VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.08.1993 - 8 S 773/93
Fundstelle
openJur 2013, 8769
  • Rkr:

1. Es ist kein Nachteil im Sinne von § 47 Abs 2 S 1 VwGO, wenn Grundstückseigentümer befürchten, die angegriffene Bebauungsplanänderung könne Anlaß zu weiteren Änderungen an anderer Stelle geben, von denen sie dann (möglicherweise) betroffen wären.

2. Eine Gemeinde darf auch hinreichend gewichtige private Belange zum Anlaß einer Bebauungsplanänderung nehmen.

3. Es ist regelmäßig nicht abwägungsfehlerhaft, wenn im Hinblick auf Undichtigkeiten an Flachdächern und die Möglichkeit eines Ausbaus von Dachgeschossen nunmehr Satteldächer festgesetzt werden, auch wenn dadurch die Aussichtslage der Oberliegergebäude teilweise eingeschränkt wird.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan "S" der Antragsgegnerin vom 1.12.1992. Sie befürchten teilweise eine Verschlechterung ihrer Aussicht durch eine Änderung der Festsetzung von Flachdächern in Satteldächer für Gebäude unterhalb ihrer Grundstücke; teilweise tragen sie vor, bei einer künftigen ähnlichen Änderung des benachbarten Bebauungsplans "E" müßten sie mit Wertverlusten für ihre Grundstücke rechnen.

Im einzelnen gilt folgendes: Der Antragsteller 1 ist Eigentümer, die Antragstellerin 2 Mitbewohnerin des Grundstücks Flst. Nr. (S straße) im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans. Die Grundstücke der Antragsteller 3 und 4 (G 8), 5 (I), 6 und 7 (G) 14 und 15 (S straße) sowie 18 (I) liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans "E" oberhalb der Gebäude, für die nunmehr Satteldächer vorgesehen sind. Die Grundstücke der Antragsteller 8 - 13 (E) liegen ebenfalls im Bereich des Bebauungsplans "E", jedoch oberhalb anderer vom angegriffenen Bebauungsplan nicht betroffener Grundstücke. Das Grundstück der Antragsteller 19 und 20 (A) liegt mehrere hundert Meter westlich vom Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans entfernt.

Bis zum Erlaß des Bebauungsplans "S" galt für dieses Gebiet der Bebauungsplan "E" vom 22.1.1974, der insoweit Flachdächer festsetzte, während er für die oberhalb liegenden Grundstücke Satteldächer vorsah. Dieser Planung waren zahlreiche Geländeschnitte beigefügt. Damals geäußerten Wünschen von einzelnen Bauwilligen, statt der Flachdächer Satteldächer zu ermöglichen, wurde nicht Rechnung getragen. Bereits 1975 wurde für einen Bereich zwischen den Straßen I und S straße oberhalb eines Teils des jetzt angegriffenen Bebauungsplans eine Änderung der Festsetzung von Flachdächern zu Satteldächern vorgenommen. Hiervon sind u.a. die Grundstücke der Antragsteller 3, 4, 5 und 18 betroffen.

Der Bebauungsplan "S" sieht nunmehr durchgängig Satteldächer mit Dachneigungen von 18-22C bzw. 21-27C vor; zugleich erweitert er das allgemeine Wohngebiet um bisher nicht einbezogene Flächen.

Dem Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:

Im Jahre 1990 traten erneut mehrere Eigentümer im Geltungsbereich des jetzigen Bebauungsplans "S" an die Gemeinde mit der Bitte heran, ihre Gebäude mit Satteldächern versehen zu dürfen, um Undichtigkeiten zu beseitigen und zusätzlichen Wohnraum schaffen zu können. Dies sowie ein Wunsch der L GmbH, weitere Grundstücke bebauen zu können, veranlaßte die Antragsgegnerin, am 2.7.1991 die Aufstellung des Bebauungsplans zu beschließen.

Gegen die vorgesehene Planung erhoben unter anderem die Antragsteller Bedenken, mit denen sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 1.12.1992 auseinandersetzte: Ihr Vertrauen in die Aufrechterhaltung des geltenden Bebauungsplans werde verletzt; da nicht alle Grundstückseigentümer von der Möglichkeit, die Dächer umzuwandeln, Gebrauch machen würden, werde eine städtebauliche Unordnung entstehen, die auch zu einer Wertminderung ihrer Grundstücke führen werde. Die Besonnung und die hervorragende Fernsicht würden in Mitleidenschaft gezogen.

