LG Bonn, Urteil vom 03.03.2009 - 3 O 317/08
Fundstelle
openJur 2012, 127182
  • Rkr:
Tenor

1.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.381,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.06.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 9 % und die Beklagte zu 91 %.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Auszahlung eines Kontoguthabens, nachdem er sämtlichen Belastungen des Kontos durch Lastschriften im ersten Quartal 200# die Genehmigung versagt hat.

Die T GmbH (iF: Schuldnerin) führte bei der Beklagten unter der Kontonummer ...# ein Geschäftsgirokonto. Vereinbart war die quartalsweise Erteilung von Rechnungsabschlüssen. Ergänzend zum Vertrag war die Geltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (AGB) vereinbart.

In diesen heißt es u.a.:

7.

[...]

(5)

Der Kunde hat Einwendungen gegen Belastungen aus Einzugsermächtigungs-Lastschriften unverzüglich zu erheben. Unterlässt es der Kunde, Einwendungen unverzüglich zu erheben, kann dies einen Schadensersatzanspruch der Bank gegen den Kunden begründen. Die Genehmigung einer Belastungsbuchung aus einer Einzugsermächtigungs-Lastschrift gilt spätestens dann als erteilt, wenn der Kunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten ist, Einwendungen gegen diese erhebt. Macht der Kunde seine Einwendungen schriftlich geltend, so genügt die Absendung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist. Auf die Genehmigungswirkung wird die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses gesondert hinweisen.

Eine diesbezügliche Belehrung ist auf der Rückseite sämtlicher von der Beklagten erteilten Kontoauszüge abgedruckt.

Nachdem am ...10.2007 eine Gläubigerin gegen die Schuldnerin einen Insolvenzantrag gestellt hatte, bestellte das Amtsgerichts F den Kläger mit Beschluss vom ...12.2007 zum Sachverständigen.

Mit Schreiben vom ...01.2008 (Anlage B#; Bl. ... d.A.) zeigte der Kläger seine Bestellung zum Sachverständigen gegenüber der Beklagten an und forderte Unterlagen über die Geschäftsbeziehung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten an.

Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom ...01.2008 (Anlage B#; Blatt ... d.A.) die Kontoauszüge vom ...07.07 bis ...01.2008.

In der Zeit vom ...01. bis ...02.2008 wurde das Konto mit Einzugsermächtigungslastschriften in Höhe von insgesamt 9.768,26 (Anlage B#; Bl. ... ff. d.A.) belastet.

Eine Lastschrift der E AG vom ...02.2008 (Kontoauszug Nr. ...; Bl. ...# d.A) in Höhe von 346,- € wurde dem Konto der Schuldnerin am ...02.2008 wieder gutgeschrieben (Kontoauszug Nr. ...; Bl. ...# d.A.).

Im März 2008 wurde das Konto der Schuldnerin aufgelöst.

Mit Schreiben vom ...03.2008 (Anlage B#; Bl. ... d.A.) unterrichtete die Beklagte die Schuldnerin über die Kontoauflösung und teilte mit, dass ihr eine Gesamtforderung von 40,59 € zustehe, da sich das Konto in dieser Höhe im Soll befinde. Diesem war auch der entsprechende Schlusskontoauszug (Kontoauszug Nr. ...; Bl. ...# d.A.) beigefügt. Der Zugang dieses Schreibens ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Beschluss des Amtsgerichts F vom ...04.2008 (K#; Bl. ... d.A.) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger versagte mit Schreiben vom ...06.2008 (Anlage K#; Bl. ... d.A.) sämtlichen Lastschriften des ersten Quartals 2008 die Zustimmung und widersprach den Belastungsbuchungen. Er forderte die Klägerin auf, diese dem Konto wieder gutzuschreiben und den sich anschließend ergebenden Saldo auf ein Anderkonto zu überweisen.

Die Beklagte lehnte die Berücksichtigung der Genehmigungsversagung und die Auszahlung eines etwaigen daraus resultierenden Kontoguthaben mit Schreiben vom ...06.2008 ab.

Der Kläger behauptet, ein Rechungsabschluss aus dem März 2008 sei weder ihm persönlich noch der Schuldnerin zugegangen.

