VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.04.2002 - 1 S 1667/00
Fundstelle
openJur 2013, 12143
  • Rkr:

1. Bei der Regelung von Massenerscheinungen wie der Hundehaltung setzt eine zulässige Typisierung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären.

Der Verordnungsgeber überschreitet seinen mit der Typisierungsbefugnis einhergehenden Gestaltungsspielraum, wenn er alle Hunde bestimmter Rassen auf Grund von Zuchtmerkmalen normativ abschließend als gefährlich einstuft, ohne dem einzelnen Hundehalter, obwohl dies unschwer möglich wäre, die Widerlegbarkeit dieser gesetzlichen Vermutung zu ermöglichen.

Tatbestand

Der im Stadtkreis Mannheim wohnende Antragsteller ist seit November 1993 Halter eines Hundes der Rasse Bullterrier. Er wendet sich gegen § 1 Buchst. a der Polizeiverordnung der Stadt Mannheim über das Halten und Führen gefährlicher Hunde im Stadtkreis Mannheim vom 28.07.1998 in der Fassung der Änderungsverordnung der Stadt Mannheim vom 28.07.2000 - im Folgenden: PolVO -, soweit darin Hunde der drei dort bezeichneten Rassen (Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier) unwiderleglich als gefährlich eingestuft werden.

Bereits die Vorläuferfassung war Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens. Seinerzeit wurde § 1 Abs. 2 Satz 2 mit Normenkontrollurteil des Senats vom 26.04.1999 (1 S 2214/98) für nichtig erklärt.

Die Polizeiverordnung in der jetzigen Fassung enthält, soweit dies für das Normenkontrollverfahren bedeutsam ist, u.a. folgende Regelungen:

§ 1

Gefährliche Hunde

Gefährliche Hunde im Sinne dieser Verordnung sind:

a) Hunde, die auf Angriffslust, Kampfbereitschaft oder Schärfe, die über das natürliche Maß hinausgehen, oder andere wirkungsgleiche Zuchtmerkmale gezüchtet (hierzu gehören die Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier sowie die Kreuzungen, bei denen Rasseanteile einer der drei genannten Rassen überwiegen), ausgebildet oder abgerichtet worden sind oder eine Abrichtung auf Zivilschärfe begonnen oder abgeschlossen haben oder

b) Hunde, die sich mindestens einmal als bissig erwiesen haben oder

c) Hunde, die mindestens einmal Menschen in gefahrdrohender Weise angesprungen haben oder

d) Hunde, die mindestens einmal andere Tiere gerissen oder mehrfach andere Tiere gehetzt haben.

§ 2

Erlaubnispflicht

1) Das Halten gefährlicher Tiere im Stadtkreis Mannheim bedarf der Erlaubnis der Ortspolizeibehörde. Die Erlaubnis ist bei Hunden gemäß § 1 Buchst. a mit der Anzeige nach § 3 zu beantragen.

2) Die Erlaubnis ist nur zu erteilen, wenn durch die Hundehaltung keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen, anderen Haustieren oder jagdbarem Wild entstehen kann. Die Behörde kann verlangen, dass die Eignung zum Halten gefährlicher Hunde nachgewiesen wird (Sachkundeprüfung).

3) Die Erlaubnis ist beim Führen eines gefährlichen Hundes außerhalb des privaten, eingefriedeten Besitztums mitzuführen und auf Verlangen Polizeibeamten oder sonst zur Kontrolle befugten Personen vorzulegen.

§ 3

Anzeigepflicht

Die Hundehalter sind verpflichtet, das Halten eines gefährlichen Hundes im Sinne von § 1 Buchst. a dieser Verordnung unverzüglich der Ortspolizeibehörde anzuzeigen.

§ 4

Kennzeichnung

Die Ortspolizeibehörde kann nach pflichtgemäßem Ermessen, insbesondere wenn die Voraussetzungen des § 1 vorliegen, die Kennzeichnung des Hundes als gefährlichen Hund durch die Implantierung eines elektronischen Chips oder in sonstiger Weise anordnen.

§ 5

...

§ 6

Halten und Führen gefährlicher Hunde

1) Grundstücke und sonstige Anlagen, Räumlichkeiten (insbesondere Wohnungen, Zwinger), auf oder in denen gefährliche Hunde gehalten werden, müssen so gesichert werden, dass Personen außerhalb dieser Grundstücke, Anlagen und Räumlichkeiten nicht gefährdet werden, insbesondere ein Entweichen des gefährlichen Hundes auszuschließen ist.

