VG Stuttgart, Urteil vom 10.03.2005 - 4 K 3595/04
Fundstelle
openJur 2013, 13758
  • Rkr:

Mit einer Veränderung der Bedingungen für die Käfighaltung von Legehennen musste seit der Einleitung des Normenkontrollverfahrens beim Bundesverfassungsgericht im Jahre 1990 gegen die HennenhaltungsVO gerechnet werden. Das Vertrauen auf eine längere Übergangsfrist als bis zum 31.12.2002 für die Haltung von Hennen auf einer Fläche von mindestens 450 cm² pro Henne ist daher nicht schutzwürdig.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in B. eine Legehennenhaltung mit knapp 200.000 Legehennenplätzen. Sie hat den Betrieb am 01.08.1997 von Klaus R., Verpachtungsbetrieb, der zugleich ihr Geschäftsführer ist, gepachtet. Dieser hatte am 30.07.1997 den entsprechenden Gewerbebetrieb, d.h. das Grundstück /Gebäude- und Freifläche sowie die beweglichen Wirtschaftsgüter zum Gesamtpreis von 5.188.000,-- DM von der Firma F. KG erworben. Sie selbst erwarb am 30.07.1997 zu einem Kaufpreis von 500.000.-DM sämtliche Maschinen und Geräte der Packstelle „W. Hof“, B., sowie Hühner zu einem Gesamtpreis von 500.000,--DM zzgl. MWst.. Nachdem zunächst ein monatliches Pachtentgelt von 103.000,-- DM vereinbart worden war, wurde für die Jahre 1997, 1998 und 1999 als Beitrag zur Finanzierung der Anlaufkosten ein Pachtnachlass von 500.000,--, 400.000,-- bzw. 300.000,-- DM vereinbart. Am 29.10.2001 wurde die Pacht für November 2001 bis einschließlich Juni 2002 ausgesetzt„ zur Sanierung, zur Vermeidung der Insolvenz und zur Sicherung zukünftiger Leistungsfähigkeit der Pächterin“. Nach Kündigung zum 31.12.2003 durch die Klägerin unter Berufung auf die Neuregelung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wurde die Pachtzahlung für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.12.2003 erneut ausgesetzt. In der Zwischenzeit beträgt die monatliche Pacht 20.000,--€.

Mit Schreiben vom 28.04.2003 beantragte die Verpächterin, ihr in Abweichung von  § 13 Tierschutz-NutztierhaltungsVO eine unbefristete Ausnahmegenehmigung dahingehend zu erteilen, dass sie befugt sei, über den 31.12.2002 hinaus Legehennen in Haltungseinrichtungen zu halten, die am 06.07.1999 bereits in Benutzung genommen waren, wenn diese Käfige den Anforderungen des § 17 Abs. 4 Nr. 3 – 5 entsprechen und so beschaffen sind, dass je Legehenne eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 450 cm 2 oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als 2 kg, von mindestens 550 cm 2 vorhanden ist, und insoweit die in § 17 Abs. 5 am 01.01.2003 in Kraft getretene Einschränkung der Legehennenhaltung auf sie nicht anwendbar sei. Sie führte aus, sie habe den Betrieb als Rechtsnachfolgerin der Herren F. und G. Z. käuflich erworben. Für diese Anlage sei unter den 01.10.1993 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden. Mit dieser Genehmigung sei ihr die auch schon zuvor vorhandene Tierplatzzahl von 180.000 als fortbestehend und unverändert zugesichert worden. Bei Umsetzung der am 03.03.2002 in Kraft getretenen Tierschutz-NutztierhaltungsVO wäre sie gezwungen, den Bestand um mindestens eine Legehenne pro Käfig herabzusetzen, was einer Verminderung um 20 % gleichkomme. Dies stelle einen erheblichen Eingriff in den Bestand ihres eingerichteten und genehmigten Betriebes dar, der zu einer unmittelbaren Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz führe. Noch gravierender zu beurteilen sei die zweite Stufe dieser Verordnung, die am 01.01.2007 in Kraft treten solle. Die sodann vorgeschriebene Legehennenhaltung in sog. ausgestatteten Käfigen sei mit den herkömmlichen Käfigen überhaupt nicht mehr möglich, so dass zu diesem Zeitpunkt die Legehennenhaltung in vollem Umfang verboten sei. Sie habe im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage erhebliche Mittel in den Erwerb des W. Hofs investiert. Vor rund fünf Jahren habe sie einen Gesamtaufwand von 7.070.500,-- DM getätigt, d.h. 4.790.500,-- DM Kaufpreis für alle Tierplätze, 310.000,-- DM für die Anlage Moba 5000 mit automatischer Klebebandanlage und Incjet, ca. 1.100.000,-- DM Tierbestand per Übernahme, 190.000,-- DM für die Packstelleneinrichtung und  680.000,-- DM für den notwendigen Reparaturbedarf wegen des Instandhaltungsrückstaus in 1997/98. Diese Investitionen hätten sich bisher nicht amortisieren können. Ohne die begehrte Ausnahmegenehmigung werde sie in die Insolvenz getrieben. Dieser enteignungsähnliche Eingriff könne nicht auf Grundlage einer bloßen Verordnung geschehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz verwiesen.