Er ist der Ansicht, die Versagung der Genehmigung sei wirksam. Ihm stünde daher ein Anspruch auf Auszahlung des nach Gutschrift der Belastungen bestehenden Kontoguthabens zu. Sofern eine Genehmigungsfiktion greife, läge ein anfechtbares Rechtsgeschäft vor. Jedenfalls sei eine Aufrechnung des Aufwendungsersatzanspruchs mit dem Auszahlungsanspruch der Schuldnerin gem. § 96 Abs. 1 S. 3 InsO unzulässig.

Nachdem der Kläger die Klage in Höhe von 2.843,32 € zurückgenommen hat, beantragt er

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.768,26 € zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB seit 24.06.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Schreiben vom ...03.2008 sei der Schuldnerin spätestens am ...03.2008 zugegangen.

Sie ist der Ansicht, die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 5 der AGB sei eingetreten, da der Widerspruch nicht innerhalb von 6 Wochen nach Zugang dieses Schreibens erfolgt sei. Unabhängig davon lägen zumindest konkludente Genehmigungen vor. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die Schuldnerin dass Konto auch nach den einzelnen Lastschriften weiterhin für Überweisungen genutzt habe. Zum anderen sei der Kläger in diesem Zeitraum bereits als Sachverständiger bestellt gewesen, ohne dass er Einwendungen gegen die Lastschriften erhoben habe oder die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalter angeregt habe. Ein Widerspruchsrecht des Klägers bestehe nicht, da auch die Schuldnerin nicht zu einem rechtsgrundlosen Widerspruch berechtigt sei. Eine Anfechtung sei ausgeschlossen, da es sich um Bargeschäfte handele. Ein Auszahlungsanspruch des Klägers bestünde daher nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den vorgelegten Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom ...02.2009 (Bl. ...# f. d.A.) verwiesen.

Gründe

I. Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung des zum Auflösungszeitpunkt bestehenden Kontoguthabens aus dem zwischen der Beklagten und der Schuldnerin geschlossenen Girovertrag in Höhe von 9.381,67 €. Die Lastschriften aus dem ersten Quartal 2008 mindern das Kontoguthaben nicht, da der Kläger diesen wirksam die Genehmigung versagt hat.

1. Die Belastungsbuchungen waren zum Zeitpunkt der Versagung des Widerspruchs noch nicht genehmigt.

a) Eine Genehmigung der Belastungsbuchungen ergibt sich nicht aus Nr. 7 Abs. 5 AGB-Q, wonach Einwendungen gegen diese innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erhoben werden müssen.

Es kann dahinstehen, ob der Schuldnerin das Schreiben vom ...03.2008 und der mitgesandte Kontoauszug Nr. ... zugegangen sind. Diese sind nicht geeignet die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 5 S. 3 der AGB herbeizuführen, da sie nicht hinreichend als Rechnungsabschluss gekennzeichnet sind.

Der Kontoauszug Nr. ... weist gegenüber den sonstigen Kontoauszügen keine Besonderheiten auf, die auf einen Rechnungsabschluss - der die Einwendungsfristen der Ziff. 7 der AGB in Lauf setzt - schließen lassen.

Die Erteilung von Tages-, Wochen- oder Monatskontoauszüge stellt grundsätzlich lediglich die Mitteilung eines reinen Postensaldos dar, der dem Kreditinstitut die Kontrolle über die vom Kunden getroffenen Verfügungen und dem Kunden die Übersicht über seinen Kontostand erleichtern soll (KG, Beschluss v. 2.12.2008; Az: 13 U 8/08). Allein die Einstellung von Zinsen, Porto und Entgelten führt nicht zu einem für den Kunden erkennbaren Rechnungsabschluss. Die Bank kommt damit lediglich ihrer Pflicht nach, alle unter die Kontokorrentvereinbarung fallenden Forderungen und Leistungen in den Kontokorrent einzustellen (KG aaO).

