LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.09.2010 - 17 Sa 836/10
Fundstelle
openJur 2012, 136609
  • Rkr:

1. Ein Betriebsübergang i. S. d. § 613a BGB ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Betrieb einer behördlichen Genehmigung bedarf, die nicht auf einen Erwerber übertragen werden kann.

2. Der Übergang eines Flugbetriebs setzt voraus, dass die für den Erhalt des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) erforderliche betriebliche Organisationsstruktur übertragen wird.

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14.01.2010 -23 Ca 13693/09- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision der Klägerin wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen aufgrund eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin war seit dem 1. Juli 1996 bei der D. BA L. mbH (im Folgenden: D.) als Flugbegleiterin gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.200,00 EUR tätig.

Die A. Berlin P. übernahm zum 31. August 2006 die Geschäftsanteile der D., die hierdurch Schwestergesellschaft der Beklagten und u.a. der A. Berlin P. & Co. C. S. KG wurde. Die D. und die Beklagte führten ihre Flugbetriebe zunächst eigenständig fort. Die Beklagte beschäftigte dabei das Cockpitpersonal, während das Kabinenpersonal von der A. Berlin P. & Co. C. S.KG beschäftigt wurde.

In der Folgezeit kam es zu einer unternehmerischen Zusammenarbeit zwischen der D. und der Beklagten. So erbrachte die D. auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages vom 18. April 2007 (Bl. 243 ff. d.A.) Flugleistungen für die Beklagte als "Operating Carrier", d.h., sie überließ die von ihr betriebenen Fluggeräte einschließlich Besatzungen der Beklagten, die diese als "Commercial Carrier" einsetzte. Bei dieser als "ACMI Wet Lease" bezeichneten Zusammenarbeit zweier Luftfahrtunternehmen wird der Flugbetrieb unter der luftverkehrsrechtlichen Verantwortung des "Operating Carriers" abgewickelt, jedoch von dem "Commercial Carrier" vermarktet. Das Fluggerät der D. erhielt in diesem Zusammenhang die Farben der Beklagten und wurde auf der Grundlage eines einheitlichen Flugplans eingesetzt, wobei das Bordpersonal die Uniformen der Beklagten trug. Wegen weiterer Verträge über die unternehmerische Zusammenarbeit zwischen der D. und der Beklagten wird auf die Aufstellung Bl. 439 f. d.A. verwiesen.

