit dem Satzungsbeschluß bis zur Vorlage eines Sachverständigengutachtens über derartige Auswirkungen zu warten. Ein solches Gutachten wurde von der Gemeinde T. bei der in Auftrag gegeben und lag im Mai 1991 vor.

Als Ergebnis der Auslegung wurde im MK 1 die Verkaufsflächenbegrenzung fallen gelassen und durch die heutige Regelung (geschoßweise Festsetzungen) ersetzt. Eine nochmalige Offenlegung des Entwurfs fand nicht statt. Der Gemeinderat beschloß den so geänderten Bebauungsplan, unter Zurückweisung der übrigen Bedenken und Anregungen, am 30.4.1991 als Satzung. Der Bebauungsplan wurde vom Regierungspräsidium durch Bescheid vom 8.8.1991 unter redaktionellen Auflagen genehmigt, denen entsprochen wurde. Der Vorgang wurde am 29.8.1991 in der "Zeitung" bekanntgemacht. Auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Bebauungsplan wurde hingewiesen. In der Bekanntmachung heißt es, das Regierungspräsidium habe auf die Anzeige des Bebauungsplans eine Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend gemacht.

Am 19.3. bzw. 17.11.1992 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan gestellt. Sie machen geltend: Der Antrag sei zulässig. Dem stehe der am 16.8.1989 vor dem LG geschlossene Vergleich mit der Spedition W. nicht entgegen. Der Vergleich sei nur zwischen den damaligen Beteiligten geschlossen worden. Im übrigen habe damals noch kein konkreter Bebauungsplan, sondern lediglich der Aufstellungsbeschluß vom 13.6.1989 vorgelegen. Die damalige Verpflichtung könne nicht als Verzicht auf Einwendungen auch gegen jegliche zukünftige Planung ausgelegt werden. Schließlich beziehe die damalige Erklärung sich nur auf die Überplanung des Grundstücks Flst.-Nr. als Gewerbegebiet.

Der Antrag sei auch begründet. Die Antragsgegnerin sei mit ihrer Planung über das Ziel hinausgeschossen und habe fundamentale Planungsgrundsätze außer acht gelassen. Die Herabzonung des Gebiets beiderseits der -Str. zu einem Kerngebiet sei abwägungsfehlerhaft. Das Gebiet sei traditionell als Mischgebiet mit deutlich ausgeprägter Wohnbebauung gekennzeichnet. Den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse werde nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Planung habe zudem unmittelbar eigentumsrechtlichen Eingriffscharakter. Eine Wohnnutzung im Erdgeschoß ihrer Gebäude sei zukünftig nicht mehr zulässig. Die Ausweisung des Gewerbegebiets im Rücken der Wohnbebauung verstoße gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Der Bebauungsplan lasse eine erforderliche Pufferzone vollständig vermissen. Die gleichen Einwände müßten gegen die Festsetzung des MK 1 erhoben werden. Ein künftiger Großbetrieb mit einer Verkaufsfläche von 4.000 qm werde unmittelbar an die gegenüberliegende Wohnbebauung angrenzen. Dadurch müsse mit unerträglichen Verkehrsbelästigungen gerechnet werden. Die zulässigen Bauwerke hätten zudem erdrückende Wirkung im Verhältnis zu den Wohnhäusern in der Str.. Die Planung verstoße deswegen auch gegen das Trennungs- und Optimierungsgebot des § 50 BImschG und gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Belange der Wohnbevölkerung (§ 1 Abs. 5 Nr. 1 BauGB) seien schon im Abwägungsvorgang nur unzureichend berücksichtigt, jedenfalls aber im Ergebnis zu gering gewichtet (weil in ihrer objektiven Bedeutung verkannt) worden. Der Bebauungsplan sei schließlich nicht ordnungsgemäß aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Diese gravierenden Abwägungsmängel wirkten sich auf den gesamten Bebauungsplan aus und machten diesen nichtig. Nur in zweiter Linie werde die Feststellung der Teilunwirksamkeit bezüglich der Festsetzungen auf dem Grundstück Flst.-Nr. begehrt.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan -Str./ straße" derAntragsgegnerin vom 30.4.1991 für nichtig zu erklären,hilfsweise, den Bebauungsplan bezüglich der Festsetzungenfür das Grundstück Flst.-Nr. für nichtig zu erklären.Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.Sie hält den Antrag der Antragsteller zu 1 und 2 wegen des Prozeßvergleichs vom 16.8.1989 bereits für unzulässig. Den Antragstellern fehle das Rechtsschutzinteresse. Sie handelten rechtsmißbräuchlich, wenn sie im Widerspruch zu ihrem damaligen Verhalten nunmehr einen Normenkontrollantrag stellten. Die Fa. W. (jetziger Bauherr) habe in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Spedition W. Klage beim Landgericht auf Rücknahme des Normenkontrollantrags und des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 13.4.1992 erhoben.

Die Anträge seien jedenfalls unbegründet. Die Planung des MK 1 sei noch aus dem geltenden Flächennutzungsplan entwickelt. Jedenfalls lägen aber die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 BauGB (Parallelverfahren) vor. Der Bebauungsplan sei auch erforderlich und abwägungsfehlerfrei. Die in der Nutzung des Plangebiets angelegten Konflikte seien erkannt und angemessen bewältigt worden. Im Plangebiet sei eine Gemengelage gegeben (Läden, Gastronomie, Büros, Praxen, Spedition, Wohnnutzung). In dieser sei die vorhandene Wohnnutzung von jeher gewissen Beeinträchtigungen unterworfen gewesen. Der Konfliktsituation zwischen Wohnen und Gewerbe sei durch Ausweisung des gegliederten Gewerbegebiets mit Immissionshöchstgrenzen Rechnung getragen. Die Parkierungsanlage des vorgesehenen Einzelhandelsmarktes sei von der bestehenden Wohnnutzung durch Gehweg und Grünflächen getrennt. Zudem sei hier schon früher eine immissionsträchtige Spedition angesiedelt gewesen. Im MK 2, der historisch gewachsenen "Vorstadt", werde der früher vorhandene Zustand durch Erweiterung des heutigen Stadtkerns wiederhergestellt. Im MK 1 solle ein zweiter "Pol" für die Entwicklung der Innenstadt geschaffen werden. Das MK 1 stelle den Endpunkt einer fußgängerfreundlichen innerstädtischen Ost-West- Achse dar, die am Parkhaus an der Straße beginne und durch das Zentrum führe. Dem Wohnen komme im MK 2 ein hoher Stellenwert zu. Die Zuordnung des Grundstücks der Antragsteller zu 1 und 2 zum MK 2 liege im Interesse der Antragsteller. Die Antragsteller hätten ihre Wohnnutzung in Kenntnis und ohne Rücksicht auf die bestehende gewerbliche Anschlußnutzung realisiert.

