VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.1993 - 5 S 1266/92
Fundstelle
openJur 2013, 8886
  • Rkr:

1. Die Nennung der von einem geplanten Landschaftsschutzgebiet betroffenen Gemeinden, Gemarkungen und Gewanne in der Bekanntmachung der Auslegung genügt der Anstoßfunktion; die Aufzählung der betroffenen Grundstücke ist in der Regel nicht erforderlich.

2. Die Niederlegung einer Landschaftsschutzverordnung mit den dazugehörigen Karten "beim Landratsamt ... in ... Straße ..." (Ersatzverkündung) steht im Einklang mit § 6 Abs 1 Nr 2 VerkündungsG (RVVerkG BW) iVm § 1 Abs 3 Nr 1 DVO LKrO (LKreisODV BW 1) ("an einer bestimmten Verwaltungsstelle des Landkreises").

3. Erklärt eine Landschaftsschutzverordnung Kartenmaterial älteren Datums zu ihrem Bestandteil, liegt darin allein kein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit iS des § 59 Abs 7 S 2 NatSchG (NatSchG BW).

4. Bebaute Flächen (zB Gehöfte) können in ein Schutzgebiet einbezogen werden, wenn sie trotz der Bebauung noch als Teil der umgebenden schützenswerten Landschaft angesehen werden können; ihre Entstehung als Streusiedlung aus der traditionellen Weidewirtschaft genügt hierfür allein nicht.

5. Die Ausweisung als Wasserschutzgebiet schließt den Erlaß einer Landschaftsschutzverordnung für die betroffenen Gemarkungsbereiche nicht aus.

6. Sind Gemarkungsbereiche bereits Bestandteil eines Naturparks (§ 23 NatSchG (NatSchG BW)), so steht dies ihrer (zusätzlichen) Einbeziehung in ein Landschaftsschutzgebiet (§ 22 NatSchG (NatSchG BW)) nicht entgegen. Dies gilt auch für Flächen, die in der Naturparkverordnung zu Erschließungszonen erklärt sind.

7. Regelungen in einer Landschaftsschutzverordnung, die die Nutzbarkeit eines Grundstücks situationsbedingt einschränken, sind keine Enteignungen iS des Art 14 Abs 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG. Dies gilt auch insoweit, als diese Regelungen in konkrete, durch Art 14 Abs 1 S 1 GG geschützte Rechtspositionen eingreifen (im Anschluß an BVerwG, Urt v 24.06.1993 - 7 C 26/92 -, UPR 1993, 384).

8. Die Rechtmäßigkeit einer Landschaftsschutzverordnung setzt nicht voraus, daß sie selbst den im Falle eines Eingriffs in eine durch Art 14 Abs 1 S 1 GG geschützte Rechtsposition erforderlichen (finanziellen) Ausgleich regelt.

9. Zur Auslegung von § 47 Abs 2 S 1 NatSchG (NatSchG BW) als (erforderlicher) Anspruchsgrundlage für einen solchen finanziellen Ausgleich (Entschädigung).

10. Zur Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit durch eine Landschaftsschutzverordnung (im Anschluß an Normenkontrollurteil des Senats v 12.06.1984 - 5 S 2397/83 -, VBlBW 1985, 25).

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen die - sich auch auf Gebiete der Gemeinden L und E sowie der Städte B und M erstreckende - Verordnung des Landratsamts N -O -Kreis über das Landschaftsschutzgebiet "E" vom 13.06.1991 (LSchVO), soweit die Gemarkungen S, L - und M betroffen sind. Als Schutzzweck gibt § 3 LSchVO an:

1. die Erhaltung der Gesamtheit des E alscharakteristischer Landschaftsbestandteil des Sandstein-Odenwaldes und des Baulandes. Wesentliche Merkmaledieses Landschaftsbestandteiles sind der inQuellbereich, Ober-, Mittel- und Unterlauf gegliederteE mit seinem auf weiten Strecken naturnah belassenenBachbett, der weite, offene Talraum im Quellbereichund im Oberlauf, seine landschaftsprägendenSeitenzuflüsse in Form von muldenartigen Vertiefungen,Klingen und schluchtartigen Rinnen sowie die gewässerbegleitendenAuen und die vor allem im Mittel- undUnterlauf steilen, bewaldeten Talflanken;2. die Erhaltung und Entwicklung der in enger Beziehung zuder landschaftlichen Grundstruktur stehenden und an dennaturgegebenen Voraussetzungen orientierten Bodennutzung.Durch den charakteristischen Wechsel von Wald,Wiese und Feldfluren wird die Kulturlandschaft entscheidendgeprägt und gegliedert. Wesentliche Bestandteiledieser Kulturlandschaft sind insbesondere- der E mit seinem über weite Strecken naturnahverlaufenden Bachbett sowie den gewässerbegleitendennaturnahen Stauden-, Röhricht- undGehölzsäumen,- die ausgedehnten und vielfältig ausgeprägtenWiesenflächen (Naß-, Feucht- und Fettwiesen) imBereich der E aue,- die weiten und offenen Talräume in Wiesennutzungim Quellbereich des E und seiner Seitenzuflüsse,- die durch Heckenzüge, Gebüschgruppen und Streuobstbaugegliederten flacheren Talhänge,- die steilen mit naturnahen Laubhölzern bestocktenTalflanken, schluchtartigen Klingen und tiefeingeschnittenen Seitentäler im Mittel- undUnterlauf des E;3. die Erhaltung und Entwicklung des Landschaftscharakters(gem. Nrn. 1 und 2) so daß:- die landschaftliche Vielfalt, die bisherigeBodennutzung und die Feld-Wiese-Wald-Verteilungnicht wesentlich verändert werden und dadurch derhohe Erholungswert der Landschaft erhalten bleibt,- die Lebensräume und Nahrungsstätten der heimischenTier- und Pflanzenarten nicht beeinträchtigtwerden,- die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes,insbesondere die positiven klimatischen Auswirkungenund der Wasser- und Bodenschutz, nachhaltiggesichert wird.Dem Erlaß der Verordnung, durch die eine Anpassung und Aktualisierung der bestehenden Landschaftsschutzverordnung "E" vom 22.04.1940 erfolgen sollte, liegt folgendes Verfahren zugrunde: Auf der Basis der fachlichen Würdigung vom 11.01.1989 durch die hauptamtliche Landespflegerin des Landratsamts N -O - Kreis wurde ein Verordnungsentwurf erstellt, der den betroffenen Gemeinden und Behörden zur Anhörung zugeleitet wurde. In ihrem Schreiben vom 17.08.1989 äußerte die Antragstellerin ihr generelles Einverständnis mit einer Unterschutzstellung des E - tales, wandte sich jedoch gegen die Einbeziehung bebauter Flächen sowie im Flächennutzungsplan festgelegter Mischbauflächen; ferner sah sie Probleme für die Land- und Forstwirtschaft. Nach einer Änderung des Verordnungsentwurfs durch Einbeziehung auch des Quellbereichs der E wurde die Antragstellerin - wie auch andere Träger öffentlicher Belange - am 07.12.1989 erneut angehört. In ihrer Stellungnahme vom 06.02.1990 sprach sich die Antragstellerin gegen die geplante Erweiterung aus. Mit Schreiben vom 10.05.1990 äußerte sich das Landratsamt N -O -K zu den bisher von der Antragstellerin vorgebrachten Bedenken und wies darauf hin, daß mit Blick auf die teilweise unberücksichtigt gebliebene Bauleitplanung der Antragstellerin eine Korrektur der Schutzgebietsabgrenzung erfolgt sei; die im Außenbereich gelegenen bebauten Flächen, bei denen es sich überwiegend um landwirtschaftliche Anwesen handele, seien jedoch im Schutzgebiet belassen worden. Der (geänderte) Verordnungsentwurf und die dazu gehörenden Karten lagen in der Zeit vom 08.10.1990 bis einschließlich 08.11.1990 beim Landratsamt N -O -Kreis während der Dienststunden zur Einsichtnahme durch jedermann aus; dies war in den Tageszeitungen "R -N -Zeitung" und "F Nachrichten" vom 27.09.1990 öffentlich bekannt gemacht worden mit dem Hinweis, daß je eine Mehrfertigung des Verordnungsentwurfs und der Karten während der Dauer der Auslegung zur Information auch bei den Bürgermeisterämtern der betroffenen Gemeinden ausliegt. Neben (insgesamt 49) Privatpersonen erhob auch die Antragstellerin mit Schreiben vom 23.10.1990 nochmals Einwendungen gegen die Einbeziehung von Teilen der Gemarkungen S -, L und M, wodurch sie trotz Übereinstimmung des Schutzgebiets mit dem Flächennutzungsplan, der allerdings mittelfristig zur Befriedigung des Bauplatzbedarfs fortgeschrieben werden müsse, in ihrer Planungshoheit verletzt sei, zumal da sie bereits in fünf Ortsteilen durch andere Schutzgebietsausweisungen (Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiet, Wasserschutzgebiet, Naturparkverordnung) betroffen sei. Am 29.11.1990 fand ein Gespräch zwischen Vertretern des Landratsamts N - O -Kreis und der Antragstellerin statt, die hierbei erneut eine Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit durch die Schutzgebietsausweisung geltend machte. Die Einwände der Antragstellerin wurden im Schreiben des Landratsamts N -O -Kreis vom 19.04.1991 nochmals behandelt und zurückgewiesen, da die bauliche Entwicklung der Ortsetter nur talseits eingeschränkt werde und konkrete Planungen, die berührt würden, nicht vorgelegt worden seien. Nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Naturschutzbehörde mit Verfügung vom 06.05.1991 zugestimmt hatte, wurde die auf den 13.06.1991 datierte Landschaftsschutzverordnung einen Tag später vom Ersten Landesbeamten ausgefertigt. Die Verkündung des Verordnungstextes erfolgte in den Tageszeitungen "R -N -Zeitung" und "F Nachrichten" vom 21.06.1991. Mit Schreiben vom 30.07.1991 übersandte das Landratsamt N - O -Kreis der Antragstellerin ein Exemplar der Verordnung mit der Bitte, Text und Karten beim Bürgermeisteramt zur Einsichtnahme durch jedermann während der Dienststunden niederzulegen.

