OLG Hamm, Urteil vom 29.01.1993 - 20 U 174/91
Fundstelle
openJur 2012, 73678
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. April 1991 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab 1. Dezember 1988 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von 1.500,- DM, längstens bis zum 1. Mai 2003 zu zahlen, und zwar die fällig gewordenen Rentenbeträge nebst 4 % Zinsen von 1.500,- DM ab dem 1. des jeweiligen Fälligkeitsmonats sofort, die zukünftig fällig werdenden Rentenzahlungen vierteljährlich im voraus.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die seit dem 1. Dezember 1988 zum Versicherungsschein Nr. ... gezahlten Beträge in Höhe von 185,61 DM monatlich nebst 4 % Zinsen seit Zahlung, jedoch nicht vor dem 27.07.1990, zurückzuzahlen.

Es wird ferner festgestellt, daß der gemäß Nachtrag vom 29. Februar 1988 zum Versicherungsschein Nr. ... abgeschlossene Versicherungsvertrag trotz der Anfechtung und des Rücktritts nach wie vor wirksam ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000,- DM abzuwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien können die Sicherheit auch durch unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Gründe

Die Berufung hat Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger aus der abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in vollem Umfange eintrittspflichtig.

Der Senat hat den Klageantrag 1 b) dahin ausgelegt, daß der Kläger Feststellung der Rückzahlungsverpflichtung bezüglich der Prämien nebst Zinsen begehrt. Die Parteien haben zu der Frage, ob und in welchem Umfang die Prämien regelmäßig gezahlt worden sind, Ausführungen nicht gemacht. Dem Anliegen des Klägers ist, zumal die Beklagte auch auf einen rechtskräftigen Feststellungsausspruch hin abrechnen wird, hinreichend genügt, ohne daß die Interessen der Beklagten beeinträchtigt wären.

Diese Anträge sind, jedenfalls nachdem der Feststellungsantrag zu Nr. 2 auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erstreckt worden ist, in vollem Umfang zulässig und begründet.

1.

Der von der Beklagten erklärte Rücktritt vom 17.01.1991 wegen Anzeigepflichtverletzung greift nicht durch.

a)

Allerdings ist der Rücktritt nicht verspätet. §20 Abs. 1 Satz 1 VVG. Denn es spricht nichts gegen die Richtigkeit der Darstellung der Beklagten, daß sie Kenntnis von der Behandlung des Klägers im Jahre 1977 erst am 21.12.1990 erhalten hat. Der insoweit beweispflichtige Kläger hat Beweis für seine gegenteilige Darstellung nicht angetreten. Der Rücktritt ist deshalb aus diesem Gesichtspunkt nicht verfristet. Anders verhält es sich allerdings, soweit der Rücktritt auch auf unrichtige Angaben zu Vorversicherungen und das Einkommen hätte gestützt werden können. Denn diese Umstände waren der Beklagten ausweislich ihres Anfechtungsschreibens vom 15.01.1990 schon an diesem Tage bekannt. Gleichwohl hat sie nur die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, und nicht etwa auch den Rücktritt, erklärt.

b)

Dem Kläger fällt aber nicht nachweislich eine Anzeigepflichtverletzung zur Last. Allerdings ist der Kläger mehr als 10 Jahre zuvor einmalig durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ... untersucht worden, der in einem Arztbrief an den überweisenden Hausarzt ausgeführt hat, der Kläger sei ein stark extravertierter Mann, der auf Belastungen jeglicher Art mit Mißtrauen und sozialer Introversion reagiere und der insgesamt eine wenig belastbare Wesensartung erkennen lasse (hypochondrisch depressives Syndrom) (Bl. 115 GA). Gleichwohl ist die Antragsfrage 4, ob der Kläger an Krankheiten oder Gebrechen leidet oder gelitten habe, verneint bzw. nur mit der Erläuterung "gelegentliche Gastritis" bejaht worden. Die Frage 4 enthält keinerlei zeitliche Einschränkungen. Gleichwohl erscheint durchaus problematisch, ob das Ergebnis einer solange zurückliegenden Behandlung anzugeben war. Denn in Frage 8 fragt die Beklagte nach ärztlichen Beratungen und Untersuchungen ausschließlich nur der letzten fünf Jahre. Es ist schwer begreiflich, daß die schwerwiegenderen Erkrankungen, nämlich die, die ärztlich behandelt worden sind, nur der letzten fünf Jahre anzugeben sind (bei Bejahung Der Frage nach Behandlungen sin die Gründe dafür im einzelnen zusätzlich anzugeben), bei sonstigen Krankheiten aber Erklärungen zurück bis zur Geburt erwartet werden. Manches spricht deshalb dafür, daß ein durchschnittlicher verständiger Versicherungsnehmer (BGH V + S 89, 5) auch die Frage 4 mit einer zeitlichen Grenze von 5 Jahren versehen darf.