Ihr Recht auf gesunde Wohnverhältnisse sei gewahrt. Das Gebiet sei schon jetzt deutlich lärmvorbelastet. Zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB seien nicht erforderlich gewesen. Die Rechtsposition der Antragsteller habe sich in schalltechnischer Hinsicht nicht verschlechtert. Daß es keiner Schallschutzmaßnahme bedürfe, ergebe sich auch aus dem schalltechnischen Gutachten des Ingenieurbüros P. von 1993. Beim GEg sei zulässigerweise auf die Abstandsliste verwiesen worden, die Teil der Begründung zum Bebauungsplan sei. Dadurch werde dem Trennungsgebot und den Lärmschutzbelangen der Bewohner des MK 1 Rechnung getragen. Einer Pufferzone bedürfe es unter diesen Umständen nicht.

Auch die Festsetzungen auf dem Grundstück Flst.-Nr. (MK 1) seien rechtmäßig und abwägungsfehlerfrei. Die bisher unklare und strittige Gemengelage im Bereich der Anwesen der Antragsteller sei planungsrechtlich endgültig entschieden. Die Planung ziele nicht nur auf die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes ab. Über ein Sondergebiet hätten sich die städtebaulichen Zielsetzungen nicht verwirklichen lassen. Im MK 1 sei die Errichtung eines Fachmarkts mit 4.000 qm Verkaufsfläche zulässig. Nachteilige Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung seien bei dieser Größe nicht zu befürchten. Innerörtliche Auswirkungen würden durch das GMA-Gutachten ausgeschlossen. Die Festsetzung einer maximalen nutzbaren Geschoßfläche für den Einzelhandel sei nach §§ 7, 1 Abs. 7 BauNVO zulässig.

Am 9.6.1993 hat der Berichterstatter als beauftragter Richter das Plangebiet in Augenschein genommen. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Bebauungsplanakten der Antragsgegnerin, und die Gerichtsakten im Normenkontrollverfahren 3 S 335/92 (Gemeinde ./. Stadt) vor.

Gründe

I. Die Anträge sind zulässig.

Die Antragsteller sind nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsberechtigt. Sie erleiden durch den Bebauungsplan und dessen Anwendung einen abwägungserheblichen Nachteil. Die Grundstücke beider Antragsteller liegen im Plangebiet. Ein Nachteil ist deswegen gegeben, weil der Bebauungsplan für beide Grundstücke der Antragsteller (erstmals) normative Festsetzungen trifft, die Inhalt und Schranken ihres Grundeigentums bestimmen und teilweise einschränken (vgl. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 17.12.1992 - 4 N 2.91 -, DÖV 1993, 391; Beschluß vom 6.1.1993 - 4 NB 38.92 -, NVwZ 1992, 561). Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung werden beide Grundstücke den Vorgaben des § 7 BauNVO einschließlich einer geschoßweisen Regelung für die Zulässigkeit von Wohnungen unterworfen. Das Grundstück des Antragstellers zu 3 ist zudem in seinem rückwärtigen Teil nur gewerblich (nach Maßgabe der Festsetzungen zum GEg) nutzbar. Eine nachteilige Betroffenheit der Antragsteller kommt ferner wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans auf dem Grundstück Flst.-Nr. 342/3 (MK 1) in Betracht. Dort sind unter anderem ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit bis zu 4.000 qm Verkaufsfläche sowie eine mehrgeschossige Stellplatzanlage zulässig und auch konkret geplant (zu Einzelheiten vgl. das NK-Urteil des Senats vom heutigen Tag - 3 S 335/92 -). Dieser Betrieb löst erheblichen Zu- und Abfahrtsverkehr durch Kunden und Lieferanten aus. Die Ein- und Ausfahrt erfolgt unter anderem auf der den Grundstücken der Antragsteller zugewandten Seite des Betriebsgrundstücks. Aufgrund dessen erscheint es möglich, daß die nutzungsbedingten Verkehrsgeräusche aus dem MK 1 auf den Grundstücken der Antragsteller trotz der vorhandenen Lärmvorbelastung mehr als nur geringfügig wahrnehmbar sein werden. Auf diese potentiellen Lärmauswirkungen haben die Antragsteller im Planaufstellungsverfahren auch hingewiesen. Sie reichen für die Annahme eines zur Antragsbefugnis berechtigenden Nachteils aus (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9.11.1979, BVerwGE 59, 87 u.v. 19.2.1992, DVBl. 1992, 1099). Darauf, daß die Festsetzungen im MK 1 den Antragstellern nach Lage der Dinge gleichwohl zumutbar sein dürften (dazu unten), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sind an der Stellung des Normenkontrollantrags gegen die Festsetzungen für das Flst.-Nr. auch nicht durch den Prozeßvergleich vom 16.8.1989 vor dem Landgericht gehindert. Die dort übernommene Verpflichtung, keine "Einwendungen, Einsprüche etc." gegen die damals vorgesehene Überplanung des Grundstücks Flst.-Nr. als "sonstiges Gewerbegebiet" (So) zu erheben (vgl. dazu § 4 des Vergleichs und den in Bezug genommenen Planaufstellungsbeschluß vom 13.6.1989), wirkte nur gegenüber der damaligen Beklagten, der Spedition W.. Einen unmittelbar auch gegenüber der Antragsgegnerin wirkenden Verzicht auf Einwendungen oder Rechtsbehelfe im Bebauungsplanverfahren enthielt der Vergleich nicht. Der Inhalt des Vergleichs rechtfertigt auch nicht den Schluß, daß die Antragsteller ihr Recht, gegen den Bebauungsplan vorzugehen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwirkt haben, oder daß ihnen das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag fehlt. Denn es ist unklar, ob der am 16.8.1989 erklärte Verzicht sich nur auf Einwendungen gegen das damalige Plankonzept (Sondergebiet) bezog, oder ob er auch sämtliche Rechtsmittel gegen die später geänderte Planung (Kerngebiet) ausschloß. Umstritten ist ferner, ob die im Vergleich eingegangenen Verpflichtungen auch zu Gunsten von Rechtsnachfolgern der Spedition W. eingegangen worden sind. Aufgrund dieser unsicheren Rechtslage (vgl. dazu auch den Zivilrechtsstreit zwischen der heutigen Grundstückseigentümerin und den Antragstellern beim Landgericht) konnte die Antragsgegnerin nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, daß die Antragsteller wegen des Vergleichs von der Stellung eines Normenkontrollantrags gegen den Bebauungsplan absehen würden, zumal die Antragsteller auch schon im Planaufstellungsverfahren mehrfach Bedenken und Anregungen erhoben hatten. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß die Durchführung des Normenkontrollverfahrens für die Antragsteller im Ergebnis nutzlos wäre. Denn es steht keineswegs sicher fest, daß die Antragsteller einen plankonform errichteten großflächigen Einzelhandelsbetrieb wegen des Vergleichs zivilrechtlich hinnehmen müssen.