2) Gefährliche Hunde sind außerhalb des eingefriedeten, privaten Besitztums sowie in Treppenhäusern von Mehrfamilienhäusern und auf Zuwegen zu diesen Häusern im gesamten Stadtkreis angeleint zu führen.

3) Personen, denen die erforderliche Zuverlässigkeit oder Geeignetheit zum Führen gefährlicher Hunde entsprechend § 5 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung fehlt, ist das Führen eines leinenpflichtigen Hundes untersagt. Es ist ferner untersagt, einer Person, der die erforderliche Zuverlässigkeit oder Geeignetheit zum Führen gefährlicher Hunde entsprechend § 5 Abs. 1 und 2 fehlt, einen leinenpflichtigen Hund zum Führen zu überlassen.

§ 7

Maulkorbzwang

Gefährliche Hunde gemäß § 1 dieser Verordnung müssen in den in § 6 Abs. 2 bezeichneten Bereichen einen Maulkorb tragen, der geeignet ist, das Beißen zu verhindern.

§ 8

...

§ 9

Ausnahmen

Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung können in begründeten Einzelfällen erteilt werden.

§ 10

...

§ 11

...

§ 5 PolVO regelt die Voraussetzungen zur Erteilung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PolVO im Einzelnen. Nach § 8 findet die Verordnung auf behördliche Diensthunde, Blindenhunde und Jagdhunde im jeweiligen Einsatz keine Anwendung. § 11 PolVO enthält eine Regelung der Übergangsvorschriften. Danach haben Personen, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der PolVO einen gefährlichen Hund im Sinne des § 1 halten, die nach § 2 erforderliche Erlaubnis bzw. die Anzeige nach § 3 innerhalb von drei Monaten nach In-Kraft-Treten der PolVO bei der Ortspolizeibehörde zu beantragen bzw. vorzunehmen.

Die mit Zustimmung des Gemeinderats erlassene geänderte Fassung der Polizeiverordnung wurde am 28.07.2000 in der Tageszeitung "Mannheimer Morgen" bekannt gemacht und trat gemäß § 13 PolVO einen Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Der Antragsteller hat am 01.08.2000 das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Er beantragt,

den Klammerzusatz in § 1 Buchst. a PolVO der Stadt Mannheim über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden im Stadtkreis Mannheim vom 28.07.1998 in der Fassung der Änderungsverordnung der Stadt Mannheim vom 28.07.2000 für nichtig zu erklären.

Zur Begründung trägt er vor: Er werde als Halter eines Hundes der in der Verordnung bezeichneten Rasse Bullterrier durch die Verordnung gleichheitswidrig behandelt. Die genannten Hunderassen würden im Gegensatz zu Hunden anderer Rassen unwiderleglich als gefährlich eingestuft, sodass die Halter von Hunden dieser Rassen uneingeschränkt den besonderen Halterpflichten unterlägen und damit gegenüber Haltern von Hunden anderer Rassen, deren Gefährlichkeit nach den übrigen Bestimmungen des § 1 der Polizeiverordnung im Einzelfall individuell festgestellt werden müsse, schlechter gestellt würden. Die Bestimmung des § 9 PolVO stelle insoweit keine Ausnahmeregelung dar. Der generelle Leinen- und Maulkorbzwang selbst für nachweislich ungefährliche Hunde der genannten Rassen stelle einen Verstoß gegen tierschutzrechtliche Vorschriften dar. Die Zwangsmaßnahmen verhinderten ein normales artbedingtes Sozialverhalten der betreffenden Hunde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie vor: Ein Verstoß gegen das Normwiederholungsverbot liege nicht vor. Die angegriffene Regelung sei zwar mit der für nichtig erklärten Regelung in der Vorläuferfassung inhaltsähnlich, aber nicht inhaltsgleich. Die angegriffene Regelung sei aus Gründen der abstrakten Gefahrenabwehr veranlasst und mit höherrangigem Recht vereinbar. Durch den Klammerzusatz werde lediglich deutlich gemacht, dass unter die nach den objektiven Kriterien des § 1 Buchst. a PolVO definierten Hunde auch die Hunde der aufgeführten Rassen und deren Kreuzungen fielen. Die Beschränkung auf die genannten Hunderassen sei sachgerecht, weil gerade Hunde dieser Rassen leichter als andere in gefahrträchtiger Weise von verantwortungslosen Personen gehalten und erzogen würden. Durch § 9 PolVO werde gewährleistet, dass in begründeten Einzelfällen von den Vorschriften der Verordnung abgewichen werden könne.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf diese Akten und die im Normenkontrollverfahren gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die Polizeiverordnung der Stadt Mannheim über das Halten und Führen gefährlicher Hunde unterliegt als eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Vorschrift der Normenkontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO).

