VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.07.1999 - 3 S 1393/99
Fundstelle
openJur 2013, 11112
  • Rkr:

1. "Erhebliche" Störungen im Sinne des § 37 Abs 7 LBO (BauO BW) sind solche, die das Maß des für die Umgebung billigerweise Zumutbaren überschreiten. Dabei kommt es auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen an.

2. Die Frage, ob eine Störung den Grad der Erheblichkeit erreicht, hängt deshalb maßgebend von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Situation ab. So werden bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und die Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum und die Funktion der Stellplätze als "notwendige" oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle spielen. Daneben sind ebenso von Bedeutung die Lage und Beschaffenheit des Nachbargrundstücks wie überhaupt die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbargrundstücks.

3. Zum Einzelfall einer Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen und Wendehammer gegenüber einem rückwärtigen Grundstücksbereich (hier: erhebliche Störung bejaht).

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen und Wendehammer. Er ist Eigentümer der Grundstücke Flst.-Nrn. 413/1 und 414. Das Flst.-Nr. 413/1 ist mit einem Wohngebäude bebaut und grenzt an das Geschäftsgrundstück der Beigeladenen (Bezirkssparkassengebäude) an. Am Wohngrundstück des Klägers führt nördlich die Bahnhofstraße (B 37) vorbei. Das Grundstück Flst.-Nr. 414 ist in den Gartenbereich des Wohngrundstücks einbezogen, liegt südlich des Wohngrundstücks und ist mit einem Schwimmbad und einer Pergola bebaut.

Südlich an das Grundstück des Klägers Flst.-Nr. 414 grenzt ein 3 m breiter öffentlicher Stichweg (Flst.-Nr. 413/3) an, der zu einem Betriebsgrundstück der Stadtgärtnerei führt. Südlich des Weges befindet sich das der Deutschen Bahn gehörende und zum Bahngelände zählende Baugrundstück (Flst.-Nr. 355). Das Baugrundstück und die Grundstücke der Klägerin liegen im unbeplanten Innenbereich.

Im Juni 1996 beantragte die Beigeladene die Genehmigung zur Errichtung einer Stellplatzanlage mit ursprünglich 16 Stellplätzen auf diesem Grundstück. Im September 1996 änderte sie die Pläne auf die Anlage von 13 Stellplätzen und einem Wendehammer. Die auf dem Bahndammgelände geplanten Stellplätze sollen mittels einer Stahlbetondecke auf Stahlstützen mit einer Betonbrüstung und Metallgeländer errichtet und den Geschäftskunden der Beigeladenen zum Abstellen ihrer Pkws dienen. Die Stellplätze sind jeweils 2,50 m breit und 5 m lang. Die Stellplätze 1 bis 3 sind in Längsrichtung angeordnet und liegen dem Geschäftsgebäude der Beigeladenen gegenüber. In die Stellplätze 4 bis 13 wird vom Wegegrundstück aus schräg eingefahren. Diese liegen, ebenso wie der Wendehammer, dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. 414 gegenüber.

Mit Schriftsätzen vom 9.7.1996 und vom 26.11.1996 erhob der Kläger gegen das Bauvorhaben Einwendungen: Der Wendehammer liege höhenmäßig über seinem Grundstück. Unmittelbar neben dem Wendehammer liege der Garten. Es sei der einzige Grundstücksteil, an dem abseits von der verkehrsreichen Bahnhofstraße Ruhe und Erholung gefunden werden könnten. Dort befinde sich das Schwimmbecken. Er befürchte erhebliche Lärm- und Abgasimmissionen. Es sei mehrfaches Rangieren zum Wenden erforderlich. Das Vorhaben sei ihm gegenüber rücksichtslos.

Mit Bescheid vom 4.2.1997 erteilte das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis der Beigeladenen die Baugenehmigung zur Errichtung der Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen und Wendehammer.

Am 10.3.1997 legte der Kläger gegen die Baugenehmigung Widerspruch ein und nahm auf seine bisherigen Einwendungen Bezug.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7.4.1997 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Es führte aus: Die Anlage verstoße nicht gegen § 37 Abs. 7 LBO. Es handele sich um notwendige Stellplätze. Von einer erheblichen Störung durch diese Anlage könne keine Rede sein. Auch der Wendehammer sei dem Kläger zumutbar. Das Schwimmbecken genieße nicht den gleichen Schutz wie ein unmittelbar angrenzendes Wohnhaus. Der Wendehammer sei ausreichend dimensioniert und könne von einem Durchschnittsfahrer problemlos genutzt werden. Die durch das Anfahren der Stellplätze verursachten Abgase und der Lärm lägen im Bereich des Üblichen und seien jedermann in der heutigen Zeit der Motorisierung zumutbar. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor.