Die auf der Rückseite des Kontoauszugs abgedruckte Belehrung ist nicht geeignet, diesen als Rechnungsabschluss erkennbar werden zu lassen. Die Belehrung bezieht sich ausschließlich auf die nach Nr. 7 AGB-Q eintretenden Folgen nach dem Zugang eines Rechnungsabschlusses. Dem lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Auszug selbst einen solchen darstellt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass auf sämtlichen Kontoauszügen eine rückseitige Belehrung über die Folgen eines Rechnungsabschlusses enthalten ist.

Allein daraus, dass der Kontoauszug Nr. ... der Schuldnerin zusammen mit dem Schreiben vom ...03.2008 zugesandt worden sein soll, in welchem die Vertragsauflösung bekannt gegeben wurde, musste die Schuldnerin nicht schließen, dass dieser die Folgen der Nr. 7 AGB nach sich zieht.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass vertraglich vereinbart war, dass Rechnungsabschlüsse quartalsweise erfolgen. Bei einer solchen Regelung muss ein Kunde außerhalb dieser Termine grundsätzlich nicht damit rechnen, dass förmliche Rechnungsabschlüsse erteilt werden. Wenn der Beklagten aufgrund der Kontoauflösung daran gelegen war, vorzeitig vor dem (zeitnahen) Ablauf des ersten Quartals 2008 einen außerordentlichen Rechnungsabschluss zu erteilen, hätte sie diesen als solchen ausdrücklich kennzeichnen müssen, was ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich auch, dass das Schreiben der Beklagten vom ...03.2008 ebenfalls keinen Rechnungsabschluss iSd Ziff. 7 der AGB darstellt. In diesem wird zwar eine verbleibende Gesamtforderung der Klägerin beziffert, ein Hinweis darauf, dass dieses einen Rechnungsabschluss darstellen soll, findet sich jedoch ebenfalls nicht.

b) Die Lastschriften sind nicht konkludent genehmigt worden.

Eine konkludente Genehmigung ist nicht durch das Verhalten der Schuldnerin erfolgt.

Aus dem bloßen Schweigen eines Bankkunden kann grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Erklärung im Sinne einer konkludenten Genehmigung gefolgert werden, auch wenn dem Bankkunden Kontoauszüge zugegangen sind, aus welchen sich die Lastschriften ergeben (vgl. OLG Köln, Urteil v. 05.11.2008; Az: 2 U 78/08; NZI 2009, 111 [112] m.w.N.). Erst bei einer widerspruchslosen Fortführung über einen erheblichen Zeitraum ist eine konkludente Genehmigung in Betracht zu ziehen (OLG Köln aaO m.w.N). Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob die bloße Kontofortführung grundsätzlich zu einer stillschweigenden Genehmigung führen kann, offen gelassen (BGH NJW 2008, 63 [67]). Gleichzeitig hat er jedoch in dem zu entscheidenden Fall bei einer Weiterführung des Kontos von einem Jahr durch den Insolvenzverwalter eine konkludente Genehmigung bejaht (BGH NJW 2008, 63 [67]). Dabei hatte der Insolvenzverwalter jedoch zusätzlich das Konto für künftige Lastschriften sperren lassen und nach einjähriger Nutzung um Schließung des Kontos gebeten, jeweils ohne die bereits erfolgten Lastschriften zu widerrufen (BGH a.a.O). Vorliegend steht nur der Zeitraum vom ...01.2008 bis zur Auflösung des Kontos im März 2008 für eine ergebnisrelevante konkludente Genehmigung durch die Schuldnerin in Rede. Bei einer bloßen Fortführung des Kontos kann hieraus jedoch dann keine konkludente Genehmigung durch den Kontoinhaber geschlossen werden, wenn noch die sechswöchige Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen das Saldo läuft (OLG Köln aaO m.w.N) bzw. noch nicht begonnen hat. Dem Bankkunden soll gerade eine Überlegensfrist gewährt werden, ob er sich mit einer Belastungsbuchung einverstanden erklärt. Ihm muss es jedoch offen stehen, dabei gleichzeitig sein Geschäftskonto weiterzunutzen, ohne automatisch damit eine Genehmigung auszusprechen - ansonsten würde die durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeräumte Frist praktisch erheblich verkürzt. Aus der Perspektive eines objektivem Empfängers ( §§ 133, 157 BGB ) kann daher alleine aufgrund der Kontofortführung - ohne weitere Anhaltspunkte - nicht auf eine Genehmigung geschlossen werden (OLG Köln aaO m.w.N).