Der Rücktritt greift aber auch dann nicht durch, wenn man entsprechend dem Wortlaut der Frage 4 Krankheiten und Beschwerden ohne zeitliche Begrenzung angeben muß. Der Senat glaubt dem Kläger, daß ihm die in dem Arztbrief stehende Diagnose nicht mitgeteilt worden ist. Er selbst hatte seine Probleme auf eine Gastritis zurückgeführt, die in dem Fragebogen auch mitgeteilt worden ist. Glaubhaft ist auch die Darstellung des Klägers, daß er an die einmalige Untersuchung bei Dr. Troß bei Antragstellung keine konkrete Erinnerung mehr hatte. Die Untersuchung lag immerhin mehr als 10 Jahre zurück. Wenn der Kläger aber nicht wußte, daß bei ihm ein hypochondrisch depressives Syndrom diagnostiziert worden war, liegt in der Nichtangabe dieses Umstandes schon objektiv keine Anzeigepflichtverletzung. Zumindest fehlt es aber insoweit am Verschulden. Die von Dr. Troß erwähnte wenig belastbare Wesensart des Klägers stellt ohnehin weder eine Krankheit noch ein Gebrechen im Sinne der Fragestellung der Beklagten dar.

2.

Ferner greift auch die mit Schreiben vom 15.01.1990 erklärte Anfechtung nicht durch.

Soweit die Anfechtung während des Prozesses auch auf die unterbliebene Mitteilung eines hypochondrisch depressiven Syndroms gestützt worden ist, bedarf dies schon nach dem Gesagten keiner weiteren Erörterungen mehr.

a)

Die Anfechtung scheitert nicht daran, daß nach Antragstellung eintretende gefahrerhebliche Umstände nicht nach den Regeln der Anzeigepflichtverletzung sondern nach den Regeln der Gefahrerhöhung zu beurteilen sind, §29 a VVG. Denn der Abschluß der weiteren Berufsunfähigkeitzusatzversicherungen nach dem Antrag vom 20.11.1987 stellt sich rechtlich nicht als (nach Antragstellung eingetretene) Gefahrerhöhung dar (anders wohl Prölss-Martin §23 VVG Anm. 2 b, 29 a VVG). Die §§23 ff VVG sehen Reaktionsmöglichkeiten des Versicherers, z.B. das Kündigungsrecht, §24 VVG für den Fall einer willkürlich vorgenommenen Gefahrerhöhung vor. Ein Versicherungsnehmer darf aber, auch wenn der Abschluß weiterer. Versicherungen für das subjektive Risiko von Bedeutung ist, bedingungsgemäß weitere Versicherungen abschließen. Dem Versicherer steht deshalb in solchen Fällen gerade kein Kündigungsrecht zu. Der Abschluß weiterer Versicherungen stellt in der Berufsunfähigkeitsversicherung deshalb keine die Anwendbarkeit der §16 ff VVG infrage stellende Gefahrerhöhung dar.

b)