Am 9.5.1997 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

die Baugenehmigung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 4.2.1997 zur Errichtung einer Stellplatzanlage auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 355, 413/3 in Neckargemünd und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7.4.1997 aufzuheben.

Zur Begründung hat er vorgetragen: Seine Grundstücke bildeten eine Art "Insel". Innerhalb dieser Insel würde eine Stellplatzanlage ihr Beispiel in der Umgebung suchen. Einer derartigen Massierung von Stellplätzen sei die planungsrechtliche Grundlage entzogen. Die Anlage sei auch rücksichtslos. Die Spitze des Wendehammers zeige auf den Garten und das Schwimmbecken. Die Fahrzeuge, insbesondere solche, die die hinteren Stellplätze benutzten, müßten zwangsläufig vorwärts die Straße befahren. Zum Wenden sei ein Befahren bis zum Ende des Wendehammers erforderlich. Das Wenden geschehe dann durch Rückwärtsfahren in die zu seinem Grundstück hin gerichtete Wendehammerspitze und durch Ausfahren in ca. 45 bis 90 Grad Winkel. Durch dieses Rangieren würden sowohl Fahrgeräusche in erheblichem Umfang verursacht als auch Abgase in das Grundstück fast schon gezielt emittiert. Auch bauordnungsrechtlich sei das Vorhaben zu beanstanden. Der gesamte Zu- und Abfahrtsverkehr zu der Stellplatzanlage müsse zwangsläufig über den Wendehammer abgewickelt werden. Jedes Fahrzeug, das einen der Stellplätze benutze, müsse über den Wendehammer abfahren. Bei der Kundenfrequenz eines Kreditinstituts, insbesondere in den Nachmittagsstunden, könne man sich die Beeinträchtigung unschwer vorstellen. Sein Grundstück Flst.-Nr. 414 sei zusammen mit seinem Wohngebäude zu sehen und bilde eine Gartenanlage. Weshalb die Erholungsfläche nicht denselben Schutz genießen solle wie ein Wohnhaus, bleibe unerfindlich. Die Lage der Stellplätze, deren Massierung in unmittelbarer Nähe zu seinem Grundstück und insbesondere die Anlage des Wendehammers sowie die zu erwartende Häufigkeit der Benutzung und die Anzahl der Fahrzeugbewegungen im Wendeverkehr ergäben in der Summe eine Beeinträchtigung, die über das zumutbare Maß hinausgehe.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Das Grundstück des Klägers sei im nördlichen Bereich durch die B 37 und im südlichen Bereich durch die Eisenbahn begrenzt, es liege also zwischen zwei stark befahrenen Verkehrswegen. Die baulichen Anlagen des Klägers befänden sich in einem Abstand von 17 m zu den genehmigten Stellplätzen. Unzumutbare Lärm- bzw. Geruchsbelästigungen seien somit ausgeschlossen. Die Stellplatzanlage betreffe Kundenparkplätze der Bezirkssparkasse. Belästigungen bzw. Störungen der Wohnruhe des Klägers zur Nachtzeit und in den frühen Abendstunden seien deshalb ebenso ausgeschlossen wie Belästigungen bzw. Störungen an Samstagen und Sonntagen. Während dieser Zeiten sei die Bezirkssparkasse geschlossen.