Am 29.05.1992 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag,

die Verordnung des Landratsamts N -O -Kreis über das Landschaftsschutzgebiet "E" vom 13. Juni 1991 für ihr Gemeindegebiet für nichtig zu erklären.

Sie macht geltend: Die Verordnung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die öffentliche Auslegung des Entwurfs habe nicht den Vorgaben des § 59 Abs. 2 NatSchG entsprochen. Dieser sei nur in einem der beiden in der Bekanntmachungssatzung des N -O -Kreises vom 22.05.1978 vorgesehenen Bekanntmachungsorganen, nämlich in der "R -N -Zeitung", nicht aber auch in den "F Nachrichten" bekannt gemacht worden; bei dem diesbezüglichen Auszug in den Verfahrensakten handele es sich lediglich um eine "Pressestimme". Die Anstoßfunktion sei durch die Bezeichnung des Schutzgebiets als "E -" ohne genaue Angaben der Flurstücksnummern nicht gewahrt worden, da der E auf dem Gemeindegebiet nicht in einer topographischen Formation verlaufe, die als Bachtal erkennbar wäre. Es bestünden Zweifel, ob die nach § 58 Abs. 3 NatSchG erforderliche Zustimmung der höheren Naturschutzbehörde ordnungsgemäß erteilt worden sei. Die Ausfertigung erfülle ebenfalls nicht die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen; eine "gedankliche Schnur" sei nicht erkennbar. Auch die Verkündung erscheine fehlerhaft; das Landratsamt, bei dem die Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 niedergelegt sei, sei insgesamt die Behörde des Landkreises und keine "bestimmte Verwaltungsstelle" i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 1.DVO LKrO. Die Landschaftsschutzverordnung sei auch in materieller Hinsicht zu beanstanden. Sie verstoße, was ihren räumlichen Geltungsbereich angehe, gegen das rechtsstaatliche Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit. Wie die Umschreibung des Schutzgebiets in § 2 Abs. 2 LSchVO (Stand Januar 1989) und der Hinweis auf die Übersichtskarte und die Katasterplankarten in § 2 Abs. 3 LSchVO (Stand 27.01.1988) zeigten, lasse die Verordnung nicht aus sich heraus erkennen, auf welches Schutzgebiet sie sich im Stand ihres Inkrafttretens beziehe. Die Verordnung sei auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin auch nicht erforderlich i.S. des § 22 Abs. 1 NatSchG. Der in § 3 LSchVO formulierte Schutzzweck sei so allgemein gehalten, daß er für jede Fläche des Odenwalds gelte, wenn man das E durch irgendeine andere Fluß- oder Bachbezeichnung ersetze. Angesichts des gegebenen Schutzzwecks sei die Begrenzung des Schutzgebiets an den meisten Stellen willkürlich. Dies gelte insbesondere für den Bereich zwischen O und U -; die Grenzziehung sei hier allein durch den Verlauf der Straßen bedingt. Eine topographische Rechtfertigung gebe es nicht. Der Bachlauf sei hier kaum wahrnehmbar; der gesamte Bereich trage nicht den Charakter eines Tales. Die besiedelten Flächen in den Gewannen H, S - und Am D seien nicht schutzwürdig. Eine ähnliche Situation sei in dem Schutzbereich anzutreffen, der sich an den Ortsteil U anschließe. Die Tiefe des Schutzgebiets lasse sich in den Gewannen U und L nicht mehr unter Hinweis auf das E rechtfertigen. Nichts anderes gelte für die Schutzgebietsausweisung in Richtung L -. Die zick-zack-förmige Begrenzung im Bereich von O - erkläre sich daraus, daß die ausgenommenen Flächen im Flächennutzungsplan als Baugelände dargestellt seien; einen vom Schutzzweck geprägten Grund für die Grenzziehung gebe es hier nicht, im Gegensatz zum Schutzgebiet, das sich in M in östlicher Richtung ausbreite. Gerade für die Bereiche, die bereits als besonders schützenswerte Biotope einzustufen seien oder im Wasserschutzgebiet oder im Geltungsbereich der Naturparkverordnung lägen, hätte es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer besonderen Rechtfertigung dafür bedurft, sie zusätzlich noch in die Landschaftsschutzverordnung einzubeziehen. Diese verstoße auch gegen das gesetzlich verankerte Abwägungsgebot. Die Belange der Grundstückseigentümer seien nicht mit dem erforderlichen Gewicht eingestellt worden. Dies gelte vor allem für die Bereiche zwischen U und O sowie westlich von U, wo unter dem Gesichtspunkt des § 34 BauGB mit einer Bebauungsmöglichkeit zu rechnen gewesen sei. Die gemeindliche Planungshoheit sei unverhältnismäßig zurückgesetzt worden, selbst wenn das Schutzgebiet keine Flächen erfasse, die im Flächennutzungsplan für die bauliche Nutzung vorgesehen seien. Die Gemeinde habe es als ausreichend angesehen, die Bebaubarkeit über § 34 Abs. 1 BauGB oder mit den satzungsrechtlichen Möglichkeiten des § 34 Abs. 4 BauGB herbeizuführen, was durch die angegriffene Verordnung vereitelt werde. Insoweit seien jedenfalls die besiedelten Gewanne H -, S und Am D sowie die bebauten Bereiche entlang des E und der B in U - vom Geltungsbereich der Verordnung auszunehmen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er führt aus: Die Verordnung sei verfahrensfehlerfrei zustandegekommen. Die öffentliche Auslegung des Entwurfs habe den Vorgaben des § 59 Abs. 2 NatSchG entsprochen; es sei rechtzeitig in beiden Bekanntmachungsorganen des N -O -Kreises hierauf hingewiesen worden. Die Anstoßfunktion sei dabei gewahrt worden. Die Bezeichnung des geplanten Landschaftsschutzgebiets mit "E" sei nicht zu ungenau. In der Bekanntmachung seien die betroffenen Gemeinden, Gemarkungen und Gewanne im einzelnen aufgelistet worden. Die Bezeichnung "E" sei gewählt worden, da das Schutzgebiet fünf Sechstel des E von der Quelle auf Gemarkung M -S bis zum Bahnübergang zur W in M umfasse. Das Regierungspräsidium Karlsruhe habe als höhere Naturschutzbehörde die erforderliche Zustimmung erteilt. Die Verordnung sei ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet worden. Im Hauptgebäude des Landratsamts N -O -Kreis, auf das § 2 Abs. 3 LSchVO als Ort der Niederlegung hinweise, sei das Umweltschutzamt mit dem Sachgebiet "Untere Naturschutzbehörde" untergebracht. Jeder Person, die sich an der Pforte erkundige, werde die entsprechende Auskunft über die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Verordnung erteilt. Die Schutzgebietsausweisung sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Insbesondere sei die Unterschutzstellung auf dem Gebiet der Antragstellerin erforderlich i.S. des § 22 Abs. 1 NatSchG. Die Schutzwürdigkeit sei in der fachlichen Stellungnahme ausreichend dargetan. Das E sei in seiner Gesamtheit mit Quellbereich, Ober-, Mittel- und Unterlauf als charakteristischer Landschaftsbestandteil des Sand-Stein-Odenwalds und des Baulands zu erhalten. Seine Schutzwürdigkeit werde nicht dadurch in Frage gestellt, daß die sie begründenden Merkmale auch auf andere Bachauen des Odenwalds zuträfen. Die Formulierung des Schutzzwecks für ein solch relativ großes Schutzgebiet müsse in gewisser Weise allgemein gehalten werden; § 22 Abs. 2 NatSchG erfordere insoweit nur die Angabe des wesentlichen Schutzzwecks. Die Abgrenzung des Schutzgebiets sei nicht willkürlich, sondern ausgerichtet an den natürlichen Gegebenheiten vorgenommen worden; hierbei sei die Orientierung am Verlauf von Wegen und Straßen mit optischer oder topographischer Begrenzungsfunktion für die Talaue durchaus zulässig. Auf dem Gebiet der Antragstellerin seien alle in die Verordnung einbezogenen Flächen Bestandteil des Talsystems des E; hierzu gehörten auch die landschaftsprägenden Seitenzuflüsse sowie die Talflächen bis hin zu den Höhenflächen. Kleinräumig differenzierte Feuchtgebiete und großflächige, artenreiche Feucht- und Naßwiesen mit teilweise moorartigem Charakter belegten das hohe ökologische Potential der Landschaft. Sowohl die Biotopkartierung des Landes als auch die Feuchtgebietskartierung des N -O -Kreises enthielten Bereiche, die nunmehr im Schutzgebiet lägen. Die Gewanne H, S und Am D auf Gemarkung O seien als Streusiedlungen (Gehöfte bzw. Gehöftgruppen) aus der traditionellen Weidewirtschaft entstanden und durch Wiesen und Obstbaumbestände mit der umgebenden Landschaft verzahnt. Die südliche Abgrenzung entlang des Neckarwegs entspreche der natürlichen Wasserscheide Main-Neckar (daher der Name S) und sei - wie auch sonst in weiten Teilen anderer Gemarkungsbereiche - mit der Grenze des Wasserschutzgebiets identisch. Die Gewanne U und L sowie der Bereich B auf Gemarkung U seien durch feuchte Wirtschaftswiesen, zahlreiche Feuchtgebiete und siedlungsnahe Streuobstbestände gekennzeichnet. Ökologisch wertvolle Feuchtgebiete fänden sich auch zwischen U und L. Im Gewann O - auf Gemarkung L finde sich ein Feuchtgebiet, das als flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen werden solle. Für das kleine Seitental nördlich von L seien die von Gräben durchzogenen Feuchtwiesen charakteristisch; bei dem südlich von L gelegenen Seitental handele es sich um eine alte Rinne. Das Abwägungsgebot sei ebenfalls nicht verletzt. Insbesondere seien die Belange der Grundstückseigentümer ausreichend berücksichtigt worden. Jeden vorgetragenen Einzelfall habe man fachlich und rechtlich geprüft. Für die im Außenbereich gelegenen Grundstücke seien bereits aufgrund baurechtlicher Vorschriften die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes zu beachten. Im Rahmen der Abwägung könne die Einführung eines präventiven Erlaubnisvorbehalts nicht als unzumutbarer Entzug baulicher Nutzungsmöglichkeiten angesehen werden. Eine naturverträgliche Entwicklung der vorhandenen Anwesen werde nicht verhindert. Es liege auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit vor; insoweit habe die Antragstellerin im Verfahren zu keiner Zeit Substantiiertes bzw. Konkretes vorgetragen. Das Recht der Bauleitplanung bleibe im Kern unangetastet. Die Landschaftsschutzverordnung kollidiere nicht mit der aktuellen Bauleitplanung der Antragstellerin, sie sei vielmehr gerade mit den Darstellungen des geltenden Flächennutzungsplans abgestimmt. Das Recht der Gemeinde zum Erlaß von Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB werde nicht unzulässig eingeschränkt. Die Ausweisung des Schutzgebiets stehe schließlich auch mit den raumordnerischen und landesplanerischen Vorgaben in Einklang. Mit dem Erlaß der angegriffenen Verordnung, der überörtliche Bedeutung zukomme, habe das Landratsamt N -O -Kreis als untere Naturschutzbehörde seinen gesetzlichen Auftrag aus dem Bundes- und Landesnaturschutzgesetz erfüllt.