Das gilt für die Beklagte umso mehr, als sie ihre Vertragspartner durch Nr. 7 Abs. 5 S. 1 und 2 AGB - insoweit abweichend von den AGB-Banken - unmissverständlich darauf hinweist, dass an das nicht unverzügliche Erheben von Einwänden gegen Belastungsbuchungen die Rechtsfolge eines Schadenersatzanspruchs geknüpft ist, während eine Genehmigung nach Nr. 7 Abs. 5 S. 3 AGB Q nur durch ein mehr als sechswöchiges Schweigen auf einen Rechnungsabschluss statuiert wird. In demselben Absatz derselben Nummer ihrer AGB unterscheidet die Beklagte mithin scharf zwischen den Folgen des Schweigens auf einen Rechnungsabschluss und denen des Schweigens auf einen einfachen Auszug (vgl. LG Berlin, Urteil v. 16.01.2007; Az: 38 S 7/06).

Auch durch das Verhalten des Klägers ist keine konkludente Genehmigung der Lastschriften erfolgt.

Dem steht nicht entgegen, dass er bereits seit Ende Dezember als Sachverständiger bestellt worden war und ihm zumindest für den Zeitraum bis zum ...01.2008 Kontoauszüge vorlagen. Als Sachverständiger war er nicht zum Widerspruch gegen die Belastungsbuchungen berechtigt. Eine Verpflichtung die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters beim Insolvenzgericht anzuregen, bestand entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Diese hätte vielmehr selbst Konsequenzen aus der Mitteilung des Klägers vom ...01.2008, er sei als Sachverständige bestellt, ziehen können, worauf sie jedoch verzichtet hat.

Auch nach der Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter hat er keine konkludente Genehmigung erteilt. Das Konto war zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst, so dass eine Genehmigung allenfalls durch bloßen Zeitablauf in Betracht käme. Selbst wenn man dies bei besonders langem Abwarten des Insolvenzverwalters für möglich erachten sollte, wäre ein solcher Fall hier jedenfalls nicht gegeben, da der Kläger bereits sechs Wochen nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter die Versagung der Genehmigung erklärt hat.

2. Der Kläger war berechtigt, den Belastungsbuchungen durch Lastschriften die Genehmigung zu versagen.

Ob der Insolvenzverwalter auch dann zum Widerspruch gegen die Belastungsbuchungen berechtigt ist, wenn ein Widerspruch des Schuldners gegen § 826 BGB verstoßen würde, kann hier offen bleiben.

Auch ein Widerspruch der Schuldnerin gegen die Belastungsbuchungen hätte im Juni 2008 nämlich keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung iSd § 826 BGB dargestellt.

Der Schuldner handelt missbräuchlich und sittenwidrig, wenn er von seinem Widerspruchsrecht gegen eine Belastungsbuchung vorsätzlich und ohne anerkennenswerte Grund Gebrauch macht (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 826 Rn. 31).

Ein anerkennenswerter Grund der Schuldnerin zum Widerspruch ergibt sich vorliegend zwar nicht aus Einwendungen gegen die Forderung oder die erteilte Einzugsermächtigung. Nach Auffassung der Kammer folgt dieser aber aus § 64 S. 1 GmbHG.

Danach sind die Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, sofern nicht die Ausnahme des § 64 Abs. 2 einschlägig ist.

§ 64 GmbHG dient dem Gläubigerschutz durch Sicherung der Haftungsmasse (Schulze-Osterloh in: Baumbach/Hueck GmbH-Gesetz, 18. Aufl., § 64 Rn. 1 m.w.N.). In Folge dieser Vorschrift darf der Geschäftsführer Zahlungen auf sogenannte Altforderungen - kraft Gesetzes - nicht leisten. Tut er dies gleichwohl, haftet er. Das Gesetz verpflichtet den Geschäftsführer also - im Interesse der Masseerhaltung für die Gläubigergesamtheit -, berechtigte Forderungen nicht mehr zu bezahlen (vgl. Flitsch, BB 2008, 2312).