Soweit die Beklagte in ihrem Fragebogen vom 20.11.1987 unter Frage 7 nach bestehenden anderweitigen Berufsunfähigkeitsversicherungen fragt, kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer das nicht dahin verstehen, daß die Beklagte sich über den Wortlaut der Frage hinaus auch für anderweit beantragte Berufsunfähigkeitsversicherungen interessiert. Anderes folgt insbesondere nicht aus der sich anschließenden Frage 8 ("Welche sonstigen Leistungen bei Berufsunfähigkeit bzw. Invalidität haben Sie zu erwarten,?"). Denn aus einer ledigbeantragten Versicherung hat ein Versicherungsnehmer auch bei Berufsunfähigkeit keine Leistungen zu erwarten. Hierauf kommt es im Streitfall aber nicht weiter an. Denn der Antrag des Klägers erschöpfte sich nicht in der Ausfüllung der Erklärungen vom 20.11.1987. Die Parteien haben bis 1988 in erheblichem Umfang über den Abschluß des Vertrages korrespondiert. Der Kläger hat noch am 11.02.1988 eine weitere Gesundheitserklärung abgegeben (Bl. 114 GA), von der er wußte, daß sie die Beklagte zum Gegenstand ihrer abschließenden Entscheidung machen würde. Der Kläger wußte deshalb an diesem Tag, daß die Entscheidung noch nicht gefallen war. Er wußte aus dem Antrag vom 20.11.1987, daß sich die Beklagte für bestehende Berufsunfähigkeitsversicherungen interessierte. Für den Kläger ging es deshalb noch an diesem Tag um die Schließung des Vertrages, §16 Abs. 1 VVG. Er hätte deshalb am 11.02.1988, ohne daß es auf sonstige Voraussetzungen einer etwaigen Nachmeldeobliegenheit ankäme, die beiden inzwischen abgeschlossenen bzw. erhöhten Verträge angeben müssen. Seine Erklärungen waren deshalb in diesem Punkt insgesamt unrichtig.

c)

Die Beklagte hat aber nicht bewiesen, daß der Kläger insoweit arglistig gehandelt hat. Sie hat, obwohl sie im übrigen konkrete, vom Kläger zu beantwortende Fragen gestellt hat, nicht danach gefragt, ob die Angaben aus der Zusatzerklärung vom 20.11.1987 noch zuträfen. Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat angegeben, er habe nicht gewußt, daß er die (aus seiner Sicht) nachträglich erfolgten Abschlüsse noch nachmelden müsse. Dies ist auch dann nicht widerlegt, wenn, wie sein Anwalt vorgetragen hat, dem Kläger damals klar war, daß die Beklagte wegen ihrer Fragen nach Vorversicherung und Einkommen den Antrag eventuell ablehnen könnte. Denn eine Nachmeldepflicht, darum handelt es sich wenn nicht im rechtlichen so doch im tatsächlichen Sinne, ist den wenigsten Versicherungsnehmern bekannt. Der Kläger kannte auch nicht die Annahmerichtlinien der Beklagten. Ob die Mitteilung der inzwischen abgeschlossenen Verträge den gewünschten Vertragsschluß konkret gefährdeten, mußte deshalb dem Kläger nicht problematisch erscheinen. Bei einer solchen Sachlage läßt sich nicht feststellen, daß der Kläger seine vorhergehenden richtigen Angaben nur deshalb nicht (pflichtgemäß) korrigiert hat, weil er befürchtete, daß die Beklagte seinen Antrag sonst nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen könnte. Ist Arglist aber nicht feststellbar, greift die darauf gestützte Anfechtung nicht durch.

d)

Unbegründet ist die Anfechtung auch, soweit sie letztlich darauf gestützt wird, daß der Kläger im Antrag vom 20.11.1987 die Frage nach dem jährlichen Bruttoarbeitseinkammen der letzten beiden Jahre mit 35.000,- DM für 1985 und 50.000,- DM für 1986 angegeben hat. Diese Angaben sind nicht nachweislich in einem derartigen Umfang falsch, daß daraus auf ein arglistiges Verhalten des Klägers Rückschlüsse gezogen werden könnten.