Dem Senat, der im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen Augenschein eingenommen hat, liegen die einschlägigen Verfahrensakten (zwei Bände) vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Der gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 5 AGVwGO statthafte Normenkontrollantrag, für den sich die Antragstellerin auf die behördliche Antragsbefugnis des § 47 Abs. 2 S. 1 2. Alt. VwGO berufen kann (vgl. BVerwGE 81, 307 und Normenkontrollurteil des Senats vom 12.06.1984 - 5 S 2397/83 - VBlBW 1985, 25), ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Die angegriffene Landschaftsschutzverordnung ist verfahrensfehlerfrei zustandegekommen.

1. Fehl geht zunächst die im Hinblick auf § 60 a NatSchG (eingefügt durch Art. 1 Nr. 19 des Biotopschutzgesetzes vom 19.11.1991, GBl. S. 701) zwar beachtliche Rüge der Antragstellerin, daß die Auslegung des Verordnungsentwurfs nicht den Vorgaben des § 59 Abs. 2 NatSchG entsprochen habe. Nach dieser Vorschrift hat die Naturschutzbehörde den Verordnungsentwurf, bei Verweisungen auf eine Karte auch diese, auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen (S. 1); Ort und Dauer der Auslegung sind mindestens eine Woche vorher in der für Verordnungen der unteren Naturschutzbehörde bestimmten Form der Verkündigung bekanntzumachen mit dem Hinweis, daß Bedenken und Anregungen bei der unteren Naturschutzbehörde während der Auslegungsfrist vorgebracht werden können (S. 2). Dem wurde vorliegend Rechnung getragen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 VerkündungsG i.V.m. § 1 Abs. 1 1.DVO LKrO und § 1 der Satzung über die öffentlichen Bekanntmachungen des N -O -Kreises vom 22.05.1978 (i.d.F. der Änderungssatzung vom 04.05.1983) erfolgen Bekanntmachungen des Kreises in den Tageszeitungen "F Nachrichten" und "R -N -Zeitung", den amtlichen Verkündungsorganen des Kreises (§ 2). Vorliegend erfolgte der Hinweis auf die Offenlegung des Verordnungsentwurfs und der dazu gehörigen Karten in der Zeit vom 08.10.1990 bis 08.11.1990 beim Landratsamt N -O -Kreis in den Ausgaben vom 27.09.1990 beider Tageszeitungen - und damit auch rechtzeitig -. Insoweit hat das Landratsamt N -O -Kreis nachträglich eine - in den Verfahrensakten nicht enthalten gewesene - Kopie der Bekanntmachung in der Tageszeitung "F Nachrichten" vom 27.09.1990 vorgelegt, worauf der Vertreter der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde.