Mit Schreiben vom 15.05.2003 teilte der Beklagte mit, die beantragte Genehmigung könne nicht erteilt werden, da die Tierschutz-NutztierhaltungsVO eine derartige Ausnahme nicht vorsehe.

Unter der Absenderangabe H. und Geflügelhof R. wurde am 05.06.2003 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung wurde auf die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen für die Klägerin und die Besitzgesellschaft Klaus R. (Betriebsverpachtung), d.h. die befürchtete Insolvenz verwiesen.

Mit Bescheid vom 06.08.2003 lehnte der Beklagte gegenüber dem Geflügelhof R. den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ab und verwies erneut darauf, dass die Tierschutz-NutztierhaltungsVO die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nicht vorsehe. Die Klägerin erhielt eine Kopie. Am 21.08.2003 wurde Widerspruch eingelegt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben vom 26.03.2004 verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2004 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 09.09.2004 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.

Sie vertritt die Auffassung, sie werde durch die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 14 GG, das auch ihren Gewerbebetrieb umfasse, verletzt. Die vorgegebene Übergangszeit reiche wirtschaftlich gesehen nicht aus, um den Betrieb umzustellen. Die Vorgaben der Tierschutz-NutztierhaltungsVO kämen einem enteignungsgleichen Eingriff gleich.  Art. 20 a GG wende sich primär an den Gesetzgeber, der jedoch in Wahrnehmung dieses Auftrags auch die anderen grundgesetzlichen Normen wie Art. 14 GG und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu beachten habe.  Insbesondere seien die Übergangsfristen zu kurz bemessen, um die getätigten Investitionen, deren Tilgung auf 10 bis 15 Jahre vorgesehen gewesen sei, fristgerecht erfüllen zu können. Die genannten Grenzen seien deshalb überschritten, so dass die gesetzliche Regelung verfassungswidrig sei. Ferner stelle sich die Frage, ob die Tierschutz-NutztierhaltungsVO wegen Missachtung des Zitiergebots des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG nichtig sei. Nachdem sie auch in der Zwischenzeit vorläufig die Fläche auf 550 cm 2  bzw. 690 cm 2  pro Henne erweitert habe, begehre sie hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Bescheide, um ggf. Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags wird auf ihren Schriftsatz vom 08.09.2004 verwiesen.

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, den Bescheid des Landratsamts H. vom 06.08.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.08.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 28.04.2003 auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von den Bestimmungen des § 17 Abs. 5 i.V.m. § 17 Abs. 4 Nr. 3-5 und § 13 der Tierschutz-NutztierhaltungsVO unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, hilfsweise festzustellen, dass die genannten Ablehnungsbescheide rechtswidrig waren, beantragt sie nunmehr