Die D. stellte am 30. November 2008 ihren Flugbetrieb ein. Die Beklagte übernahm die von der D. zuletzt betriebenen Strecken, wobei sie die diesbezüglichen Start- und Landerechte (Slots) nutzte; sie stellte zumindest einen Teil der Piloten der D. ein.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie infolge eines Betriebsübergangs in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten stehe. Seit der Übernahme der Geschäftsanteile der D. durch die A. Berlin P. habe die Beklagte schrittweise die Betriebsmittel der D. übernommen. Mit der Übernahme der Strecken der D. unter Nutzung der Slots sei die Übertragung der Betriebsmittel abgeschlossen gewesen. Die Beklagte habe nunmehr den Betrieb der D. fortgeführt. Die Beklagte ist der Klage im Einzelnen entgegengetreten. Sie habe ihren eigenen Flugbetrieb fortgeführt, nicht jedoch den der D. übernommen. Dem stehe bereits entgegen, dass - unstreitig - die für den Flugbetrieb erforderliche Betriebsgenehmigung der D. einschließlich ihres Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) und das Personal, das zum Erwerb des AOC beschäftigt werden müsse, nicht übernommen worden sei. Auch sonst lägen die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht vor. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch ein am 14. Januar 2010 verkündetes Urteil abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen angenommen, ein Betriebsübergang sei bei Luftverkehrsunternehmen ausgeschlossen. Für den Betrieb einer Luftverkehrgesellschaft komme es entscheidend auf die Betriebsgenehmigung an; diese könne jedoch als öffentlich-rechtliche Erlaubnis nicht übertragen werden. Gleiches gelte für die für den Betrieb eines Flugunternehmens notwendigen Slots, die ebenfalls nicht frei übertragbar seien. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 16. Januar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Februar 2010 eingelegte Berufung der Klägerin, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. April 2010 mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin hält die Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für begründet. Die Beklagte habe den Betrieb der D. übernommen; das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei daher auf die Beklagte übergegangen. Mit dem Erwerb der Geschäftsanteile habe die Übertragung der materiellen und immateriellen Betriebsmittel auf die Beklagte begonnen, die mit der Übernahme der restlichen Strecken der D. am 30. November 2008 abgeschlossen gewesen sei. Die Beklagte habe die D. in ihre eigene Vertriebsstruktur eingegliedert und letztlich die Flugzeuge, die Flugrechte sowie die Piloten der D. als wesentliche Betriebsmittel übernommen; auch habe sie über die arbeitsrechtliche Organisations- und Leitungsmacht verfügt. Dies zeige sich an einer Vielzahl von Umständen wie der Übernahme von Flugzeugbestellungen, dem Einsatz eigener Flugzeuge auf Strecken der D., der Vereinheitlichung des Tarifkonzepts, der Übernahme des Vielfliegerprogramms, dem Wegfall der eigenen Marke ab April 2007, wobei die Flüge unter dem AOC der Beklagten geführt worden seien, dem Angebot an die Mitarbeiter der D., zur Beklagten zu wechseln, der Zuständigkeit der Personalabteilung für die Beschäftigten der D., der Überführung der Technikabteilung der D. in eine Tochtergesellschaft der Beklagten, der Standardisierung der Flughandbücher und der Flugverfahren auf den einheitlichen Standard der Beklagten, der Schließung der D.-Verkehrszentrale und der anschließenden Zuständigkeit des "Traffic-Centers" der Beklagten auch für die Crewplanung und -steuerung sowie der Erfassung sämtlicher Flugzeugdaten durch die IT-Abteilung der Beklagten. Die D. habe zudem ihre Slots zunächst an die Beklagte vermietet und sie anschließend übertragen. Schließlich habe die Beklagte ab Juli 2009 sämtliche Piloten der D. beschäftigt. Auf die Übertragung der Betriebsgenehmigung komme es hingegen - so meint die Klägerin - nicht an.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 14. Januar 2010 - 23 Ca 13693/09 - festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis zur D. aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Einem Übergang des Betriebs der D. stehe bereits entgegen, dass sie - die Beklagte - die zum Erhalt einer luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigung erforderliche Organisationsstruktur nicht von der D. übernommen habe. Ohne diese Struktur könne ein Flugbetrieb nicht geführt werden, sie stelle die erforderliche Verknüpfung aller sonstigen Betriebsmittel dar. Es treffe nicht zu, dass Flüge der D. über ihre - der Beklagten - AOC abgewickelt worden seien. Die von der Klägerin für einen Betriebsübergang angeführten Umstände beruhten auf einer vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit mit der D. und deuteten deshalb nicht auf einen Betriebsübergang hin. Sie habe im Übrigen von den 342 Beschäftigten der D. lediglich 83 Piloten, jedoch kein Kabinenpersonal übernommen, was ebenfalls gegen einen Betriebsübergang spreche. Slots stellten keine übertragbaren Betriebsmittel dar, weil es sich um zeitlich begrenzte öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte handele.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 15. April und 22. Juni 2010 nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht gemäß § 613 a Abs. 1 BGB infolge eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, setzt die Vorschrift des § 613 a BGB den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist dabei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Diese besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit übergegangen ist, sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Umstände zu berücksichtigen. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl. hierzu nur BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 8 AZR 158/07 - AP Nr. 367 zu § 613a BGB).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt ein Übergang des Betriebs der D. auf die Beklagte nicht vor.

