VG Schwerin, Urteil vom 17.02.2012 - 4 A 1744/10
Fundstelle
openJur 2012, 68340
  • Rkr:

1. In Mecklenburg-Vorpommern ist im Anschlussbeitragsrecht auch eine sog. schlichte Tiefenbegrenzung rechtlich zulässig, also eine Flächen- und damit Beitragsbegrenzung für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i. S. von § 34 Abs. 1 BauGB.2. Eine Beitragsmaßstabsregelung, die bei einem Grundstück, das teils im Gebiet eines Bebauungsplans und teils im unbeplanten Innenbereich i. S. von § 34 Abs. 1 BauGB liegt, für den im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücksteil keine schlichte Tiefenbegrenzungsregelung trifft, wie sie die Satzung bei Grundstücken, die vollständig im unbeplanten Innenbereich liegen, vorsieht, ist unwirksam, wenn die Satzung für vollständig im unbeplanten Innenbereich liegende Grundstücke eine solche Tiefenbegrenzung normiert.3. Will der Satzungsgeber bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse zur Bebauungstiefe von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB nur ausgewählte Ortslagen in seinem Gebiet untersuchen, ist erforderlich, dass er hinreichend darlegt, aus welchen Erwägungen die tatsächlich ausgewählten Ortslagen als repräsentativ für sein Gebiet und dessen örtliche Bebauungsverhältnisse im unbeplanten Innenbereich anzusehen sind.4. Bei der schlichten Tiefenbegrenzung muss zur Ermittlung der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB die bauakzessorische Nutzung wie etwa einen rückwärtigen Hausgarten berücksichtigen werden; die Ermittlung darf sich nicht zwingend insoweit an der Außenwand des letzten Gebäudes auf dem Grundstück orientieren. Die hier entscheidende "Baulandqualität" hört nicht stets am Ende der tatsächlichen Überbauung auf.Dem Ortsgesetzgeber steht bei der Ermittlung der schlichten Tiefenbegrenzung auch kein (Auswahl-)Ermessen zu, zwischen der Maßgeblichkeit der Außenwand des letzten Gebäudes und etwa derjenigen des Hausgartens auswählen zu dürfen.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten über die Erhebung des Beitrags für den Anschluss an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 30. Mai 2008, Bescheidnummer …, und sein Widerspruchsbescheid vom 1. November 2010 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger ficht einen Schmutzwasseranschlussbeitragsbescheid des Beklagten an.

Er ist Eigentümer des bebauten Grundstücks mit der postalischen Anschrift A-Straße in A-Stadt, bestehend aus dem 804 m² großen Flurstück A, dem 30 m² großen Flurstück B und dem 93 m² großen Flurstück C, jeweils der Flur X, Gemarkung A-Stadt.

Mit Bescheid über die Erhebung des Beitrags für den Anschluss an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 30. Mai 2008, Bescheidnummer …, zog der Beklagte den Kläger - adressiert an eine „Frau …“ - zu einem entsprechenden Beitrag in Höhe von 4.032,45 € heran. Als zu zahlender Beitrag wird wegen bereits bezahlter 1.970,05 € (auf einen entsprechenden Vorauszahlungsbescheid vom 28. März 2000 gegenüber dem Voreigentümer) der Betrag von 2.062,40 € genannt. Zugrunde gelegt wurde die gesamte Grundstücksfläche und eine Geschossflächenzahl von 0,58.

Zugleich erließ er unter dem gleichen Datum einen Trinkwasseranschlussbeitragsbescheid, der Gegenstand des Verfahrens 4 A 1740/10 ist.

Aufgrund eines entsprechenden Anrufs vom 7. Oktober 2008 übersandte der Beklagte dem Kläger mit Kurzmitteilung vom 10. Oktober 2008 – wie es dort heißt - Kopien der Beitragsbescheide, die in den Verwaltungsvorgängen links oben den handschriftlichen Vermerk „zurück!“ enthalten.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 zeigte sich der Kläger über ein Schreiben des Beklagten zur Zahlungserinnerung vom 2. Oktober 2008 betreffend die beiden Beitragsbescheide (und eine Mahngebühr von 0,60 €) erstaunt, da er in der letzten Zeit keinen anderen Vertrag mit dem Zweckverband abgeschlossen habe. Er sei deshalb nicht verantwortlich für die entstandenen Kosten und müsse nicht die Beträge bezahlen. Er habe jedes Jahr die Jahresabrechnungen des Beklagten bekommen und rechtzeitig bezahlt.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 an den Kläger erläuterte der Beklagte den mit Zahlungserinnerung geforderten Betrag und den Unterschied zu den Abschlägen auf die Gebührenforderungen für Trink- und Schmutzwasser näher.

Der Kläger antwortete darauf mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 und wies u. a. darauf hin, dass die Trinkwasser- sowie Schmutzwasserleitung vorhanden gewesen seien, als er das Haus gekauft habe. Danach habe er rechtzeitig die Jahresabrechnungen 2003 bis 2007 bezahlt. Er könne die Forderung des Beklagten nicht akzeptieren.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. November 2008, beim Beklagten eingegangen am 14. November 2008, legte der Kläger ausdrücklich Widerspruch gegen die Beitragsbescheide ein. Er trägt darin vor, die Bescheide seien ihm nicht zugegangen und erst auf telefonische Anforderung im Oktober 2008 übersandt worden. Der jeweilige handschriftliche Vermerk auf den Kopien sei dahin zu deuten, dass die Bescheide von der Post an den Beklagten zurückgegangen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.

Der Widerspruchsbescheid wurde den anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers am 5. November 2010 zugestellt.

Der Kläger hat am 6. Dezember 2010, einem Montag, Klage erhoben, mit der er vorträgt:

Die Vorgehensweise des Beklagten sei rechtswidrig, da sie intransparent sei. Sie lasse nicht erkennen, welche konkrete Anschlussmaßnahme abgerechnet werde.

Vom Voreigentümer seien 80 % der entstehenden Beitragsschuld als Vorauszahlung verlangt worden; errechnet worden sei nach der Geschossflächenzahl von 0,35 bei einem Beitrag von 13,20 DM (= 6,75 €) ein 100%iger Anschlussbeitrag von 4.816,35 DM (= 2.462,56 €).

Spätestens mit dem Anschluss an die Schmutzwasserbeseitigungsanlage im Jahre 1997 sei die Beitragspflicht entstanden. Bereits damals habe Abrechnungsfähigkeit nach der seinerzeit gültigen Beitragssatzung bestanden. Der Anschlussbeitrag könne sich nur auf den Zeitpunkt beziehen, an dem das Grundstück an die öffentliche Einrichtung angeschlossen worden sei. Nach dem zu diesem Zeitpunkt ersichtlichen Ausbaustand der Einrichtung könne der Beitrag bemessen werden.

Erst mit Bescheid vom 28. März 2000 sei aber eine Vorauszahlung erhoben worden. Der endgültige Beitragsbescheid sei erst elf Jahre nach Anschluss des Grundstücks erstellt worden. In der Zwischenzeit habe der Beklagte durch mehrfache Satzungsänderungen die Beiträge stetig erhöht. Dies stelle eine Ungleichbehandlung dar, denn ihm, dem Kläger, sei bekannt, dass zwischenzeitlich zahlreiche weitere Grundstücke an die Abwasserentsorgung angeschlossen worden seien, deren Beiträge sogleich nach Anschluss endgültig satzungsgemäß abgerechnet worden seien.

Zu dem Aufwand der Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage gehöre auch die Anpassung der Technik an die anerkannten Regeln. Diese werde jedoch nicht vom Anschlussbeitrag gezahlt, sondern von den regelmäßig zu entrichtenden „Beiträgen“. Wenn zwischen 1997 und 2008 erhebliche Erweiterungen an der Anlage erforderlich gewesen seien, könne dies nicht zu seien Lasten hinsichtlich der Höhe seines Anschlussbeitrags gehen.

Gegenüber der damaligen Berechnung des vollen Anschlussbeitrags begehre der Beklagte nunmehr einen Beitrag von 4.032,45 €. Dies sei nicht nur der größeren Fläche zuzuschreiben, sondern auch einer Erhöhung der Geschossflächenzahl und insbesondere der Erhöhung des Beitragssatzes auf 7,50 €.

Maßgebend sei weiterhin, dass die Abgabesätze objektiv richtig, d. h. nicht zu hoch seien, und zu keiner unzulässigen Aufwandsüberdeckung führten. Es sei zweifelhaft, dass der Beitrag objektiv richtig sei, denn bauliche Maßnahmen seien zu 100 % öffentlich gefördert worden. Diese Ausbaumaßnahmen könnten nicht beitragsmäßig auf ihn, den Kläger, umgelegt werden, zumal sein Grundstück an die öffentliche Versorgungsanlage angeschlossen gewesen sei, bevor die Erweiterungsbauten stattgefunden hätten.

Ergäben sich im Laufe der Zeit Änderungen an der Höhe des Gesamtinvestitionsaufwands durch weitere Investitionen, sei der Einrichtungsträger grundsätzlich berechtigt, für die Zukunft die Beitragssätze zu erhöhen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sei er allerdings gehindert, von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke ein Beitragstatbestand bereits entstanden sei, die Differenz der früheren zu den nunmehrigen Beitragssätzen nachzuerheben. Genau dies mache der Beklagte hier.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die Erhebung des Beitrags für den Anschluss an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 30. Mai 2008, Bescheidnummer …, und den Widerspruchsbescheid vom 1. November 2010 in Höhe von 2.062 € aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und trägt dazu vor:

Durch den Vorauszahlungsbescheid könne kein Vertrauenstatbestand bezüglich des endgültigen Anschlussbeitrags entstehen. Vorauszahlungen könnten nur geltend gemacht werden, so lange die endgültige sachliche Beitragspflicht nicht entstanden sei, sodass auch die genaue Höhe des Beitrags noch nicht feststehe. Die im Bescheid vom 18. März 2000 ausgewiesenen 13,20 DM entsprächen 80 % des damaligen Beitragssatzes.