Der Antragsteller hat in zulässiger Weise seinen Antrag auf die Feststellung der Nichtigkeit des Klammerzusatzes in § 1 Buchst. a PolVO beschränkt. Er wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag lediglich dagegen, dass für Hunde der dort genannten Rassen und Kreuzungen unwiderleglich bestimmt wird, dass sie zu Hunden gehören, die auf Angriffslust, Kampfbereitschaft oder Schärfe, die über das natürliche Maß hinausgehen, oder andere wirkungsgleiche Zuchtmerkmale gezüchtet werden. Wäre die angegriffene Regelung nichtig, entfielen zwangsläufig die an die "vermutete" und nicht widerlegbare Gefahrhundeeigenschaft anknüpfenden Restriktionen der Polizeiverordnung.

Der Antragsteller ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Als Halter eines Hundes der in der angegriffenen Bestimmung aufgeführten Rassen unterfällt er der in der Verordnung geregelten Anzeige- und Erlaubnispflicht (§§ 2 und 3 PolVO) sowie weiteren Erschwernissen, die für das Halten und Führen gefährlicher Hunde der im Klammerzusatz des § 1 Buchst. a PolVO aufgeführten Rassen vorgesehen sind; er wird damit zumindest in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingeschränkt.

Dem Antragsteller fehlt auch nicht das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse. Zwar wird er derzeit durch die begehrte Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung noch nicht bessergestellt, da auch für das Stadtgebiet Mannheim die Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 (GBl. S. 574) gilt und der Antragsteller diese zu beachten hat. Diese Gefahrhundeverordnung sieht vor, dass Hunde der in § 1 Abs. 2 genannten Rassen  - dazu gehört auch der vom Antragsteller gehaltene Bullterrier - dem Maulkorbzwang unterfallen, solange sie nicht ihre vermutete Gefährlichkeit durch eine Wesensprüfung im Sinne des § 1 Abs. 4 der Gefahrhundeverordnung widerlegt haben. Da der Antragsteller bislang aus den in der mündlichen Verhandlung näher dargelegten, nachvollziehbaren Gründen einen solchen Wesenstest mit seinem Hund noch nicht abgelegt hat, könnte er daher derzeit auch im Falle der Nichtigerklärung des § 1 Buchst. a PolVO der Stadt Mannheim seinen Hund nur mit Maulkorb ausführen. Der Antragsteller hat jedoch zur Überzeugung des Senats erklärt, dass er seinen Hund umgehend einer Wesensprüfung unterziehen werde, sobald die von ihm angegriffene Norm keinen Bestand mehr habe, und er damit, wenn sein Hund - wovon er ausgehe - die Wesensprüfung bestehen würde, auch im Stadtgebiet von Mannheim nicht mehr dem Maulkorbzwang unterworfen sei.

Da die Polizeiverordnung auch für Personen gilt, die einen Hund der genannten Rassen im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Verordnung gehalten haben (§ 11 PolVO) und der Normenkontrollantrag innerhalb der zweijährigen Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellt worden ist, ist er insgesamt zulässig.

II. Der Antrag ist auch begründet. Die angegriffene Bestimmung in § 1 Buchst. a PolVO der Antragsgegnerin über das Halten und Führen gefährlicher Hunde im Stadtkreis Mannheim zum 28.07.1998 in der Fassung der Änderungsverordnung der Antragsgegnerin vom 28.07.2000 ist formell (1.), jedoch nicht materiell rechtmäßig (2.).

1. Die Antragsgegnerin ist als Ortspolizeibehörde nach §§ 66 Abs. 1 und 2, 68 Abs. 1, 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 PolG Bad.-Württ. zum Erlass der auf die §§ 1, 10 PolG Bad.-Württ. gestützten Polizeiverordnung zuständig. Die Polizeiverordnung ist durch den Oberbürgermeister mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderats der Antragsgegnerin (§ 15 Abs. 2 PolG) erlassen und durch öffentliche Bekanntmachung in der Tageszeitung "Mannheimer Morgen" ordnungsgemäß verkündet worden (§ 5 VerKG Bad.-Württ. i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 DVO-Gemeindeordnung). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt.