Die Anstoßfunktion wurde mit der Bekanntmachung gewahrt. Anstoßfunktion bedeutet: dem interessierten Bürger muß durch die Bekanntmachung sein Interesse an Information und Beteiligung bewußt gemacht werden können. Es genügt daher, daß zur Kennzeichnung des von der Norm erfaßten Gebiets an geläufige geographische Bezeichnungen angeknüpft wird. Dies reicht nur dann nicht aus, wenn die Grundstückseigentümer durch die gewählte Bezeichnung auch nicht annähernd auf ihre mögliche Betroffenheit aufmerksam gemacht werden können (vgl. Normenkontrollbeschl.d. Senats v. 28.07.1986 - 5 S 2110/85 -, NuR 1986, 340). Ein interessierter Bürger wird sich jedoch im allgemeinen bewußt sein, daß der genauere Umfang des von der Norm erfaßten Gebiets ohnehin nur durch Einsicht in die Planunterlagen feststellbar ist (vgl. BVerwG, Beschl.v. 06.07.1984, NJW 1985, 1570). Im vorliegenden Fall hat das Landratsamt N -O -Kreis das Schutzgebiet in der Bekanntmachung durch Aufzählung der betroffenen Gemeinden, Gemarkungen und (insbesondere) Gewanne beschrieben und gekennzeichnet. Dies ist ausreichend. Ein interessierter Bürger wird sich beim Lesen vor allem der aufgeführten Gewanne, ohne daß es hierzu auch noch der Nennung der Flurstücksnummern bedurfte, bewußt geworden sein, ob er von der Verordnung betroffen sein kann oder nicht. Der Einwand der Antragstellerin, daß das E auf ihrem Gebiet gar nicht als Bachtal verlaufe bzw. erkennbar sei, verfängt im vorliegenden Zusammenhang nicht, auch wenn man seine Richtigkeit unterstellt. Denn der Verlauf des E tales wird ja gerade durch die Aufzählung der betroffenen Gemeinden, Gemarkungen und Gewanne umschrieben und so für den interessierten Bürger kenntlich gemacht. Eine Nennung auch noch der Flurstücksnummern würde hieran qualitativ nicht viel ändern und ist daher unter dem Aspekt der Anstoßfunktion der Bekanntmachung auch nicht notwendig. Im übrigen heißt es in der Bekanntmachung erst nach der Auflistung der betroffenen Gemeinden, Gemarkungen und Gewanne, daß das Landschaftsschutzgebiet die Bezeichnung "E" erhalten soll.

2. Die nach § 58 Abs. 3 NatSchG erforderliche schriftliche Zustimmung des Regierungspräsidiums Karlsruhe als höherer Naturschutzbehörde ist mit Erlaß vom 06.05.1991 erteilt worden.

3. Die Ausfertigung der angefochtenen Verordnung (Art. 63 Abs. 2 LV) begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sowohl der Verordnungstext als auch die gemäß § 2 Abs. 3 LSchVO einen Bestandteil der Verordnung bildenden, genau bezeichneten Karten (Übersichtskarte und 25 Detailkarten) wurden vom Ersten Landesbeamten - in Vertretung des Landrats - ausgefertigt.

4. Die Landschaftsschutzverordnung wurde auch ordnungsgemäß verkündet (Art. 63 Abs. 2 LV). Da Bestandteil der Verordnung auch Karten sind, war eine Ersatzverkündung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 VerkündungsG i.V.m. § 1 Abs. 3 1.DVO LKrO und § 3 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung des N -O -Kreises durchzuführen. Gemäß § 1 Abs. 3 1.DVO LKrO müssen die Karten an einer bestimmten Verwaltungsstelle des Landkreises zur Einsicht niedergelegt werden (Nr. 1); hierauf ist in der Rechtsvorschrift hinzuweisen (Nr. 2). Dem trägt die angegriffene Verordnung Rechnung. § 2 Abs. 3 LSchVO verweist - in Einklang mit § 3 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung - darauf, daß die einen Bestandteil der Verordnung bildenden Karten beim Landratsamt N -O -Kreis in M, R straße 10, niedergelegt sind. Fehl geht in diesem Zusammenhang die Rüge der Antragstellerin, daß § 1 Abs. 3 Nr. 1 1.DVO LKrO von der Niederlegung "an einer bestimmten Verwaltungsstelle des Landkreises" spreche, so daß der Hinweis auf das Landratsamt N -O als (insgesamt) die Behörde des Landkreises zu ungenau sei. Denn der Ort der Auslegung muß nur so genau bezeichnet sein, daß ein interessierter Bürger ihn ohne Schwierigkeiten aufsuchen kann. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Ersatzbekanntmachung, mit der dafür gesorgt werden soll, daß jedermann Einsicht in die zur Verordnung gehörenden Karten nehmen kann. Wenn diese im Gebäude des Landratsamts N -O -Kreis ausgelegt sind, dann reicht die Angabe der Adresse dieser Behörde aus. Daß die jeweilige Abteilung (Fachbehörde) sowie das Stockwerk und die Nummer des Dienstzimmers (Aufbewahrungsort) angegeben werden, mag - möglicherweise - wünschenswert sein. Ein diesbezügliches Unterlassen führt jedoch nicht zur Fehlerhaftigkeit der Ersatzverkündung. Vorliegend kann ein interessierter Bürger den Aufbewahrungsort der Verordnung nebst Karten ohne Schwierigkeiten durch Erfragen an der Pforte des Landratsamts ausfindig machen; dies ist zumutbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt.v. 19.05.1972 - I 1180/71 -, ESVGH 24, 132, 134).

II. In materieller Hinsicht ist die Landschaftsschutzverordnung insoweit zu beanstanden, als sie das im Tenor bezeichnete (Teil-) Gebiet auf Gemarkung der Antragstellerin betrifft; im übrigen ist sie mit höherrangigem Recht vereinbar.

1. Fehl geht zunächst die Rüge der Antragstellerin, die Verordnung widerspreche dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit. Zwar heißt es in § 2 Abs. 2 LSchVO, daß das Schutzgebiet "nach dem Stand vom Januar 1989" auf dem Gebiet der betroffenen Gemeinden die im einzelnen aufgeführten Gewanne auf den jeweils genannten Gemarkungen umfaßt; ferner spricht § 2 Abs. 3 LSchVO davon, daß die Grenzen des Schutzgebiets in Karten (1 Übersichtskarte und 25 Katasterplankarten) "vom 27. Januar 1988" eingetragen sind. Dadurch wird jedoch nicht der räumliche Umfang des Schutzgebiets fraglich, auch wenn die Verordnung (erst) am 13.06.1991 erlassen worden ist. Jedermann kann - trotz dieser datumsmäßig unterschiedlichen Angaben - "mit hinreichender Klarheit erkennen" (§ 59 Abs. 7 S. 2 NatSchG), welche Bereiche der betroffenen Gemeinden im Schutzgebiet liegen und ob auch ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück hierzu gehört. Bei der Aufstellung einer Landschaftsschutzverordnung muß sich die untere Naturschutzbehörde als Normgeber frühzeitig für ein bestimmtes Kartenmaterial als Grundlage für das durchzuführende Verfahren (Anhörung der Träger öffentlicher Belange, öffentliche Auslegung) entscheiden. Dieses kann er dann selbstverständlich auch im späteren Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zu deren Bestandteil erklären, wie dies vorliegend geschehen ist. Sollte das (ältere) Kartenmaterial die Verhältnisse im Schutzgebiet im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung unzutreffend wiedergeben - weil beispielsweise bauliche Anlagen nicht eingetragen sind -, so mag dies unter Umständen aus materiellen Gründen zur (teilweisen) Nichtigkeit der betreffenden Schutzgebietsausweisung führen (vgl. hierzu Normenkontrollurteil d. Senats v. 08.07.1991 - 5 S 762/90 -). An der Bestimmtheit der Festlegung des Schutzgegenstandes, d.h. des räumlichen Umfangs des Schutzgebiets (durch Bezugnahme auf älteres Kartenmaterial) ändert dies nichts.

2. Rechtsgrundlage für die angegriffene Verordnung ist die - in Befolgung des Zitiergebots des Art. 61 Abs. 1 S. 3 LV angegebene - Vorschrift des § 22 NatSchG. Nach dessen Abs. 1 können Gebiete, in denen ein besonderer Schutz der Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist, um die Leistungsfähigkeit eines ausgewogenen Naturhaushalts zu gewährleisten oder wiederherzustellen (Nr. 1), die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter zu erhalten und zu verbessern (Nr. 2), die Vielfalt, Eigenheit oder Schönheit der Natur und Landschaft zu erhalten (Nr. 3) oder ihren besonderen Erholungswert für die Allgemeinheit zu erhalten, zu steigern oder wiederherzustellen (Nr. 4), durch Rechtsverordnung zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden. Eine derartige Unterschutzstellung unterliegt einer Reihe rechtlicher Bindungen. Die Maßnahme muß zunächst zur Erreichung des angegebenen Schutzzwecks erforderlich sein. Das bedeutet: der Schutzgegenstand muß unter Berücksichtigung der allgemeinen Ziele und Grundsätze des Naturschutzes (§§ 1 und 2 BNatSchG und NatSchG) tatsächlich schutzwürdig und schutzbedürftig sein. Ist eine Maßnahme in diesem Sinne für das Gemeinwohl erforderlich, so sind ferner ihre Auswirkungen mit den übrigen Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen (§§ 1 Abs. 2 BNatSchG, 1 Abs. 3 NatSchG), wobei sich dieses Abwägungsgebot über den gesetzlichen Wortlaut hinaus auch auf andere berührte rechtliche, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Positionen wie die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) und die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) erstreckt (vgl. Normenkontrollurteil d. Senats v. 12.06.1984 - 5 S 2397/83 - VBlBW 1985, 25).

