VG Sigmaringen, Urteil vom 28.02.2002 - 8 K 1560/00
Fundstelle
openJur 2013, 12021
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt für den Monat September 1998 höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Kläger und seine Familie sind bosnische Staatsangehörige, im Besitz einer Duldung und erhalten seit 01.03.1995 laufende Leistungen nach § 1 Abs. 1 (bis 30.05.00) bzw. § 2 Abs. 1 (ab 01.06.2000) AsylbLG. Am 10. August 1997 wurden die Ehefrau und ein Kind des Klägers Opfer eines von einem Traktorfahrer verschuldeten Unfalles und mussten anschließend für längere Zeit stationär behandelt werden. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 wies das Landratsamt T. den Kläger darauf hin, dass im Falle einer Zahlung von Schmerzensgeld dieses als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angerechnet werden würde. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers widersprach einer derartigen Anrechnung mit der Begründung, dass Schmerzensgeld unpfändbar sei und nach dem BGB damit nicht aufgerechnet werden könnte.

Auf Aufforderung teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 17.08.1998 dem Beklagten mit, dass von der Versicherung inzwischen Vorschüsse auf das Schmerzensgeld für beide Personen in Höhe von insgesamt 5.000,-- DM geleistet worden seien.

Mit Bescheid vom 31. August 1998 lehnte das Landratsamt daraufhin den Antrag des Klägers auf Weitergewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ab dem 1. September 1998 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Ehefrau und das Kind des Klägers von der gegnerischen Haftpflichtversicherung insgesamt einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 5.000,-- DM erhalten hätten. Dieser stelle Vermögen von Familienangehörigen, die mit dem Widerspruchsführer im selben Haushalt lebten, dar, welches vor Eintritt von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zunächst für den aktuellen Lebensunterhalt aufgebracht werden müsse. Das Landratsamt errechnete, ausgehend von einem Hilfeanspruch im Monat August von 2.319,-- DM, dass die Familie von dem Betrag in Höhe von 5.000,-- DM ca. 2,16 Monate leben könnte.

Hiergegen wurde am 7. September 1998 vom Kläger Widerspruch eingelegt und ausgeführt, dass eine Anrechnung des Schmerzensgeldes nicht zulässig sei und für den Fall, dass nach dem Gesetz eine derartige Anrechnung zulässig sei, das Gesetz verfassungswidrig sei. Außerdem sei der Schmerzensgeldvorschuss von 5.000,-- DM im Zeitpunkt des Bescheides des Landratsamtes bereits vollständig aufgebraucht gewesen und habe deshalb als Vermögenswert der Familie nicht mehr zur Verfügung gestanden.

Auf Aufforderung des Landratsamtes, Verwendungsnachweise beizubringen, wurden mehrere handschriftliche Aufzeichnungen vorgelegt, denen zufolge - nach Annahme des Beklagten - ca. 3.400,-- DM unter anderem für Kinderbetreuung, Bezahlung eines Dolmetschers, Fahrtkosten und dem Erwerb zweier gebrauchter Fahrräder verbraucht worden sind.

Daraufhin erließ am 25.09.1998 das Landratsamt T. für den Monat September 1998 einen Änderungsbescheid unter Berücksichtigung eines zugrunde gelegten vorhandenen Schmerzensgeldrestbetrages von 1.600,-- DM (Vorschuss von 5.000 DM abzüglich verbrauchter 3.400,-- DM). Der Familie des Klägers wurden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 719,-- DM zugesprochen (Bedarf 2.319,00 DM minus 1.600,-- DM als berücksichtigungsfähiges Einkommen = 719,-- DM).