2. Der Rechtmäßigkeit der Norm steht weder das Normwiederholungsverbot (a) noch das Fehlen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage entgegen (b); die Verordnung kollidiert auch nicht mit der höherrangigen Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 (GBl. S. 574) (c); die angegriffene Norm ist schließlich hinreichend bestimmt (d). Der Klammerzusatz in § 1 Buchst. a PolVO verstößt jedoch gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (e).

a) Der Senat sieht in der geänderter Fassung der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin - noch - keinen Verstoß gegen das sich aus der Bindungswirkung des Normenkontrollbeschlusses des Senats vom 26.04.1999 (1 S 2214/98, ESVGH 49, 215) ergebende Normwiederholungsverbot. In einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO getroffene Entscheidungen sind ebenso wie andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen gemäß § 121 VwGO der Rechtskraft fähig und binden daher die Beteiligten bei unveränderter Sach- und Rechtslage in allen anderen von ihnen betriebenen Verfahren, insbesondere einem neuen Normenkontrollverfahren. Die von einer Normenkontrollentscheidung insoweit ausgehende Bindungswirkung umfasst nach herrschender Meinung für den Verordnungs- oder Satzungsgeber auch das Verbot, ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage eine Rechtsvorschrift gleichen Inhalts zu erlassen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.09.1978 - I 1303/77 -, DÖV 1979, 571 sowie Beschluss vom 24.11.1997 - 8 S 891/97 -, VBlBW 1998, 222 ff. m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 25.11.1999, NVwZ 2000, 813 ff.). Der Senat teilt diese sich aus dem Wesen der Rechtskraft ergebende Auffassung. Da eine Änderung der Sach- oder Rechtslage von der Antragsgegnerin weder geltend gemacht noch ersichtlich ist, wäre es ihr daher grundsätzlich verwehrt gewesen, eine dem Inhalt der für nichtig erklärten Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 PolVO über das Halten und Führen gefährlicher Hunde vom 28.07.1998 im Stadtkreis Mannheim gleiche Vorschrift wieder zu erlassen. Ein Vergleich der beiden Regelungen ergibt jedoch, dass es sich zwar um eine inhaltsähnliche, nicht aber um eine inhaltsgleiche Norm handelt. Der entscheidende Unterschied besteht nicht schon darin, dass nunmehr wesentlich weniger Rassen aufgelistet sind, sondern vielmehr darin, dass der Verordnungsgeber die aufgezählten und als gefährlich vermuteten Hunderassen anderen abstrakten Merkmalen zugeordnet hat. In der Polizeiverordnung vom 28.07.1998 galten die dort angeführten Rassen insbesondere deshalb als gefährlich, weil bei Hunden dieser Rassen wegen ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung, Charakter- oder Körpereigenschaften die Gefahr einer Verletzung von Personen bestand. In der geänderten Fassung der PolVO vom 28.07.2000 wird hingegen die Gefährlichkeit der dort genannten Hunderassen aus ihren Zuchtmerkmalen, wie übermäßige Angriffslust, Kampfbereitschaft oder Schärfe, abgeleitet. Die Regelung soll damit neueren wissenschaftlichen Untersuchungen (vgl. die in den Akten befindliche Abhandlung von J. Redlich "Gefährliche Hunderassen"? - Gesetzgebung und Biologie, Sonderdruck aus Tierärztliche Umschau vom 01.04.2000, S. 175 ff.) Rechnung tragen, sodass von einem inhaltlichen Unterschied der beiden Regelungen auszugehen ist.

b) Die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin beruht auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 PolG zum Erlass von Polizeiverordnungen. Einer zusätzlichen gesetzlichen Ermächtigung zur Regelung der Hundehaltung bedurfte es nicht (Senatsurteil vom 16.10.2001 - 1 S 1751/00 -). Polizeiverordnungen sind ein anerkanntes und unentbehrliches Instrument der Polizeibehörden, um ein zeitlich, örtlich und sachlich flexibles Handeln auch ohne detaillierte Vorentscheidungen des parlamentarischen Gesetzgebers zu ermöglichen. Der Begriff der "Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung" ist in Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend präzisiert (BVerfG, Beschluss vom 23.05.1980 - 2 BvR 854/79 -, BVerfGE 54, 143). Eine abstrakte Gefahr liegt bei einer Sachlage vor, die nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Eintreten einer konkreten Gefahrenlage möglich erscheinen lässt. Der dabei zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad hängt von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Im Hinblick auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - 4 C 99.67 -, DÖV 1970, 713; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., 1986, S. 495).