Nach Durchführung eines Augenscheins hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 24.3.1999 - 3 K 1617/97 - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Baugenehmigung verstoße nicht gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO. Zwar werde die Stellplatzanlage wohl zu gewissen Belästigungen oder Störungen führen. Die Auswirkungen seien jedoch für den Kläger nicht unzumutbar. Die Stellplätze würden nicht unmittelbar an der Grenze zum klägerischen Grundstück errichtet. Dazwischen befinde sich das ca. 3 m breite Wegegrundstück. Durch den geplanten Wendehammer werde zwar auch unmittelbar das Grundstück Flst.-Nr. 414 berührt, jedoch sei zu berücksichtigen, daß dieses Grundstück als Garten genutzt werde. Das Wohnhaus stehe ca. 30 m vom Wendehammer entfernt. Auch die Pergola auf dem Grundstück Flst.-Nr. 414 sei ca. 15 m und mehr von diesem entfernt. Hinzu komme die Vorbelastung der Grundstücke des Klägers. Das mit dem Wohnhaus bebaute Grundstück liege an der stark befahrenen B 37. Im Süden grenze das Gartengrundstück Flst.-Nr. 414 unmittelbar an das Bahngelände an. Deshalb sei nicht davon auszugehen, daß die Errichtung der 13 Stellplätze bzw. des Wendehammers nunmehr zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers, insbesondere im Hinblick auf Lärm und Abgase, führen werde. Es dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß das unmittelbar dem Wendehammer gegenüberliegende Schwimmbecken nur an Sommertagen genutzt werden könne. Darüber hinaus stünden dem Kläger angesichts der Größe seines Gartengrundstücks Möglichkeiten offen, den Garten im übrigen in einiger Entfernung von dem Wendehammer zu nutzen. So befinde sich auch bereits seine Pergola in einer Entfernung von ca. 15 bis 20 m von diesem. Zudem handle es sich bei der geplanten Stellplatzanlage um Parkplätze für den Kundenverkehr der Sparkasse. Deshalb sei davon auszugehen, daß an den Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden die Benutzung der Stellplätze deutlich verringert sei. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, daß zu diesen Zeiten noch Kundenverkehr aufgrund der Aufstellung von Geldautomaten stattfinden könne. Denn insoweit würden in der Regel die in unmittelbarer Nähe des Sparkassengebäudes der Beigeladenen errichteten Stellplätze ausreichen und auch genutzt. Es würde somit zumindest nicht überwiegend auch auf die sich in unmittelbarer Nähe des Gartengrundstücks befindenden Stellplätze zurückgegriffen werden. Gerade zu diesen Zeiten, in denen mit geringerem Kundenaufkommen zu rechnen sei, werde aber auch ein Garten überwiegend genutzt. Schließlich könne der Kläger ohne weiteres seinen Garten von der Stellplatzanlage, insbesondere auch vor Einblicken in den Schwimmbadbereich, abschirmen. Nach alledem seien die negativen Auswirkungen der Stellplatzanlage für den Kläger nicht unzumutbar. Die Baugenehmigung verstoße auch nicht gegen nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungsrechts. Für die Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme bleibe dann kein Raum mehr, wenn alle durch dieses Gebot geschützten und möglicherweise beeinträchtigten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften geschützt würden und das konkrete Vorhaben diesen Anforderungen genüge. Dies sei hier der Fall.

Am 4.5.1999 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt und geltend gemacht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Beklagte und die Beigeladene sind dem Antrag entgegengetreten.

Mit Beschluß vom 11.6.1999 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.3.1999 - 3 K 1617/97 - zu ändern und die Baugenehmigung des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 4.2.1997 zur Errichtung einer Stellplatzanlage auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 355, 413/3 in Neckargemünd und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7.4.1997 aufzuheben.

Zur Begründung wiederholt er in der mündlichen Verhandlung am 30.6.1999 im wesentlichen sein Vorbringen vor dem Verwaltungsgericht und im Zulassungsverfahren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte und die Beigeladene wiederholen zur Begründung im wesentlichen ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen.

Der Senat hat das Baugrundstück und die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift verwiesen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor; hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtene Baugenehmigung vom 4.2.1997, die der Beklagte der Beigeladenen zur Errichtung einer Stellplatzanlage mit 13 Stellplätzen und Wendeplatte erteilt hat, und der hierauf ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7.4.1997 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Sie verstoßen gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz des Klägers als Nachbarn zu dienen bestimmt sind.

Die Baugenehmigung verstößt gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 37 Abs. 7 S. 2 LBO. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen, das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht erheblich stören. Als erheblich werden nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschlüsse vom 9.3.1989 - 3 S 412/89; vom 19.6.1990 - 3 S 324/90 - und vom 15.9.1994 - 3 S 1866/94) nur solche Störungen betrachtet, die das Maß des für die Umgebung billigerweise Zumutbaren überschreiten. Bei der Bestimmung des Maßes dessen, wann eine Störung "erheblich" bzw. was an Störungen billigerweise noch zumutbar und hinzunehmen ist, kommt es auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen an (vgl. zu der Situation bei immissionsschutzrechtlichen Abwehransprüchen, BVerwG 79, 254 (260); BVerwG, NJW 1989, 1291).