Bei den Akten befindet sich zudem ein weiterer Änderungsbescheid des Landratsamts T., datierend vom 28.09.1998 für den Monat September 1998, ebenfalls unter Berücksichtigung eines zugrunde gelegten vorhandenen Schmerzensgeldrestbetrages von 1.600,-- DM (Vorschuss von 5.000 DM abzüglich verbrauchter 3.400,-- DM). Der Familie des Klägers wurde für den Monat September 1998, allerdings unter Berücksichtigung eines Kindergartenbeitrages für das Kind Z., Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 799,-- DM zugesprochen (Bedarf 2.399,00 DM minus 1.600,-- DM berücksichtigungsfähiges Einkommen = 799,-- DM). Mit selbem Bescheid wurden der Familie auch die Asylbewerberleistungen für den Monat Oktober in Höhe von 2.408,00 DM bewilligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2000 wies das Regierungspräsidium T. den Widerspruch gegen die Verfügung des Landratsamtes T. vom 31. August 1998 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Widerspruch unter Berücksichtigung des Änderungsbescheides vom 28. September 1998 nicht begründet sei. Der nicht verbrauchte Anteil des Schmerzensgeldvorschusses von 1.600,-- DM sei zu Recht bei der Gewährung laufender Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für den Monat September 1998 als Einkommen angerechnet worden. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylbLG sei Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden könne, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. Bei dem von der Versicherung bezahlten Vorschuss von Schmerzensgeld an die Frau und das Kind des Klägers handele es sich um Einkommen im Sinne dieser Vorschrift. Entgegen der Bestimmungen im Sozialhilferecht sei Schmerzensgeld bei der grundsätzlich einkommens- und vermögensabhängigen Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei der Leistungsberechnung zu berücksichtigen. Im Gesetzgebungsverfahren zum Asylbewerberleistungsgesetz seien Bemühungen erfolglos geblieben, Teile der Vorschriften über den Schutz des Einkommens und Vermögens aus dem BSHG in das Asylbewerberleistungsgesetz zu übernehmen. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion, Schmerzensgeld nach § 847 BGB nicht als Einkommen zu berücksichtigen, habe keine Mehrheit gefunden (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5008, Seite 15). Aus diesem Grunde müssten die Schmerzensgeldzahlungen als Einkommen bzw. Vermögen im Sinne des § 7 Abs. 1 AsylbLG angesehen werden, die vom Hilfeempfänger und seinen im Haushalt lebenden Familienangehörigen zur Bestreitung ihres aktuellen notwendigen Lebensbedarfs eingesetzt werden müssten, wenn dieses verfügbar sei. Vorliegend sei auch davon auszugehen, dass Schmerzensgeld in Höhe von 1.600,-- DM noch verfügbar gewesen sei. Im Hinblick auf die Teilabhilfe durch das Landratsamt T. mit Änderungsbescheid vom 28. September 1998 legte das Regierungspräsidium dem Kläger ein Drittel der Kosten, dem beklagten Land zwei Drittel der Kosten des Verfahrens auf. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. Juni 2000 zugestellt.

Zur Begründung der am 6. Juli 2000 beim Verwaltungsgericht S. eingegangenen Klage wird ausgeführt, dass es vorliegend ausschließlich um die Rechtsfrage gehe, ob Schmerzensgeldansprüche als Einkommen bzw. Vermögen im Sinne von § 7 Abs. 1 AsylbLG angesehen werden dürften oder nicht. Es werde auf die Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren verwiesen. Soweit der Beklagte auf das Gesetzgebungsverfahren verweise sei zu betonen, dass das Schmerzensgeld im Sinne von § 847 BGB nicht die Funktion habe, dem Geschädigten partiell zu einem höheren Einkommen zu verhelfen, sondern ausschließlich die Funktion habe, "den nicht in Naturalleistungen verursachten Körperschaden, vor allem die Schmerzen, durch eine finanzielle Leistung zu kompensieren". Sollte die Rechtsansicht der Beklagten zutreffen, so würde das beispielhaft bedeuten, dass ein schwerverletzter Sozialhilfeempfänger oder Arbeitnehmer eine monatliche Schmerzensgeldrente empfange, neben einer Schmerzensgeldkapitalabfindung, nicht dagegen ein Asylbewerber, der in gleicher Weise durch eine rechtswidrig schuldhafte Handlung durch einen Dritten verletzt worden sei. Es werde angeregt, wegen eines möglichen Verstoßes gegen Art. 3 GG die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Der Kläger beantragt (sachdienlich verstanden) schriftsätzlich,

ihm für den Monat September 1998 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohne Anrechnung von Schmerzensgeldansprüchen zu bewilligen und die insoweit entgegenstehenden Bescheide des Beklagten vom 31. August 1998, vom 28. September 1998 und vom 05. Juni 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Schmerzensgeldzahlung als Einkommen des Klägers im Monat September 1998 zu berücksichtigten gewesen sei.