Das Halten von Hunden stellt wegen der von Tieren allgemein ausgehenden Gefahr eines spontanen und unbeherrschbaren aggressiven Verhaltens gegen Menschen oder Tiere eine solche abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Dies gilt insbesondere für Hunde ab einer gewissen Größe und Stärke (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollurteile vom 18.08.1992 - 1 S 2250/91 -, ESVGH 43, 15 und vom 26.04.1999 - 1 S 2214/98 -, ESVGH 49, 215), wozu auch die in § 1 Buchst. a PolVO aufgeführten Tiere gehören. Das Bestehen einer abstrakten Gefahrenlage durch das Halten von Hunden der genannten Rassen wird demgemäß auch in der Rechtsprechung allgemein bejaht (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2001 a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Ob und in welcher Weise der Verordnungsgeber der von ihm erkannten abstrakten Gefahr begegnet, liegt in seinem Ermessen, wobei ihm grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Hat er mehrere Mittel zur Auswahl, mit denen der Gefahr wirksam begegnet werden kann, so kann er - innerhalb der ihm durch höherrangiges Recht gesetzten Grenzen - dasjenige auswählen, das ihm am geeignetsten erscheint (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2001 - 1 S 2237/00 -).

c) Die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin steht zu der höherrangigen Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 (GBl. S. 574) nicht im Widerspruch (§ 11 PolG Bad.-Württ.). § 6 der Landesverordnung bestimmt ausdrücklich, dass weitergehende Polizeiverordnungen nachgeordneter allgemeiner Polizeibehörden unberührt bleiben. Den Gemeinden sollte mit der Landesverordnung nicht die Möglichkeit genommen werden, eigene Regelungen für die Hundehaltung auf ihrem Gebiet zu treffen, die sich den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten anpassen und etwa Bevölkerungszahl, Bebauungsdichte sowie Hundepopulation und den individuell verfügbaren Freiraum berücksichtigen. Die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin ist in ihrem Regelungsumfang weitergehend als die Landesverordnung. Letztere enthält in § 1 Abs. 2 eine widerlegbare Vermutung, dass es sich bei Hunden der dort aufgeführten Rassen und ihrer Kreuzungen um Kampfhunde handelt. Die Verordnung der Antragsgegnerin bestimmt über den Regelungsgehalt der Landesverordnung hinaus mit eigenem Regelungsgehalt eine im Einzelfall nicht widerlegbare Vermutung, dass Hunde der in § 1 Buchst. a PolVO aufgezählten Hunderassen gefährlich im Sinne von § 1 der Verordnung sind.

d) Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der Bestimmtheit von Rechtsnormen. Das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Bestimmtheit von Normen zwingt den Normgeber nicht, Normtatbestände stets mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Generalklauseln und unbestimmte, der Ausfüllung bedürftige Begriffe sind schon deshalb grundsätzlich zulässig, weil sich die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben nicht immer in klar umrissenen Begriffen wiedergeben lässt. Der Normgeber ist aber gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Der Betroffene soll in zumutbarer Weise feststellen können, welches Verhalten verboten oder geboten ist, damit er sein Handeln danach einrichten kann. In jedem Fall müssen sich aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die eine willkürliche Handhabung der Norm durch die für die Vollziehung zuständigen Behörden ausschließen. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.04.1991 - 1 BvR 1341/90 -, BVerfGE 84, 133; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2001, a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben bestehen gegen die Bestimmtheit der angegriffenen Regelung keine Bedenken. Nach § 1 Buchst. a PolVO sind Hunde gefährlich, die auf Angriffslust, Kampfbereitschaft oder Schärfe, die über das natürliche Maß hinausgehen, oder andere wirkungsgleiche Zuchtmerkmale gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet worden sind oder eine Abrichtung auf Zivilschärfe begonnen oder abgeschlossen haben. Die Gefährlichkeit eines Hundes wird, wie sich aus dem Klammerzusatz ergibt, hinsichtlich der Variante des Züchtens auf Angriffslust, Kampfbereitschaft und übermäßige Schärfe bei Hunden der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen, bei denen Rasseanteile einer der drei genannten Rassen überwiegen, vermutet. Danach ist ein Hund gefährlich, wenn auf Grund rassespezifischer Merkmale, der Zucht, der Haltung oder der Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist. Die verwendeten Begriffe sind damit - noch - hinreichend bestimmt bzw. aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung nach objektiven Kriterien bestimmbar. Ob es sich bei Pitbull-Terriern um eine Rasse im zoologischen Sinne, eine Gruppe oder Kreuzung verschiedener Hunderassen handelt, ist für die Frage der Bestimmtheit der Norm ohne Belang, denn in Literatur und fachwissenschaftlichen Stellungnahmen werden diese Tiere als hinreichend identifizierbare Hundetypen beschrieben (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.10.2001, a.a.O.).

e) Der Klammerzusatz in § 1 Buchst. a PolVO ist jedoch nichtig, weil er gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam ist, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers umso größer, je höherwertiger die Rechtsgüter sind, deren Schutz die Regelung bezweckt, und je weniger empfindlich in grundrechtlich geschützte Freiheiten eingegriffen wird. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen wie der Hundehaltung - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung steht. Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Gesetzgeber allerdings sachgerecht ausüben (BVerwG, Urteil vom 19.01.2000, BVerwGE 110, 265 ff.). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis hin zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 101, 54 [101]). Eine zulässige Typisierung setzt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, dass sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfGE 103, 310 [318 ff.]).