Unter den weit zu verstehenden Begriff der Zahlung fällt auch die Duldung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren (BGH NJW 2008, 63 [64] m.w.N.). Nach der bislang in ständiger Rechtsprechung vertretenen Genehmigungstheorie, an der die Kammer weiterhin festhält, tritt die Erfüllungswirkung bei Lastschriften aufgrund einer Einzugsermächtigung nicht bereits mit deren Abbuchung, sondern erst mit der - ggf. fingierten - Genehmigung durch den Schuldner ein. Daraus folgt, dass auch die Zahlung iSd § 64 S. 1 GmbHG nicht in der Abbuchung, sondern in der Genehmigung liegt.

Da im Juni 2006 eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gegeben war, hätten sich die Schuldnerin bzw. deren Geschäftsführer zwei entgegenstehenden Verpflichtungen gegenüber gesehen. Einerseits bestand die Verpflichtung zur Erfüllung der Forderungen der Gläubiger, andererseits bestand die Pflicht derartige Zahlungen zur Vermeidung einer persönlichen Haftung zu unterlassen.

Insoweit unterscheidet sich die Konstellation auch von anderen Fällen, in denen die Genehmigung versagt wird, um den Geschäftsführer in sonstiger Weise besser zu stellen. Während das Ziel der Vermeidung von Folgen, deren Risiko der Geschäftsführer beispielsweise durch die Übernahme von Bürgschaften freiwillig eingegangen ist, regelmäßig sittenwidrig ist (vgl. OLG Schleswig NJW-RR 2001, 428), handelt es sich vorliegend um die Erfüllung einer gesetzlich vorgegebenen Verhaltens.

Unabhängig davon welchem der beiden sich widersprechenden Normbefehle Vorrang einzuräumen ist, stellt sich das Handeln der Schuldnerin entsprechend einem der beiden Befehle angesichts der kollidierenden Pflichten jedenfalls nicht rechts- und sittenwidrig dar (so zumindest hinsichtlich eines gesetzlich normierten Zahlungsverbotes zutreffend: Schulte-Kaubrügger, ZIP 2008, S. 2348 [2349f.]).

Da die Schuldnerin den Kontobelastungen hätte rechtmäßig widersprechen können, war auch der Kläger zum Widerspruch berechtigt. Zwar ist zu berücksichtigen, dass eine Genehmigung der Belastungen durch den Insolvenzverwalter die Rechtsfolge des § 64 S.1 GmbHG nicht auslöst. Ließe man das Widerspruchsrecht aber allein deshalb entfallen, wäre der Insolvenzverwalter schlechter gestellt, als die Schuldnerin zuvor, was durch das Insolvenzverfahren nicht bezweckt ist. Vielmehr ist anerkannt, dass dem Insolvenzverwalter das Widerspruchsrecht zumindest in demselben Umfang wie vorher dem Schuldner zusteht (vgl. van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, 3.Aufl., § 59 Rn. 5 m.w.N.)

3. Der Auszahlungsanspruch des Klägers besteht in der Höhe des Kontoguthabens der Schuldnerin, welches 9.381,67 € beträgt.

Der Kläger hat Belastungsbuchungen in Höhe von 9.768,26 € die Genehmigung versagt.

Hinsichtlich der Lastschrift der E AG vom ...02.2008 in Höhe von 346,- € läuft die Genehmigungsversagung leer, da der Betrag dem Konto der Schuldnerin am ...02.2008 wieder gutgeschrieben wurde. Abzuziehen sind weitere 40,49 €, da das Konto nach der Auflösung nach dem - insoweit unbestrittenen Beklagtenvortrag - unter Abzug der Belastungsbuchungen einen debitorischen Saldo von 40,59 € auswies.

II. Ein Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 288, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, nachdem die Beklagte die Leistung mit Schreiben vom ...06.2008 ernsthaft und entgültig verweigert hat. Der Zinslauf beginnt allerdings erst an dem auf das verzugsbegründende Ereignis folgenden Tag (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 286 Rn. 32).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt für die Beklagte aus § 708 Nr. 11 ZPO und für den Kläger aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

Streitwert:

bis zur Rücknahme der Klage am 09.01.2009: bis 13.000 €

danach: bis 10.000,- €