Der Gemeinderat gelangte demgegenüber zu dem Ergebnis, der Bebauungsplan führe zu einer Anpassung des Erscheinungsbilds. Durch die Geländeschnitte und -abwicklungen könne nachgewiesen werden, daß sich die möglichen Satteldächer gut in das Baugebiet einfügen ließen und daß dabei hinreichend auf die Interessen der Nachbarn Rücksicht genommen worden sei. Bei sämtlichen Gebäuden sei die Höhenbegrenzung durch Festsetzung eines Lichtraumprofils erfolgt. Daher sei eine Wertminderung der Grundstücke nicht zu erwarten.

An der Sitzung des Gemeinderats vom 1.12.1992, in der der Bebauungsplan als Satzung beschlossen wurde, nahm auch Stadtrat K teil, obwohl er sich in den Sitzungen des Technischen Ausschusses vom 1.9.1992 und des Gemeinderats vom 15.9.1992 für befangen erklärt hatte. Hierzu erläuterte die Antragsgegnerin gegenüber dem Regierungspräsidium S, zunächst habe auch eine Eingabe des Bruders von Herrn Stadtrat K gegen den Bebauungsplan vorgelegen, so daß sich der Stadtrat für befangen erklärt habe. Mit Schreiben vom 31.10.1992 habe der Bruder seine Unterschrift unter die Eingabe jedoch zurückgenommen, so daß der Stadtrat zum Zeitpunkt des maßgeblichen Beschlusses nicht mehr befangen gewesen sei. Daraufhin teilte das Regierungspräsidium S mit Schreiben vom 17.2.1993 mit, eine Verletzung von Rechtsvorschriften werde nicht geltend gemacht. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 18.3.1993.

Am 30.3.1993 haben die Antragsteller ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie beantragen

den Bebauungsplan "S" der Stadt W vom 1.12.1992 für nichtig zu erklären.

Zur Begründung tragen sie vor: Durch den Bebauungsplan erlitten sie einen Nachteil. Ihre Interessen seien bei der Änderung völlig unberücksichtigt geblieben. Sie hätten ihre Grundstücke im Vertrauen darauf erworben, daß die bestehende und im früheren Plan ausdrücklich erwähnte Aussicht von den Gebäuden nicht beeinträchtigt werde. Bei Kenntnis der jetzt vorgenommenen Planung hätten sie damals nicht der Umlegung zugestimmt. Die Beeinträchtigung der Aussichtsverhältnisse sei vor allem in den Untergeschossen keineswegs nur geringfügig. Auch die Belichtung und Besonnung werde sich verschlechtern. Der Plan sei nicht erforderlich, da durch ihn kein zusätzlicher, anderen als den bisherigen Bewohnern zugute kommender, Wohnraum geschaffen werde, denn es fehle an getrennten Eingängen zu den jetzt möglichen Wohnräumen im Dachgeschoß. Eine Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes werde nicht erreicht werden können, da eine Aufstockung nicht bei allen Flachdachgebäuden technisch möglich sei; im Gegenteil werde ein planloses Durcheinander entstehen. Anlaß für die Änderung des Bebauungsplans sei in Wahrheit der Wunsch einzelner Hauseigentümer, ein Satteldach errichten zu dürfen, da an ihren Flachdächern Undichtigkeiten entstanden seien. Dies sei aber ein ausschließlich privates Problem, welches eine Umplanung nicht rechtfertige. Durch die Mitwirkung des Stadtrats K an der Beschlußfassung vom 1.12.1992 sei der Bebauungsplan ferner verfahrensfehlerhaft zustandegekommen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Soweit überhaupt ein Nachteil der Antragsteller zu bejahen sei, seien die Anträge jedenfalls unbegründet. Als Folge früherer Festsetzungen und Änderungen liege das von der Änderung betroffene Gebiet städtebaulich "wie eine Zahnlücke im Satteldachgebiet". Zielsetzung der Gemeinde sei die Schließung dieser Lücke, wobei sich die Interessen der Eigentümer von Flachdachgebäuden mit ihren öffentlichen Interessen deckten. Zwar könne im einen oder anderen Fall eine gewisse Einschränkung des bisherigen Sichtfeldes eintreten, dies müßten die Oberlieger jedoch hinnehmen. Denn um eine besonders schützenswerte Aussichtslage in Form eines Berg- oder Seepanoramas handele es sich nicht; die Bewohner schauten in der Regel über das im Tal liegende Dorf hinweg auf den bewaldeten Höhenzug des jenseitigen Talhanges. Aus den Schnittzeichnungen des Stadtplanungsamts vom 10.4.1992 ergebe sich, daß eine im Hauptwohngeschoß sitzende Person horizontal freie Sichtbeziehung über die höchste planungsrechtlich zulässige Gebäudehöhe des Unterliegergrundstücks habe. Eine städtebauliche Unordnung könne dem Bebauungsplan nicht entgegengehalten werden. Bereits der ursprüngliche Bebauungsplan habe Bereiche mit Flachdachbebauung und solche mit Satteldachbebauung vorgesehen. Wenn nunmehr allmählich Flachdachgebäude in solche mit Satteldach umgewandelt würden, entstehe dadurch kein ästhetisch unerwünschtes Ergebnis. Eine gewisse Nachverdichtung des vorhandenen Wohngebiets liege durchaus im öffentlichen Interesse, zumal die Gemeinde dem Ballungsraum S zuzurechnen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Bebauungsplanakten sowie der gewechselten Schriftsätze, in denen u.a. auf die einzelnen Grundstücke näher eingegangen wird, verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet gem. § 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO durch Beschluß. Er hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist und die Beteiligten, die auf diese Verfahrensweise hingewiesen wurden, eingehend zu den maßgeblichen Rechtsfragen Stellung genommen haben.