II. Die Anträge sind auch teilweise begründet.

Freilich leidet der Bebauungsplan nicht an nichtigkeitsbegründenden formellen Mängeln. Auf die Frage möglicher rügebedürftiger Verfahrensfehler (unterlassene nochmalige Auslegung nach §§ 3 Abs. 2, 13 Abs. 1 BauGB) kommt es nicht an. Diese Fehler wären geheilt, da die Antragsteller entsprechende Rügen nicht erhoben haben (vgl. § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Auch ein nichtigkeitsbegründender "absoluter" Fehler bei der Bekanntmachung des Bebauungsplans (vgl. §§ 12, 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB) liegt nicht vor. Zwar stimmen die Bekanntmachung und der bekanntgemachte Sachverhalt nicht voll überein. Denn bekanntgemacht wurde die Durchführung des Anzeigeverfahrens nach § 11 Abs. 3 BauNVO, während das Regierungspräsidium den Bebauungsplan durch Bescheid vom 8.8.1991 nach § 11 Abs. 2 BauGB genehmigt hat. Diese Divergenz ist jedoch nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich. Denn der mit dem Bebauungsplan verfolgte Hinweiszweck wurde gleichwohl erreicht. Ziel der Bekanntmachung ist es, dem betroffenen Bürger deutlich zu machen, daß für sein Grundstück eine neue bodenrechtliche Regelung in Kraft getreten ist und er sich über deren Inhalt informieren kann (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 2. Aufl., § 12 RdNr. 5 m.w.N., Brügelmann/Gierke, BauGB, § 12 RdNr. 33 m.w.N.). Dieses Ziel wurde durch den Bekanntmachungsfehler nicht in Frage gestellt.

Der Bebauungsplan ist jedoch bezüglich der Festsetzungen im GEg (Grundstückszeile westlich des MK 2, begrenzt durch die zum MK 2, die öffentliche Grünfläche, die Straße und der Fußweg am Nordrand des Plangebiets, dazu 1.) und bezüglich der Festsetzungen im MK 1 (dazu 2.) mit materiell-rechtlichen Fehlern behaftet, die zu seiner Nichtigkeit führen. Bezüglich der Festsetzungen im MK 2 begegnet er hingegen keinen Bedenken (dazu 3.).

1. Die Festsetzung eines gegliederten (eingeschränkten) Gewerbegebiets an der vorgesehenen Stelle ist zwar nach § 1 Abs. 3 BauGB im Grundsatz gerechtfertigt und erforderlich, da sie auf vernünftigen und nachvollziehbaren städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin beruht (zu diesen Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 BauGB, vgl. BVerwG, Beschluß vom 18.12.1990, ZfBR 1991, 123, 125; Urteil vom 7.5.1971, NJW 1971, 1626). Denn Zweck der Regelung war es, an das jenseits der Straße liegende Gewerbegebiet und an den Nutzungsbestand im GEg selbst anzuknüpfen, der entgegen der Auffassung der Antragsteller (mangels Wohnungen) keine Züge eines Mischgebiets trägt, sondern schon jetzt wesentliche Elemente eines Gewerbegebiets nach § 8 BauNVO mit Anlagen von teilweise gewerbegebietstypischem Störungsgrad aufweist (Autowerkstatt, Werkstatt, größere Diskothek, vgl. Bestandsplan der Antragsgegnerin, Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen, AS. 10 S. 17). Die Ausweisung des GEg soll andererseits auf die im angrenzenden MK 2 in beachtlichem Umfang vorhandenen und auch künftig zulässigen Wohnungen Rücksicht nehmen und dadurch dem Trennungsgebot (vgl. § 50 BImschG) und dem Gebot der Konfliktbewältigung zur Geltung verhelfen.