festzustellen, dass sie berechtigt sei, entgegen § 17 Abs. 5 Tierschutz-NutztierhaltungsVO über den 31.12.2002 hinaus Legehennen in Haltungseinrichtungen zu halten, die am 06.07.1999 bereits in Benutzung genommen waren, wenn diese Käfige den Anforderungen des § 17 Abs. 4 Nr. 3 - 5 Tierschutz-NutztierhaltungsVO entsprechen und so beschaffen sind, dass je Legehenne eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von 450 cm 2  oder im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als 2 kg von mindestens 550 cm 2 vorhanden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Verordnung sei auf Basis des § 2 a TierSchG erlassen worden und es sei hierin keine Ausnahme für die angestrebte Haltung vorgesehen. Diese Regelung stelle der Form nach und hinsichtlich ihrer Intensität  eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Durch Art. 20 a GG habe sich das Abwägungsprogramm  des Gesetzgebers zu Gunsten des Tierschutzes verändert und sei somit bei der Prüfung, ob die gem. Art. 14 Abs. 2 GG zulässige Sozialbindung überschritten sei, zu berücksichtigen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei durch die Übergangsvorschriften Rechnung getragen worden.

Die Akten des Beklagten liegen dem Gericht vor. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf deren Inhalt verwiesen.

Gründe

Es bestand keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, zu den erörterten wesentlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen oder ggf. ein Schriftsatzrecht zu beantragen.

Die Änderung der Klage von der ursprünglichen Verpflichtungsklage in das nunmehrige Feststellungsbegehren ist zulässig, denn sie erweist sich als sachdienlich, da sie das materielle Begehren der Klägerin in die prozessual richtige Form fasst und somit eine weitere Klage vermeidet, §  91 Abs. 1 VwGO.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Nach § 43 Abs.1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen den Beteiligten ist die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften der Tierschutz-NutztierhaltungsVO im Streit. Die Klärung dieser Problematik ist auch zwischen der Klägerin und dem Beklagten erforderlich, da dieser nicht nur ggf. als untere Verwaltungsbehörde gehalten wäre, die Beachtung tierschutzrechtlicher Vorschriften zu erzwingen, sondern insbesondere wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 17 TierschutzNutztierhaltungsVO gegen sie vorgehen könnte. Ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung kommt der Klägerin ebenfalls zu. Denn sie beruft sich darauf, dass die Einhaltung der Vorschriften der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in deren zeitlichen Rahmen zu einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung mit der Folge der potentiellen Insolvenz führt. Es ist infolge dessen nicht von Belang, inwieweit die in Erwartung ihrer Amortisation getätigten Investitionen der Klägerin selbst oder der Verpächterin zuzurechnen sind.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Denn die Klägerin ist nicht berechtigt, weiterhin Legehennen in der Form zu halten, dass ihnen entgegen § 13 Tierschutz-NutztierhaltungsVO i.V.m. der Übergangsregelung in § 17 Abs. 5 lediglich eine Fläche von 450 cm 2  bzw. 550 cm 2  einzuräumen ist. Nach § 17 Abs. 5 dürfen abweichend von § 13 Legehennen noch bis zum 31.12.2002 in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die am 06.07.1999 bereits in Benutzung genommen waren, wenn diese Käfige den Anforderungen des Absatzes 4 Nr. 3 bis 5 entsprechen und so beschaffen sind, dass je Legehenne eine uneingeschränkt nutzbare und horizontal bemessene Käfigfläche von mindestens 450 cm 2 oder, im Fall eines Durchschnittsgewichts der gehaltenen Legehennen von mehr als zwei Kilogramm, von mindestens 550 cm 2 vorhanden ist. Eine weitere Übergangsregelung findet sich in § 17 Abs. 4 Nr. 1, wonach Legehennen in Haltungseinrichtungen, die vor dem 13.03.2002 bereits in Benutzung genommen waren, noch bis 31.12.2006 gehalten werden dürfen, wenn  je Legehenne mindestens 550 cm 2  bzw. 690 cm 2 Fläche vorhanden ist.

Diese Regelung setzt die Richtlinie 1999/74/EG vom 19.07.1999 um, die zwar ebenfalls mit Wirkung zum 01.01.2003 eine Mindestfläche von 550 cm 2 vorsieht, für das generelle Verbot der Käfighaltung jedoch eine Übergangsfrist bis 01.01.2012 einräumt (Kap. II Art. 5).