Gemessen an diesen Vorgaben für den Gesetzgeber verstößt es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn hier der Verordnungsgeber bei Hunden der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier und Bullterrier die unwiderlegliche Feststellung trifft, sie seien gefährliche Hunde mit der Folge, dass ihre Halter besondere Verpflichtungen treffen, obwohl sich die mit der Typisierung verbundenen Härten ohne große Schwierigkeiten vermeiden ließen.

Die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin verwendet in ihrem § 1 Buchst. a zunächst eine abstrakte, an Zuchtmerkmale anknüpfende, rasseunabhängige Definition des gefährlichen Hundes. In dem darin enthaltenen Klammerzusatz sind drei Hunderassen aufgeführt, die vom Verordnungsgeber zu dieser Gruppe gehörig angesehen werden; die Eigenschaft der aufgelisteten Hunde als gefährliche Hunde wird vom Verordnungsgeber unwiderleglich vermutet. Die Halter dieser Hunde müssen diese folglich im Stadtkreis Mannheim generell mit Leine und Maulkorb ausführen; sie unterliegen einer generellen Anzeigepflicht dieser Tiere und einem Erlaubnisvorbehalt, der auch eine regelmäßige Zuverlässigkeitsüberprüfung des Halters mit einschließt. Andere vergleichbar gefährliche Hunderassen werden demgegenüber lediglich auf Grund der in § 1 Buchst. a PolVO aufgeführten abstrakten Zuchtmerkmale erfasst. Wenngleich auch - als Beispiel - der Halter eines auf Schärfe gezüchteten Dobermanns grundsätzlich unschwer erkennen kann, dass sein Hund dem § 1 Buchst. a PolVO unterfällt, so dürften, da damit gewisse Anforderungen an die Ehrlichkeit des betreffenden Hundehalters gestellt werden, Halter von Hunden anderer als der im Klammerzusatz genannten Rassen regelmäßig erst dann den besonderen Halterpflichten unterliegen, wenn ihr Hund in der Öffentlichkeit als erhöhte Gefahr aufgefallen ist. Das Gleichheitsproblem erstreckt sich mithin auf die Frage, ob es vom Gestaltungsspielraum gedeckt ist, Hundehalter der drei genannten Hunderassen automatisch und unwiderleglich, andere aber nur unter besonderen Umständen den besonderen Halterpflichten zu unterwerfen.

Dem Verordnungsgeber ist zuzugestehen, dass beim Erlass dieser Regelung eine gewisse Typisierung unumgänglich ist. Dabei darf der Verordnungsgeber grundsätzlich an bestimmte Zuchtmerkmale anknüpfen, weil es Hunderassen gibt, bei denen in der Vergangenheit eine gewisse Zuchtauswahl getroffen worden ist, die besondere Angriffslust, Kampfbereitschaft oder Schärfe fördern sollte. Dies belegt auch die von der Antragsgegnerin herangezogene fachwissenschaftliche Veröffentlichung (J. Redlich "Gefährliche Hunderassen"? - Gesetzgebung und Biologie, Tierärztliche Umschau vom 01.04.2000, S. 175 ff. -). Dem steht nicht entgegen, dass nicht in allen Fällen eine solche Zuchtauswahl getroffen worden ist und im Übrigen das Verhalten eines Hundes nicht ausschließlich durch diese gezüchteten Eigenschaften bedingt ist, sondern auch durch Umweltfaktoren wie Erziehung und Ausbildung sowie die Art der Haltung beeinflusst werden kann. Die Zugehörigkeit zu oder Abstammung von einer bestimmten Hunderasse reicht deshalb grundsätzlich aus, die betreffenden Hunde als potenziell gefährlich einzustufen. Da aus der potenziellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen kann, ist es sachgerecht, bereits an das abstrakte Gefahrenpotenzial, das durch die Gruppenzugehörigkeit bestimmt wird, anzuknüpfen (vgl. Normenkontrollurteil des Senats vom 18.08.1992, a.a.O.; für das Hundesteuerrecht ebenso BVerwG, Urteil vom 19.01.2000, BVerwGE 110, 265 ff.). Diese Einschätzung hat der Senat in seinen Normenkontrollurteilen vom 26.04.1999 (a.a.O.) und vom 16.10.2001 (a.a.O.) bestätigt. Der Antragsgegnerin war mithin unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG nicht grundsätzlich verwehrt, die im Klammerzusatz genannten Hunderassen auf Grund der in § 1 Buchst. a PolVO genannten Zuchtmerkmale als gefährlich aufzulisten.