Dementsprechend können auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 bis Abs. 9 BauNVO Gewerbegebiete etwa nach dem Störungsgrad gegliedert werden (vgl. BVerwG, Beschluß vom 15.4.1987, BRS 47, Nr. 55, Urteil des Senats vom 6.12.1989 - 3 S 1278/88 -). Eine Differenzierung kann grundsätzlich (aufgrund § 1 Abs. 4 Nr. 2 BauNVO oder ggfs. nach § 1 Abs. 5, Abs. 9 BauNVO) nach Betrieben mit bestimmten Schutzabständen zu Wohngebieten erfolgen, sofern diese Regelung geeignet und erforderlich ist, die vorhandenen Nutzungskonflikte zu bewältigen. Die zugelassenen (oder ausgeschlossenen) Betriebe im einzelnen müssen nicht unbedingt im Textteil des Bebauungsplans selbst aufgeführt werden. Sie können auch in privaten oder behördlichen Regelwerken ohne eigene Rechtsnormqualität enthalten sein, etwa in sog. Abstandslisten oder Abstandserlassen. Diese normkonkretisierenden Unterlagen müssen aus Gründen der Normenklarheit aber erkennbar zum Bestandteil des Bebauungsplans (der Rechtsnorm) gemacht werden. Dies setzt - jedenfalls dann, wenn die in Bezug genommenen Vorschriften wie hier nicht veröffentlicht oder sonst allgemein zugänglich - voraus, daß sie dem Bebauungsplan als Anlage beigefügt sind. Erforderlich ist schließlich, daß die Normbestandteile im Textteil des Bebauungsplans auch hinreichend bestimmt bezeichnet sind (zu diesen Grundsätzen der "norminkorporierenden" oder normergänzenden Verweisung auf nichtnormative Regelungen, vgl. auch BVerfG, Beschluß vom 24.5.1977, BVerfGE 44, 322, 350 m.w.N.; BVerwG; Urteil vom 29.8.1981, NJW 1982, 506; BVerwG, Urteil vom 17.2.1978, DVBl. 1978, 591, 595; OVG Lüneburg, Urteil vom 27.7.1990, NVwZ-RR 1991, 106).

Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Bebauungsplan nicht. Die im GEg allgemein zulässigen gewerblichen Anlagen werden im Textteil des Bebauungsplans nicht genannt. Wegen Einzelheiten wird vielmehr auf "Anlagen der Abstandsklasse VIII der Abstandsliste 1982 des Gewerbeaufsichtsamts" verwiesen. Die Abstandsliste soll damit ersichtlich normkonkretisierenden rechtsverbindlichen Charakter haben, denn ohne sie wäre der Bebauungsplan lückenhaft. Diese Absicht ist jedoch nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit umgesetzt worden. Zwar ist nach den Akten jedenfalls einer Fertigung des Bebauungsplans (5. Fertigung) eine "Abstandsliste 1982" des Gewerbeaufsichtsamts als Anlage 2.1 beigefügt. Es ist für den Normadressaten jedoch nicht hinreichend klar, ob diese Liste mit der im Textteil des Bebauungsplans in Bezug genommenen Abstandsliste identisch ist. Denn im Textteil fehlt die Bezeichnung, von welchem Gewerbeaufsichtsamt die dort genannte Abstandsliste stammt.

Abgesehen davon wäre die Abstandsliste des Gewerbeaufsichtsamts allein durch ihre äußerliche Beifügung zum Bebauungsplan auch noch nicht in die Norm inkorporiert worden. Hierzu hätte es eines eindeutigen Verweises im eigentlichen Satzungsbeschluß (der Rechtsnorm) auf die Abstandsliste bedurft. Nur so wäre sie in der rechtsstaatlich gebotenen eindeutigen Weise mit dem Satzungsbeschluß verknüpft und als dessen Bestandteil erkennbar geworden (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.1993 - 5 S 800/92 -). Hieran fehlt es jedoch. § 3 des Satzungsbeschlusses nennt als Bestandteile des Bebauungsplans nur den zeichnerischen Teil mit Bebauungsvorschriften. Ferner wird auf die Planbegründung und auf einen Übersichtsplan als "beigefügt" Bezug genommen. Von einer Abstandsliste des Gewerbeaufsichtsamts ist nicht die Rede. Eine solche Liste wird auch in der Planbegründung an keiner Stelle erwähnt.

Nach alldem ist die Regelung über die Art der im GEg zulässigen Betrieben und Anlagen wegen Unbestimmtheit nichtig. Diese Regelung zur Art der baulichen Nutzung steht mit den übrigen Festsetzungen im Gebiet ersichtlich in engem Zusammenhang und führt daher auch zu deren Nichtigkeit (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 8.8.1989, DVBl. 1989, 1103 f.). Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob durch Zulassung der unter Nr. VIII der Abstandsliste des Gewerbeaufsichtsamts in Anlehnung an den Abstandserlaß Nordrhein-Westfalen (NVwZ 1984, 702) aufgeführten (sehr unterschiedlichen) Anlagen die Nutzungskonflikte im Verhältnis zu den Wohnungen im angrenzenden MK 2 angemessen bewältigt worden sind oder ob dafür eine Abstufung nach dem Störungsgrad der Betriebe geboten gewesen wäre.

2. Auch hinsichtlich des MK 1 ist der Bebauungsplan nichtig. Denn die Regelung über den (teil) geschoßweisen Ausschluß von Verkaufsflächen für den Einzelhandel ist nicht durch § 1 Abs. 7 - 9 BauNVO gedeckt. Die Verkaufsflächenregelung verstößt zunächst deswegen gegen § 1 Abs. 7 BauNVO, weil sie sich im EG und 1. OG nur auf Teilgeschoßflächen bezieht. Eine solche zusätzliche "horizontale" Stockwerksgliederung läßt § 1 Abs. 7 BauNVO aber nicht zu. Die streitige Verkaufsflächenregelung ist ferner auch nicht durch die nach § 1 Abs. 7 BauNVO erforderlichen "geschoßspezifischen" besonderen städtebaulichen Gründe gerechtfertigt. Schließlich stellen die im Bebauungsplan ausgeschlossenen "Verkaufsflächen für den Einzelhandel" weder "Nutzungen" nach § 1 Abs. 7 BauNVO noch bestimmte Anlagetypen nach § 1 Abs. 9 BauNVO dar. Dies alles hat der Senat im einzelnen im Urteil vom heutigen Tag - 3 S 335/92 - dargelegt. Der Senat nimmt wegen der weiteren Begründung auf diese den Beteiligten bekannte Entscheidung Bezug.