Im Jahre 1997 habe allerdings kein endgültiger Beitrag erhoben werden können. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung sei seinerzeit die am 18. Dezember 1996 veröffentlichte „Beitragssatzung Abwasser“ gewesen, die in § 3 geregelt habe, dass die Beitragspflicht erstmalig mit der Herstellung der Anlagen entstehe. Weil leitungsgebundene Anlagen aber nie vollständig hergestellt seien, da sie auch zukünftig noch ständigen Erweiterungen unterlägen, sei dieser Passus 1998 geändert worden. Danach habe die Beitragspflicht erstmalig mit der Fertigstellung der Gesamtanlagen entsprechend dem Trinkwasserversorgungskonzept am 1. Januar 2005 entstehen sollen. Damit sei von der Möglichkeit des § 8 Abs. 7 Satz 3 KAG (§ 9 Abs. 3 Satz 2 KAG M-V) Gebrauch gemacht worden.

Damit korrespondierend habe der Beklagte bis Ende 2004 lediglich Vorauszahlungen erhoben, soweit die Beiträge nicht abgelöst worden seien.

Nur eine wirksame Beitragssatzung lasse die Beitragspflicht entstehen. Die bisherigen Beitragssatzungen des Zweckverbands hätten sich nach Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Schwerin als nichtig herausgestellt. Die sachliche Beitragspflicht habe frühestens im Jahre 2005 entstehen können.

Der Beitragssatz habe sich seit 1997 trotz der zwischenzeitlich erfolgten Investitionen kaum geändert. Er habe seinerzeit 16,50 DM/m² (= 8,44 €/m²) betragen, aktuell liege er bei 7,50 €/m².

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 4. November 2011 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die beigezogenen Beiakten Nr. 10 bis Nr. 33 aus dem Verfahren 4 A 1296/10, alle beigezogenen Beiakten aus dem Verfahren 4 A 1412/10 mit Ausnahme der Beiakte 1 und die beigezogene Beiakte Nr. 4 aus dem Verfahren 4 A 1755/10 sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor der Kammer vom 3. November 2011 in den Verfahren 4 A 1412/10 und 4 A 1413/10 und vom 6. Januar 2012 in den Verfahren 4 A 437/10 und 4 A 516/10.

Gründe

Aus den nachfolgenden Darlegungen hat das Gericht zwar Zweifel, ob die männliche Bezeichnung des Aktivbeteiligten als Kläger, wie die Prozessbevollmächtigten die klagende Person bezeichnen, zutreffend ist, dem kommt aber für die Entscheidungsfindung keine Bedeutung zu. Obwohl die Klägerseite nicht persönlich zum Verhandlungstermin erschienen ist, orientiert sich das Gericht dennoch an den geschlechtlichen Vorgaben aus der Klageschrift.

Die Klage hat Erfolg.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage wegen Überschreitung der Widerspruchsfrist nach § 70 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat das Gericht nicht. Bereits eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Bescheids vor deren Übersendung in Kopie mit der Kurzmitteilung vom 10. Oktober 2008 erscheint nicht ohne weiteres ersichtlich. Die Bekanntgabefiktion der Norm des § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 12 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) dürfte einen aktenkundigen Hinweis mindestens der Aufgabe dieses Verwaltungsakts zur Post – etwa festgehalten in einem sog. Postbuch oder handschriftlich auf dem Bescheid - voraussetzen, der hier jedenfalls nicht aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ersichtlich ist. Zumindest wäre eine Bekanntgabevermutung nach dieser Vorschriften auch aus den nachfolgenden Gründen hinreichend erschüttert. Zum einen ist der Bescheid an eine „Frau …“ - der Name des Klägers ist offensichtlich asiatisch (vietnamesisch?) und der Vorname deutet nach Recherchen im Internet eher auf eine Person weiblichen Geschlechts hin (z. B. http://www.familienbande24.de/vornamen/maedchen//index.html) - adressiert, wohingegen es sich nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten bei dem im Aktivrubrum genannten (nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung erschienenen) Beteiligten um einen Mann handeln soll, sodass diese gegebenenfalls erfolgte Falschbezeichnung des Geschlechts Anlass für eine fehlende Bekanntgabe und – wenngleich nicht aktenkundige – Rücksendung des Briefs durch die Post gewesen sein könnte. Zum anderen ist in den Verwaltungsvorgängen wohl eine Kopie des Bescheids mit dem handschriftlichen Vermerk „zurück!“ enthalten. Möglich erscheint etwa, dass der Beklagte (entgegen der Bemerkung in der Kurzmitteilung vom 10. Oktober 2008) das postalisch zurückgekommene Original erneut an den Kläger versandt hat, denn dieser Vermerk, der schon auf der Kopie vorhanden ist und deshalb dem kopierten Schriftstück anhaften dürfte, ist ohne Ablage des Originals und gegebenenfalls des Postvermerks auf dem Briefumschlag mit dem Beitragsbescheid in den Verwaltungsvorgängen nicht nachvollziehbar. Die Behördenakte ist insoweit nicht gut geführt, da sich diese Vorgänge alles andere als sich selbst erklären.

Selbst wenn dies anders zu beurteilen und die - mangels Bedenken gegen die Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung - einmonatige Frist zur Widerspruchserhebung im Oktober oder November 2008 bereits abgelaufen sein könnte, ist jedenfalls durch die (gleichwohl) ergangene Sachentscheidung im Vorverfahren, dem Widerspruchsbescheid vom 1. November 2010, eine (etwaige) Fristversäumung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid, der keine dritte Person begünstigt, geheilt worden (ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, vgl. die Nachweise bei Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 70 Rn. 9 Fn. 21).

Die Klage ist auch begründet.

Der Bescheid des Beklagten über die Erhebung des Beitrags für den Anschluss an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 30. Mai 2008 ist – ebenso wie sein Widerspruchsbescheid vom 1. November 2010 - rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zwar verfängt der Vortrag des Klägers nicht (dazu unter A.), indessen bestehen von Amts wegen durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit sowohl der aktuellen Beitragssatzung (dazu unter B.) als auch der zum Zeitpunkt des Ausgangsbescheids noch geltenden Beitragssatzung (dazu unter C).

A. 1. Es trifft nicht zu, dass nicht erkennbar sei, welche konkrete Anschlussmaßnahme abgerechnet werde. Der hier angefochtene Beitragsbescheid betrifft ausdrücklich den Anschluss des Grundstücks des Klägers an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage. Der Kläger irrt, wenn er meinen sollte, er könne nur für eine „konkrete“ Maßnahme, insbesondere vorangegangene Arbeiten am gesamten Schmutzwassernetz oder gar nur dem Bereich vor seinem Grundstück, herangezogen werden. Der Anschlussbeitrag betrifft die Herstellung der gesamten Schmutzwasserbeseitigungsanlage als öffentliche Einrichtung im Verbandsgebiet, zu deren Kosten der Kläger anteilig nach Maßgabe der Beitragskalkulation und gegebenenfalls eines davon zugunsten der Anschlusspflichtigen aus politischen Gründen abweichend niedriger angesetzten Beitragssatzes herangezogen wird. Hierfür bedarf es auch keiner näheren Benennung der einzelnen kalkulierten Kosten in dem Kanalanschlussbeitragsbescheid.

2. Die Berechnung eines angeblichen endgültigen 100%igen Beitrags anhand des Vorausleistungsbescheids, der diese in Höhe von 80 % festgesetzt hat, geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Maßgeblich ist insoweit nicht, was die damalige Beitragskalkulation bzw. die damalige Beitragssatzung als vollständigen Beitragssatz berechnet bzw. normiert hat, sondern wie die entsprechenden Daten in der aktuellen Beitragskalkulation und vor allem der aktuellen Beitragssatzung sind. Unabhängig davon, dass der Kläger hier schon verkennt, dass er trotz „später“ Heranziehung mangels Erhöhung des Beitragssatzes keinem finanziellen Nachteil ausgesetzt sein ist, wäre auch ein solcher, läge er tatsächlich vor, von Gesetzes wegen hinzunehmen. Ein Beitragspflichtiger hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, möglichst zeitnah (zu was: dem tatsächlichen Anschluss, der Anschlussmöglichkeit?) auf der Grundlage einer Beitragssatzung herangezogen zu werden, selbst wenn sich herausstellt, dass bei der zeitlich späteren Inanspruchnahme eine beitragsrechtliche Erhöhung stattgefunden hat, etwa, weil dies eine spätere Beitragskalkulation erfordert, die zu einem höheren Beitragssatz geführt hat. Entsprechendes gilt, soweit sich die übrigen Bedingungen für seine beitragsrechtliche Heranziehung gegenüber vorangegangenem Satzungswerk verschlechtert haben; die bis zum 30. März 2005 geltende Regelung des § 2 Abs. 5 Satz 4 KAG gibt es nicht mehr. Dem werden Grenzen insoweit allein durch den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatz und die Vorschriften der Festsetzungsverjährung gesetzt, die vorliegend aber nicht verletzt sind. Namentlich ist die Frist zur Festsetzung des Anschlussbeitrags nicht überschritten.

Die Frist zur Festsetzung einer kommunalen Abgaben (Festsetzungsverjährung) beträgt vier Jahre, § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, und beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist, zu laufen, §12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 170 Abs. 1 AO. Das abstrakte Abgabenschuldverhältnis, aufgrund dessen die Abgabe erhoben werden darf, wird im Anschlussbeitragsrecht erst durch die sachliche Beitragspflicht begründet. Diese sachliche Beitragspflicht entsteht wiederum (frühestens) mit Inkrafttreten einer wirksamen Anschlussbeitragssatzung. Dies ergibt sich nicht nur aus der nunmehrigen Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V (nach Satz 2 kann die Satzung sogar einen späteren Zeitpunkt bestimmen), sondern wurde nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auch schon auf der Grundlage des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG in der Fassung vor dem 31. März 2005 judiziert (etwa OVG Greifswald, Beschl. v. 23. Juli 2004 - 1 L 288/04 -, NordÖR 2004, 368 [Leitsatz], hier zitiert aus juris, Rn. 17; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Aussprung, in: ders./Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: August 2012, § 9 Anm. 7.2).