Der Verordnungsgeber überschreitet jedoch seinen mit der Typisierungsbefugnis einhergehenden Gestaltungsspielraum, wenn er angesichts der ihm vorliegenden fachwissenschaftlichen Erkenntnisse dem einzelnen Hundehalter die Widerlegbarkeit dieser gesetzlichen Vermutung verwehrt. Nach den tiermedizinischen Erkenntnissen wird die Bedeutung der Rasseanlage eines Hundes für dessen gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit unterschiedlich beurteilt. Nach dem fachwissenschaftlichen Schrifttum beruht die Gefährlichkeit der Hunde der dort aufgeführten Rassen nicht ausschließlich auf einem genetisch bedingten übersteigerten Aggressionsverhalten, sondern ist in besonderem Maße davon abhängig, unter welchen Bedingungen das Tier aufgezogen worden ist und wie es gehalten wird (vgl. die Zusammenstellung der Äußerungen von Eichelberg, Feddersen-Petersen und Unshelm in: "Kampfhunde"?, "Gefährliche Hunde", Neue wissenschaftliche Gutachten, Verband für Hundewesen). Wenn nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sowohl der Zucht als auch der Haltung eines Hundes dieser Rassen entscheidende Bedeutung dafür zukommt, wie sich die Angriffslust, die Kampfbereitschaft und Schärfe des Hundes entwickeln, dann kann die Einordnung von Hunden der genannten Rassen nicht unter alleinigem Abstellen auf die genetisch und erblich bedingten Aspekte der potenziellen Gefährlichkeit von Hunden dieser Rassen im Wege der Verwendung des gesetzestechnischen Mittels der unwiderleglichen Vermutung erfolgen. Denn sonst werden die Rechte des Hundehalters, der nachweisen kann, dass die Angriffslust, die Kampfbereitschaft und die Schärfe seines Hundes auf Grund seiner Zucht und auch der Haltung nicht über das natürliche Maß hinausgehen, unverhältnismäßig eingeschränkt.

Die fehlende Widerlegbarkeit der Vermutung für Hunde der im Klammerzusatz genannten Rassen wird auch nicht durch eine Ausnahmeregelung in der Polizeiverordnung ausgeglichen. Die Regelung des § 9 PolVO, wonach von den Vorschriften der Verordnung in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zugelassen werden können, bezieht sich allgemein auf die in der Verordnung enthaltenen Einschränkungen, lässt aber nicht erkennen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Hund, der auf Grund seiner Rassezugehörigkeit nach § 1 Buchst. a PolVO als gefährlich eingestuft ist, ausnahmsweise als ungefährlich angesehen werden kann (vgl. das Normenkontrollurteil des erkennenden Senats vom 26.04.1999 zur Polizeiverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden im Stadtkreis der Antragsgegnerin in der Fassung vom 28.07.1998 - 1 S 2214/98 -, ESVGH 49, 215). Die Vertreterin der Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass in der Praxis so verfahren werde, dass für kranke Hunde, und für Hunde, die zusätzliche Prüfungen abgelegt haben, die über die nach der Landesverordnung erforderliche Wesensprüfung hinausgehen, eine Ausnahmemöglichkeit gewährt werde. Dementsprechend seien seit In-Kraft-Treten der Polizeiverordnung neun krankheitsbedingte Befreiungen und eine Ausnahme wegen Absolvierens mehrerer Prüfungen erteilt worden. Auch aus dieser Praxis ergibt sich, dass eine Ausnahme nicht bereits dann erteilt wird, wenn die betroffenen Hundehalter mit ihrem Hund eine Wesensprüfung im Sinne des § 1 Abs. 4 der Gefahrhundeverordnung des Landes abgelegt haben.