Demnach kommt es nicht mehr darauf an, ob die Festsetzungen im MK 1 zu Lasten der Grundstücke der Antragsteller gegen das Gebot der Konfliktbewältigung oder gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten bemerkt der Senat gleichwohl, daß dies nicht der Fall sein dürfte. Der bisherige spezifische Nutzungskonflikt zwischen Wohnen und Gewerbe wird entgegen der Auffassung der Antragsteller durch den Bebauungsplan durchaus entschärft. Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "straße/ straße" vom 20.11.1984 waren auf dem Grundstück Flst.-Nr. erheblich störende Gewerbebetriebe (vgl. § 8 Abs. 1 BauNVO) mit Stellplätzen bis unmittelbar an die Grundstücksgrenzen zulässig. Kraft dieser Festsetzungen war im Gebiet eine internationale Spedition mit hohen Betriebs- und Verkehrsemissionen angesiedelt. Im Kerngebiet sind demgegenüber nur noch nicht wesentlich störende, also mischgebietsverträgliche Gewerbebetriebe möglich (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) und Stellplätze dürfen nur noch auf den dafür vorgesehenen Flächen untergebracht werden.

Von der Nutzung des Gebiets als solcher gehen daher keine unzumutbaren Auswirkungen auf die Grundstücke der Antragsteller aus. Zwischen dem MK 1 und ihren Grundstücken befindet sich eine Grünfläche mit Bäumen. Der Abstand zwischen dem Baufenster im MK 1 und dem Wohnhaus der Antragsteller zu 1 und 2 beträgt über 20 m. Von einer "erdrückenden Wirkung durch die Gebäude oder Stellplatzanlage im MK 1 kann daher nicht die Rede sein.

Auch die Auswirkungen des planbedingten Zu- und Abfahrtverkehrs zum MK 1 dürften sich noch in zumutbarem Rahmen halten. Bestätigend dafür kann auf das Gutachten des Ingenieurbüros von 1993 verwiesen werden, gegen das die Antragsteller substantiierte Einwendungen nicht erhoben haben. Danach ergeben sich bei einem die Planfestsetzungen ausschöpfenden Verbrauchermarkt Gesamtgeräuschimmissionen (einschließlich der Verkehrsgeräusche von den Zu- und Abfahrtsstraßen) am Wohnhaus der Antragsteller zu 1. und 2. von 58/56 dB(A). Damit werden die Richtwerte eines Kerngebiets (tagsüber 60 dB(A)) unterschritten. Diese Werte sind zudem unter ungünstigsten Bedingungen erhoben (MK 1 nicht bebaut, daher freie Schallausbreitung der Straßenverkehrsgeräusche). Nach Errichtung einer 2- bis 3-geschossigen Bebauung im MK 1 werden sich wegen der abschirmenden Wirkung des Baukörpers die Gesamtverkehrsimmissionen auf dem Grundstück der Antragsteller zu 1. und 2. auf 47/46 dB(A) tags und 40/38 dB(A) nachts vermindern (Tab. 5 S. 20 und S. 23, 24 des Gutachtens).

3. Hinsichtlich der Festsetzungen im MK 2 (Gebiet beiderseits der -Straße, begrenzt durch das GEg und die öffentliche Grünfläche im Westen/Südwesten) begegnet der Bebauungsplan hingegen keinen materiell-rechtlichen Bedenken.

Die Ausweisung eines Kerngebiets beruht auf einem städtebaulich begründeten und nachvollziehbaren Konzept (Anbindung der Vorstadt" an den Stadtkern unter Wahrung der Wohnbedürfnisse). Die Umsetzung dieses Plankonzepts ist auch durch Bebauungsplan möglich und daher keinesfalls "unrealistisch", wie die Antragsteller meinen (dazu unten 3.3). An der Planerforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) bestehen daher keine Zweifel. Der Bebauungsplan entspricht bezüglich des MK 2 auch dem Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 BauGB. Denn das Plangebiet ist im geltenden Flächennutzungsplan von 1985 als gemischte Baufläche nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BauNVO dargestellt. Zu diesem Flächentypus gehören auch Kerngebiete mit ihrem breiten, wesentliche Grundbedürfnisse menschlichen Daseins umfassenden Nutzungskatalog (vgl. Fickert/ Fieseler, BauNVO, 7. Aufl., § 1 RdNrn. 22, 27; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 4, RdNr. 8 zu § 1 BauNVO; siehe auch die frühere Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1962).

Die Festsetzungen im MK 2 sind auch hinreichend bestimmt und jeweils durch Ermächtigungsgrundlagen gedeckt. Der Ausschluß der Vergnügungsstätten konnte aufgrund von § 1 Abs. 5 BauNVO angeordnet werden, die Regelung über die Zulässigkeit sonstiger Wohnungen oberhalb der Erdgeschosse konnte aufgrund von § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO ergehen. Die Vorschriften gestatten auch vertikale (geschoßweise) Gliederung, sofern - wie hier - in den jeweiligen Geschossen nicht nur Wohnungen zulässig sind (Umkehrschluß aus § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BauNVO; vgl. auch § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO i.d.F. von 1968/1977 sowie Fickert/Fieseler, a.a.O., § 7 RdNr. 12). § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO ist Spezialvorschrift gegenüber § 1 Abs. 7 Nr. 3 BauNVO (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 7 RdNrn. 12, 12.2) und ist daher an dessen qualifizierte Voraussetzungen nicht gebunden. Die stockwerksweise Gliederung nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO ist daher nicht von besonderen städtebaulichen Anforderungen i.S. des § 9 Abs. 3 BauGB abhängig. Sie muß (wie jede Maßnahme der Bauleitplanung) "nur" allgemein durch vernünftige städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein (vgl. dazu Fickert/Fieseler, a.a.O., § 1 RdNr. 101 m.w.N.). Solche Gründe sind hier ohne weiteres gegeben. Ziel der Zulassung von Wohnungen im MK 2 ist es, der vorhandenen "Mischnutzung" Rechnung zu tragen und das Wohnen in der Innenstadt auch weiterhin zu fördern (vgl. Begr. S. 2 u. 4). Im übrigen soll der Kerngebietscharakter zur Geltung kommen. Im Hinblick darauf und wegen der neueren baulichen Entwicklung im Gebiet (auf dem sog. -Areal) wird das Wohnen in den Erdgeschossen zu Recht (dazu unten 3.3) für städtebaulich nicht sinnvoll gehalten (vgl. Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen der Antragsteller, AS. 10, S. 16).