a) Die Erforderlichkeit der angegriffenen Unterschutzstellung ist nur für einen Teilbereich zu verneinen.

aa) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hält sich die Schutzzweckbestimmung des § 3 LSchVO im Rahmen der gesetzlichen Schutzzwecktatbestände des § 22 Abs. 1 NatSchG. Die Beschreibung des Schutzzwecks ist auch nicht zu allgemein gehalten (zum Bestimmtheitserfordernis vgl. Normenkontrollbeschl. d. Senats v. 07.08.1992 - 5 S 251/91 - UPR 1993, 151 = VBlBW 1993, 139). Daß sie möglicherweise auch auf andere Bereiche des zutrifft, wenn man die Bezeichnung "E" durch den Namen eines anderen Bachlaufs ersetzt, ist unschädlich. Soweit u.a. auch der Wasserschutz (vgl. Nr. 3 a.E.) angesprochen ist, liegt keine unzulässige Schutzzweckbestimmung vor. Dabei ist unerheblich, daß zum Schutz von Gewässern im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung oder zur Anreicherung des Grundwassers primär - wie in Teilbereichen des Landschaftsschutzgebiets auch geschehen - die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets nach §§ 19 WHG, 110 WG in Betracht kommt. Diese spezifisch wasserrechtliche (Schutz-)Möglichkeit schließt es nicht aus, den Schutz des Wasserhaushalts als Bestandteil des Naturhaushalts zur Erhaltung von dessen Leistungsfähigkeit auch naturschutzrechtlich im Rahmen einer Landschaftsschutzverordnung anzustreben.

bb) Bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Gemarkungsbereiche der Antragstellerin ist davon auszugehen, daß zwar die Entscheidung darüber, ob ein schützenswerter Landschaftsteil überhaupt mit den Mitteln des Naturschutzrechts gesichert und wie er abgrenzt werden soll, dergestalt im Ermessen der Naturschutzbehörde liegt, daß nicht alles Schützenswerte auch rechtlich geschützt werden muß. Der Schutz kann insoweit auch (ganz oder teilweise) unterbleiben. Nur in diesem Sinne besteht ein gestalterisches Ermessen der Behörde. Dieses ermächtigt jedoch nicht, die Gebietsgrenzen so festzulegen, daß - umgekehrt - Grundstücke einbezogen werden, deren Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit fehlen. Die Einbeziehung aller Teile des Schutzgebiets - auch der Randbereiche - muß durch den Schutzzweck der Verordnung gerechtfertigt sein (vgl. Normenkontrollurteil d. Senats v. 29.09.1988 - 5 S 1466/88 - NVwZ-RR 1989, 403 = VBlBW 1989, 227). Diesen Vorgaben genügt die Landschaftsschutzverordnung auf dem Gebiet der Antragstellerin teilweise nicht.

Hinsichtlich der grundsätzlichen Schutzwürdigkeit des Landschaftsschutzgebiets, soweit es Gemarkungsbereiche der Antragstellerin erfaßt, verweist der Senat - vorbehaltlich der noch darzulegenden Einschränkungen - auf die in den Verfahrensakten befindliche Würdigung vom 11.01.1989, die durch die Augenscheinseinnahme des Senats im Rahmen der mündlichen Verhandlung - soweit optisch wahrnehmbar - ihre Bestätigung gefunden hat. In Würdigung der Einwände der Antragstellerin ist im einzelnen zu sagen:

- Die Orientierung der Grenze des Schutzgebiets im Bereich zwischen O und U (wie auch sonst) am Verlauf von Straßen und Wegen - insbesondere am Verlauf des Neckarwegs als Wasserscheide (vgl. Katasterplankarte 5) - begegnet wegen der damit vorhandenen topographischen Zäsuren keinen Bedenken. Hieran ändert nichts, daß möglicherweise auch das an eine solche Zäsur anschließende Gebiet als schutzwürdig einzustufen ist. Der fehlende Charakter eines Bachtales im Bereich zwischen O und U - insoweit ist auch in der Katasterplankarte 5 kein "Bachlauf" eingezeichnet - rechtfertigt es allein nicht, die Schutzwürdigkeit des Gebiets in Zweifel zu ziehen. Insoweit hat die Landespflegerin bei der Augenscheinseinnahme unwidersprochen darauf hingewiesen, daß dem hier nur leicht ansteigenden Gelände - im Anschluß an die nordwestlich gelegene Quelle des E - eine optisch nicht oder kaum wahrnehmbare Sammelfunktion kleinster Zuflüsse zukomme und der Bach als solcher erst im weiteren Verlauf mit entsprechend tieferem Geländeeinschnitt in Erscheinung trete (vgl. auch die Einzeichnung eines Bachlaufs in den Katasterplankarten 6, 2 und 3).

Nicht erforderlich unter dem Aspekt der Schutzwürdigkeit ist jedoch die Einbeziehung der Bebauungskomplexe in den Gewannen S, H und Am D auf Gemarkung O soweit der Siedlungskomplexe östlich des Gewanns B und entlang dem Weg E auf Gemarkung U - (vgl. Katasterplankarte 5) in das Schutzgebiet. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, daß in der zum Bestandteil der Verordnung erklärten Karte der Baubestand insbesondere in den Gewannen H und Am D nicht vollständig eingetragen ist (zu dieser Problematik vgl. Normenkontrollurteil d. Senats v. 08.07.1991 - 5 S 762/90 -). Denn die Einbeziehung der fraglichen Bebauungskomplexe erfolgte nicht aufgrund des insoweit teilweise unvollständigen Kartenmaterials und einer darauf beruhenden Unkenntnis der Naturschutzbehörde über den Umfang der vorhandenen Bebauung; vielmehr war die bauliche Situation der Behörde aufgrund einer bereits im Verfahren zur Aufstellung der Verordnung durchgeführten Besichtigung des Schutzgebiets - wie die Landespflegerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versicherte - sehr wohl bekannt. Auch allein der Umstand, daß ein Grundstück bebaut ist, läßt dessen Schutzwürdigkeit nicht entfallen, wenn und soweit das Grundstück gleichwohl noch als Teil der umgebenden schützenswerten Landschaft angesehen werden kann, d.h. in dem geschützten Bereich "aufgeht" (vgl. Normenkontrollurteil d. Senats v. 08.06.1993 - 5 S 2302/91 -). Dies gilt nicht nur bei vereinzelt vorhandenen Gebäuden, sondern im Grundsatz auch bei einer Häufung baulicher Anlagen. Diesen Eindruck der "Zugehörigkeit zur Landschaft" konnte der Senat bei der Augenscheinseinnahme hinsichtlich der genannten Siedlungskomplexe nicht gewinnen - im Gegensatz zu den anderen bebauten Bereichen des Schutzgebiets, wie etwa dem Gehöft östlich des Gewanns L auf Gemarkung U (vgl. Katasterplankarte 6) und der in die Landschaft eingebundenen baulichen Anlagen auf Gemarkung U (vgl. Katasterplankarte 3) -. Der Hinweis des Antragsgegners, daß es sich hierbei um Streusiedlungen handele, die aus der traditionellen Weidewirtschaft entstanden seien, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese "Entstehungsgeschichte" mag zutreffend sein. Sie reicht jedoch zur Begründung der Schutzwürdigkeit auch dieser Gemarkungsbereiche als Voraussetzung für ihre Einbeziehung in das Landschaftsschutzgebiet nicht aus. Maßgebend sind nicht kulturgeschichtliche Erwägungen, sondern die normierten Funktionen des Schutzgebiets, an denen sich die einbezogenen Bereiche messen lassen müssen. Insoweit war hier eine Massierung und Verdichtung der (Wohn-)Bebauung - teilweise aufgrund neuerer Gebäude und Nebenanlagen - festzustellen, die es nicht mehr erlauben, die fraglichen Bereiche als unbeachtliche Fremdkörper anzusehen, die die schützenswerte Umgebung - nämlich den weiten offenen Talraum im Oberlauf der E - nicht unterbrechen, sondern an ihr (noch) teilnehmen. Die normativ festgelegten (Schutz-)Funktionen, denen das Schutzgebiet dienen soll, lassen sich im Bereich der genannten Siedlungskomplexe nicht (mehr) verwirklichen. Soweit der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung auf die Absicht hingewiesen hat, mit Hilfe der Landschaftsschutzverordnung eine Verstärkung der durch die Bebauung hervorgerufenen Riegelwirkung in den Gewannen H, S und Am D zu verhindern, ist dies kein an der Schutzzweckbestimmung des § 3 LSchVO orientierter Aspekt für die Unterschutzstellung.