Mit Beschluss vom 21.04.1999 -8 K 2197/98- hat das Verwaltungsgericht S. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Bewilligung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mangels Rechtschutzbedürfnis bzw. Anordnungsgrund abgelehnt.

Mit Schriftsätzen vom 06.07.2000 bzw. vom 18.04.2001 sowie vom 22.08.2000 verzichteten die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Dem Gericht lagen die einschlägigen Behördenakten des Beklagten vor, auf welche wegen näherer Einzelheiten Bezug genommen wird.

Gründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohne Berücksichtigung des ausbezahlten und im Monat September 1998 noch vorhandenen Schmerzensgeldes. Deshalb muß auf die Frage, in welcher Höhe das im Bedarfszeitraum noch vorhandene Schmerzensgeld von 1.600 DM auf die Ansprüche nach dem AsylbLG des Klägers, seiner Frau und seiner Kinder aufzuteilen war, nicht näher eingegangen werden.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz sind Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen.

Nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten stand dem Kläger und seiner Familie im September 1998 noch ein Restbetrag des an seine Ehefrau und sein Kind bezahlten Schmerzensgeldvorschusses von 1.600 DM zur Verfügung.

Bei diesem Betrag handelt es sich um Einkommen bzw. Vermögen im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes, über welches verfügt werden kann. Nicht abschließend entschieden werden muss dabei, ob es sich bei dem streitigen Betrag von 1.600 DM um Einkommen oder um Vermögen handelt. Denn in beiden Fällen wäre der Betrag bei der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu berücksichtigen.

Was unter Einkommen im Sinne des § 7 Abs. 1 AsylblG zu verstehen ist, wird weder in dieser Vorschrift noch an anderer Stelle des Asylbewerberleistungsgesetzes ausdrücklich definiert. Wegen des bestehenden Sachzusammenhangs des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem BSHG ist der Begriff des Einkommens im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG unter Rückgriff auf § 76 BSHG zu bestimmen. Er erfasst daher alle dem Leistungsberechtigten und seinen im selben Haushalt lebenden Familienangehörigen tatsächlich zufließenden Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Dabei kann es sich um laufende oder auch einmalige, um in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen zufließende Einnahmen handeln. Einkommen ist folglich alles das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, wobei grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen ist (vgl. GK AsylblG § 7 RdNr. 16).

In Abgrenzung zum Einkommensbegriff sind als Vermögen alle Gegenstände und Güter anzusehen, die nach der Verkehrsanschauung nicht zur Bestreitung des aktuellen Bedarfs vorgesehen sind. Darunter fallen zunächst sämtliche Geld oder Geldeswerte, sofern sie nicht dem Einkommen zuzurechnen sind. Das sind z. B. Renten-, Pensions- und Lohnnachzahlungen, Zuflüsse aus dem Verkauf von Nachlässen, Lebensversicherungen, Schadensersatzleistungen, Entschädigungszahlungen sowie Erbschaften und Lottogewinne (GK AsylblG § 7 RdNr. 24-26).

Die in § 76 Abs. 1 BSHG enthaltenen Ausnahmen des Einkommensbegriffes gelten mangels ausdrücklicher Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz ebenso wenig für das Asylbewerberleistungsgesetz wie die in § 76 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 2 a und 3 BSHG sowie die in §§ 77 - 87 BSHG geregelten Grenzen des Einsatzes von Einkommen. Lediglich § 76 Abs. 2 Nr. 1 - 3 BSHG findet entsprechend Anwendung, weil die darin aufgeführten vom Einkommen abzusetzenden Steuern und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen vom Leistungsberechtigten zu entrichten sind und ihm damit zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes faktisch nicht zur Verfügung stehen (GK AsylblG § 7 RdNr. 20 ).