Die früheren Anschlussbeitragssatzungen des Zweckverbands waren indessen unwirksam. So hat das erkennende Gericht mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Dezember 2004 (Az. 4 A 79/02) die „1. Neufassung der Beitragssatzung Abwasser“ vom 30. Juni 2000 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 23. Juni 2003 für gesamtnichtig erachtet. Zuvor waren vom erkennenden Gericht mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Mai 2000 (Az. 4 A 1939/98) die Beitragssatzung Abwasser vom 6. November 1996 i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 30. September 1998 und die Beitragssatzung Wasser vom 6. November 1996 i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 30. September 1998 als unwirksam angesehen worden.

Die sachliche Beitragspflicht hätte folglich frühestens mit der – hier noch unterstellt wirksamen - Beitragssatzung Wasser vom 1. Juli 2005 entstanden sein können, sodass die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen begonnen hätte und mit dem Beitragsbescheid aus dem Jahre 2008 gewahrt wäre.

3. Unzutreffend ist auch, dass bauliche Maßnahmen (an öffentlichen Einrichtungen der Schmutzwasserbeseitigung) zu 100 % öffentlich gefördert worden seien. Zwar ist gerichtsbekannt, dass Maßnahmen an den Schmutzwasseranlagen im Land Mecklenburg-Vorpommern auch schon in den 90er Jahren subventioniert wurden (vgl. etwa den Tatbestand im rechtskräftigen Urteil der 3. Kammer vom 19. Juli 2010 – 3 A 317/10), allerdings mit einer deutlich geringerem Anteil. Nach der wohl aktuellen Richtlinie zur Förderung von Abwasseranlagen des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz vom 16. Oktober 2007 (Amtsblatt S. 535 ff.) handelt es sich um eine (bloße) Anteilsfinanzierung mit Fördersätzen bei Zuschüssen für öffentliche Abwasseranlagen – abhängig von der Gemeindegröße, in der das Vorhaben durchgeführt wird - von 30 bis 60 %; dass dies in der Vergangenheit anders gewesen sein und damals eine Vollsubventionierung stattgefunden haben soll, ist dem Gericht nicht bekannt und wird vom Kläger auch nicht substantiiert dargelegt. Der Kläger benennt keine Quelle oder auch nur ein Beweisangebot für seine weitergehende Behauptung, weder allgemeiner Art noch speziell bezogen auf den beklagten Zweckverband. Konkrete substantiierte Bedenken, ob im Falle solcher Zuwendungen an den beklagten Zweckverband diese auch in der Beitragskalkulation berücksichtigt worden sind (und werden durften), trägt der Kläger ebenfalls nicht vor.

4. Eine wie auch immer gekennzeichnete Art von „Beitragsnacherhebung“, wie der Kläger offenbar meint, liegt ebenfalls nicht vor, sondern hier wird erst- und einmalig der entsprechende Beitrag festgesetzt. Die vom Kläger nicht mit einer einzigen Fundstelle zitierte vorgetragene „höchstrichterliche Rechtsprechung“, die es verbiete, von Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke ein Beitragstatbestand bereits entstanden sei, die Differenz der früheren zu den nunmehrigen Beitragssätzen nachzuerheben, muss deshalb vom Gericht nicht gesucht werden (vgl. aber OVG M-V, Urt. v. 15. Dezember 2009 – 1 L 323/06 -, juris:

Die Abgaben erhebende Behörde ist im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes M-V und auf der Grundlage einer Abwasserbeitragssatzung grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, eine Nacherhebung in dem Sinne vorzunehmen, dass sie einen wirksam entstandenen Anschlussbeitragsanspruch voll ausschöpft, soweit dies noch nicht durch eine erste Beitragserhebung - etwa auf der Basis einer früheren unwirksamen Satzung - erfolgt ist. Einer solchen Nacherhebung stehen der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung, die Rechtsfolgen der Bestandskraft des Erstheranziehungsbescheides und der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ebenso wenig entgegen wie die Bestimmung des § 12 Abs. 1 KAG M-V und die darin enthaltene Verweisung auf die Bestimmungen der Abgabenordnung.).

B. Jedoch leidet die dem Anschlussbeitragsbescheid bereits im Vorverfahren (ohne die Änderungssatzungen) bzw. im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zugrunde zu legende Beitragssatzung Schmutzwasser vom 5. Juni 2009 („03.06.2009“) i. d. F. der 3. Änderungssatzung vom 15. September 2011 – im Folgenden: BSS - an durchgreifenden Mängeln, die zu ihrer Gesamtnichtigkeit führen. Dies sind zumindest die wegen der rechtsfehlerhaften Ermittlung der schlichten Tiefenbegrenzung fehlerhafte Regelung in § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS und die damit korrespondierende fehlerhafte Flächenermittlung im Rahmen der Beitragskalkulation.

I. Rechtlich unbedenklich ist allerdings, dass der beklagte Zweckverband seit dem Jahre 2006 nur noch eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung betreibt, während es davor – neben den im nachfolgenden Satzungswerk unter II. und III. genannten weiteren öffentlichen Einrichtungen - fünf waren, § 1 Abs. 1 Satz 1 BSS vom 5. April 2005 und § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung vom 23. März 2004 (bereits mit der 1. Änderungssatzung zur Entwässerungssatzung vom 12. Dezember 2005 und der 1. Änderungssatzung zur Beitragssatzung vom 12. Dezember 2005 zum 1. Januar 2006 auf eine rechtlich selbständige entsprechende öffentliche Einrichtung reduziert).

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V ist in einer Abgabensatzung u. a. der die Abgabe begründende Tatbestand zu bestimmen. Insbesondere im Anschlussbeitragsrecht erfordert dies eine klare Definition der öffentlichen Einrichtung, für die Beiträge erhoben werden sollen. Die Heranziehung zu Abgaben einer öffentlichen Einrichtung setzt voraus, dass eine ortsrechtliche Regelung darüber besteht, für welche Einrichtung die Abgaben zu bezahlen sind. Maßgebend für den Begriff der Einrichtung ist nicht die technische Ausgestaltung, sondern grundsätzlich die rechtliche Bestimmung durch den Ortsgesetzgeber (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15. Nov. 2000 - 4 K 8/99 -, DVBl. 2001, 1376), d. h. im Rahmen seines Organisationsermessens kann er technisch voneinander getrennte Anlagen zusammenfassen und als einheitliche öffentliche Einrichtung betreiben. Die öffentliche Einrichtung ist somit eine rechtliche Einheit; dies hat der Landesgesetzgeber in § 2 Abs. 2 des seit dem 31. März 2005 geltenden „neuen“ KAG M-V verdeutlicht, wonach technisch getrennte Anlagen eines Einrichtungsträgers, die der Erfüllung derselben öffentlichen Aufgabe dienen, eine Einrichtung im rechtlichen Sinne bilden, sofern durch Satzung nichts anderes bestimmt ist.

Die gerichtliche Kontrolle, ob vom Ortsgesetzgeber ein zulässiger Anlagenbegriff gewählt worden ist, ist auf das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) beschränkt. Ermessensfehlerfrei ist die vom Ortsgesetzgeber getroffene Entscheidung, nur eine zentrale öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung im Verbandsgebiet zu betreiben, nur dann, wenn den anzuschließenden Grundstücken in etwa gleiche Vorteile aus der Anschlussmöglichkeit vermittelt werden (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15. März 1995 - 4 K 22/94 -, DVBl. 1995, 1146). Ermessensfehlerhaft ist die Zusammenfassung technisch getrennter Anlagen deshalb, wenn die zusammengefassten Systeme in Arbeitsweise und/oder Arbeitsergebnissen schlechterdings nicht vergleichbar sind (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15. März 1995, a. a. O., m. w. N.). Letzteres kann das Gericht im vorliegenden Fall nicht feststellen. Nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 sind die zentralen ländlichen Kläranlagen in Bezug auf die Arbeitsweise und Arbeitsergebnisse mit den vier großen Kläranlagen A-Stadt, Schwaan, Neubukow und Kröpelin vergleichbar und unterscheiden sich im Wesentlichen nicht hinsichtlich der Arbeitsweisen und –ergebnisse; alle Kläranlagen seien biologische. Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt, an der Richtigkeit dieser Ausführungen des Beklagten zu zweifeln und dieser Frage von Amts wegen vertieft nachzugehen.

II. Auch die sprachliche Ungenauigkeit des § 1 Abs. 2 BSS i. d. F. der 3. Änderungssatzung

- „Der ZVK erhebt für Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung nach Abs. 1 angeschlossen sind, nach Maßgabe dieser Satzung … (Beiträge)“ -,

die den Eindruck vermitteln könnte, dass Beiträge nur im Falle eines tatsächlich erfolgten und nicht auch des nur möglichen Anschlusses erhoben werden, was mit Ausnahme der Grundstücke im Außenbereich unzutreffend wäre, führt nicht zur Gesamtnichtigkeit des Satzungswerks, zumal diese Norm lediglich allgemein die Beitragspflicht benennt, während sich die Einzelheiten („nach Maßgabe dieser Satzung“) aus den folgenden Vorschriften ergeben, sodass eine normerhaltende Auslegung angezeigt erscheint.

III. Mit § 2 Abs. 1 Buchst. b BSS

- „Der Beitrag wird für die Grundstücke erhoben, die über eine Anschlussleitung an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und …

b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Stadt oder Gemeinde zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen …“ -

sind, wenngleich auch gemessen an den nachfolgenden „klareren“ Vorschriften der Satzung wiederum gleichsam mystifiziert, offenbar Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) gemeint (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15. April 2009 – 1 L 205/07 -, juris, Rn. 29 ff., 33), was rechtlich in Ordnung ist.

IV. § 2 Abs. 1 Buchst. c BSS

- „Der Beitrag wird für die Grundstücke erhoben, die über eine Anschlussleitung an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden können und …

c) die bebaut sind.“ -

wirft wiederum das Problem auf, dass die Kombination „Anschlussmöglichkeit + Bebauung“ für Außenbereichsgrundstücke nicht zur Begründung der Anschlussbeitragspflicht für leitungsgebundene Einrichtungen führt; hier muss das Grundstück vielmehr tatsächlich angeschlossen sein (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15. April 2009, a. a. O., Rn. 36 m. w. N.; Aussprung, a. a. O., § 9 Anm. 7.5 und 4.1, dort S. 60).