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass der nationale Gesetzgeber strengere Anforderungen regelt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.10.1995, NJW 1996, S.113). Ebenso wenig ist erkennbar, dass sie ebenfalls unter Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 80 GG, wie die Klägerin rügt, zustande gekommen sein könnte, denn in der Eingangsformel werden nicht nur die Vorschriften des Tierschutzgesetzes (§§ 2a, 16, 16 b und 21 a), zitiert, sondern es wird ebenso darauf hingewiesen, dass diese Verordnung der Umsetzung der Richtlinien 95/58/EG des Rats vom 20.07.1998 und 91/62/EWG vom 19.11.1991 dient (vgl. BGBl. I 2001, 2758).

Inhaltlich ist diese Regelung ebenfalls nicht zu beanstanden. Dass ihr inhaltlicher Regelungsgehalt zu Lasten der Klägerin generell rechtswidrig wäre, trägt diese nicht vor. Es ist auch für das Gericht nicht erkennbar. Die Klägerin beanstandet vielmehr lediglich die kurze Übergangsregelung, die dazu führt, dass ihre vor Inkrafttreten getätigten Investitionen sich nicht mehr bezahlt machen, was möglicherweise die Weiterführung ihres Betriebs gefährdet. Diese Regelung erweist sich auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als unverhältnismäßig. Die in der Einräumung der Übergangsfristen enthaltene Abwägung des Gesetzgebers der nach Art. 14 und 12 GG schutzwürdigen Interessen der Tierhalter an einer weiteren möglichst rentablen Tierhaltung und der Möglichkeit, die Haltebedingungen dem gemäß langsam umzustellen, um wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden, gegenüber den Belangen des Tierschutzes (vgl. Art. 20 a GG) und damit verbunden tierschutzgerechter Legehennenhaltung, die den Belangen des Tierschutzes den Vorrang einräumt, bewegt sich noch im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens und ist deshalb nicht zu beanstanden. Damit hat auch das Interesse der Klägerin an einer weiteren Legehennenhaltung unter den  bisherigen räumlichen Bedingungen gegenüber überwiegenden tierschutzrechtlichen Belangen zurückzutreten.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 06.07.1999 (BVerfGE 101, 1-45) die Nichtigkeit der ursprünglich geltenden HennenhaltungsVO, die den von der Klägerin angestrebten Flächenbedarf vorsah, nicht nur mit dem formellen Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG begründet. Es hat vielmehr darüber hinaus festgestellt, dass die Regelung, dass für jede Henne eine uneingeschränkt nutzbare Fläche von mindestens 450 cm 2 vorhanden sein muss, nicht den Vorschriften des Tierschutzgesetzes Rechnung trägt. Denn nach § 2 Nr. 2 TierSchG dürfe die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt würden. Ebenso dürfe nach § 1 Satz 2 TierSchG niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Hieraus und aus dem in § 1 Satz 1 TierSchG niedergelegten Grundsatz des ethisch begründeten Tierschutzes ergebe sich, dass nicht jede Erwägung der Wirtschaftlichkeit der  Tierhaltung einen derartigen vernünftigen Grund darstellen könne. Es sei insofern vielmehr ein Ausgleich zwischen den rechtlich geschützten Interessen der Tierhalter einerseits und den Belangen des Tierschutzes andererseits erforderlich. Eine nutzbare Käfigbodenfläche von 450 cm 2 pro Tier genüge den Vorgaben der tierschutzrechtlichen Ermächtigung nicht, denn damit sei nicht einmal die Befriedigung eines Grundbedürfnisses, des Schlafbedürfnisses, möglich. Ebenso wird hierin weiter auf die Empfehlung für das Halten von Legehennen der Art Gallus gallus des ständigen Ausschusses vom 21.11.1986 verwiesen, die nach Maßgabe von Art. 9 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (ETÜ) für Deutschland wirksam geworden ist, jedoch mit der HennenhaltungsVO unzureichend umgesetzt worden sei. Bereits hieraus ergibt sich, dass die von der Klägerin angestrebte Form der Legehennenhaltung zwar den in der früheren HennenhaltungsVO vorgeschriebenen Flächenanforderungen entspricht, sich diese Flächenbemessung aber mit den Vorschriften des Tierschutzgesetzes nicht in Einklang bringen lässt.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht weiter darauf hingewiesen, dass vorhandene Käfiganlagen, die auf unanfechtbar gewordenen Genehmigungen beruhen, in ihrem Bestand geschützt bleiben, wobei dies jedoch nur vorbehaltlich besonderer, den Bestandsschutz begrenzenden gesetzlicher Regelungen gelte.