Dies bedeutet, dass die im BSHG für den Fall einer Schmerzensgeldgewährung in § 77 Abs. 2 BSHG getroffene Regelung, wonach eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 847 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, für die hier relevanten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht anwendbar ist.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Frage der Grenzen des einzusetzenden Vermögens bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Denn im Gegensatz zu den gesetzlichen Regelungen des BSHG zum einzusetzenden Vermögen kennt § 7 AsylblG ebenfalls mangels ausdrücklicher Regelung keine Schonungsfreigrenzen bzw. Freibeträge für das Vermögen. Insbesondere finden die Vorschriften des 4. Abschnitts des BSHG über die Grenze des Einsatzes von Vermögen auf Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz keine Anwendung. So sind insbesondere auch nicht kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte als Vermögensfreibeträge von der primären Einsatzpflicht nach § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG ausgenommen (vgl. GK AsylblG § 7 RdNr. 29).

Auch § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG, wonach die Gewährung von Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht darf, wenn dies für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde, findet auf Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 AsylbLG keine Anwendung (GK a.a.O.). M.a.W. sieht das Asylbewerberleistungsgesetz im Gegensatz zum BSHG weder Härtevorschriften noch sonstige Ausnahmen bei der Anrechnung von vorhandenem Vermögen vor, unabhängig davon, aufgrund welcher Sach- und Rechtslage das Vermögen dem Asylbewerber zugeflossen ist.

Zweifel an dieser Regelung des Asylbewerberleistungsgesetzes äußert der Gemeinschaftskommentar- AsylblG ( § 7 RdNr. 31 ff.). Es sei bereits gesetzessystematisch wenig überzeugend, von der Pflicht zum vorrangigen Einsatz des Einkommens einen Teil des Erwerbseinkommens und die Aufwandsentschädigung auszunehmen, eine entsprechende Regelung für das Vermögen aber nicht vorzusehen. Darüber hinaus dürfte die unterschiedliche Behandlung des Vermögens der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz und das Vermögen des analog Berechtigten nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz verfassungsrechtlich wohl kaum mehr hinnehmbar sein. Während dem letztgenannten Personenkreis ebenso wie dem deutschen Sozialhilfeempfänger und dem hilfeberechtigten Ausländer die in § 88 Abs. 1 BSHG normierte Schranke der Verwertbarkeit, das in § 88 Abs. 2 BSHG festgelegte Schonvermögen sowie die Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 BSHG zugute kämen, fänden diese Regelungen auf die Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 AsylblG keine Anwendung. Da dies in der Praxis jedoch zur Folge habe, dass die Betreffenden weder generell noch unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls berechtigt seien, ebenso wie andere vergleichbare Personen wenigstens über einen geringen Teil ihres Vermögens frei disponieren zu können, sondern darüber hinaus sogar verpflichtet seien, sämtliche Vermögensgegenstände zu welchen Bedingungen auch immer zu veräußern, dürfte diese Regelung weder mit der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) noch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch mit dem in beiden Grundrechten zum Tragen kommenden rechtstaatlichen Übermaßverbot (insbesondere dem Grundsatz der Erforderlichkeit - Gebot des geringstmöglichen Grundrechtseingriffs) in Einklang zu bringen sein.

Die (veröffentlichte) Rechtsprechung hat sich mit der Thematik im wesentlichen, soweit ersichtlich, wie folgt befasst:

Das Verwaltungsgericht Trier (Beschluss vom 28.05.1998 -5L 667/98.TR-) hat zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Schmerzensgeld als Vermögen ausgeführt:

"Anders als der Antragsteller sieht die Kammer keine Veranlassung, die Vorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG entsprechend auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, wenn das für den, der das Vermögen einzusetzen hat und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen im Sinne dieser Vorschrift grundsätzlich ein Härtefall und damit als nicht zumutbar anzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 18.05.1995, NJW 1995, Seite 3001).

