VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.12.1995 - 13 S 2993/95
Fundstelle
openJur 2013, 9891
  • Rkr:

1. Die Grundsätze der degressiven Steigerung der Streitwerte bei Asylklagen mehrerer Familienangehöriger (§ 83b AsylVfG (AsylVfG 1992)) gelten nicht, wenn mehrere Familienangehörige auf Einbürgerung klagen. In Einbürgerungsverfahren bleibt es bei der Regelung des § 5 ZPO, daß der Wert mehrerer in einer Klage geltend gemachter Ansprüche zusammenzurechnen ist.

Gründe

Die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Kläger ist zulässig (vgl. § 9 Abs. 2 BRAGO, § 25 Abs. 2 S. 1 GKG) und begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den Streitwert des Verfahrens, das den ursprünglichen Einbürgerungsantrag der Kläger zum Gegenstand hatte, auf insgesamt 13.500,-- DM festgesetzt. Der Streitwert war unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts gem. § 13 Abs. 1 S. 2 GKG a.F. i.V.m. § 5 ZPO auf 36.000,-- DM festzusetzen.

Der Senat hält entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, daß sich in Einbürgerungsverfahren das Sachinteresse des Klägers nicht exakt in einem Geldwert ausdrücken läßt und deshalb der Auffangstreitwert des § 13 Abs. 1 S. 2 GKG anzusetzen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.6.1994 - 13 S 795/94 -, Beschl. v. 26.4.1994 - 13 S 1072/94 - und Beschl. v. 14.4.1994 - 13 S 970/94 -). Bei Eingang der Klagen am 7.10.1993 betrug der Auffangstreitwert gem. § 13 Abs. 1 S. 2 GKG in der Fassung vom 15.12.1975 (BGBl. I S. 3047) 6.000,- DM. Das Verfahren der Kläger bietet keine geeigneten Anhaltspunkte für eine Ermessensentscheidung nach § 13 Abs. 1 S. 1 GKG a.F., die eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.

Klagen mehrere Familienangehörige in einem Verfahren auf Einbürgerung, so ist § 5 ZPO entsprechend anwendbar. Danach ist der Wert mehrerer in einer Klage geltend gemachter (selbständiger) Ansprüche zusammenzurechnen. Die Streitwerte sind ohne Differenzierung nach Alter, Familienzugehörigkeit und Anzahl der Kläger zusammenzurechnen. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der degressiven Steigerung der Streitwerte bei Asylklagen mehrerer Familienangehöriger, die in § 83 b Abs. 2 AsylVfG ihren Niederschlag gefunden haben, gelten nicht in Einbürgerungsverfahren (so bereits VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.6.1994, a.a.O., Beschl. v. 26.4.1994, a.a.O. und Beschl. v. 12.2.1992 - 13 S 1479/89 -; anders noch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.10.1990 - 13 S 472/90 -, VBlBW 1991, 185). Der Senat hat seine Rechtsprechung, daß in Ausländersachen bei Familienangehörigen der Streitwert degressiv zu staffeln ist, im Interesse einer einheitlichen Praxis mit den anderen mit Ausländersachen befaßten Senaten in Ausländersachen für Familienangehörige bereits mit Beschluß vom 2.2.1994 - 13 S 269/94 - aufgegeben. Eine degressive Staffelung der Streitwerte für Familienangehörige in Einbürgerungsverfahren ist deshalb nicht mehr sachgerecht. Denn die Einbürgerungsanträge der Eltern und ihrer Kinder sind jeweils selbständige Ansprüche (§ 8 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22.7.1913). Deshalb ist auch für eine analoge Anwendung des § 83 b Abs. 2 AsylVfG bei der Streitwertbemessung in Einbürgerungsverfahren kein Raum. Es fehlt an der dafür erforderlichen Regelungslücke. Für mehrere in einer Klage geltend gemachte selbständige Ansprüche, um die es hier ging, gilt grundsätzlich § 5 ZPO entsprechend.

Der Streitwert nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache war von Amts wegen (§ 25 Abs. 1 S. 3 GKG) zu ändern. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bemißt sich der Streitwert gem. § 13 Abs. 1 S. 1 GKG nach den voraussichtlich entstehenden Kosten. Da diese von dem festgesetzten Streitwert der Hauptsache abhängen, war die Festsetzung des Verwaltungsgerichts insoweit anzupassen.

Eine Kostenentscheidung und Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren sind entbehrlich, da dieses Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 25 Abs. 3 GKG).

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 2 S. 2 GKG).