Im Ergebnis dürfte aber wie in dem Fall, der dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. September 2010 (4 K 12/07, KStZ 2011, 215 ff., hier zitiert aus juris, Rn. 33 ff.) zugrunde lag, auch hier eine andere mögliche Lesart möglich sein, die rechtlich zulässig und deshalb normerhaltend zugrunde zu legen ist. Es fehlt zwar das „wenn (sie bebaut sind)“, dass dem Obergericht offenbar Veranlassung zu seiner Rechtsauffassung im Hinblick auf die dortige Satzung gegeben hat. Hier wird aber an „versteckter“ Stelle, nämlich im Rahmen des Beitragsmaßstabs in § 4 Abs. 2 Buchst. g BSS, auf den tatsächlich erfolgten Anschluss des Außenbereichsgrundstücks an die öffentliche Einrichtung (als Voraussetzung der sachlichen Beitragspflicht) hingewiesen, sodass erneut diese allgemeine Vorschrift normerhaltend nach Maßgabe der einschlägigen Ausführungen im Rahmen des Beitragsmaßstabs zu interpretieren ist.

V. Für § 3 Abs. 1 BSS

- „Die Beitragspflicht entsteht, sobald das Grundstück an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden kann, § 2 Absatz 1 ….“ -

gilt ebenso, dass die Entstehung der Beitragspflicht (mit der Anschlussmöglichkeit) für Außenbereichsgrundstücke vordergründig nicht korrekt beschrieben ist, aber gleichwohl im Zusammenspiel mit der zutreffenden Regelung im Beitragsmaßstab hinreichend verdeutlicht, dass die bloße Anschlussmöglichkeit eines Grundstücks im Außenbereich gerade noch nicht die sachliche Beitragspflicht entstehen lässt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15. April 2009, a. a. O., Rn. 36 m. w. N. und Urt. v. 14. September 2010, a. a. O., Rn. 39 f. m. w. N.).

VI. Auch § 4 Abs. 1 BSS

- „Der Beitrag für den Anschluss an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage wird als nutzungsbezogener Flächenbeitrag erhoben. Berechnungsgrundlage für den Anschlussbeitrag sind die bevorteilte Grundstücksfläche und die auf diese bezogene zulässige Geschossfläche (mögliche bauliche Ausnutzung) des Grundstückes, das an die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen werden kann.“ -

begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden Wirksamkeitsbedenken. Bereits aus Satz 2 dieser Vorschrift wird deutlich, dass hier unter Berücksichtigung der bevorteilten Grundstücksfläche letztlich die „beitragsfähige (…) Geschossfläche“ – so die Bezeichnung in § 5 BSS -, mithin ein (kombinierter) Geschossflächenmaßstab maßgeblich ist.

VII. Demgegenüber hat das Gericht die Regelung in § 4 Abs. 2 Buchst. b BSS

- „Als bevorteilte Grundstücksfläche gilt: ….

b) bei Grundstücken nach Buchstabe a), die über die Grenzen des B-Planes hinausreichen, auch die Fläche außerhalb des Plangebietes, soweit diese Fläche baulich oder gewerblich genutzt werden kann.“ -

in seinen (nicht rechtskräftigen) Urteilen vom 6. Januar 2012 (4 A 437/10 und 4 A 516/10) rechtlich beanstandet und für unwirksam gehalten. Daran wird festgehalten. Für Grundstücke, die teilweise im Gebiet eines Bebauungsplans und teilweise („dahinter“) im unbeplanten Innenbereich liegen, gibt es für den letztgenannten Bereich des Grundstücks keine schlichte Tiefenbegrenzung wie bei vollständig im unbeplanten Innenbereich i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB liegenden Grundstücken nach § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS. Dies verstößt gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Es gibt keinen sachlichen Grund, die Privilegierung der Tiefenbegrenzung bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BauGB) nicht auch solchen Grundstücken zuteil werden zu lassen, die jedenfalls für Teilflächen auch dieses Merkmal aufweisen und insoweit noch mehr als 40 m tief (und auch in diesem Bereich noch unbebaut) sind.

Zwar will der Beklagte bei einer solchen Fallgestaltung auch die Grundsätze der schlichten Tiefenbegrenzung gemäß der Beitragssatzung zugrunde legen, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 vorgetragen hat. Indessen kann die Verwaltung durch normabweichendes Handeln, das dem Gleichheitssatz genügt, den Fehler in der Rechtsetzung nicht heilen.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern soll offenbar bei der sich anschließenden Frage, ob die fehlerhafte bzw. nichtige Regelung im Beitragsmaßstab zur Gesamtnichtigkeit der Satzung entsprechend § 139 BGB führt, danach differenziert werden, ob für die fragliche (nichtige) Regelung Anwendungsfälle gegeben seien oder nicht, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen für die Frage, ob der Satzungsgeber die Satzung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen hätte (vgl. Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O. Rn. 71).

Bislang hatte der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 im Verfahren 4 A 1412/10 nicht bestätigen können, dass es im Verbandsgebiet keine Anwendungsfälle für die hier problematisierten Fallgestaltungen eines Grundstücks mit Flächen sowohl im Bebauungsplangebiet als auch im unbeplanten Innenbereich gibt; auch in den beiden genannten Verfahren 4 A 437/10 und 4 A 516/10 lag dem Gericht keine abweichende Erklärung vor.

Nunmehr hat der Beklagte allerdings in der mündlichen Verhandlung – von Klägerseite mit Nichtwissen bestritten - vorgetragen, dass im Rahmen der Beitragserhebung kein Fall aufgetreten sei, aufgrund dessen man die Beitragserhebung auf die jeweilige Norm des § 4 Abs. 2 Buchst. b der Beitragssatzung Wasser bzw. der Beitragssatzung Schmutzwasser gegründet habe. Es gebe keinen Fall, in dem ein Grundstück teilweise in einem Bebauungsplangebiet liege und teilweise außerhalb dessen, sei es insoweit im unbeplanten Innenbereich, sei es insoweit im Außenbereich. Das Gericht hat keine begründeten Zweifel, an der Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln, die, wie der Beklagte in der letztgenannten Verhandlung weiter mündlich erläutert hat, erst jetzt abgegeben werden konnte, weil die Überprüfung der vielen Fälle der bisher erlassenen Beitragsbescheide eine gewisse Zeit in Anspruch genommen habe.

Insofern spricht viel dafür, dass der Wille der Verbandsversammlung als Satzungsgeber, hätte sie den hier monierten Fehler in der Beitragssatzung erkannt, entsprechend § 139 BGB dahin zu werten sein wird, dass sie die fragliche (bislang dann offenbar hinsichtlich der beanstandeten Regelung ins Leere gehende) Beitragssatzung im Übrigen dennoch so beschlossen hätte. Letztlich kann aber die Frage einer Gesamtnichtigkeit der Beitragssatzung aufgrund dieser fehlerhaften Norm offen bleiben, weil der nachfolgende Fehler bei der Ermittlung der Tiefenbegrenzung allein dieses Verdikt trägt.

VIII. § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS i. d. F. der 3. Änderungssatzung

- „Als bevorteilte Grundstücksfläche gilt: …

c) bei Grundstücken, für die kein B-Plan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallelen. Liegt das Grundstück an mehreren Straßen, so ist die Tiefenbegrenzung von jeder einer Straße zugewandten Grundstücksseite jeweils über die gesamte Grundstücksbreite anzusetzen. Bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen, bleiben Wegflächen, die lediglich die Verbindung zur Straße herstellen, bei der Bestimmung der Grundstückstiefe unberücksichtigt.“ -

ist ebenfalls unwirksam.

1. Zwar wird es von der hiesigen obergerichtlichen ständigen Rechtsprechung, der sich die Kammer angeschlossen hat, grundsätzlich für zulässig erachtet, nicht nur eine qualifizierte (für Grundstücke mit Übergang von Innen- zum Außenbereich nach § 35 BauGB), sondern auch - wie hier – eine schlichte Tiefenbegrenzungslinie in der Anschlussbeitragssatzung zu etablieren, also vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB liegende Grundstücke flächen- und damit beitragsseitig „bis auf weiteres“ (nämlich eine zulässige tiefere spätere Überbauung) zu begrenzen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 12. Oktober 2011 – 4 K 31/06 -, S. 24 des amtlichen Umdrucks; Sauthoff, in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2011, § 8 Rn. 1653 und Aussprung, a. a. O., § 9 Anm. 10 und 10.1, jeweils m. w. N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung; aus der Kammerrechtsprechung etwa Urt. v. 25. Januar 2007 – 4 A 217/06 – S. 15 f. des amtlichen Umdrucks; vgl. auch für das Landesrecht in Nordrhein-Westfalen Dietzel, in: Driehaus, a. a. O., § 8 Rn. 614b).

Ausführlich erörtert wird die grundsätzliche Zulässigkeit der (dort allerdings qualifizierten) Tiefenbegrenzung in jüngerer Zeit vor allem im Urteil des Senats vom 14. September 2010 (a. a. O., Rn. 76):

„… Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie …“

2. Diese Privilegierung nicht nur der von Einzelfallermittlungen für jedes Grundstück befreiten Verwaltung, sondern auch der betroffenen Grundstückseigentümer (zu Lasten der übrigen Beitragspflichtigen, namentlich der Eigentümer von Grundstücken in einem Bebauungsplangebiet oder von kleinen Innenbereichsgrundstücken „innerhalb“ der Grenzen der Tiefenlimitierung, wo kein Quadratmeter von der Beitragspflicht ausgenommen wird) muss dann aber auf einer sorgfältigen und von zutreffenden Voraussetzungen ausgehenden Ermittlung der örtlichen Verhältnisse der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB, die eine solche pauschale Festlegung der beitragsrechtlichen Bebauungs- bzw. Nutzungstiefe eines Grundstücks rechtfertigen sollen, beruhen.