Das Fehlen einer derartigen Härtefallregelung im Asylbewerberleistungsgesetz begründet nach Auffassung der Kammer jedoch nicht die Verfassungswidrigkeit der in § 7 dieses Gesetzes vorgesehenen Verwertungspflicht für sämtliches vorhandenes Vermögen. Insbesondere gebietet das im Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz - GG - verankerte Sozialstaatsprinzip nicht, Personen, die dem Asylbewerberleistungsgesetz unterfallen denjenigen, für die das Bundessozialhilfegesetz zur Anwendung gelangt, gleichzustellen. Es besteht ein sachlicher Unterschied in dem angesprochenen Personenkreis und es besteht ein ebenso sachlicher Grund, die Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes nicht immer dann auf das Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend anzuwenden, wenn dieses einen geringen Leistungsrahmen vorsieht. Das Sozialstaatsprinzip umschließt die erforderliche Hilfe für diejenigen Personen, die an ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung gehindert und außer Stande sind, sich selbst zu unterhalten. Ihnen muss die staatliche Gemeinschaft die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein sichern. Angesichts der Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich aus Art. 20 Abs. 1 GG jedoch regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Erforderlich ist nur, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft.

Die Tatsache, dass das Bundessozialhilfegesetz für diejenigen Personen, die auf Dauer berechtigt sind, in der Bundesrepublik zu leben bzw. deutsche Staatsbürger sind, bestimmte Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums und sozialen Integrierung vorgesehen hat, begründet auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG für diejenigen Personen, die sich nur vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Der Bedarf, der auf Dauer in der Bundesrepublik lebenden Bürger stellt sich typischerweise anders dar, als der für die in dem Asylbewerberleistungsgesetz bezeichneten Personen, deren Aufenthaltsrecht noch nicht feststeht bzw. die sich nur zum Zwecke der Prüfung ihrer dauerhaften Aufenthaltsberechtigung vorübergehend in der Bundesrepublik aufhalten dürfen. Zur Feststellung des Mindestbedarfs dieses Personenkreises kann zumindest berücksichtigt werden, dass der Lebensstandard des Hilfesuchenden in seinem Heimatland üblicherweise wesentlich niedriger als in der Bundesrepublik Deutschland ist. Das Gesetz darf ferner zulässigerweise auch berücksichtigen, dass für den in dem Asylbewerberleistungsgesetz bezeichneten Personenkreis der Bedarf an sozialer Integration niedriger zu bemessen ist, als der Bedarf für Personen, die dem Bundessozialhilfegesetz unterfallen (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 27.06.1997, NVWZ Beilage 12/97, Seite 95 m.w.N.). Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind unter den dargestellten Umständen als ausreichend anzusehen, um dem Grundsatz der Menschenwürde gerecht zu werden. Soweit der Gesetzgeber eine weitergehende Angleichung an das Leistungsrecht des Bundessozialhilfegesetzes nur nach längerem Aufenthalt vorsieht, weil dann Bedürfnisse anzuerkennen sind, die durch eine stärkere Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und auf bessere soziale Integration ausgerichtet sind, ist dies nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Die Intention des Asylbewerberleistungsgesetzes geht dahin, den betreffenden Personenkreis das Existenzminimum zu gewährleisten. Ein Erfordernis, die Leistungen insbesondere hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen und Vermögen den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes anzupassen, besteht in verfassungsmäßiger Hinsicht jedoch nicht."