a) Die Klägerin kann zunächst nicht mit Erfolg geltend machen, ein Betriebsübergang habe seit dem Erwerb der Geschäftsanteile der D. durch die A. Berlin P. begonnen und sei mit der Einstellung des Flugbetriebs der D. im November 2008 beendet worden. Die Eingliederung der D. in den A. Berlin Konzern führte zwar zu einer engen unternehmerischen Zusammenarbeit der D. mit anderen Gesellschaften des Konzerns, in deren Folge die D. ihre Tätigkeit nunmehr als Dienstleister für die Beklagte verrichtete, ihr Flugbetrieb mit dem der Beklagten harmonisiert wurde und zuvor selbst verrichtete Tätigkeiten auf andere Konzernunternehmen übertragen wurden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die D. bis Ende November 2008 in eigener Verantwortung einen Flugbetrieb unterhielt und hierzu mit eigener Betriebsgenehmigung einschließlich AOC Flugzeuge mit eigenem Personal unter Nutzung ihr zugewiesener Slots einsetzte. Der Betrieb der D. hatte sich mit anderen Worten seit der Eingliederung in den A. Berlin Konzern verändert, übernommen wurde er jedoch vor dem November 2008 weder von der Beklagten noch von einem anderen Unternehmen des A. Berlin Konzerns.

b) Die Beklagte hat die wirtschaftliche Einheit, die zuletzt den Flugbetrieb der D. ausmachte, nicht übernommen.

aa) Ein Betriebsübergang scheitert allerdings entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht allein an dem Umstand, dass die Beklagte nicht die Betriebsgenehmigung der D. erhalten hat. Zwar kann ein Flugbetrieb nur mit einer Betriebsgenehmigung durchgeführt werden (§§ 20 ff. Luftverkehrsgesetz), die vom Luftfahrt-Bundesamt erteilt wird und als öffentlich-rechtliche Erlaubnis nicht von einem Betriebsveräußerer auf einen Erwerber übertragen werden kann. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, der genehmigungspflichtige Flugbetrieb könne nicht Gegenstand eines Betriebsübergangs sein (so jedoch Hessisches LAG, Urteil vom 13. Juli 2005 - 17 Sa 2299/04 - Randnr. 220, juris). Wollte man in diesem Zusammenhang allein auf die Genehmigungspflicht einer betrieblichen Tätigkeit abstellen, wäre eine Vielzahl von Betrieben von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 613 a BGB sowie der Richtlinie 2001/23/EG ausgeschlossen. Eine derartige Einschränkung lässt sich dem Wortlaut dieser Bestimmungen nicht entnehmen und stände auch dem Normzweck, den Bestand der Arbeitsverhältnisse und die Ansprüche der Arbeitnehmer bei Betriebsinhaberwechseln zu bewahren, entgegen. Dies bedeutet nicht, dass öffentlich-rechtliche Genehmigungen bei der Feststellung eines Betriebsübergangs außer Betracht zu bleiben haben (vgl. hierzu Wiesbauer, Betriebsübergang und öffentlich-rechtliche Genehmigungen, NZA 2010, 733 ff.). Wird z.B. eine Konzession durch die Behörde auf einen Erwerber von Betriebsmitteln übertragen, kann dies auf einen Betriebsübergang hindeuten. Auch kann eine personenbezogene Erlaubnis derart eng mit der wirtschaftlichen Einheit verknüpft sein, dass mit dem Ende der Erlaubnis auch die wirtschaftliche Einheit erlischt (vgl. BAG, Urteil vom 26. August 1999 - 8 AZR 827/98 - AP Nr. 197 zu § 613a BGB zur Frage des Übergangs eines Notariats). Für die Betriebsgenehmigung nach dem Luftverkehrsgesetz gilt dies jedoch nicht. Sie ist zu erteilen, wenn das Luftfahrtunternehmen die in Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 genannten Bedingungen - Hauptgeschäftssitz in einem Mitgliedsstaat, Inhaber eines AOC, Verfügung über Luftfahrzeuge, Durchführung von Flugdiensten als Haupttätigkeit, bestimmte Unternehmensstruktur, bestimmte Beteiligungsverhältnisse, finanzielle Ausstattung, Zuverlässigkeit - erfüllt. Einem Unternehmen kann daher eine luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigung nach der Übernahme eines Flugbetriebs zu erteilen sein; dies zeigt, dass allein die fehlende Übertragbarkeit der Genehmigung einen Betriebsübergang nicht ausschließt.