1985 hatte der Kläger zwar aus seinem Gewerbebetrieb einen steuerlichen Verlust von über 14.000,- DM erwirtschaftet (Bl. 50 GA). Er hatte aber immerhin dem Finanzamt deklarierte steuerpflichtige Umsätze, von nahezu 75.000,- DM getätigt. Das Formular der Beklagten (Bl. 13 GA). paßt auf einen selbständigen Alleinunternehmer nicht. Denn es bleibt unklar, wie in einem solchen Fall das Bruttoarbeitseinkommen berechnet werden soll. Dieses hat sicherlich schon allein mit Rücksicht auf etwaige größere Investitionen oder andere Absetzungsmöglichkeiten nichts mit dem steuerlichen Einkommen, und damit mit dem erwirtschafteten betrieblichen Gewinn oder Verlust, zu tun. Nach Auffassung des Senates ist deshalb nichts dagegen einzuwenden, wenn der Kläger sein Bruttoarbeitseinkommen am Umsatz orientiert hat, weil dieses, von Ausnahmen abgesehen, jedenfalls ein verläßlicheres Indiz für die dem Unternehmer zur Verfügung stehenden Mittel ist als der steuerliche Verlust. Wenn der Kläger deshalb bei einem Umsatz von nahezu 75.000,- DM sein Bruttoarbeitseinkommen mit 35.000,- DM angegeben hat, ist dies nicht nachweislich falsch.

Für 1986 hat der Kläger sein Einkommen auf 50.000,- DM beziffert. Tatsächlich hat er bei einem Umsatz von knapp 27.000,- DM einen steuerlichen Verlust von 5.479,- DM erwirtschaftet. Aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen ... steht aber fest, daß der Kläger in diesem Jahr zur Abgeltung eines gewährten Darlehens über 50.000,- DM an dessen Privathaus gearbeitet hat. Zwar mag fraglich sein, ob die Arbeiten des Klägers den Wert des gewährten Darlehens ausschöpfen. Immerhin hat der Zeuge aber glaubhaft bekundet, daß der Kläger in dem Zweifamilienhaus mit Einliegerwohnung des Zeugen die kompletten Sanitär- und Heizungsarbeiten einschließlich der Fußbodenheizung erbracht hat. Dabei handelt es sich um Arbeiten, die wertmäßig einen erheblichen Umfang hatten und die Größenordnung von 50.000,- DM erreicht haben könnten. Jedenfalls brauchte, und hieran hat der Senat aufgrund der Aussage des Zeugen ... keinen Zweifel, der Kläger das gewährte Darlehen über 50.000,- DM mit Rücksicht auf die geleisteten Arbeiten auch nicht teilweise mehr zurückzuzahlen. Daran ändert auch nichts, daß der Kläger die insoweit getätigten Umsätze dem Finanzamt gegenüber nicht angegeben hat, obwohl sie steuerpflichtig gewesen sein dürften. Dies mag für den Kläger steuerrechtliche Auswirkungen haben. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen ... stellt das nicht infrage. Bei einer solchen Sachlage ist auch das vom Kläger für 1986 angegebene Bruttoeinkommen von 50.000,- DM nicht nachweislich falsch.

Noch weniger läßt sich feststellen, daß der Kläger die Angaben in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit gemacht hat, um die Beklagte zum Vertragsschluß zu bewegen.

Soweit die Beklagte sich weiterhin darauf beruft, der Kläger habe gewußt, daß die 1987 aufgenommene unselbständige Tätigkeit schon wenige Tage nach dem Antrag vom 20.11.1987 nicht mehr gegeben sein würde, ist dieser Hinweis nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat zu Recht nach dem Inhalt der Zusatzerklärung vom 20.11.1987 auf die Einkommen 1985 und 1986 abgehoben.

Das Einkommen 1987 hat die Beklagte, obwohl sich die Vertragsverhandlungen über den. Jahreswechsel hingezogen haben, nicht erfragt. Der Kläger mußte daher weder mitteilen, was er 1987 in unselbständiger Tätigkeit verdient hat, noch, daß diese Tätigkeit wieder enden würde.

e)

Ob die nach Darstellung der Beklagten unrichtigen Angaben des Klägers für den Vertragsschluß ursächlich geworden sind, was der Kläger bestreitet, kann unerörtert bleiben. Fest steht jedenfalls, daß die von dem Zeugen ... bekundeten Prüfungsgrundsätze der Beklagten nach dem eigenen Formular der Beklagten gar nicht geprüft werden konnten. Danach versichert die Beklagte Selbständige mit Berufsunfähigkeitsrenten bis zur Höhe des Nettoeinkommens, unselbständige aber nur bis maximal 35 % des Bruttoarbeitseinkommens. Nach dem Nettoeinkommen als Selbständiger hat die Beklagte ausdrücklich aber gar nicht gefragt. 35 % des mitgeteilten Bruttoarbeitseinkommens waren aber durch die vom Kläger angegebene Berufsunfähigkeitsrente bei der ... und der erwarteten Leistungen aus der Sozialversicherung praktisch erschöpft.