Auch das VG Frankfurt ( Urteil vom 23 03.2000 - 7 E 3333/98 -) sah bei der Verwertung von über Jahre angespartem Taschengeld in Höhe von 3.112,40 DM, welches nach dem KJHG gewährt worden war, zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG und möglicherweise auch des § 88 Abs. 3 BSHG als gegeben an. Es war indes unter Verweis auf die Entscheidung des Niedersächsischen OVG (B. vom 26.05.1999 4 L 2032/99 (s.u.)) der Ansicht, dass § 88 Abs. 3 BSHG und § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG auf Leistungsberechtigte nach § 1 AsylblG nicht anwendbar sind. Es führte weiter aus, dass

"die Regelung des § 7 AsylblG sich im Hinblick auf den unbeschränkten Einsatz von Vermögen für den vorliegenden Fall auch nicht als verfassungswidrig im Hinblick auf Art. 3 GG und Art 14 GG darstellt. Das Abhängigmachen der Gewährung der Leistungen nach dem AsylblG von dem Einsatz des Sparguthabens der Klägerin verletzt diese nicht in ihren Recht aus Art. 14 GG, da das genannte Grundrecht nicht das Vermögen als solches schützt. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung von Leistungsberechtigten nach § 1 AsylblG mit Leistungsberechtigten nach dem BSHG lässt sich aus den Grundrechten nicht ableiten. Insbesondere lässt sich auch aus Art. 20 GG Abs. 1 GG kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Erforderlich ist nur, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (VG Trier, B. vom 28.05.1998 aaO). (...) Die Tatsache, dass das BSHG in anderem Umfang Sozialleistungen für diejenigen Personen, die auf Dauer berechtigt sind, in der BRD zu leben, vorsieht als das AsylblG für diejenigen Personen, die sich nur vorübergehend in der BRD aufhalten, verletzt Leistungsberechtigte nach dem AsylblG im Übrigen auch nicht in ihren Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Es liegt insoweit noch innerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, entsprechende differenzierende gesetzliche Regelungen zu treffen. Die Anknüpfung an die voraussichtliche Aufenthaltsdauer und den aufenthaltsrechtlichen Status stellt sich jedenfalls insoweit nicht als willkürlich oder völlig unsachlich dar(...) Das Existenzminimum ist durch die Leistungen nach dem AsylblG gewährleistet".

Auch das Verwaltungsgericht Saarland ( Urteil vom 23.03.2000 - 4 K 74/99 -) sieht in der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG keine Verletzung des Grundrechts auf Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Auch die Verpflichtung zum Einsatz des gesamten verfügbaren Vermögens (inkl. Schmerzensgeld) greife nicht in die körperliche Unversehrtheit eines Leistungsberechtigten ein (zitiert bei GK AsylblG § 7 Rn. 32).

In diesem Sinne führte auch das (bereits zitierte) OVG Niedersachsen, (Urt. vom 26.05.1999 - 4 L 2032/99- (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 14.07.1998 - 12 B 11334/98.OVG)) aus, dass -bei Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 AsylblG- auf ein vor dem Bedarfszeitraum liegendes, nachgezahltes Kindergeld die Schutzvorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG weder direkt noch analog anwendbar sei. Der historische Gesetzgeber habe ausweislich der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes festlegen wollen, dass der Leistungsberechtigte sein Vermögen ausnahmslos einzusetzen habe, bevor er Leistungen nach diesem Gesetz für sich und seine im selben Haushalt lebenden Familienangehörigen in Anspruch nehmen könne. Der bewusst gewollte umfassende Vermögenseinsatz folge letztlich auch daraus, dass ausweislich des Berichts der Abgeordneten Eimer, Lange und Männle aus den Beratungen des Ausschusses für Familie und Senioren (BT Drucks. 12/5008, S. 15) einem Antrag der SPD Fraktion nicht entsprochen wurde, zumindest bestimmte Vermögensgegenstände (nämlich Schmerzensgeld sowie Familien- und Erbstücke) vom Einsatz als Vermögen freizustellen. (...) Die unterschiedliche Wertung (bei Leistungsberechtigten nach dem BSHG und dem AsylblG) sei damit zu begründen, dass der Gesetzgeber mit dem Asylbewerberleistungsgesetz ein eigenständiges Regelwerk habe schaffen wollen, das unabhängig vom BSHG einen umfassenden Vermögenseinsatz verlangen sollte. Dieses Regelwerk sollte zum Ziel haben, vereinfacht auf die Bedürfnisse eines in der Bundesrepublik in aller Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalts abgestellte Leistungen zu erbringen und das Leistungsrecht - anders als das vom Individualisierungsgrundsatz ausgehende und auf die Gewährleistung eines existentiell gesicherten und sozial integrierten Lebens der Leistungsberechtigten auf eigenen Füßen in der Bundesrepublik ausgerichtete BSHG- wesentlich dem Ausländer- und Asylrecht anzupassen.

Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 12. April 2000 - 5 B 179/99- hat diese Entscheidung des OVG Lüneburg (Urt. vom 26.05.1999 - 4 L 2032/99) im wesentlichen mit der Begründung bestätigt, dass § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG eine sondergesetzliche Regelung zur Herstellung des Nachrang- und Selbsthilfegedankens darstellt. Es führt aus, dass sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik des Gesetzes ergebe, dass die Regelung über Schonvermögen in § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes mangels Regelungslücke nicht anwendbar sei. Die Zielsetzung des Bundessozialhilfegesetzes und die des Asylbewerberleistungsgesetzes stimmten nicht überein und die beiden Gesetze gingen von einer jeweils unterschiedlichen Bewertung des Einkommens- und Vermögenseinsatzes aus. Dies schließe es jedenfalls aus, im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG von einer Geltung der Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes auszugehen.

Die Kammer vermag sich aus den in den vorgenannten Entscheidungen angeführten Gründen den im Gemeinschaftskommentar geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken an dieser Regelung nicht anzuschließen. Sie hält die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung in der Behandlung von Einkommen und Vermögen bei Leistungsempfängern nach BSHG (direkt oder über § 2 AsylblG) und nach § 1 AsylblG für sachlich nicht fehlerhaft, weshalb auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht kommt (Art. 100 Abs. 1 GG).

Bei § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG handelt es sich auch nach Einschätzung der Kammer um eine sondergesetzliche Regelung zur Herstellung des Nachrang- und Selbsthilfegedankens, für welche ein hinreichender sachlicher Grund besteht. Dabei ist zu beachten, dass es sich vorliegend nicht um die Frage der Höhe sozialer Leistungen, also des abstrakten Bedarfes des Hilfeempfängers handelt. Insoweit hat der Gesetzgeber mit den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes und dem Bundessozialhilfegesetz zulässige, differenzierende Regelungen für die auf Dauer im Inland ansässigen und auf Hilfe Angewiesenen im Gegensatz zu denjenigen, die sich nur vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, getroffen (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 27.06.1997 - 12 L 5709/96- zur Vereinbarkeit der Bestimmungen des AsylblG 1993 mit dem Grundgesetz; BVerwG, B. vom 29.09.1998 - 5 B 82/97- zur Vereinbarkeit der §§ 1,3,6 und 9 AsylblG mit dem Grundgesetz). Ist es dem Gesetzgeber aber erlaubt, den Bedarf an sozialer Integration niedriger zu bemessen als dieser Bedarf vom BSHG geregelt wird, so ist es nach Ansicht der Kammer verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, die Frage des Einsatzes von verfügbarem Einkommen und Vermögen bei diesen beiden Gruppen von Sozialleistungsempfängern unterschiedlich zu regeln.

Mangels ausdrücklicher Ausnahmeregelung im Asylbewerberleistungsgesetz ist damit die an die Ehefrau und das Kind des Klägers gezahlte Schmerzensgeldzahlung der X-Versicherung nicht vom Einkommens- bzw. Vermögensbegriff ausgenommen. Danach war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung des gerichtskostenfreien Verfahrens folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 S.2 VwGO.

Das Gericht macht von der ihm im § 167 Abs. 2 VwGO eingeräumten Befugnis, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch. Die Berufung war nach § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Denn zur Frage der Berücksichtigung von Schmerzensgeld bei Leistungen nach § 1,3 AsylblG sind (soweit veröffentlicht) -mit Ausnahme der Entscheidung des OVG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 14.07.1998 -12 B 11334/98. OVG- bislang keine obergerichtlichen Entscheidungen, insbesondere des VGH Baden-Württemberg, ergangen.