Eine genaue, parzellenscharfe Herausnahme der genannten Bebauungskomplexe aus dem Landschaftsschutzgebiet war dem Senat nicht möglich, so daß die Verordnung für den gesamten geschützten Bereich zwischen O und U, wie er in der Katasterplankarte 5 zusammenhängend dargestellt ist, für nichtig zu erklären war. Es ist Sache des Normgebers, unter Umständen eine Neufestsetzung bzw. -abgrenzung des Schutzgebiets in diesem Gemarkungsbereich der Antragstellerin vorzunehmen.

- Die Tiefe des Schutzgebiets ("Nase") in den Gewannen U und L auf Gemarkung U (vgl. Katasterplankarte 6) begegnet demgegenüber keinen rechtlichen Bedenken. Der E verläuft hier in einem erkennbaren Einschnitt. Die Straßen bzw. Wege in dem - wenn auch nicht stark - ansteigenden Gelände beiderseits des Bachlaufs stellen insoweit topographische Einschnitte dar, an denen sich der Verordnungsgeber bei der Begrenzung des Schutzgebiets orientieren konnte.

- Gleiches gilt für die Grenzziehung im weiteren Verlauf des E (vgl. Katasterplankarten 2 und 3).

- Soweit die Antragstellerin auf Gemarkung O (vgl. Katasterplankarte 3) die zick-zack-förmige Grenzziehung des Schutzgebiets rügt, erklärt sich dies aus der Aussparung der bebauten Siedlungsbereiche und der mit Blick auf § 7 BauGB erfolgten Abstimmung mit dem Flächennutzungsplan der Antragstellerin, um Kollisionen mit dessen Darstellung von baulichen Nutzflächen zu vermeiden. Das ist nicht willkürlich, sondern ein "triftiger Grund" für die Grenzziehung eines Schutzgebiets. Die Einbeziehung des Gewanns O als Bestandteil des südlich von L gelegenen Seitenzuflusses in Form einer alten Rinne wie auch die Einbeziehung des nördlich von L gelegenen Seitentales begegnen wegen ihres landschaftsprägenden Charakters ebenfalls keinen Bedenken. Auch hier entfällt die Schutzwürdigkeit nicht deshalb, weil es möglicherweise auch in anderen Bereichen des Odenwalds vergleichbare Seitenzuflüsse zu Bachläufen in Form von Klingen, Rinnen oder muldenförmigen Vertiefungen gibt. Solche Formationen stellen durchaus topographische Gegebenheiten dar, die eine Zuordnung zu einem Bachlauf begründen, so daß dessen Unterschutzstellung als Kernstück auch die Einbeziehung von Seitenzuflüssen rechtfertigt.

Die Schutzbedürftigkeit der - schutzwürdigen - Gemarkungsbereiche der Antragstellerin kann nicht in Zweifel gezogen werden. Insoweit ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß eine abstrakte Gefahr für die Schutzgüter des Naturschutzes besteht (vgl. BVerwG, Beschl.v. 16.06.1988 - 4 B 102.88 -, NuR 1989, 37 und Normenkontrollurteil d. Senats v. 04.06.1992 - 5 S 2616/91 -). Das ist vorliegend der Fall. Dabei ist insbesondere eine Gefährdung durch die bauliche Entwicklung in absehbarer Zeit zu nennen. Die Antragstellerin macht mit ihrem Normenkontrollantrag gerade geltend, durch die angegriffene Schutzgebietsausweisung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht unzumutbaren Beschränkungen ausgesetzt zu sein.

cc) Die Erforderlichkeit der angegriffenen Landschaftsschutzverordnung kann auch nicht unter Hinweis darauf verneint werden, daß die betroffenen Gemarkungsbereiche der Antragstellerin - teilweise - bereits von anderen Schutzgebietsausweisungen erfaßt sind:

- Was die Kongruenz mit dem festgesetzten Wasserschutzgebiet anbelangt, hat der Antragsgegner zutreffend auf die unterschiedlichen Zielsetzungen beider Schutzgebietsausweisungen hingewiesen, auch wenn diese (teilweise) durch gleichlautende (Bau-)Verbote und (Nutzungs-)Beschränkungen erreicht werden sollen. Die Erforderlichkeit naturschutzrechtlicher Maßnahmen ist allein nach den jeweiligen eigenständigen Voraussetzungen des Bundes- bzw.

Landesnaturschutzgesetzes zu beurteilen. Diese werden durch andere fachgesetzliche Regelungen über mögliche Schutzmaßnahmen nicht verdrängt. Im übrigen kann der mit der Festsetzung des Wasserschutzgebiets verfolgte Schutzzweck unter Umständen entfallen, so daß auch die entsprechende Verordnung nicht mehr aufrecht erhalten werden darf. In diesem Fall käme dann die naturschutzrechtliche Schutzgebietsausweisung mit ihren Verboten, Beschränkungen und Erlaubnisvorbehalten voll zum Tragen.

- Bezüglich der Erforderlichkeit der angegriffenen Landschaftsschutzverordnung ist ferner unschädlich, daß das gesamte Gemeindegebiet der Antragstellerin bereits durch die Verordnung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten über den Naturpark "N -O" vom 06.10.1986 (GBl. S. 446) gemäß § 23 NatSchG zum Naturpark erklärt worden ist. Dies war kein Hindernis für die untere Naturschutzbehörde, diejenigen Bereiche auf Gemarkung der Antragstellerin, die nach der Naturparkverordnung keine Erschließungszonen sind, auch als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Denn die Verordnungen nach §§ 22 und 23 NatSchG sind nach ihrer Zielsetzung eigenständige, von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängige und mit unterschiedlichen Rechtsfolgen ausgestattete Maßnahmen, die trotz mancher Übereinstimmung rechtlich unabhängig voneinander erlassen werden können und nebeneinander Bestand haben. § 23 NatSchG hat großräumige Gebiete im Auge hat, die "als vorbildliche Erholungslandschaften zu entwickeln und zu pflegen sind", während die Schutzmaßnahme des § 22 NatSchG auf den Schutz von Natur und Landschaft relativ kleinerer räumlicher Bereiche zielt. Liegen die jeweiligen rechtlichen Voraussetzungen vor, darf die betreffende Verordnung grundsätzlich auch dann erlassen werden, wenn für denselben räumlichen Bereich auch die andere Verordnung erlassen werden könnte oder schon erlassen worden ist. Das Gesetz läßt ausdrücklich eine solche (teilweise) räumliche Deckungsgleichheit zu (§ 23 Abs. 2 S. 1 NatSchG) bzw. setzt sie für die Schaffung eines Naturparks sogar voraus (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Dies ist angesichts der unterschiedlichen Zielsetzung auch sinnvoll, insbesondere im Hinblick darauf, daß das großräumige Gebiet eines Naturparks in verschiedene Bereiche gegliedert ist. Von einer "Übersicherung" im Falle des Erlasses beider Verordnungen kann deshalb nicht gesprochen werden (vgl. hierzu Normenkontrollurteil d. Senats v. 12.06.1984, a.a.O.).