Nach allem ist der Vertrag trotz Rücktritts und Anfechtung nach wie vor voll wirksam.

3.

Dem Kläger steht auch die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente ab 01.12.1988 zu.

Der Kläger ist nach dem Ergebnis des vom Senat eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Professor ... seit Krankschreibung (Mai 1988) arbeitsunfähig, §2 Abs. 1 BBUZ. Der Kläger war selbständiger Installationsmeister in einem Einmannbetrieb. Seine Tätigkeit bei der Firma ... hatte er zum 30.11.1987 bereits wieder aufgegeben. Auf andere Berufe hat die Beklagte den Kläger nicht verwiesen. Eine Umorganisation kommt bei dem Einmannbetrieb des Klägers ersichtlich nicht in Betracht. Seine frühere Tätigkeit kann der Kläger aber nicht mehr ausüben. Beim Kläger liegt eine schwere neurotische Störung (Somatisierungsstörung) vor, wahrscheinlich ausgelöst durch ein ihm ungünstiges Urteil des Landgerichts ... vom 9. März 1988 (Bl. 84 ff GA). Diese Störung führt dazu, daß der Kläger psychisch blockiert und nicht mehr in der Lage ist, seiner Arbeit nachzugehen. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, daß organische Ursachen für die vom Kläger geschilderten multiplen Schmerzsymptome nicht feststellbar sind. Ihre Vermutung, der Kläger müsse dann simulieren, hat in den vorliegenden Gutachten aber keine Stütze gefunden. Ferner haben auch die Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen Professor ..., wie dieser im Termin ergänzend ausgeführt hat, keine Anhaltspunkte für Simulation ergeben. Bei dieser Sachlage steht bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit, §2 Abs. 3 BBUZ, fest.

Der Senat hat keine Bedenken, mit den Krankschreibungen der Ärzte des Klägers, die von dem Sachverständigen Professor ... als aus sachverständiger Sicht nicht angreifbar und zutreffend bezeichnet worden sind, von Arbeitsunfähigkeit ab Mai 1988 auszugehen. Die vom Kläger geforderten Leistungen sind deshalb schon nach §2 Abs. 3 BBUZ gerechtfertigt.

Darüber hinaus steht auch bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nach §2 Abs. 1 BBUZ fest. Der Kläger ist als dauernd berufsunfähig anzusehen. Zwar hat der Sachverständige dem Kläger keine ungünstige Prognose gestellt. Er hat gemeint, bei ausreichendem Bemühen des Klägers könnten zusammen mit einem verständnisvollen Therapeuten Erfolge für den Kläger erzielt werden. Der Sachverständige veranschlagt hierfür aber einen Zeitraum von mindestens drei Jahren, wobei der Erfolg einer solchen Therapie zwar erwartet werden aber nicht als sicher gelten könne. Eine hinreichend verläßliche Prognose für eine Besserung läßt sich bei dem Krankheitsbild des Klägers danach auch bei grundsätzlicher Therapierbarkeit nicht stellen.

4.

Die Rentenhöhe ist unstreitig. Bedingungsgemäß hat die Beklagte auch die seit 01.12.1988 überzahlten Prämien an den Kläger zurückzuzahlen. Der ausgeurteilte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Für die Rentenzahlungen war bedingungsgemäß eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so daß die Beklagte auch ohne Mahnung in Verzug geriet, §284 Abs. 2 Satz 1 BGB. Soweit es um die überzahlten Prämien geht, sind Zinsen ab Zustellung der Klageschrift, für später gezahlte Beträge jedoch nicht vor deren Zahlung, geschuldet.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,- DM.

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