OLG Zweibrücken, Urteil vom 02.06.2005 - 4 U 256/04
Fundstelle
openJur 2012, 135729
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 13. September 2004 geändert:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I. Der Verfügungskläger vertreibt angeblich über das Internet "Elektronikartikel aus dem Multimediabereich". Die Verfügungsbeklagte vertreibt Gegenstände der Unterhaltungselektronik. Der Verfügungskläger beanstandet verschiedene Klauseln der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten als wettbewerbswidrig und hat beantragt, ihr im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, diese zu verwenden.

Durch Urteil vom 13. September 2004, auf das zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) entsprechend den Anträgen des Verfügungsklägers erkannt.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Verfügungsbeklagte das Urteil in vollem Umfang.

Sie rügt die Rechtsauffassung des Landgerichts. Insbesondere wendet sie sich gegen die Annahme der Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen, dass der Verfügungskläger sachbefugt sei. Hierzu wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Ergänzend trägt sie vor: Der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers habe in den Jahren 2003/2004 in ähnlicher Weise namens anderer, meist unbekannter oder unauffindbarer Firmen Abmahnverfahren durchgeführt.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Ergänzend hat er vorgetragen:

Er verkaufe über das Internet wieder Elektronikartikel.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte keinen Anspruch auf Untersagung der beanstandeten allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Das Landgericht hat angenommen, der Verfügungskläger sei sachbefugt, weil er ein Mitbewerber der Verfügungsbeklagten sei. Er habe sein Gewerbe am 17. Juni 2004 bei der zuständigen Stadtverwaltung M... angemeldet und an Eides statt versichert, dass er über das Internet Umsätze erziele. Dem stehe nicht entgegen, dass er für seine Geschäfte bislang nur eine Rechnung habe vorlegen können und in Fachkreisen unbekannt sei. Das könne mit der kurzen Dauer seines Geschäftsbetriebs erklärt werden.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Verfügungskläger ist kein Mitbewerber der Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger ist für die Geltendmachung des vorliegenden Unterlassungsanspruchs nicht sachbefugt im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Nach dieser Vorschrift ist jeder "Mitbewerber" sachbefugt. Mitbewerber ist nach § 2 Nr. 3 UWG jeder Unternehmer, der mit einem anderen Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Ein solches Wettbewerbsverhältnis muss auch noch in der letzten mündlichen Verhandlung fortbestehen (BGH GRUR 1995, 697; WRP 2001, 148; Köhler in Baumbach/Hefermehl UWG 23. Aufl. § 8 Rdnr. 3.29 m.w.N.). Der Verfügungskläger war im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13. September 2004 kein Mitbewerber der Verfügungsbeklagten.

Sein Prozessbevollmächtigter hat damals erklärt, der Kläger verkaufe "gegenwärtig" keine HiFi-Produkte mehr, weil ihm sein Großhändler "abhanden" gekommen sei. Mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit erlosch das Wettbewerbsverhältnis und damit auch die wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis des Verfügungsklägers (BGH GRUR 1995, aaO). Zwar hat der Verfügungskläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet, er übe sein Gewerbe wieder aus. Das hat er jedoch nicht glaubhaft gemacht. Zum Nachweis hat er lediglich Computerausdrucke seiner Homepage vorgelegt, was - wie ausgeführt werden wird - nicht genügt.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Verfügungskläger noch nie ein Mitbewerber der Verfügungsbeklagten war, obgleich dieser Begriff weit auszulegen ist (BGH WRP aaO).

Hierfür genügt weder die von ihm vorgelegte Gewerbeanmeldung vom 17. Juni 2004 (vgl. BGH GRUR 1995, aaO; Köhler aaO), noch die Eröffnung eines "Internetshops" (vgl. Thüringer OLG Jena Beschluss vom 18. August 2004 - 2 W 355/04 -). Denn jeder Verbraucher kann einen solchen Online-Shop zum Zwecke (privater) Veräußerungen im Internet gegen Zahlung einer geringen Monatsgebühr "eröffnen", so dass hierbei anders als bei der Eröffnung eines Ladenlokals keine Vermutung für eine ausreichende gewerbliche Tätigkeit spricht. Daher bedarf es im Falle des "Betreibens" eines solchen Gewerbes der Darlegung und Glaubhaftmachung weiterer konkreter Umstände, die für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit sprechen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass glaubhaft gemacht wird, dass den Online-Shop tatsächlich ein Gewerbetreibender und nicht etwa ein privater Letztverbraucher betreibt, dem es um den Verkauf eigener Gegenstände geht (Thüringer OLG Jena aaO).

Der Verfügungskläger hat keine weiteren Umstände dargelegt oder glaubhaft gemacht, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass er ein Gewerbetreibender sei.

Zum Nachweis seines angeblichen Geschäftsbetriebes konnte er lediglich eine Rechnung (vom 18. August 2004) vorlegen. Er hat das im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12. September 2004 damit zu erklären versucht, dass sein Geschäftsbetrieb wegen massiver Verleumdungsaktivitäten eines anderen, abgemahnten Mitbewerbers zurückgegangen sei; sein Warenangebot sei noch bis vor kurzem "weitaus umfangreicher" gewesen. Mit eidesstattlicher Versicherung vom 11. September 2004 hat der Verfügungskläger indes behauptet, sein "kleines Unternehmen" sei gewachsen. Dieser Vortrag ist widersprüchlich. Er genügt nicht zum Nachweis, dass der Verfügungskläger mit der Verfügungsbeklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.

Dagegen spricht auch, dass die Verfügungsbeklagte unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Verfügungskläger im Internet nicht auffindbar sei; seine Homepage weise weder eine Telefon- noch eine Telefaxnummer auf; sein "Firmensitz" befinde sich in einem Wohnhaus in M..., das keinen Hinweis auf die Firma des Verfügungsklägers enthalte.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,-- € festgesetzt.