Entgegen der Auffassung der Antragsteller verstößt der Bebauungsplan bezüglich des MK 2 auch nicht gegen § 1 Abs. 6 BauGB. Die Antragsgegnerin hat vielmehr die für und gegen die Überplanung des MK 2 sprechenden öffentlichen und privaten Belange untereinander und gegeneinander gerecht abgewogen und die entscheidungserheblichen Grundlagen zutreffend erhoben und eingestellt.

3.1 Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, zur Bauweise und zur überbaubaren Grundstücksfläche sind nicht zu beanstanden. Sie orientieren sich westlich der Straße an dem vorhandenen dichten, aus geschlossener Blockbebauung bestehenden Baubestand (Vorder-, Seiten- und Hintergebäude mit Zwischenhof). Auch auf der Ostseite der Straße wird an die teilweise vorhandene geschlossene Bebauung angeknüpft, und in deren hinterem Bereich werden angemessene Erweiterungsmöglichkeiten offengehalten. Die Bebauung im gesamten Straßenbereich steht zudem unter Ensembleschutz nach § 19 DschG. Damit entspricht der Bebauungsplan dem Planungsleitziel der (gestalterischen) Erhaltung vorhandener Ortsteile (vgl. § 1 Abs. 5 Nrn. 4 u. 5 BauGB). Ferner trägt er den Interessen der Grundstückseigentümer im Plangebiet an einer angemessenen Ausnutzung ihrer Grundstücke hinreichend Rechnung.

3.2 Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind auch die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung mit § 1 Abs. 6 BauGB vereinbar. Die Ausweisung eines Kerngebiets ist weder im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis zu beanstanden.

3.2.1 Die Antragsgegnerin hat das als Entscheidungsgrundlage erforderliche Abwägungsmaterial erhoben.

Sie hat zunächst die vorhandenen Nutzungen im Plangebiet detailliert und zutreffend ermittelt. Im Zuge der vorbereitenden Untersuchungen zur Erweiterung des Sanierungsgebiets Innenstadt wurde der Nutzungsbestand der einzelnen Gebäude in der Straße differenziert nach Geschossen festgestellt (vgl. Bericht der Kommunalentwicklung Bad.-Württ. vom Juni 1986 mit Anlagenband).

Diese Feststellungen decken sich mit denen des Berichterstatters beim Augenschein und dem im Anschluß daran vorgelegten Plan "Bestandsaufnahme" der Antragsgegnerin vom Juni 1993.

Danach ergibt sich für die Nutzung der Gebäude in der Straße ein uneinheitliches Bild. In den Hintergebäuden der Bebauungsblöcke auf der Westseite befinden sich nur Betriebs- oder Nebenräume (Werkstatt, Schuppen, Lager), lediglich im Haupt- und im Nebengebäude der Antragsteller zu 1 und 2 wird gewohnt. In den Vorder- und Seitengebäuden auf der westlichen und den Altgebäuden auf der östlichen Straßenseite ist teilweise in allen (Gebäude Nrn. 6, 12, 14, 3 und 5), teilweise in einzelnen Geschossen (Gebäude Nrn. 2, 4, 8, 14/1, 16) Wohnnutzung anzutreffen. Neben dem Wohnen wird die Straße aber auch deutlich durch andere Nutzungen geprägt. So sind mehrere Etagen der Gebäude mit Büros, Praxen und sozialen Einrichtungen belegt (Altgebäude Nrn. 8 und 14, Neubau Nr. 1/1). Außerdem sind 3 Gaststätten mit nicht nur gebietsbezogenem Charakter (Altgebäude Nrn. 2 und 7 sowie Neubau Nr. 1/1) und ein Hotel mit 13 Fremdenzimmern vorhanden (Gebäude Nr. 7). Schließlich sind im Gebiet ein Teppichgeschäft (Neubau Nr. 1/1), das Büro eines Taxibetriebs (Gebäude Nr. 10) sowie die Geschäfts- und Werkstatträume einer Propangashandlung angesiedelt (Gebäude Nr. 4).

Zusammenfassend weist das MK 2 damit außer Wohnelementen auch Merkmale eines mit Mischgebiets (Gaststätten, Einzelhandelsbetrieb, Taxibetrieb, vgl. § 6 Abs. 2 Nrn. 3-4 BauNVO) und teilweise auch eines Gewerbegebiets auf (Propangashandlung, vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) auf. Das große Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. (Gebäude Nr. 1/1) trägt zudem schon jetzt deutliche Züge eines Kerngebiets (vgl. § 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BauNVO).