Vorliegend hat der Beklagte nach den Maßstäben von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V und Art. 3 Abs. 1 GG diese Ermittlung nicht rechtsfehlerfrei durchgeführt und dementsprechend der darauf aufbauende Satzungsgeber die Tiefenbegrenzung von 40 m rechtsfehlerhaft in die Beitragssatzung aufgenommen. Wegen des methodischen Fehlers ist damit die gesamte Beitragssatzung unwirksam.

a) Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern führt zur Problematik der Ermittlung der Tiefenbegrenzung im Urteil vom 14. September 2010 (a. a. O., Rn. 77 f.) u. a. aus:

„… Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.) … Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen …“

In seinem wohl jüngsten einschlägigen Urteil vom 12. Oktober 2011 in der Sache 4 K 31/06 (S. 24 f. des amtlichen Umdrucks) hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung gemeint:

„… Nach der Rechtsprechung des Senates geht es bei der Frage der Ortsüblichkeit nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt voraus, dass es auch eine gewisse Gruppe von – nicht üblichen – Bebauungstiefen gibt, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend sein kann vielmehr eine zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen. Dem Ortsgesetzgeber steht für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung ein normgeberisches, weit zu verstehendes Ermessen zu, das das Normenkontrollgericht nur auf Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen überprüfen darf. Eine eigene Entscheidung an Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung ist ihm untersagt (vgl. zum Ganzen Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 10/07 -, Abdruck S. 23 ff.) …“

b) Vorliegend hat der Satzungsgeber in der aktuellen Ermittlung der Tiefenbegrenzung mit Stand vom 31. Juli 2011 schon nicht – sei es dort, sei es, sofern rechtlich möglich, spätestens in der mündlichen Verhandlung – hinreichend dargelegt, aus welchen Erwägungen er die von ihm tatsächlich ausgewählten Ortslagen als repräsentativ für sein Verbandsgebiet und dessen örtliche Bebauungsverhältnisse im unbeplanten Innenbereich ansieht.

Ob eine solche spätere Tiefenbegrenzungsermittlung überhaupt eine gegebenenfalls früher fehlerhafte Ermittlung bei dem Beschluss über die Beitragssatzung am 3. Juni 2009, insbesondere den Beitragssatz, heilen kann, namentlich ob auch eine solche Fallgestaltung unter § 2 Abs. 3 KAG M-V fällt oder nicht, muss deshalb nicht abschließend beurteilt werden.

Dieses Manko gilt erst recht für die Ermittlung der Tiefenbegrenzung mit Stand vom 19. Mai 2009, wo überhaupt keine (separate) Erläuterung im Papierwerk gegeben wird (vgl. auch die Beitragskalkulation Schmutzwasser - Stand: 1. Mai 2008 - unter dem Punkt „2. Flächenermittlung“, wo lapidar darüber berichtet wird, dass bei der Flächenermittlung die Tiefenbegrenzung, wie sie die Beitragssatzung vorsieht, beachtet worden sei und vorhandene Angaben aus den Erhebungsbögen in die Erfassung eingeflossen seien, was ohnehin nur für eine noch weiter zurück liegende Ermittlung, die dem Gericht nicht vorgelegt worden ist, gelten kann).

Im Vergleich der letzten beiden Tiefenbegrenzungsermittlungen fällt dem Gericht auf, dass die repräsentativen Ortslagen nicht nur vollständig gewechselt, sondern sich auch in ihrer Anzahl vergrößert haben. Ob dabei etwa die in der Ermittlung 2009 noch herangezogene Stadt A-Stadt nicht (mehr) als eine repräsentative Ortslage im Verbandsgebiet gelten bzw. ebenso gut durch andere Ortslagen ersetzt werden kann, kann ohne nähere Ausführungen des Beklagten dazu wie auch insgesamt zu diesem „Austausch“ gerichtlich nicht einmal ansatzweise überprüft werden. Es lässt allerdings die Vermutung aufkommen, dass möglicherweise die früher (2009) als repräsentativ betrachteten Ortslagen nicht mehr als solche eingeschätzt werden, was die Tiefenbegrenzungsermittlung 2009 mangels zutreffender Berücksichtigung der „richtigen“ Ortslagen schon per se fehlerhaft machen würde. Der Hinweis des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10, die in der Übersicht vom 19. Mai 2009 genannten Ortschaften seien kraft „reiner Erfahrungswerte“ repräsentativ für die Lage im Verbandsgebiet, vermag das Gericht jedenfalls nicht zu überzeugen. Auch der Gedanke, der Zweckverband könne deshalb im Jahre 2011 die Ortslagen gewechselt und die „Bandbreite“ (durch mehr Ortslagen) vergrößert haben, um auch unter der Geltung der neuen Rechtsprechung des OVG M-V (Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O.) die 40 m-Tiefenbegrenzung halten zu können, kann ohne nähere erklärende Angaben dazu nicht verworfen werden.

Die in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 von Beklagtenseite vorgenommenen Erläuterungen, warum die dort genannten Ortschaften (nunmehr) repräsentativ sein sollen, reichen dem Gericht nicht aus, um deren fehlerfreie Auswahl zu bestätigen. So wurde dort vom Beklagten ausgeführt, die Stadt Rerik sei vergleichbar mit den Städten Kühlungsborn und A-Stadt, man habe eine Stadt mit einer Ostseelage in die Betrachtung einbeziehen wollen und die Struktur auch der Stadt A-Stadt sei, was die Ausläufer der Ortschaft in den „Außenbereichen“ angehe, mit der Stadt Rerik durchaus vergleichbar. Hierbei erschließt sich dem Gericht etwa nicht, warum der „Ortskern“ der Stadt A-Stadt bei der Auswahl der repräsentativen (Innenbereichs-)Ortslagen außer Betracht bleiben konnte. Es kann schlichtweg nicht hinreichend beurteilt werden, ob im Übrigen eine sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse (so die ständige Rechtsprechung des Obergerichts, neben dem zitierten Urt. v. 14. September 2010, a. a. O., etwa Urt. v. 13. Nov. 2001 – 4 K 16/00 -, juris, Rn. 45 und Beschl. v. 20. November 2003 – 1 M 180/03 -, juris, Rn. 15) bzw. eine hinreichende Vergleichbarkeit der ausgewählten Ortslagen mit den übrigen im Verbandsgebiet vorliegt, ob - anders ausgedrückt - z. B. die bezogen auf die Zahl der Einwohner „kleine“ Stadt Rerik mit ihren „nur“ ca. 2.218 Einwohnern (Statistische Berichte des Statistischen Amts Mecklenburg-Vorpommern, Bevölkerungsstand der Kreise, Ämter und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, Stand: 31. Dezember 2010, S. 5) eine repräsentative Ortslage im Verbandsgebiet als möglicherweise eine typische Ortslage (Ostseebad) an der Ostsee mit ihren touristischen und gegebenenfalls baulichen Besonderheiten etwa anstelle der „größeren“ Stadt Kühlungsborn mit ca. 7.158 Einwohnern (a. a. O.), oder aber (auch oder stattdessen) eine hinreichende Vergleichbarkeit der Bebauungsstruktur im Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB für die Stadt Bad Doberan als teilweise „Binnengemeinde“, teilweise (Stadtteil Heiligendamm) „Ostseegemeinde“ mit ihren ca. 11.325 Einwohnern (a. a. O.) darstellt. Der Beklagte hat in der genannten mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 weiter ausgeführt, man habe die Städte Schwaan, Kröpelin und Neubukow in Augenschein genommen, die – was sich insoweit plausibel anhört - als sog. „alte Ackerbürgerstädte“ vergleichbar und damit prägend seien. Man habe schließlich die Dörfer flächenmäßig über das Verbandsgebiet verteilt in Augenschein genommen und bewertet, da eine sog. Gruppenbildung nach z. B. Misch-, Rund- und Langdörfern usw. nicht sinnvoll zu bilden sei. Man habe auf die Zahl der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB abgestellt. Es seien ca. 15 bis 20 % repräsentative Ortschaften von den im Verbandsgebiet liegenden Ortschaften bei der Tiefenbegrenzung in die Betrachtung einbezogen worden. Bei dieser Ermittlung habe man die einzelnen Dörfer in Betracht genommen und nicht die politischen Gemeinden. Hier mag die Auswahl rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden sein, überprüfbar ist dies für das Gericht mangels gerichtsbekannter Kenntnis der genauen ländlichen bzw. kleinstädtischen Siedlungsstrukturen im Verbandsgebiet und mangels hinreichender, vor allem schriftlicher Dokumentation der (Neu-)Auswahl der repräsentativen Ortslagen im Verbandsgebiet zur Feststellung der örtlichen Verhältnisse im unbeplanten Innenbereich indessen nicht.

c) Wegen der hier satzungsrechtlich begründeten schlichten Tiefenbegrenzung ist – wie die Kammer schon in anderen Verfahren anderer Beklagter entschieden hat – die Ermittlung der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB anhand der „letzten Gebäudekante“ (so ausdrücklich in der entsprechenden Ermittlung 2011, aber ebenso schon, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 erläutert hat, in der vorangegangenen Ermittlung 2009) fehlerbehaftet.