bb) Die D. hat ihren Flugbetrieb zuletzt mit den unter ihrer Verantwortung stehenden Fluggeräten, den ihr zugewiesenen Slots, dem von ihr beschäftigten Cockpit- und Kabinenpersonal sowie der Organisationsstruktur, die für den Erhalt des AOC erforderlich ist, betrieben. Die bei einer Gesamtwürdigung zu betrachtende wirtschaftliche Einheit wurde durch diese Bestandteile bestimmt; sie ist als solche nicht auf die Beklagte übergegangen.

(1) Die Beklagte hat allerdings einen größeren Teil des Fluggeräts, den die D. zuletzt einsetzte, nach dem 30. November 2008 für den eigenen Flugbetrieb genutzt. Nach ihrem eigenen Vorbringen (Schriftsatz vom 28. Oktober 2009, S. 28, Anlage B 11) hat sie sechs von 11 Flugzeugen, die unter dem AOC der D. geführt wurden, übernommen. Von den übrigen Flugzeugen wurden danach nur drei über das Jahr 2008 hinaus auf dem AOC der D. geführt, das Ende Mai 2009 erlosch. Was mit diesen Flugzeugen geschah, haben die Parteien nicht vorgetragen. Diesem Umstand kommt jedoch im Hinblick auf den geringen Anteil an der Flotte der D. und der Möglichkeit, Fluggerät zu ersetzen, keine entscheidende Bedeutung zu.

(2) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist es auch nicht von vornherein ohne Belang, dass die Beklagte die der D. zuletzt zugewiesenen Slots nach der Stilllegung des Flugbetriebs der D. nutzte. Allerdings sind auch Slots - ebenso wie die luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigung - nicht frei übertragbar. Es handelt sich um öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte, über deren Zuweisung an einzelne Luftfahrtunternehmen ein Koordinator nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 793/2004 i.V.m. der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 entscheidet. Ein Luftfahrtunternehmen hat lediglich ein Anrecht auf die Zuweisung bestimmter Slots, wenn es dem Koordinator nachweist, dass es sie zuvor zu mindestens 80 v.H. genutzt hat (Art. 8 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 793/2004); dies schließt die Möglichkeit einer Übertragung auf andere Luftfahrtunternehmen nicht ein. Die Übertragung von Slots setzt demgegenüber voraus, dass sie zwischen Unternehmen eines Konzerns erfolgt und - wenn nicht der Erwerb der Kontrolle des Kapitals eines Luftfahrtunternehmens vorliegt - ein Luftfahrtunternehmen "vollständig oder teilweise" übernommen wird (Artikel 8a (1) b) i) iii) der Verordnung (EG) Nr. 793/2004). Auch in diesem Fall wird die Übertragung zwar nur wirksam, wenn sie durch den Koordinator bestätigt wird, wobei die Bestätigung nur abgelehnt werden kann, wenn nach Ansicht des Koordinators die in Art. 8a (2) a) bis b), (3) genannten Umstände nicht sichergestellt sind. Ein Luftfahrtunternehmen hat jedoch unter den genannten Voraussetzungen ein Anrecht auf Bestätigung der Slots. Da es sich bei der Beklagten und der D. um Tochtergesellschaften derselben Muttergesellschaft handelte, war bei einer "vollständigen oder teilweisen" Übernahme durch die Beklagte auch eine Übertragung der Slots von der D. auf die Beklagte möglich. Die Beklagte hat sich nicht im einzelnen dazu verhalten, auf welche Weise ihr die Slots der D. zugewiesen wurden; eine Übertragung nach Art. 8a der Verordnung (EG) Nr. 793/2004 ist damit nicht ausgeschlossen.

