BVerfG, Beschluss vom 30.04.2008 - 2 BvR 706/08
Fundstelle
openJur 2012, 25753
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Voraussetzungen, unter denen die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen wäre (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

Soweit sie sich gegen die angegriffenen behördlichen Entscheidungen, den Beschluss des Landgerichts vom 10. September 2007 und den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Dezember 2007 richtet, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingelegt wurde.

Die Gegenvorstellung, die der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Dezember 2007 erhoben hat, war nicht geeignet, die Verfassungsbeschwerdefrist offenzuhalten. So weit das Erfordernis der Erschöpfung des Rechtsweges (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) reicht, ist für den Beginn der Frist zur Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die letzte zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG gehörige gerichtliche Entscheidung maßgebend. Der ungeschriebene Rechtsbehelf der Gegenvorstellung gehört nicht zu dem Rechtsweg, den ein Beschwerdeführer gemäß § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft haben muss, bevor er zulässigerweise Verfassungsbeschwerde einlegen kann (vgl. BVerfGE 107, 395 <416 f.>). Demgemäß hat eine Gegenvorstellung nicht zur Folge, dass die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde erst mit der gerichtlichen Entscheidung über die Gegenvorstellung zu laufen beginnt; vielmehr kommt es für den Fristbeginn auf die gerichtliche Entscheidung an, gegen die die Gegenvorstellung sich richtete (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Februar 2006 - 2 BvR 575/05 -, NJW 2006, S. 2907 f.), hier also auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Dezember 2007. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer nicht innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG Verfassungsbeschwerde erhoben.

Eine Überschreitung der Verfassungsbeschwerdefrist bliebe auch dann festzustellen, wenn die ?Gegenvorstellung? als Anhörungsrüge ausgelegt würde. Eine entsprechende wohlwollende Auslegung ist geboten, wenn sie dem verfolgten Rechtsschutzanliegen dient (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juli 2007 - 1 BvR 143/07 -, juris). Im vorliegenden Fall hilft jedoch die Auslegung des vom Beschwerdeführer eingelegten Rechtsbehelfs als Anhörungsrüge (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 33a StPO) nicht weiter. Denn die Einlegung dieses Rechtsbehelfs war aussichtslos und daher zur Offenhaltung der Verfassungsbeschwerdefrist nicht geeignet (vgl. BVerfGK 7, 115 <116>). Die Anhörungsrüge ist nicht gegen beliebige Rechtsverstöße, sondern allein gegen Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör eröffnet. Für einen Gehörsverstoß seitens des Oberlandesgerichts ist hier nichts Substantiiertes vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich; vielmehr beruhte und beruht die Rüge des Beschwerdeführers, das Oberlandesgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, erkennbar auf unzutreffenden Annahmen über den Inhalt dieses Anspruchs. Darin, dass ein Gericht der Auffassung des Rechtsschutzsuchenden nicht folgt, liegt kein Gehörsverstoß (vgl. BVerfGE 87, 1 <33>). Das gilt auch dann, wenn die gerichtliche Entscheidung fehlerhaft ist (vgl. BVerfGE 76, 93 <98>).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.