Die Kammer hat im Urteil vom 5. Mai 2011 (4 A 826/08, S. 16 des amtlichen Umdrucks) Folgendes ausgeführt, an dem auch vorliegend festgehalten wird:

„Die tatsächliche Bebauungstiefe eines Grundstücks trifft jedoch keine Aussage über dessen bauliche Ausnutzbarkeit. Der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB endet vielfach nicht an der Außenwand der letzten Baulichkeit, sondern schließt oftmals noch einen Hausgarten mit ein (sog. bauakzessorische Nutzung). Gerade bei der Ermittlung der schlichten Tiefenbegrenzung, die auch Grundstücke einschließt, die mit ihrer Grundstücksfläche komplett im unbeplanten Innenbereich liegen, ist die bauliche Ausnutzbarkeit eines Grundstücks zwingend zu berücksichtigen. Da der Beklagte lediglich die tatsächliche Bebauungstiefe der Grundstücke ermittelt hat, liegt allein schon deshalb ein methodischer Fehler vor, der zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt (vgl. auch VG Schwerin, Urteil v. 21. November 2008, Az.: 8 A 3375/04; Driehaus, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, 43. Ergänzungslieferung, September 2010, § 8 Rdnr. 413c m.w.N.). Zudem verstößt eine solche Ermittlung gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da hier wesentliches Gleiches willkürlich ungleich behandelt wird, denn Grundstücke, die in B-Plangebieten liegen, werden mit ihrer gesamten im B-Plan liegenden Grundstücksfläche bei der Bemessung des Anschlussbeitrages berücksichtigt …“

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist (vgl. etwa OVG Greifswald, Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O., Rn. 76; Beschl. v. 20. November 2003, a. a. O., Rn. 14), der jenseits davon gelegene aber „orts- bzw. verbandsgebietstypisch“ nicht. Das ist im Bereich der sog. schlichten Tiefenbegrenzung, bei der es gerade nicht um die Abgrenzung des unbeplanten Innenbereichs vom grundsätzlich schon bauplanungsrechtlich einer Bebauung entgegen stehenden Außenbereich geht, sondern bei dem die maßgeblichen Grundstücke allesamt innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils“ i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB liegen, eine beitragsrechtliche Betrachtung und ebensolche Besonderheit.

Dabei kommt es bei der Orientierung an der ortsüblichen Tiefe der baulichen Nutzung, der „Baulandtiefe“ gerade im unbeplanten Innenbereich nicht auf die tatsächliche Nutzung oder Bebauung (Überbaubarkeit) an, sondern auf die Bebaubarkeit oder sonstige beitragsrelevante Nutzbarkeit; maßgeblich ist also die Baulandqualität, die nicht am Ende der tatsächlichen Bebauung aufhört (OVG Lüneburg, Urt. v. 21. Sept. 1995 – 9 L 6639/93 -, OVGE MüLü 45, 462 ff., hier zitiert aus juris, Rn. 21; Driehaus, a. a. O., Rn. 413c, allerdings zum Straßenausbaubeitragsrecht). Das in diesem Sinne von der Bebaubarkeit und nicht von der tatsächlichen Überbauung gekennzeichnete „Bauland“ reicht bei einem bebauten Grundstück, dass vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB liegt, aber nicht lediglich bis zur Rückseite des Wohnhauses, sondern umfasst eine angemessene Fläche um das Haus (vgl. OVG Lüneburg, a. a. O., Rn. 20). Soweit dann am „tiefen“ Rand dieser angemessenen Fläche ein weiteres (Neben-)Gebäude steht, mag deren Ende auch das ortsübliche Ende der Bebaubarkeit, des Baulands, darstellen. Der Beklagte hat aber ausweislich seiner Unterlagen auch dann die von der Straße aus gesehen letzte Wand eines Wohngebäudes als maßgebend angesehen, wenn auf dem betrachteten Grundstück kein weiteres tiefer stehendes (Neben-)Gebäude vorhanden ist, mithin also die im überwiegend ländlich-dörflich bis kleinstädtisch geprägten Verbandsgebiet typische Bebauungssituation einer angemessenen Fläche um das Wohnhaus herum, namentlich den dort vielfach anzutreffenden Hausgarten (auch) hinter dem Haus bei der Ermittlung der Tiefenbegrenzung ignoriert. Ob dabei die Ortslagen an bzw. in der Nähe der Ostsee mit etwaigen touristisch geprägten anderen Bebauungstypen der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich eine andere Beurteilung rechtfertigen, kann dahinstehen, da das Verbandsgebiet zwar dann auch, aber eben nicht nur – was der Beklagte auch nicht behauptet - von dieser eventuell anderen ortstypischen Bebauungsstruktur bestimmt wird, sodass um so mehr Anlass zur Überlegung besteht, ob die örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet überhaupt eine erkennbare ortsübliche Typik der Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB aufweisen.

Diese Auffassung des Gerichts kann sich auch auf die nachfolgenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 14. September 2010 (a. a. O., Rn. 85; vgl. auch Klausing, in: Driehaus, a. a. O., § 8 Rn. 1031b) stützen, das offenbar sogar bei der Ermittlung einer qualifizierten Tiefenbegrenzungsregelung keinen zwingenden Automatismus zwischen Ende des letzten Gebäudes und Ende des Bebauungszusammenhangs nach § 34 Abs. 1 BauGB bzw. Anfang des Außenbereichs nach § 35 BauGB sieht:

„… Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21) ...“

So hat das Oberverwaltungsgericht nicht einmal bei einer qualifizierten Tiefenbegrenzung die „einfache“ und zu metrisch zuverlässigen Ergebnissen führende Ermittlungspraktik der örtlichen Verhältnisse zur Bebauungstiefe gebilligt, stets nur die Außenwand des letzten Gebäudes eines jeden Grundstücks als maßgeblich anzusehen, auch nicht etwa als im weiten Rahmen des Ermessens „mögliche“ und damit ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten im Rahmen dieser erforderlichen Ermittlung. Wenn aber selbst dort, also bei einer Tiefenbegrenzung für Fälle des Übergangs des Grundstücks vom unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB in den Außenbereich nach § 35 BauGB schon nicht die Außenwand des letzten Gebäudes zwingend die (Wertungs-)Linie zwischen unbeplanten Innen- und Außenbereich zieht, so gilt im Bereich der - wie hier - schlichten Tiefenbegrenzung, die sogar für Grundstücke innerhalb des unbeplanten Innenbereichs i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB eine begrenzende Tiefenlinie ziehen will, erst recht, dass hier die „bauakzessorische“ Nutzung etwa eines Hausgartens im typischerweise ländlich bis kleinstädtisch geprägten Verbandsgebiet nicht per se außer Betracht gelassen werden darf. Vielmehr ist eine solche im „reinen“ unbeplanten Innenbereich jedenfalls hierzulande gerade typischerweise möglich und zulässig, kann und muss deshalb beitragsrechtlich regelmäßig diese (schlichte) Begrenzungslinie in die Grundstückstiefe mit der Folge auch einer größeren Fläche im Rahmen der Kalkulation „erweitern“. Gerechtfertigt ist diese Sicht der Dinge im Anschlussbeitragsrecht bei allem Bemühen um Verwaltungspraktikabilität letztlich mit dem Blick auf den beitragsmäßig abzugeltenden Vorteil, den der Anschluss bzw. die Anschlussmöglichkeit an das Kanalnetz dem Beitragspflichtigen und dessen Grundstück vermittelt. Dieser mag – so die Einschätzung in der hiesigen Rechtsprechung – auch bei Grundstücken, die vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB liegen, nicht für die gesamte Grundstücksfläche gelten (mit der Folge, dass der jenseits der Tiefenbegrenzungslinie liegende Teil bei später erfolgender Überbauung, die wegen der Lage in diesem Gebiet grundsätzlich bauplanungsrechtlich möglich sein wird, ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung zu einem Anschlussbeitrag herangezogen werden kann), kann jedoch jedenfalls nicht ausnahmslos, auch nicht aus den genannten Gründen einer Verwaltungsvereinfachung, dazu führen, die baurechtlich zulässige und hierzulande jedenfalls außerhalb von größeren Städten – und so auch im Verbandsgebiet vorgefundene - typische Nutzung von Gärten „hinter dem Haus“ bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. dem ortsüblichen Bauland i. S. des § 2 Abs. 1 Buchst. b der Beitragssatzung nicht zu beachten.

Das Gericht ist auch nicht der Auffassung, dass dem beklagten Zweckverband bei dieser Tatsachenermittlung ein Ermessen zusteht, wie er mithin die örtlichen Verhältnisse, die jeweilige tatsächliche Tiefe der Grundstücke im unbeplanten Innenbereich in seinem Verbandsgebiet ermitteln kann und darf. Sein Ermessen bezieht sich vornehmlich auf die sich daran anschließende Wertungsfrage, bei wie vielen Metern die (tatsächlich korrekt ermittelten) Grundstücksbebauungstiefen (noch) als ortstypisch zu betrachten sind, mit welcher prozentualen Mehrheit er sie also in seinem Verbandsgebiet als Tiefenbegrenzung zugrunde legen darf, um sie noch als die bei ihm überwiegend anzutreffenden örtlichen Verhältnisse zu qualifizieren. Dem steht auch nicht die bereits zitierte Passage aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. September 2010 (a. a. O., Rn. 78) entgegen, wonach der Satzungsgeber Ermessen habe, auf welche Weise er die ortsüblichen Verhältnisse ermittele. Diese apodiktische Aussage ist auslegungsfähig und –bedürftig und darf nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, in dem sie geäußert wurde. Sie bezog sich im dortigen Verfahren auf die vom Senat bejahte Frage, ob dem Satzungsgeber erlaubt sei, bei der Feststellung der örtlichen Verhältnisse auch nur repräsentative Ortslagen in den Blick zu nehmen. Kurz zuvor hat der Senat in dieser Entscheidung aber betont, dass der Satzungsgeber, um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln müsse (a. a. O., Rn. 77). Hier wird hinreichend deutlich, dass der Ortsgesetzgeber sich nicht etwa im Ermessensweg oder allein mit der Grenze der Willkür die Tatsachen „aussuchen“ kann, die er seiner Ermessensbetätigung zur Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie zugrunde zu legen gedenkt, sondern die tatsächlichen Grundlagen dafür, die örtlichen Verhältnisse, sorgfältig in seinem Gebiet – gegebenenfalls durch entsprechend sorgfältige Prüfung in ermessensfehlerfrei ausgewählten repräsentativen Ortslagen – zu eruieren hat. Durch die fehlerhafte Ermittlung der örtlichen Bebauungsverhältnisse im unbeplanten Innenbereich seines Verbandsgebiets hat der Satzungsgeber sich aber der Feststellung der vollen tatsächlichen Bandbreite der orts- bzw. verbandstypischen Bebauungstiefe bei der Frage der Festlegung möglicher Tiefenbegrenzungen begeben. Darin liegt zugleich ein methodischer Fehler, der vorliegend zur Gesamtnichtigkeit der Anschlussbeitragssatzung führt, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass nach seiner Beseitigung bei sodann ordnungsgemäßer tatsächlicher Ermittlung der verbandsgebietstypischen Bebauung im unbeplanten Innenbereich und nachfolgender erneuter Ermessensbetätigung der Verbandsversammlung die Tiefenbegrenzung in diesem Bereich ermessensfehlerfrei erneut auf 40 m festgelegt werden kann.