Von diesem gesetzlichen Ausgangspunkt her war das Landratsamt N -O -Kreis nicht gehindert, allein unter Beachtung der Voraussetzungen des § 22 NatSchG das Schutzgebiet "E" auch auf der Gemarkung der Antragstellerin festzusetzen. An der beiläufigen Forderung im Senatsurteil vom 12.06.1984, a.a.O., daß es dann, wenn eine Landschaftsschutzverordnung in einem bereits rechtswirksam zum Naturpark erklärten Gebiet geschaffen werden solle, einer zusätzlichen Begründung dafür bedürfe, aus welchen Gründen der Naturpark nicht den notwendigen Schutz gewährleiste, hält der Senat nicht mehr fest. § 23 Abs. 2 S. 2 2.Halbs. NatSchG geht selbst davon aus, daß ein und dasselbe Gebiet sowohl von einer Landschaftsschutzverordnung als auch von einer Naturparkverordnung erfaßt sein kann. Es müssen lediglich objektiv die gesetzlichen Voraussetzungen für beide Unterschutzstellungen erfüllt sein. Ist dies der Fall, so braucht der Erlaß einer nachfolgenden Landschaftsschutzverordnung nicht gerade im Verhältnis zu einer bereits bestehenden Naturparkverordnung besonders begründet zu werden, abgesehen davon, daß es eine förmliche Begründungspflicht für Rechtsverordnungen - vergleichbar etwa derjenigen für Verwaltungsakte (§ 39 Abs. 1 VwVfG) oder für Bebauungspläne (§ 9 Abs. 8 S. 1 BauGB) - nicht gibt.

Im übrigen kommt es vorliegend auch deshalb nicht zu einer - von der Antragstellerin für unzulässig erachteten - "Übersicherung", weil § 4 der Naturparkverordnung einen Erlaubnisvorbehalt für die nachfolgend aufgeführten Handlungen nur in den Gebieten des Naturparks vorsieht, die nicht schon zum Landschaftsschutzgebiet erklärt sind. Eine Landschaftsschutzverordnung wie die vorliegende verdrängt insoweit also eine dasselbe Gebiet erfassende Naturparkverordnung.

Unschädlich ist auch, daß Teile des unter Landschaftsschutz gestellten Gemeindegebiets der Antragstellerin (auf den Gemarkungen S und L) im Naturpark "N -O" als Erschließungszonen dargestellt sind, in denen gemäß § 4 Naturparkverordnung der Erlaubnisvorbehalt für die Vornahme der nachfolgend aufgeführten handlungen nicht gilt. Die Ausweisung als Erschließungszone entfaltet für diesen Bereich keine Sperrwirkung für den Erlaß einer naturschutzrechtlichen Schutzmaßnahme außerhalb der Naturparkverordnung. Sie enthält auch keine verbindliche Aussage zu bestimmten - insbesondere baulichen - Nutzungsmöglichkeiten der betreffenden Flächen. Maßgebend ist insoweit allein die gemeindliche Bauleitplanung; mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Antragstellerin über die baulichen Nutzflächen auf ihrem Gemeindegebiet ist aber das Landschaftsschutzgebiet "E" unstreitig abgestimmt; Überschneidungen und damit Kollisionen gibt es insoweit nicht.

- Die Erforderlichkeit der Unterschutzstellung kann auch nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil (zahlreiche) Teilflächen des Schutzgebiets bereits in der Biotopkartierung des Landes Baden-Württemberg und im Feuchtgebietsatlas des N -O - Kreises erfaßt sind. Zwar greift insoweit möglicherweise bereits die seit 01.01.1992 geltende Schutzbestimmung des § 24 a NatSchG über besonders geschützte Biotope (eingefügt durch Art. 1 Nr. 6 des Biotopschutzgesetzes v. 19.11.1991, GBl. S. 701, als Ersatz für den durch Art. 1 Nr. 3 aufgehobenen § 16 NatSchG a.F. über den Schutz der Feuchtgebiete). Dies hindert jedoch nicht, auch diese Flächen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 NatSchG - wie hier - in ein räumlich und funktional übergreifendes Landschaftsschutzgebiet einzubeziehen.

b) Die Landschaftsschutzverordnung ist auch in Ansehung des Abwägungsgebots nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl mit Blick auf die entgegenstehenden (Nutzungs-)Interessen der betroffenen Grundeigentümer (aa) als auch mit Blick auf die gemeindliche Planungshoheit der Antragstellerin (bb).

aa) Regelungen in einer Landschaftsschutzverordnung, welche die Nutzung eines Grundstücks situationsbedingt einschränken, sind keine Enteignungen i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG; dies gilt auch insoweit, als diese Regelungen in konkrete, durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Rechtspositionen eingreifen (vgl. BVerwG, Urt.v. 24.06.1993 - 7 C 26.92 -, UPR 1993, 384). Ausgehend hiervon brauchte der Senat nicht zu klären, ob einzelne betroffene Grundeigentümer unter dem Gesichtspunkt des § 34 BauGB mit der Möglichkeit der Bebauung ihres Grundstücks rechnen konnten, wie dies die Antragstellerin vorträgt. Selbst wenn von der Unterschutzstellung betroffene Grundstücke planungsrechtlich dem - grundsätzlich bebaubaren - Innenbereich i.S. des § 34 BauGB zuzuordnen wären, so daß die Landschaftsschutzverordnung insoweit in konkrete geschützte Rechtspositionen eingriffe, läge nur eine situationsbedingte (Um-)Gestaltung der Eigentumsordnung vor. Daß die Auswirkungen der Landschaftsschutzverordnung für die betroffenen Grundstückseigentümer aus Gründen der Verhältnismäßigkeit durch Gewährung einer finanziellen Entschädigung abzumildern wären, um sie als mit Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar ansehen zu können (sogenannte ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmungen, vgl. BVerwG, Urt.v. 24.06.1993 a.a.O. m.w.N.), ist für die Gültigkeit der angegriffenen Verordnung ohne Belang. Denn ein solcher Ausgleichsanspruch in Geld, der dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit unterliegt, so daß sein Fehlen zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums führt, ist nicht notwendig schon in der jeweiligen Landschaftsschutzverordnung selbst vorzusehen. Insoweit genügt vielmehr, daß das zum Erlaß der Landschaftsschutzverordnung ermächtigende (Landes-)Naturschutzgesetz die erforderliche Anspruchsgrundlage enthält. Das ist mit § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG der Fall. Nach dieser Vorschrift ist eine angemessene Entschädigung zu leisten, soweit Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes enteignende Wirkung haben. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die sogenannte Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG, die den Gesetzgeber dazu zwingt, den Tatbestand der rechtlich zulässigen Enteignung genau festzulegen, gilt nicht für Maßnahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG (vgl. BVerwGE 84, 361, 366), als welche sich - wie ausgeführt - eine Landschaftsschutzverordnung mit ihren Verboten und Nutzungsbeschränkungen darstellt. Dabei ist unschädlich, daß § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG als Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch eine "enteignende Wirkung" der naturschutzrechtlichen Maßnahme verlangt. Mit dieser Formulierung sind vor dem Hintergrund der dargelegten eigentumsrechtlichen Zuordnung der Verbote und Nutzungsbeschränkungen einer Landschaftsschutzverordnung zum Regelungsbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und nicht des Art. 14 Abs. 3 GG solche Wirkungen einer Schutzgebietsausweisung gemeint, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ausgleichspflichtig sind, um auch vor Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG Bestand zu haben. Dieses Verständnis des § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG liegt mit Blick auf die Regelung in Abs. 1 auch nahe, wonach Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse, die sich unmittelbar aus diesem Gesetz oder durch Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes ergeben, im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums entschädigungslos zu dulden sind. Diese Vorschrift geht - in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG - davon aus, daß nutzungsbeschränkende Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes von den betroffenen Grundeigentümern grundsätzlich als Ausdruck der Situationsgebundenheit ihres Grundeigentums ohne weiteres hinzunehmen sind. Hieran anschließend will § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG den - gebotenen - Ausgleich unverhältnismäßiger Härten gewähren, die mit derartigen Maßnahmen notwendigerweise und unvermeidbar verbunden sind. Mit der Verwendung des Begriffs "enteignende Wirkung" knüpft diese Vorschrift insoweit ersichtlich an das herkömmliche - vom Bundesverfassungsgericht mißbilligte (vgl. BVerfGE 79, 174, 192) - Verständnis des Eigentumsgrundrechts an, das - unter Verkennung der Möglichkeit einer "ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung" - alle Eigentumsbeschränkungen in den Bereich der entschädigungspflichtigen Enteignung i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG verwies, die sich nicht mehr als gemäß Art. 14 Abs. 2 GG entschädigungslose Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S. des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG deuten ließen. Der Senat hält es daher für zulässig, vor dem Hintergrund des gewandelten Verständnisses des Eigentumsgrundrechts die Vorschrift des § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG mit Blick auf das Merkmal "enteignende Wirkung" so zu lesen, daß damit unverhältnismäßige Nutzungsbeschränkungen gemeint sind. Das dürfte zur Vermeidung eines möglichen Verfassungsverstoßes auch dem Willen des Landesgesetzgebers entsprechen. In der Sache ist die Unterscheidung zwischen ausgleichspflichtigen und nicht ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen nach den Gesichtspunkten der Zumutbarkeit, des Vertrauensschutzes und einer hinreichenden Differenzierung zwischen den Grundeigentümern je nach Art und Schwere ihre Belastung vorzunehmen. Dabei kann im wesentlichen auf die bisherige Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen entschädigungslos hinzunehmenden Nutzungsbeschränkungen und den (Ausnahme-)Tatbeständen einer entschädigungspflichtigen Enteignung zurückgegriffen werden. In dieser Rechtsprechung haben sich trotz mancher Unterschiede im Detail doch übereinstimmend zwei Fallgestaltungen herausgebildet, in denen die Grundeigentümer nicht dem Regelfall entsprechend auf die Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG verwiesen werden können, nämlich zum einen bei Eingriffen in bereits verwirklichte Nutzungen und zum anderen beim Ausschluß von Nutzungsmöglichkeiten, die sich nach Lage der Dinge objektiv anbieten oder sogar aufdrängen (vgl. BVerwG, Urt.v. 24.06.1993, a.a.O., m.w.N.).