Die nur teilweise zulässigen Anträge bleiben jedenfalls in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Anträge der Antragsteller 8 - 13, 19 und 20 sind unzulässig. Ihre Grundstücke befinden sich oberhalb von durch den angegriffenen Bebauungsplan nicht betroffenen Grundstücken bzw. (bei den Antragstellern 19 und 20) mehrere hundert Meter vom durch den Bebauungsplan "S" festgesetzten allgemeinen Wohngebiet entfernt. Eine unmittelbar durch den Bebauungsplan "S" erfolgende Veränderung der Situation ihrer Grundstücke ist in keiner Weise ersichtlich und wird von ihnen auch nicht behauptet. Sie tragen vielmehr vor, die jetzt erfolgte Beschlußfassung könnte die Antragsgegnerin veranlassen, zu einem späteren Zeitpunkt auch für ihre Grundstücke Satteldächer festzusetzen. Dies wäre jedoch nicht Folge des im vorliegenden Verfahren angegriffenen Bebauungsplans, sondern erst eines völlig eigenständigen Entschlusses der betroffenen Gemeinde in einem weiteren Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Nachteil würde somit nicht durch den jetzt angegriffenen Bebauungsplan entstehen, sondern erst durch den möglicherweise später beschlossenen. Dieser weitere Entschluß würde auch nicht der notwendigen Bewältigung von Konflikten dienen, die durch den jetzt beschlossenen Bebauungsplan aufgeworfen werden (hierzu vgl. BVerwG, Beschluß v. 14.2.1991 - 4 NB 25.89 -, BRS 52 Nr. 39 = BoBauE § 47 VwGO Nr. 19).

Davon abgesehen ist in dem dem Senat vorliegenden Exemplar des Bebauungsplan "E" (Anlage 4 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 22.4.1993) für die Grundstücke der Antragsteller 8 - 13 ohnehin die Festsetzung "SD" also Satteldach eingetragen, so daß die befürchtete Regelung offenbar schon jetzt besteht. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung, da die Anträge aus den genannten Gründen ohnehin unzulässig und aus den noch darzulegenden Erwägungen auch unbegründet sind.

Die Grundstücke der Antragsteller 19 und 20 liegen überdies so weit entfernt, daß ohnehin jeglicher städtebaulicher Zusammenhang zum angegriffenen Bebauungsplan fehlt.