Auf eine derartige Genehmigung kann sich die Klägerin nicht berufen. Der von ihr angeführten  immissionsrechtlichen Genehmigung kommt lediglich anlagenimmanente Wirkung zu. Sie enthält keine Aussagen und Regelungen über die Art  der Tierhaltung.

Ferner ist in der Zwischenzeit eine gesetzliche Regelung ergangen in Form der Tierschutz-NutztierhaltungsVO, die in ihren konkreten zeitlichen Vorgaben auch den Bestandsschutz regelt. Diese ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Insbesondere kann sich die Klägerin ihr gegenüber nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Beibehaltung der bisherigen Regelung bzw. auf eine längere Übergangsregelung berufen. Für diese Beurteilung ist zum einen maßgeblich, dass eine nicht artgerechte und tierschutzwidrige Tierhaltung so schnell wie möglich und mit den (wirtschaftlichen) Interessen der Tierhalter noch vereinbar an die Belange des Tierschutzes angepasst werden muss. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte diese auch nicht darauf vertrauen, dass die zum Zeitpunkt ihrer Investition noch bestehende Rechtslage und daran anknüpfend die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zumindest so lange bestehen werden, bis sich diese Investition amortisiert hat.

Denn in diesem Zusammenhang ist wesentlich,  dass die Bedingungen der Legehennenhaltung nicht nur von Seiten der Tierschützer massiver Kritik ausgesetzt waren, sondern es ist zugleich wesentlich darauf abzustellen, dass bereits seit 1990 das oben genannte Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig war und auch die Klägerin deshalb damit rechnen musste, dass die Haltungsbedingungen für Legehennen einer Überprüfung unterzogen werden würden, die ein Ergebnis zumindest offen ließ. Hinzu kommt, dass es auch im Hinblick auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, in seiner Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus (BAnz. 2000 Beilage 89a) angenommen vom Ständigen Ausschuss am 28. November 1995 auf seiner 30. Sitzung, die für die Bundesrepublik als Vertragspartei verbindlich ist (vgl. zu den Details BVerfG aaO), bereits eine Regelung gab, die zugunsten des Tierschutzes einen höheren Flächenbedarf als in der HennenhaltungsVO geregelt vorsah. Denn bereits damals sollten ungeachtet des verwendeten Käfigtyps alle Hennen genügend Raum haben, um sich entweder auf einer Stange niederzulassen oder sich hinsetzen zu können, ohne von anderen Tieren gestört zu werden,  und soviel Bewegungsfreiheit haben, dass sie ohne Schwierigkeiten normal stehen und sich umdrehen können. Das folgt aus Nr. 2 Satz 2 des Anhangs A „Besondere Bestimmungen für die zum Zweck der Konsumeierproduktion in Batteriekäfigen gehaltenen Legehennen“, der nach Art. 1 Abs. 2 der Empfehlung als deren fester Bestandteil gilt. In diesem Zusammenhang ist nicht maßgeblich, ob die Klägerin in ihrer Person konkret Kenntnis hiervon hatte. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein in dieser Branche Tätiger, der sich im Übrigen auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die artgerechte Tierhaltung zu informieren verpflichtet ist, hiervon Kenntnis nehmen konnte. Wenn die Klägerin somit in dieser Situation bestimmte Investitionen einging, die sich durch eine Veränderung rechtlicher Bestimmungen nicht rechnen, so bewegte sie sich im Rahmen ihres allgemeinen unternehmerischen Risikos.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung war zuzulassen,  §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 VwGO.