3.2.2 Auch die allgemeine Bewertung des MK 2-Gebiets durch die Antragsgegnerin (städtebauliche Bestandsaufnahme) kann nicht beanstandet werden. Die -Straße ist ein historischer und fast durchgehend bebauter Straßenzug. Die Bebauung wurde ab 1830 als Vorstadt" entlang der damals wichtigsten Verbindungsstraße nach Süden errichtet. Erst 1845, mit dem Bau der ersten Bahnlinie, wurde das Gebiet vom ehemals ummauerten Stadtbezirk getrennt. Diese optische Trennung verstärkte sich später durch den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke und durch die Anlage einer Fußgängerunterführung im Zuge des Brückenbaus der (vgl. zu alldem Anlage A der Stellungnahme zu den Bedenken und Anregungen). Die Antragsgegnerin ist seit langem bestrebt, die optische Zäsur des Stadtgebiets durch die Bahnlinie zu mildern und die "Vorstadt" wieder enger an die Innenstadt anzubinden (vgl. dazu i.e. Anlage A, a.a.O., Nr. 3.2). Aus alldem wird die besondere historische und bauliche Beziehung zwischen der "Vorstadt" und der Kernstadt von deutlich. Auch beim Augenschein des Berichterstatters hat sich der enge Zusammenhang zwischen beiden Stadtteilen bestätigt. Es wurde festgestellt, daß beim Blick von der straße aus die Gebäude beiderseits der Straße gut zu sehen sind, daß die Bebauung beiderseits der Bahnlinie den Eindruck einer städtebaulichen Einheit vermittelt und daß dieser Eindruck der Zusammengehörigkeit selbst durch die Bahnunterführung nicht wesentlich gestört wird.

3.3. Vor diesem Hintergrund ist die Überplanung des MK 2-Bereichs als Kerngebiet auch im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Ziel dieser Festsetzung ist es, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Entwicklung der "Vorstadt" als "integraler Bestandteil des Stadtkerns" zu schaffen (vgl. Begr. S. 1). Flankierend dazu sind bauliche Maßnahmen zur räumlichen Integration des Gebiets in die Innenstadt geplant (Neugestaltung der Fußgängerunterführung, fußgängerfreundlicher Ausbau der Straße). Dieses Plankonzept hält der Senat angesichts der dargelegten engen historischen, optischen und funktionalen Verzahnung zwischen der Vorstadt" und dem "inneren Stadtzentrum" für berechtigt und nachvollziehbar. Es dient zum einen der Erhaltung, zum anderen aber auch der Fortentwicklung eines städtebaulich bedeutsamen zentrumsnahen Ortsteils (vgl. § 1 Abs. 5 Nr. 4 BauGB). Wie sich aus dem Wort "Fortentwickeln" ergibt, war die Antragsgegnerin dabei nicht etwa nur auf die Festschreibung des städtebaulichen "Ist-Zustandes" beschränkt. Denn Bauleitplanung ist kein statisch-beschreibender, sondern ein dynamisch-gestaltender Vorgang. Die Antragsgegnerin durfte die bestehenden Nutzungsverhältnisse in der "Vorstadt" durch den streitigen Bebauungsplan daher in Richtung ihrer städtebaulichen Zielvorstellungen verändern. Diese sind auf eine völlige funktionale Angleichung der Stadtteile beiderseits der Bahnlinie gerichtet und tragen damit auch Tendenzen einer "Erweiterung der Kernstadt" in sich (vgl. Begr. S. 2).

3.3.1 Zur Erreichung dieses Zieles war die Ausweisung eines Kerngebiets in der "Vorstadt" geeignet und auch erforderlich. Nur auf diese Weise läßt sich die angestrebte funktionale Einheit mit dem Stadtgebiet nördlich der Bahnlinie erreichen, in dem kerngebietstypische Nutzungsvielfalt vorherrscht. Eine vergleichbare Nutzungsmischung ließe sich ohne Überplanung, auf der Grundlage des dann maßgeblichen § 34 Abs. 1 BauGB nicht erreichen. Auch durch Ausweisung eines besonderen Wohngebiets (WB) nach § 4 a BauNVO könnte die gewünschte Nutzungsvielfalt nicht gewährleistet werden. In besonderen Wohngebieten sind zwar einzelne kerngebietstypische Nutzungsarten allgemein oder zumindest ausnahmsweise zulässig (vgl. § 4 a Abs. 2 Nrn. 2 bis 5 Abs. 3 BauNVO). Dessen ungeachtet müssen besondere Wohngebiete aber vorwiegend dem Wohnen dienen. Die Wohnnutzung stellt mithin die Hauptnutzung dar, der die übrigen Nutzungsarten nach- und untergeordnet sind (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 4 a RdNr. 12). Dies bedeutet, daß die Wohnnutzung in besonderen Wohngebieten nicht nur erhalten, sondern im Regelfall auch fortentwickelt, daß ihr Gewicht qualitativ und quantitativ verstärkt werden soll (vgl. § 4 a Abs. 1 BauNVO sowie VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 15.8.1991 - 8 S 1553/91 -; vgl. auch Fickert/Fieseler, a.a.O., § 4 a RdNr. 11).

Eine derartige Dominanz der Wohnnutzung wird von der Antragsgegnerin im MK 2 aber gerade nicht angestrebt. Nach ihren Vorstellungen soll das Wohnen zwar weitgehend möglich bleiben. Es soll jedoch keine räumlich-funktionale Priorität gegenüber anderen innerstädtischen Nutzungen erhalten. Vielmehr sollen die Erdgeschosse aller Gebäude ausschließlich für innerstädtische Nutzungen reserviert werden und auch in den übrigen Geschossen sollen solche Nutzungen - neben dem Wohnen - uneingeschränkt möglich sein. Auf diese Ziele ist aber nur der Baugebietstypus des Kerngebiets zugeschnitten, nicht aber der Typ des besonderen Wohngebiets. Kerngebiete erfassen dabei nicht nur die am Erscheinungsbild von Großstädten orientierten eigentlichen "City-Bereiche" einer Gemeinde. Kerngebiete eignen sich vielmehr auch für angrenzende oder räumlich eigenständige Bereiche einer Gemeinde, die sich - wie hier - infolge ihrer historisch gewachsenen Strukturen oder aufgrund städtebaulich-funktionaler Besonderheiten als Treff- und Kristallisationspunkt städtischen Lebens anbieten (so zu Recht auch Fickert/Fieseler, a.a.O., § 7 RdNr. 1.1. m.w.N.). In einem besonderen Wohngebiet könnten Wohnungen im Erdgeschoß hingegen nur unter den besonderen und hier problematischen Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO ausgeschlossen werden (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 4.6.1991, BRS 52, Nr. 9; NK-Urteil des Senats vom heutigen Tag - 3 S 355/92 -). Ferner müßte für den Wegfall von Wohnnutzungen in den Erdgeschossen möglicherweise an anderer Stelle ein Ausgleich an Wohnflächen geschaffen werden (zu dieser Problematik vgl. Beschluß des Senats vom 4.3.1981 - 3 S 640/80 -).