2. Hinsichtlich der übrigen Antragsteller geht der Senat zu deren Gunsten davon aus, daß die auch nur teilweise Einschränkung in der früher möglichen Aussichtslage geeignet ist, einen Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO zu begründen, da die Antragsgegnerin gehalten war, dieses Interesse in ihre Abwägung einzustellen (Vgl. hierzu den Senatsbeschluß vom 28.12.1990, VBlBW 1991, 261). Auch für die Antragstellerin 2 als ständige Mitbewohnerin im Gebäude des Antragstellers 1 kann ein Nachteil unterstellt werden (vgl. zur Rechtsposition eines Mieters auch BVerwG, Beschl. v. 11.11.1988 - 4 NB 5/88 -, NVwZ 1989, 553 = VBlBW 1989, 254 = BoBauE § 47 VwGO Nr. 9).

Die Anträge sind jedenfalls unbegründet.

Der Bebauungsplan ist verfahrensfehlerfrei zustandegekommen.

Dem steht nicht entgegen, daß Stadtrat K am Satzungsbeschluß teilgenommen hat, denn zu diesem Zeitpunkt hatte sein Bruder seine Unterschrift unter eine Eingabe gegen den Bebauungsplan bereits wieder zurückgezogen, so daß er jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht befangen war. Denn von der genannten Eingabe abgesehen, ist kein Gesichtspunkt vorgetragen oder ersichtlich, der dafür spräche, daß der Bebauungsplan dem Bruder des Stadtrats gem. § 18 GemO einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen könnte.

Der Bebauungsplan ist auch inhaltlich mit höherrangigem Recht vereinbar.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Aufstellung eines Bebauungsplans sei vorliegend nicht erforderlich gewesen. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne, zu denen auch die Bebauungspläne zählen, aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist. Dies ist der Fall, soweit sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sind (BVerwG, Urt. v. 7.5.1971 -4 C 76.67 -, NJW 1971, 1626). Das Merkmal der Erforderlichkeit stellt "praktisch nur bei groben und bei einigermaßen offensichtlichen Mißgriffen eine Schranke der Planungsbefugnis" dar (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, Rdnr. 20f. zu § 1). Ein derartiger Mißgriff liegt hier offensichtlich nicht vor. Denn es ist einer Gemeinde keineswegs verwehrt, einen Plan als Folge entsprechender Wünsche betroffener Grundstückseigentümer aufzustellen oder zu ändern; in der Praxis werden derartige Anregungen sogar häufig Auslöser von Aufstellungsverfahren sein. Der 5. Senat des beschließenden Gerichtshofs hat darüber hinaus bereits in seinem Normenkontrollbeschluß vom 30.7.1987, (5 S 2906/86 - VBlBW 1988, 73 = NVwZ-RR 1988, 72 = ZfBR 1988, 53 = BRS Bd. 47, 35) hervorgehoben, die Erfahrung der letzten Jahrzehnte, daß Flachdächer in Mitteleuropa gegen die Einflüsse der Witterung nur mit hohem Aufwand gesichert werden können, sei eine genügende planerische Rechtfertigung für die Änderung eines Bebauungsplans, die an Stelle von Flachdächern geneigte Dächer vorschreibt (ebenso Beschluß des 3. Senats v. 18.6.1990 - 3 S 307/90 -, VBlBW 1991, 25).

Maßstab für die inhaltliche Kontrolle ist somit das Abwägungsgebot gem. § 1 Abs. 6 BauGB. Auch gegen dieses ist nicht verstoßen worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der beschließende Senat in ständiger Praxis angeschlossen hat, ist die vom Satzungsgeber vorzunehmende Abwägung verwaltungsgerichtlich nur darauf überprüfbar, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mußte, ob die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belanges entscheidet (vgl. grundlegend BVerwGE 34, 301 und 45, 309).

Weder der Abwägungsvorgang noch das Abwägungsergebnis verstoßen gegen diese Grundsätze.