(3) Die Beklagte hat das Ende November 2008 von der D. beschäftigte Cockpit- und Kabinenpersonal der D. nicht übernommen. Nach der Behauptung der Klägerin sind die Piloten der D. erst im Juli 2009 und damit acht Monate nach der Einstellung des Flugbetriebs beschäftigt worden, während die Beklagte lediglich die Beschäftigung von 83 Piloten eingeräumt hat. Das Kabinenpersonal der D. wurde von der Beklagten ebenfalls nicht beschäftigt; nach ihren Angaben wurden lediglich 47 Kabinenmitarbeiter von der A. Berlin P. & Co. C. S. KG eingestellt. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, dass eine Übernahme eines wesentlichen Teils des für den Flugbetrieb der D. erforderlichen Personals erfolgt ist. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang allerdings einen Betriebsübergang schon deshalb für ausgeschlossen hält, weil sie im Gegensatz zur D. ohnehin kein Kabinenpersonal beschäftige, folgt ihr die Berufungskammer nicht. Vielmehr wäre bei einem Übergang aller übrigen Bestandteile der genannten wirtschaftlichen Einheit ein Betriebsübergang anzunehmen gewesen mit der Folge, dass auch die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter des Kabinenpersonals auf die Beklagte übergegangen wäre. Es wäre dann Sache der Beklagten gewesen, diese Mitarbeiter selbst zu beschäftigen oder sich um deren Wechsel zur A. Berlin P. & Co. C. S. KG zu bemühen.

(4) Die Beklagte hat die Organisationsstruktur, die die D. für ihr AOC bereithalten musste, nicht übernommen; dies steht letztlich einem Betriebsübergang entgegen.

Ein Luftverkehrsunternehmen muss im Besitz eines AOC sein, um gewerblich Luftverkehr durchzuführen. Das AOC wird dem Luftverkehrsunternehmen nur erteilt, wenn die im Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehört es u.a., einen verantwortlichen Betriebsleiter, einen Leiter Qualitätssystem sowie Fachbereichsleiter für die Bereiche Flugbetrieb, Instandhaltungssystem, Schulung der Besatzung und Bodenbetrieb zu benennen (vgl. Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 859/2008, OPS 1.035, OPS 1.175 h, i). Ohne die Beschäftigung dieser Funktionsträger wird ein AOC nicht erteilt und kann deshalb auch gewerblicher Luftverkehr, wie er von der D. durchgeführt wurde, nicht betrieben werden. Die aus den Funktionsträgern bestehende betriebliche Organisationsstruktur ist Voraussetzung dafür, dass die übrigen Betriebsmittel eingesetzt werden können; sie gehört damit zu den wesentlichen Bestandteilen eines Flugbetriebs. Der Übergang eines Flugbetriebs im Sinne des § 613 a BGB setzt aus diesem Grund voraus, dass auch die genannten Funktionsträger übernommen werden. Fehlt es hieran, mögen einzelne Betriebsmittel übertragen worden sein, die für sich genommen jedoch nicht die wirtschaftliche Einheit eines Flugbetriebs ausmachen. Dass es im vorliegenden Fall an einem Übergang des Betriebs der D. auf die Beklagte fehlt, liegt daher - wie ausgeführt - nicht an der fehlenden Übertragbarkeit des AOC. Entscheidend ist, dass die Beklagte die für den Erhalt des AOC der D. erforderlichen Funktionsträger nicht übernommen hat, sondern eine eigene betriebliche Struktur für den Erhalt ihres AOC vorhielt.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision der Klägerin wurde gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob und ggf. welche Bedeutung behördliche Genehmigungen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang haben, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.