Ob eine Landschaftsschutzverordnung eine in diesem Sinn "enteignende Wirkung" hat, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles und wäre gegebenenfalls im Rahmen der Klage eines Grundeigentümers auf Gewährung einer Entschädigung nach § 47 Abs. 2 S. 1 NatSchG zu prüfen. Die Rechtmäßigkeit der Landschaftsschutzverordnung selbst hängt hiervon nicht ab.

Im übrigen kommt neben der Gewährung von Geldleistungen als weiteres Mittel des Verhältnismäßigkeitsausgleichs etwa auch ein Dispens in Betracht (vgl. BVerwG, Urt.v. 24.06.1993, a.a.O.). Auf eine solche Möglichkeit der Befreiungserteilung (nach § 63 NatSchG) weist § 8 LSchVO hin. Sie ergäbe sich auch ohne diesen Verweis unmittelbar aus dem Gesetz, wobei vorliegend offen bleiben kann, ob als Rechtsgrundlage hierfür die landesrechtliche Regelung des § 63 NatSchG oder die bundesrechtliche Regelung des § 31 NatSchG in Betracht kommt, die gemäß § 4 S. 3 BNatSchG unmittelbar gilt.

Was die land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung der unter Schutz gestellten Grundstücke angeht, so gelten die Verbote des § 4 LSchVO und die Erlaubnisvorbehalte des § 5 LSchVO nicht "im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung" (§ 6 Nr. 1 und 2 LSchVO).

bb) Auch die Planungshoheit der Antragstellerin als Bestandteil ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 71 Abs. 1 S. 2 LV) wird durch die Landschaftsschutzverordnung nicht unzulässig eingeschränkt. Die genannten Verfassungsnormen gewährleisten den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht "im Rahmen der Gesetze". Zwar darf durch staatliche Maßnahmen keinesfalls der Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts angetastet werden (vgl. BVerfGE 38, 258). Im übrigen aber ist eine Einschränkung der Planungshoheit durch Gesetze - und auch durch Rechtsverordnungen, die auf einer mit Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG bzw. Art. 61 Abs. 1 S. 2 LV übereinstimmenden Ermächtigung beruhen (vgl. BVerfGE 26, 228) - dann zulässig, wenn und soweit sich bei der vorzunehmenden Güterabwägung ergibt, daß schutzwürdige überörtliche Interessen diese Einschränkung erfordern. Dies bedeutet mit anderen Worten, daß der staatliche Eingriff verhältnismäßig und frei von Willkür sein muß (vgl. zum vorstehenden BVerfGE 56, 259 m.w.N. sowie Normenkontrollurteil d. Senats v. 12.06.1984, a.a.O.).

Diese Grenzen werden vorliegend mit der Landschaftsschutzverordnung nicht überschritten. Der Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung wird erst dann berührt, wenn die Einschränkung zu einer derartigen Aushöhlung der Selbstverwaltung führt, daß die Gemeinde die Möglichkeit zur kraftvollen Betätigung verliert und nur noch ein Schattendasein führen kann (vgl. BVerfGE 38, 258, 279). Zur Allzuständigkeit für die örtlichen Angelegenheiten gehört das Recht der Gemeinde zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte auf dem Gebiet der Bauleitplanung und des örtlichen Wegebaus als Ausfluß der Satzungs- und Gebietshoheit. Dieses bleibt durch die Landschaftsschutzverordnung im Kern unangetastet. Damit erfolgt nur eine Einbettung der bestehenden Planungshoheit in die überörtlichen Regelungen des Natur- und Landschaftsschutzes, die an Gemeindegrenzen nicht halt machen und sich daher einer Erledigung durch die örtliche Gemeinschaft entziehen. Die Planungshoheit der Antragstellerin wird ferner auch nicht unverhältnismäßig oder willkürlich eingeschränkt. Zwar erfaßt die Landschaftsschutzverordnung einen erheblichen Teil des Gemeindegebiets, und dies zusätzlich zu schon vorhandenen naturschutzrechtlichen und anderen fachgesetzlichen Schutzgebietsausweisungen. Auch ist nicht zu verkennen, daß eine Reihe der in § 5 Abs. 2 LSchVO beispielhaft aufgezählten erlaubnisbedürftigen Handlungen (z.B. Nrn. 1, 6 und 7) einen unmittelbaren Bezug zur Planungshoheit aufweist. Dies bedeutet jedoch keine wirklich gravierende Beeinträchtigung. Denn die Erlaubnis muß erteilt werden, wenn die betreffende Handlung nicht geeignet ist, den Charakter des Gebiets zu verändern oder dem Schutzzweck zuwiderzulaufen (§ 5 Abs. 3 i.V.m. § 4 LSchVO). Im übrigen erfaßt die angegriffene Verordnung nur Gemarkungsbereiche, die im Flächennutzungsplan der Antragstellerin nicht für die bauliche Nutzung vorgesehen sind. Die Grenzen des Landschaftsschutzgebiets wurden vielmehr gerade - wie die im Aufstellungsverfahren vorgenommene Korrektur zeigt - mit den Darstellungen der Bauflächen im Flächennutzungsplan abgestimmt, so daß den mittelfristigen Planungsvorstellungen der Antragstellerin Rechnung getragen wurde. Entsprechend hat die Antragstellerin im Verfahren auch keine konkrete Planung bzw. städtebauliche Entwicklungsabsicht angeführt, die durch die angegriffene Verordnung vereitelt oder sonst tangiert würde und mit der sich der Verordnungsgeber daher im Rahmen der Abwägung hätte auseinandersetzen müssen. Soweit die Antragstellerin durch die Schutzgebietsausweisung ihre Befugnis zum Erlaß von Satzungen nach § 34 Abs. 4 BauGB eingeschränkt sieht, ist festzuhalten, daß bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile nur dann festgelegt werden können, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind (Nr. 2), was vorliegend nicht der Fall ist. Und § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB gestattet nur, einzelne Außenbereichsgrundstücke zur Abrundung der Gebiete nach Nrn. 1 und 2 einzubeziehen. Eine - unterstellte - Beschränkung dieser Abrundungsbefugnis durch die Landschaftsschutzverordnung bedeutete danach keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit, abgesehen davon, daß die Antragstellerin auch insoweit im Verfahren zum Erlaß der Verordnung keine konkreten Absichten vorgetragen hat. Im übrigen hat sich die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren in erster Linie mit Blick auf die Siedlungsbereiche, für die der Senat bereits die Schutzwürdigkeit verneint hat, auf ihre Satzungsbefugnis nach § 34 Abs. 4 BauGB berufen; insoweit wird die angegriffene Verordnung jedoch für nichtig erklärt.

Schließlich ist festzuhalten, daß eine Landschaftsschutzverordnung kein absolut statischer Rechtssatz ist. Ihre Rechtmäßigkeit muß sich vielmehr immer auch an den künftig eintretenden tatsächlichen und rechtlichen Entwicklungen messen lassen mit der Folge, daß die Voraussetzungen für ihr Weiterbestehen ganz oder teilweise wegfallen können. Die Antragstellerin könnte in einem solchen Fall eine Änderung der Schutzgebietsausweisung verlangen bzw. ihre (Teil-)Nichtigkeit geltend machen (vgl. Normenkontrollurteil d. Senats v. 12.06.1984, a.a.O.).