Der Senat schließt sich nicht der teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (BayVerfGH, Urteil vom 12.10.1994, BayVBl. 1995, 76 ff.; BayVGH, Beschluss vom 09.05.1996, DÖV 1996, 1054; VerfGH Berlin, Urteil vom 12.07.2001, DVBl. 2001, 1583; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2001, NVwZ 2001, 1273) an, wonach der Verordnungsgeber im Interesse einer praktikablen und effektiven Gefahrenabwehr den Gegenbeweis zu der rassespezifisch erhöhten Gefährlichkeit generell verwehren kann. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Typisierung verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BVerfGE 103, 310 [319]). Vielmehr hat die Gefahrhundeverordnung des Landes vom 03.08.2000, der auch die Hundehalter im Stadtgebiet Mannheim unterworfen sind, gezeigt, dass sich eine sachgerechte Lösung finden lässt, um den mit einer Generalisierung verbundenen Unzuträglichkeiten entgegenzuwirken. Die Vertreterin der Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, dass sich die Regelung der Landesverordnung über die Widerlegungsmöglichkeit durch einen Wesenstest des Hundes nicht bewährt habe. Sie hat eingeräumt, dass ihr keine Fälle bekannt geworden seien, bei denen trotz Durchführung einer positiven Wesensprüfung der geprüfte Hund in der Folgezeit auffällig geworden ist. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Wesensüberprüfung, wie sie § 1 Abs. 4 der Gefahrhundeverordnung des Landes vorsieht, keine hinreichende Aussagekraft beizumessen ist.

Es kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Typisierung verbundenen Unzuträglichkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. hierzu BVerfGE 103, 310 [319]). Der Senat verkennt nicht, dass es gerade bei Hunden der genannten Rassen etliche Besitzer gibt, deren Zuverlässigkeit in Frage gestellt werden muss und die ihre Hunde in verantwortungsloser Weise halten und erziehen. Die Regelung trifft aber (auch) die nicht unbeträchtliche Zahl derjenigen Halter, die ihre Hunde verantwortungsbewusst und kontrolliert führen und halten (so auch OVG Schleswig, Urteil vom 29.05.2001, NVwZ 2001, 1300, 1304).

Der von der benachteiligenden Typisierung ausgehende Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist schließlich in seinen Auswirkungen auch nicht so geringfügig, dass er unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu vernachlässigen ist. Insbesondere der Maulkorbzwang, der auch dann gilt, wenn der Hund im Einzelfall nachweislich (etwa auf Grund eines nach der Landesverordnung durchgeführten positiven Wesenstests) nicht gefährlich ist, wirkt sich nachteilig auf die Grundrechte des Hundehalters aus. Die der Antragsgegnerin grundsätzlich zustehende Typisierungsbefugnis kann demgemäß die festgestellte Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.

Der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führt zur Teilnichtigkeit des § 1 Buchst. a PolVO. Die Ungültigkeit eines Teils einer Norm macht diese nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO dann nicht insgesamt nichtig, wenn die Restregelung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre. Die in § 1 Buchst. a PolVO enthaltene Regelung ist teilbar und bleibt auch ohne den von dem Verstoß gegen höherrangiges Recht nichtigen Teil sinnvoll. Denn der Verstoß gegen höherrangiges Recht bezieht sich auf den regelungstechnisch eigenständig formulierten Klammerzusatz in § 1 Buchst. a PolVO. Es entspricht auch dem mutmaßlichen Willen der Antragsgegnerin, den nicht von dem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erfassten Teil des § 1 Buchst. a PolVO aufrechtzuerhalten. Denn dieser Teil der Norm stellte bereits vor dem Einfügen des Klammerzusatzes durch die Änderungsverordnung der Antragsgegnerin vom 28.07.2000 die Regelung des § 1 Abs. 1 Buchst. a der früheren Polizeiverordnung dar.

Die teilweise Nichtigkeit des § 1 Buchst. a PolVO hat darüber hinaus keine weiteren Auswirkungen auf die Gültigkeit der Regelungen der Polizeiverordnung, insbesondere werden nicht die die Haltung von gefährlichen Hunden betreffenden Bestimmungen betroffen. Denn die Regelungen über den Leinen- und Maulkorbzwang und die übrigen Halterpflichten stehen in keinem so engen und untrennbaren Zusammenhang zu dem nichtigen Teil des § 1 Buchst. a PolVO, dass eine einheitliche Entscheidung geboten wäre. Die genannten Bestimmungen finden vielmehr auf alle gefährlichen Hunde nach § 1 Buchst. a bis d PolVO Anwendung. Dies bedeutet, dass insbesondere die Regelungen über den Leinen- und Maulkorbzwang für - rasseneutral beschriebene - gefährliche Hunde in Kraft bleiben und daher zu beachten sind. Auch die auf § 1 Buchst. a. PolVO Bezug nehmenden Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 PolVO und des § 3 PolVO werden durch die Teilnichtigkeit nicht berührt. Denn trotz Wegfall der unwiderleglichen Gefährlichkeitsvermutung bestimmter Hunderassen wird diese Norm noch durch abstrakt-generelle bzw. objektiv gefahrerhöhende Tatbestandsmerkmale bestimmt, bei deren Vorliegen die Antrags- und Anzeigepflicht des § 2 Abs. 1 Satz 2 und des § 3 PolVO ausgelöst wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.