3. Da der dargelegte Mangel als methodischer Fehler die Tiefenbegrenzungsregelung und das gesamte Beitragssatzungswerk nichtig macht, braucht der Frage nicht näher nachgegangen zu werden, ob die später wieder aufgehobene Regelung in § 4 Abs. 2 Buchst. c Satz 2 BSS 2009 zur „seitlichen“ (Breiten- oder Seiten)Begrenzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche rechtlich zulässig ist (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 26. Sept. 2007 – 2 LB 21/07 -, juris, Rn. 30 zu einer Straßenbaubeitragssatzung; VG Greifswald, Urt. v. 12. März 2003 – 3 A 319/01 -, juris, Rn. 17, jeweils unter Hinweis auf Klausing, a. a. O., § 8 Rn. 1031b, demzufolge es für eine „ortsübliche“ Breite der baulichen Nutzung solcher Grundstücke keine sachlichen Anhaltspunkte gebe).

IX. Die Regelung in § 4 Abs. 2 Buchst. d BSS

- „Als bevorteilte Grundstücksfläche gilt: …

d) bei Grundstücken, die im Geltungsbereich einer Abrundungssatzung (§ 34 Abs. 4 BauGB) liegen, geht in den Randlagen des von der Abrundungssatzung umfassten Gebietes die dort festgesetzte Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteiles der Tiefenbegrenzungslinie nach Buchstabe c) vor.“ -

wirft die Frage auf, was es bedeutet, wenn es heißt, dass die in der Abrundungssatzung festgesetzte Grenze des im Zusammenhang bebauten Ortsteils „in den Randlagen“ des von der Abrundungssatzung umfassten Gebiets der Tiefenbegrenzungsregelung vor geht: Werden davon (nur) Grundstücke betroffen, deren Flächen lediglich teilweise in der Abrundungssatzung liegen und im Übrigen im Außenbereich liegen? Dagegen spricht aber der Wortlaut „bei Grundstücken, die im Geltungsbereich einer Abrundungssatzung … liegen“; andernfalls fehlte hier ein „auch“ oder „teilweise“. Oder soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass nur Grundstücke, die nicht ohnehin „tief“ bzw. „mitten“, sondern an der jeweiligen Grenze einer Abrundungssatzungssatzung liegen, von dieser Regelung erfasst werden sollen, für die übrigen Grundstücke „inmitten“ einer Abrundungssatzung mithin die Tiefenbegrenzung nach § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS gelten soll? In der Beitragskalkulation Wasserversorgung (Stand: 31. Januar 2007) wird unter dem Punkt 1.2 zwar von 84 Innenbereichs- und Abrundungssatzungen gesprochen. In der mündlichen Verhandlung am 3. November 2011 in der Sache 4 A 1412/10 hat der Beklagte insoweit allerdings ausgeführt, dass es im Verbandsgebiet nur Grundstücke gebe, die mit 40 m oder weniger Grundstücksfläche im Geltungsbereich der Abrundungssatzung lägen. Ein Fall, wie er in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald (vom 20. Juli 2011 – 3 B 616/11) gegeben gewesen sei, liege im Verbandsgebiet nicht vor; hier seien die Grundstücke, die im Geltungsbereich einer Abrundungssatzung lägen, privilegiert gegenüber den „normal“ tiefenbegrenzten Grundstücken. Insofern lässt das Gericht die weitere Prüfung dieser Norm auf eine Nichtigkeit (wegen mangelnder Bestimmtheit) bzw. gegebenenfalls deren Auswirkungen auf die gesamte Satzung angesichts des bereits festgestellten, zur Gesamtnichtigkeit führenden Mangels offen.

X. Nach § 4 Abs. 2 Buchst. e BSS i. d. F. der 3. Änderungssatzung

- „Als bevorteilte Grundstücksfläche gilt: …

e) bei Grundstücken, die über die sich aus den Buchstaben a) bis d) ergebenden Grenzen hinaus bebaut oder gewerblich genutzt werden, die Fläche zwischen der der jeweiligen Straße zugewandten Grundstücksseite und einer Parallelen hierzu, die der von der Straße am weitesten abgewandten Bebauung entspricht.“ -

soll bei insb. „übertiefen“ und (auch) dort bebauten Grundstücken die bevorteilte Grundstücksfläche diejenige sein, die von der Straße aus gesehen mit der Parallelen der von der Straße am weitesten abgewandten Bebauung abschließt. Ausgenommen wird also die bauakzessorische Nutzung jenseits der „übertiefen“ Bebauung.

Dem Gericht erschließt sich schon nicht, wie so ein Fall bei § 4 Abs. 2 Buchst. a BSS, also bei Grundstücken, die (vollständig) in einem Bebauungsplangebiet liegen, denkbar sein soll, regelt doch offenbar § 4 Abs. 2 Buchst. b BSS den Fall, dass ein Grundstück teilweise im Bebauungsplangebiet und teilweise im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB liegt, und gar § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS den Fall, dass das Grundstück ausschließlich im unbeplanten Innenbereich liegt. Ob es im Falle des § 4 Abs. 2 Buchst. d BSS einen Fall geben kann, in dem das Grundstück durch den Verlauf einer Abrundungssatzung „geteilt“ wird und in dem außerhalb dieser Satzung liegenden Teil auch oder ausschließlich Bebauung gegeben ist, erscheint dem Gericht ebenfalls bereits tatsächlich sehr ungewöhnlich und zudem rechtlich zweifelhaft.

Es könnten gegen die Zulässigkeit dieser Regelung für die nachfolgenden Fälle aber durchgreifende Wirksamkeitsbedenken bestehen: Bei einem übertief bebauten Grundstück, das sowohl im unbeplanten Innen- als auch im Außenbereich liegt, muss das übertief („hinten“) stehende Gebäude nicht stets noch im unbeplanten Innen-, sondern kann bereits im Außenbereich nach § 35 BauGB liegen, sodass im letzten Fall eine Vergrößerung der beitragspflichtigen Fläche durch Erweiterung des unbeplanten Innenbereichs bis hin zum Ende des „hintersten“ Gebäudes nicht zulässig ist (Urteile der 8. Kammer vom 30. Januar 2008 - 8 A 803/07 - und vom 21. November 2008 - 8 A 720/06 -, letzterenfalls S. 8 f. des amtlichen Umdrucks).

Ob dem Satzungsgeber bei Erlass der Beitragssatzung Anwendungsfälle für eine solche Fallgestaltung bekannt waren bzw. es sie überhaupt gibt, kann wieder unter Hinweis auf die bereits durchgreifenden Wirksamkeitsbedenken der Beitragssatzung dahinstehen.

Gleiches gilt für den Satz 2 in der ursprünglichen Fassung des § 4 Abs. 2 Buchst. e BSS vom 5. Juni 2009, der wiederum Entsprechendes für eine „übergreifende“ Bebauung jenseits der „seitlichen“ Tiefenbegrenzung (Breitenbegrenzung) geregelt hatte.

XI. § 4 Abs. 3 Buchst. b BSS

- „ Die Geschossfläche bestimmt sich wie folgt: …

b) ist in einem rechtsverbindlichen B-Plan nur eine Baumassenzahl festgesetzt, so ergibt sich die Geschossfläche für die Grundstücke durch Vervielfachung der jeweiligen Grundstücksfläche mit der Baumassenzahl, geteilt durch 3,5. Ist (a)ufgrund einer Ausnahme oder Befreiung im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld eine größere Geschossfläche zugelassen, so ist diese zugrunde zu legen.“ -

begegnet mit dem hohen Divisor von 3,5 in Satz 1 Bedenken. Im rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 5. Mai 2011 in der Sache 4 A 826/08 heißt es zu einer entsprechenden Vorschrift in einer anderen Anschlussbeitragssatzung (S. 19 f. des amtlichen Umdrucks; vgl. auch Grünewald, in: Driehaus, a. a. O., § 8 Rn. 619d):

„… Das Verbandsgebiet des Beklagten ist ländlich strukturiert fernab einer Großstadt ohne größere Gewerbe- und Industriegrundstücke. Es ist daher kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, in § 5 Abs. 4 lit. a BGS generell einen Divisor von 3,5 vorzusehen und andere etwa bei Wohngebäuden durchschnittliche Geschosshöhen von z.B. 2,30 m (vgl. § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990; § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994; § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006) vollständig unberücksichtigt zu lassen, obwohl Wohnbebauung im Wesentlichen das Verbandsgebiet des Beklagten prägt. Eine vorteilsgerechte Bewertung der in § 5 Abs. 4 lit. a BGS beschriebenen Grundstücke liegt damit nicht vor (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. August 2003, Az.: 9 LA 36/03, NVwZ-RR 2004, 374; Klausing, in Driehaus, a.a.O., § 8 Rdnr. 1039a) …“

Letztlich lässt das Gericht diese Problematik im vorliegenden Fall aber offen, insbesondere auch die Frage, ob dieser hohe Wert für das auch hier gerichtsbekannt ländlich bzw. kleinstädtisch strukturierte Verbandsgebiet wohl ohne größere Gewerbe- und Industriegrundstücke durch anderweitige Regelungen im Satzungswerk (hinreichend) kompensiert wird und werden kann.