3.3.2 Durch die Überplanung als Kerngebiet werden auch die Interessen der Eigentümer und Bewohner des MK 2 dem allgemeinen und der Antragsteller im besonderen nicht unangemessen zurückgesetzt.

Der Bebauungsplan läßt Wohnungen in sämtlichen Ober- und Dachgeschossen aller Gebäude des Plangebiets ausdrücklich zu. Damit bleiben die bestehenden Wohnungen in diesen Geschossen unangetastet. Ferner können in diesen Bereichen auch neue Wohnungen geschaffen werden. Dies gilt auch für die Hintergebäude in den Baublöcken westlich der Straße. Die Grundstückseigentümer gewinnen dort durch den Bebauungsplan Planungssicherheit. Denn es ist zweifelhaft, ob die derzeit gewerblich oder als Nebenräume genutzten Hintergebäude nach früherer Rechtslage (§ 34 Abs. 1 BauGB) in Wohnungen hätten umgebaut werden dürfen. Bei der Bebauung oder Nutzungsänderung im Inneren eines Bebauungsblocks oder auf "in zweiter Reihe" liegenden Grundstücken kommt es für die Beurteilung, ob sich ein Vorhaben i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Umgebungseigenart einfügt, nämlich nicht nur darauf an, ob und in welcher Tiefe eine Bebauung überhaupt vorhanden ist, sondern es ist auch auf die Art der vorhandenen baulichen Nutzung im Blockinneren abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 4.2.1986, BRS 46, Nr. 64; Urteil des Senats vom 14.11.1990 - 3 S 1961/90 -).

Der Ausschluß der Wohnnutzung in Erdgeschossen berührt die vorhandenen Erdgeschoßwohnungen insoweit nicht, als diese Bestandsschutz genießen. Der Bestandsschutz ist Ausfluß des verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsrechts (Art. 14 GG). Er trägt den Interessen der Grundstückseigentümer an der Aufrechterhaltung bisher formell oder materiell baurechtmäßiger Anlagen ausreichend Rechnung (vgl. auch Sauter, LBO, § 59 RdNr. 47 m.w.N.). Hinsichtlich der Aufrechterhaltung einer schon bisher rechtswidrigen Wohnnutzung und daher nicht bestandsgeschützten Wohnnutzung sind die Eigentümer nicht schutzwürdig.

Durch die Ausweisung des Kerngebiets sind auch keine für die vorhandenen Wohnungen unzumutbaren Lärmimmissionen zu befürchten. Mit einer erheblichen Zunahme des gebietsinternen Lärmes muß nicht gerechnet werden. Zudem ist das Plangebiet schon jetzt diesbezüglich vorbelastet. Die Straße beherbergt, wie dargelegt, seit längerem drei Gaststätten mit nicht nur gebietsbezogenem Einzugsbereich sowie Einzelhandelsbetriebe und ein Hotel. Die Geräusche künftig hinzutretender kerngebietstypischer Einrichtungen werden sich in vertretbaren, vornehmlich auf die Tageszeit beschränkten Grenzen halten. Vergnügungsstätten mit ihren typischerweise auch nachts auftretenden Geräuschimmissionen sind nach dem Bebauungsplan ausgeschlossen (zur Zulässigkeit eines solchen Ausschlusses, vgl. etwa BVerwG, Beschluß vom 29.7.1991, BRS 52, Nr. 14). Im übrigen ist das MK 2 auch in seinen "Außenbeziehungen" (Nähe zu den gewerblichen Nutzungen im heutigen GEg und auf dem Grundstück Flst.-Nr. und zu Hauptverkehrsstraßen deutlich immissionsvorbelastet.

4. Schließlich ist auch die Festsetzung der öffentlichen Grünfläche im Bereich des bachs einschließlich des begleitenden öffentlichen Gehwegs nicht zu beanstanden. Die Grünflächenplanung schreibt im wesentlichen den bisherigen Zustand fest und sichert ihn durch Baumerhaltungsgebote planerisch ab. Sie dient damit den Interessen des Umweltschutzes und der Ortsbildgestaltung (vgl. § 1 Abs. 5 Nrn. 7 u. 4). In dieser Eigenschaft (optische Zäsur gegenüber dem MK 1) kommt die Grünflächenplanung auch den Antragstellern zugute. Der öffentliche Gehweg knüpft ebenfalls an einen vorhandenen Fußweg an. Er verbindet die Straße bzw. den Festplatz mit der Straße und den westlich anschließenden Gewerbegebieten. Insofern dient er den Belangen des Verkehrs und der Verkehrssicherheit. Ansonsten müßten Fußgänger teilweise erhebliche Umwege entlang der stark befahrenen straße in Kauf nehmen. Daß gelegentlich auch Benutzer der Diskothek, die ihre Fahrzeuge auf dem Festplatz abstellen, den Fußweg benutzen, ist den Antragstellern zuzumuten. Die Verhältnisse werden sich insofern durch den Bebauungsplan für sie nicht verschlechtern, sondern eher verbessern, da in der Nähe der Diskothek erstmals private Stellplätze geplant sind. Im übrigen bringt der öffentliche Fußweg für die Antragsteller aber erhebliche Vorteile. Der Bebauungsplan sieht vor, daß er auch für Anlieger befahrbar ist. Damit werden die Grundstücke der Antragsteller erstmals von Westen her erschlossen. Bisher bestanden nur Übergangs- und Überfahrtsrechte über Privatgrundstücke (vgl. Begr. S. 5).