Dabei kann zugunsten der Antragsteller davon ausgegangen werden, daß der Bebauungsplan "E" in seiner 1974 beschlossenen Form bewußt auch im Interesse der Grundstückseigentümer eine bestimmte Höhenabwicklung vorsah, so daß die spätere Änderung der Aussichtsmöglichkeiten in einem Änderungsplan abwägungserhebliche Belange der Antragsteller berührte (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.7.1987, a.a.O.; Beschl. v. 18.6.1990 a.a.O.). Daraus folgt, daß die entsprechenden Interessen der Oberlieger in den Abwägungsvorgang einzubeziehen waren, ohne daß ihnen allerdings ein uneingeschränkter Schutz ihrer Erwartung, es werde keine Veränderung vorgenommen, zuzubilligen wäre. Daß ein derartiger Vertrauensschutz nicht besteht, hat der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 28.12.1990 - 8 S 2604/89 - VBlBW 1991, 261 = NuR 1992, 31 und vom 7.5.1987 - 8 S 1542/86 - hervorgehoben.

Bei der Bewertung der in die Abwägung einzubeziehenden Position der Antragsteller ist ferner zu berücksichtigen, daß es sich vorliegend nicht um ein besonderes Berg- oder Seepanorama (vgl. demgegenüber die Aussichtslage in zweiter Häuserreihe am Bodensee im Senatsbeschluß vom 28.12.1990, a.a.O.) handelt, sondern um die in badischen und württembergischen Lagen häufig anzutreffende Situation, daß von den Häusern aus der bewaldete Höhenzug des gegenüberliegenden Talhangs zu sehen ist. Ferner ist zu beachten, daß die Belichtung und Besonnung der Gebäude der Oberlieger, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, nicht beeinträchtigt werden.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat auch nicht verkannt, daß teilweise "die Sichtbeziehungen verschlechtert werden", dies ist ihm ausweislich der Niederschriften anhand eines Querschnitts auch erläutert worden. Wenn er sich dennoch dafür entschieden hat, sowohl im privaten Interesse der Grundstückseigentümer an der Vermeidung von Dichtungsschäden und der Schaffung weiteren Wohnraums als auch im öffentlichen Interesse an der Wohnraumbeschaffung die angegriffene Änderung vorzunehmen, so ist dies gerichtlich nicht zu beanstanden.

Die Antragsteller tragen hierzu vor, im Vordergrund hätten allein die privaten Interessen der Unterlieger gestanden, das öffentliche Interesse sei nur vorgeschoben. Dieser Einschätzung folgt der Senat nicht. Denn auch die Schaffung von weiterem Wohnraum innerhalb vorhandener Gebäude durch den Ausbau von Dachgeschossen entlastet den gerade im Großraum Stuttgart bekanntermaßen besonders angespannten Wohnungsmarkt und dient damit öffentlichen Interessen (vgl. auch § 4 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG i.d.F. der Bekanntmachung vom 6.5.1993, der gerade den Ausbau von Dachgeschossen und Untergeschossen erleichtert). Davon abgesehen ist eine Gemeinde auch nicht gehindert, hinreichend gewichtige private Belange zum Anlaß einer Umplanung wie der vorliegenden zu nehmen. Immerhin handelt es sich bei dem Interesse der Antragsteller an der vollständigen Erhaltung ihrer Aussichtslagen ebenfalls um einen privaten Belang, zum anderen haben gerade die Antragsteller selbst davon profitiert, daß für ihre Grundstücke von Anfang an Satteldächer festgesetzt wurden oder diese Regelung später (im Jahre 1975) getroffen wurde. Es widerspräche möglicherweise sogar der Billigkeit, von den Unterliegern für alle Zeiten einen Verzicht auf bauliche Möglichkeiten zu verlangen, die den Oberliegern offenstehen (vgl. den Senatsbeschluß vom 28.12.1990 a.a.O. S. 262). Die vorliegenden Schnittzeichnungen sowie die Ausführungen der Beteiligten zu den einzelnen Grundstücken verdeutlichen ferner, daß sich die Antragsgegnerin darum bemüht hat, die Auswirkungen auf die Grundstücke der Oberlieger in vertretbaren Grenzen zu halten, so daß die Hauptwohngeschosse, wenn auch nicht alle Untergeschosse, weiterhin über privilegierte Sichtbeziehungen verfügen.

Daß das Nebeneinander von Flachdachgebäuden und Satteldachhäusern eine städtebaulich unzulässige Unordnung bewirken müßte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insgesamt sind somit weder der Entscheidungsvorgang noch das Abwägungsergebnis zu beanstanden.