XII. § 4 Abs. 3 Buchst. e BSS

- „ Die Geschossfläche bestimmt sich wie folgt: …

e) in Gebieten ohne Bebauungsplan (im Sinne des § 34 BauGB) ist die zulässige Geschossfläche anhand der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Bebauung zu ermitteln. Fehlt es an einer solchen Bebauung, so ist ein Viertel der Grundstücksfläche als zulässige Geschossfläche anzusetzen.“ -

wirft hinsichtlich der in Satz 2 in den dort genannten Fällen angesetzten Geschossfläche von einem Viertel der Grundstücksfläche Fragen der rechtlichen Zulässigkeit auf. Es ist darauf zu achten, dass sich in der festgesetzten Geschossflächenzahl und dem damit beschriebenen baulichen Nutzungsmaß die örtlichen Verhältnisse einigermaßen verlässlich widerspiegeln. Nur dann kann von dieser Geschossflächenzahl die ihre Anwendung rechtfertigende Vermutung ausgehen, dass es sich bei ihr um die nach dem Maßstab des § 34 BauGB erreichbare und damit zulässige Geschossflächenzahl handelt (vgl. Lohmann, in: Driehaus, a. a. O., § 8 Rn. 880b zum Anschlussbeitragsrecht in Hessen). Fälle, in denen ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB (und nicht bereits im Außenbereich nach § 35 BauGB) liegt und dennoch in seiner näheren Umgebung keine oder keine überwiegend vorhandene Bebauung vorliegt, dürften – wenn überhaupt – allerdings wohl sehr selten vorkommen. Selbst wenn die Regelung deshalb mangels hinreichender Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse des baulichen Nutzungsmaßes rechtlich bedenklich wäre, dürfte diese Regelung unter Berücksichtigung des Willens des Satzungsgebers entsprechend § 139 BGB für sich genommen kaum die Beitragssatzung gesamtnichtig machen.

XIII. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Buchst. h BSS

- „ Die Geschossfläche bestimmt sich wie folgt: …

h) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln. Dachgeschosse sind mitzurechnen, soweit sie Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung M-V sind. Geschosse im Dachraum, die keine Vollgeschosse sind, sind zu berücksichtigen soweit sie als Wohn- und Gewerbeflächen genutzt werden können oder tatsächlich so genutzt werden, wobei diese im Hinblick auf die beschränkte Nutzung nur zur Hälfte ihrer Geschossfläche angerechnet werden. Kellergeschosse sind mitzurechnen, soweit sie Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung M-V sind oder soweit sie als Wohn- und Gewerbeflächen genutzt werden können oder tatsächlich so genutzt werden. Balkone, Loggien und Terrassen bleiben außer Ansatz, wenn und soweit sie über die Gebäudeflucht herausragen.“ -

wirft systematisch unter diesem Gliederungspunkt Fragen auf, da sie wohl keine eigenständige Regelung zur Ermittlung der Geschossfläche in einem bestimmten (weiteren) Fall sein soll, sondern lediglich Bedeutung in den Fällen der Buchst. d ff. des § 4 Abs. 3 BSS erlangen dürfte. Inhaltlich dürfte sie nicht zu beanstanden sein.

XIV. Die Anschlussbeitragssatzung Schmutzwasser leidet zudem an einem zu ihrer Nichtigkeit führenden Fehler, weil der Verbandsversammlung bei der Beschlussfassung über diese Satzung keine ordnungsgemäße Kalkulation vorlag. Die maßgebliche Beitragskalkulation hat den Stand vom 1. Mai 2008 und wurde von der Verbandsversammlung bereits am 11. Juni 2008 beschlossen. Sie umfasst laut Präambel den Zeitraum von 2008 bis 2013.

Die Kammer führt in ständiger Rechtsprechung (etwa Urt. v. 25. Januar 2007, a. a. O., und Urt. v. 5. Mai 2011, a. a. O., dort auf Seite 23 ff. des amtlichen Umdrucks), Folgendes aus, an dem das Gericht auch vorliegend festhält:

„… Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zum KAG a. F., welche die Kammer teilt, fällt die Festsetzung und Kalkulation eines Beitragssatzes in die Kompetenz des Vertretungsorgans. Dieses hat bei der Beschlussfassung über die Satzung sein ortsgesetzgeberisches Ermessen in den Grenzen, die ihm durch das Vorteilsprinzip, dem Kostendeckungsgrundsatz und den Gleichheitssatz gezogen sind, sachgerecht auszuüben. Zur Gültigkeit eines Beitragssatzes bedarf es daher einer stimmigen Kalkulation, die vom Satzungsgeber mit der Beschlussfassung zu billigen ist (OVG M-V, Urt. v. 15.11.2000, Az.: 4 K 8/99, veröffentlicht in: LKV 2001, 516). Insoweit bezieht sich die gerichtliche Überprüfung nicht bloß auf eine rechnerische „Ergebniskontrolle“ des Beitragssatzes, sondern auf die ihm zugrunde gelegten Sachverhalte und Wertentscheidungen. Eine Abgabensatzung ist hiernach jedenfalls unwirksam, wenn in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot verletzt ist oder nicht (vgl. OVG M-V, Urt. v. 07.11.1996, Az.: 4 K 11/96, veröffentlicht in: VwRR MO 1997, 13; Urt. v. 25.02.1998, A.: 4 K 8/97, 4 K 18/97, veröffentlicht in: NordÖR 1998, 256 jeweils m.w.N.). An diesen Grundsätzen ist auch nach dem Inkrafttreten des neuen KAG und damit der Neufassung des § 2 Abs. 3 KAG M-V festzuhalten ...

Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer Kalkulation zur Feststellung der Wahrung des Aufwandsüberschreitungsverbotes wird damit durch die Änderung des Kommunalabgabengesetzes nicht beschränkt. Damit verbleibt es bei dem bisherigen Prüfungsansatz im gerichtlichen Verfahren. Jedoch führt die Feststellung eines Fehlers nicht notwendig zur Ungültigkeit der Satzung. Die betroffene Körperschaft ist nunmehr gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V berechtigt, der Kalkulation eine ergänzende Begründung oder einzelne Aufwands- und Kostenpositionen ‚nachzuschieben’, um den festgesetzten Beitragssatz zu rechtfertigen ...“

Hier wirkt sich die oben erörterte fehlerhafte Ermittlung der Tiefenbegrenzung bei der Flächenermittlung als Grundlage der Beitragskalkulation aus, die insoweit ebenfalls methodisch fehlerhaft ist und deshalb auch zur Gesamtnichtigkeit der Beitragssatzung führt.

C. Auch die Beitragssatzung Schmutzwasser vom 5. April 2005 in der Fassung bzw. bis zu der 2. Änderungssatzung vom 2. November 2006 (BSS 2005/2006), die mangels Wirksamkeit der vorstehenden Beitragssatzung als Rechtsgrundlage des Anschlussbeitragsbescheids in Betracht kommt, ist aus Rechtsgründen zu beanstanden und unwirksam.

1. § 2 BSS 2005/2006 ist nur in der letzten Fassung der 2. Änderungssatzung wirksam und insoweit geeignet, nicht bereits aus diesem Grund das Verdikt der Gesamtnichtigkeit dieser Beitragssatzung nach sich zu ziehen. Der bis dahin verwandte sog. wirtschaftliche Grundstücksbegriff

- „Grundstück im Sinne dieser Satzung ist jedes räumlich zusammenhängende und einem gemeinsamen Zweck dienende Grundeigentum desselben Eigentümers, das eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet, auch wenn es sich um mehrere Grundstücke oder Teile von Grundstücken im Sinne des Grundbuchrechts handelt.“ -

verstieß gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V (vgl. etwa OVG Greifswald, Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O., Rn. 53 m. w. N.; Beschl. v. 21. Okt. 2008 – 1 L 197/08 -, und Beschl. v. 9. Jan. 2007 – 1 M 61/06; Aussprung, a. a. O., § 7 Anm. 13.1).

2. § 4 Abs. 2 Buchst. b BSS 2005/2006 entspricht der Regelung in der 2009 erlassenen Beitragssatzung und begegnet deshalb den dort ausgeführten durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf eine fehlende schlichte Tiefenbegrenzungsregelung für die im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB liegende Teilfläche eines Grundstücks, das im Übrigen in einem Bebauungsplangebiet liegt. Dies ist hier noch weniger nachvollziehbar, wenn man die qualifizierte Tiefenbegrenzung in § 4 Abs. 2 Buchst. d Satz 1 BSS 2005/2006 betrachtet.

3. § 4 Abs. 2 Buchst. c BSS 2005/2006 ist - bis auf die zwischenzeitlich eingeführte, dann aber wieder aufgegebene Breitenbegrenzung - identisch mit der Regelung in der aktuellen Satzung. Insofern gilt das zum Pendant Ausgeführte. Hier kommt hinzu, dass überhaupt keine Ermittlung der schlichten Tiefenbegrenzung vorgelegt werden konnte, was mangels Nachprüfbarkeit auch schon aus diesem Grund die entsprechende Regelung und damit dieses Satzungswerk insgesamt nichtig macht. Ebenso liegt deshalb keine ordnungsgemäße Flächenermittlung zur Beitragskalkulation mit Stand vom 4. November 2005 (davor gab es fünf Kalkulationen betreffend die jeweiligen ursprünglichen öffentlichen Einrichtungen mit unterschiedlichen Ständen aus dem Jahre 2001) vor.

4. § 6 Abs. 1 Satz 1 BSS 2005/2006 ist rechtsunwirksam, weil dort rechtlich unzutreffend (§ 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) als Beitragspflichtiger auch der zur Grundstücksnutzung „dinglich Berechtigte“ aufgeführt ist (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O., Rn. 68 ff.; Kammerurteil v. 5. Mai 2011 – 4 A 826/08 -, S. 21 des amtlichen Umdrucks), zum anderen ebenso fehlerhaft im Satz 3 die Neufassung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V (frühere Regelung in § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG) ignoriert wurde (vgl. Kammerurteil v. 5. Mai 2011 – 4 A 826/08 -, S. 22 f. des amtlichen Umdrucks).

Ob dies nur zur Teilnichtigkeit der Beitragssatzung führt (so OVG M-V, Urt. v. 14. Sept. 2010, a. a. O., Rn. 71 im Hinblick auf die fehlerhafte Benennung des „dinglich Berechtigten“), kann wegen der übrigen gravierenden Fehler, welche die Gesamtnichtigkeit auch dieser Beitragssatzung nach sich ziehen, offen bleiben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wird hier abgesehen, da sie bei Vollstreckungen gegen die öffentliche Hand als sehr „sicherem“ Vollstreckungsschuldner nicht erforderlich erscheinen.