VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.1994 - A 12 S 1843/94
Fundstelle
openJur 2013, 9381
  • Rkr:

1. Nach § 80 AsylVfG (AsylVfG 1992) ist die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch dann ausgeschlossen, wenn nur die zur Durchsetzung einer auf das Asylverfahrensgesetz gestützten Maßnahme verfügte Zwangsmittelandrohung im Streit ist.

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nach § 80 AsylVfG bereits nicht statthaft ist.

Nach § 80 AsylVfG können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Damit sind Beschwerden gegen Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz - ausgenommen die revisionsrechtliche Nichtzulassungsbeschwerde - generell ausgeschlossen. Dafür ist unerheblich, nach welchen jeweiligen Vorschriften diese Entscheidungen im Einzelfall ergehen, ob also das Asylverfahrensgesetz für Entscheidungen insbesondere über den vorläufigen Rechtsschutz oder ob Vorschriften außerhalb des Asylverfahrensgesetzes für Entscheidungen etwa in "sonstigen Nebenverfahren" (z.B. Prozeßkostenhilfe, Streitwertfestsetzung, Kostenangelegenheiten) maßgebend sind.

Danach ist die vorliegende Beschwerde nicht statthaft. Denn eine solche "Entscheidung" nach § 80 AsylVfG ist auch der hier mit der Beschwerde angefochtene Beschluß des Verwaltungsgerichts über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, mit dem sich der Antragsteller gegen die sofortige Vollziehung der Zwangsmittelandrohung zur Durchsetzung einer Verfügung nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG wendet. Zwar ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Nr. 1 der Verfügung der Bezirksstelle für Asyl vom 09.05.1994, mit der dem Antragsteller u.a. nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG aufgegeben wurde, zur Beschaffung eines Rückreisedokuments persönlich bei der pakistanischen Botschaft in Bonn vorzusprechen und ein Rückreisedokument zu beantragen sowie der Botschaft vier Lichtbilder vorzulegen, nicht Gegenstand des Aussetzungsverfahrens. Vielmehr ist nach der vom Verwaltungsgericht gefundenen Auslegung des Aussetzungsbegehrens des Antragstellers Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO nur die Nr. 2 der Verfügung der Bezirksstelle für Asyl vom 09.05.1994, womit dem Antragsteller für den Fall, daß er dieser Anordnung (Nr. 1) nicht fristgerecht Folge leiste, die zwangsweise Vorführung bei der Botschaft sowie die zwangsweise Fertigung der Lichtbilder angedroht wurde. Gleichwohl hat das Verwaltungsgericht mit der Entscheidung über den so verstandenen Aussetzungsantrag eine Entscheidung in einer Rechtsstreitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz getroffen mit der Folge, daß diese nach § 80 AsylVfG nicht mit der Beschwerde angegriffen werden kann.

Nach Auffassung des Senats ist eine Entscheidung "in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz" im Sinne des § 80 AsylVfG ergangen, wenn Gegenstand der Rechtsstreitigkeit in der Hauptsache eine Maßnahme ist, die aufgrund des Asylverfahrensgesetzes getroffen wurde. Gegenstand des Rechtsstreits in der Hauptsache ist hier die dem Antragsteller in Nr. 1 der Verfügung der Bezirksstelle für Asyl vom 09.05.1994 auferlegte Verpflichtung, zur Beschaffung eines Rückreisedokuments persönlich bei der pakistanischen Botschaft in Bonn vorzusprechen und ein Rückreisedokument zu beantragen sowie der Botschaft vier Lichtbilder vorzulegen. Da diese Verpflichtung dem Antragsteller nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG auferlegt worden ist, handelt es sich dabei um eine asylverfahrensgesetzliche Streitigkeit. Das gilt unabhängig davon, daß daneben zur Durchsetzung der auf das Asylverfahrensgesetz gestützten Maßnahme eine Zwangsmittelandrohung verfügt wurde. Auch soweit diese Zwangsmittelandrohung im Streit ist, liegt nach Auffassung des Senats eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz vor, zumal da die Zwangsmittelandrohung weitgehend das Schicksal der Maßnahme in der Hauptsache teilt. Deshalb handelt es sich auch dann um eine Entscheidung "in Rechtsstreitigkeiten" nach dem Asylverfahrensgesetz im Sinne des § 80 AsylVfG, wenn im Einzelfall nur die zur Durchsetzung einer auf das Asylverfahrensgesetz gestützten Maßnahme verfügte Zwangsmittelandrohung im Streit ist. Wollte man dem nicht folgen, so hätte das zur Folge, daß auf das Asylverfahrensgesetz gestützte Maßnahmen vollstreckungsfähigen Inhalts über die Anfechtbarkeit der Entscheidungen betreffend die Zwangsmittelandrohung beschwerdefähig wären. Das würde dem Zweck des § 80 AsylVfG widersprechen, der darin besteht, Beschwerden gegen Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz generell auszuschließen (vgl. BT-Drucksache 12/2062, Seite 42; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 14.02.1994, VBlBW 94, 327, 328 m.w.N., und vom 23.06.1994 - A 12 S 1101/94 -, sowie Senatsurteil vom 04.08.1994 - 12 S 70/93 - m.w.N.; vgl. auch zum Beschwerdeausschluß nach § 34 Abs. 3 Satz 2 WPflG: Johlen, Wehrpflichtrecht in der Praxis, 3. Aufl. 1989, RdNr. 342; Scherer/Steinlechner, Wehrpflichtgesetz, 4. Aufl. 1988, RdNr. 18 zu § 34; BVerwG, Urteil vom 06.04.1981, Buchholz 448.0 Nr. 71 zu § 34 WPflG; vgl. auch hierzu Beschwerdeausschluß nach § 75 Abs. 3 Satz 2 ZDG; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 19.10.1978 - XI 3380/78 -; vgl. auch § 18 Abs. 1 Satz 1 VwVG, wonach gegen die Androhung eines Zwangsmittels die Rechtsmittel gegeben sind, die gegen den Verwaltungsakt zulässig sind, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§§ 83b Abs. 1, 87a Abs. 1 AsylVfG).

Der Beschluß ist unanfechtbar.