Die Frage, ob eine Störung den Grad der Erheblichkeit erreicht, hängt deshalb maßgebend von den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Situation ab. So werden bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und die Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum sowie die Funktion der Stellplätze als "notwendige" oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle spielen. Daneben sind ebenso von Bedeutung die Lage und Beschaffenheit des Nachbargrundstücks, wie überhaupt die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Nachbargrundstücks (vgl. zu "erheblichen" Belästigungen, BVerwG, Buchholz 406.25, § 22 BImSchG Nr. 10, S. 37 m.w.N.).

Der Grad der erheblichen, d.h. billigerweise nicht mehr zumutbaren Störung ist in diesem Fall überschritten.

Das Anwesen des Klägers ist dadurch geprägt, daß es im vorderen, zur Bahnhofstraße (B 37) gelegenen Bereich durch den dort vorherrschenden sehr starken Verkehr belastet ist, hingegen befindet sich der gepflegte Gartenbereich - mit Pergola und Schwimmbad -, der der Ruhe und Erholung dient, im rückwärtigen Bereich. Dieser Teil des Anwesens ist durch die Gebäude und die topographischen Verhältnisse vom Straßenlärm weitgehend abgeschirmt, und auch der Lärm durch die Bahnlinie wirkt sich auf die Benutzung des Gartens nicht sonderlich störend aus. Die Bahngleise verlaufen in einem Einschnitt, die Lärmentwicklung zum Grundstück des Klägers hin ist deshalb durch den Bahndamm gemindert. Eine Sichtverbindung zu den Zügen besteht nicht. Der in diesem Bereich 3 m breite Stichweg (Flst.Nr. 413/3) südlich des Grundstücks des Klägers dient dort allein der Erschließung eines Betriebsgrundstücks der Stadtgärtnerei und ist dementsprechend in diesem Bereich vom öffentlichen Verkehr so gut wie nicht belastet. Unwesentlich ist insoweit, daß der vordere westliche Bereich des Wegegrundstücks auch Erschließungsfunktion für das Sparkassengebäude und das Grundstück des Klägers selbst hat.

Alles in allem handelt es sich bei dem rückwärtigen Gartenbereich der Wohnanlage des Klägers - wie der Augenschein durch den Senat bestätigt hat - um einen vom Fahrzeugverkehr nahezu abgeschirmten, ruhigen Bereich. Dementsprechend ist dieser Garten - auch wenn angesichts des Sparkassengebäudes und der Lärmvorbelastung zur B 37 hin der gesamte Bereich Mischgebietscharakter aufweist - als durchaus schutzwürdig und -bedürftig anzusehen. Auch Mischgebiete dienen dem Wohnen, gewerbliche Nutzungen dürfen das Wohnen nicht erheblich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Das Wohnen schließt des Aufenthalt im Gartenbereich ein. Dieser rückwärtige Gartenbereich bildet für das Anwesen des Klägers eine Art "letztes Refugium", in dem sich die Bewohner zum weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zurückziehen können. Die Nutzung des Gartens wird gerade auch werktags und tagsüber und nicht nur abends bzw. an Wochenenden erfolgen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß nur berufstätige Personen das Grundstück bewohnen. Eine Relativierung der Schutzwürdigkeit eines Wohngartens mit Pergola und Schwimmbad auf die Abendzeit bzw. das Wochenende ist deshalb nicht angezeigt (vgl. zu Stellplätzen im rückwärtigen Bereich: Nieders. OVG, Urteil vom 23.9.1991, BauR 1992, 55; OVG Berlin, Urteil vom 26.7.1996, LKV 1997, 102; Sächs. OVG, Beschluß vom 24.6.1996, LKV 1997, 103).

Demgegenüber ist bei der genehmigten Stellplatzanlage zu berücksichtigen, daß es sich um eine gewerblich genutzte - nicht notwendige - Stellplatzanlage für Geschäftskunden der Sparkasse handelt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß notwendige Garagen und Stellplätze selbst in einem von Wohnbebauung geprägten Bereich keine erheblichen, billigerweise unzumutbaren Störungen hervorrufen (Senatsbeschluß vom 15.9.1994 - 3 S 1866/94 - m.w.N.). Hier handelt es sich indessen um zusätzliche Stellplätze, was zugunsten des Klägers ins Gewicht fällt. Kundenstellplätze einer Bank sind erfahrungsgemäß in der Regel nur kurzfristig besetzt. Dies bedeutet auf den Stellplätzen während der Geschäftszeiten einen lebhaften Belegungswechsel. Spekulationen darüber, inwieweit diese Stellplätze von den Geschäftskunden angenommen werden, führen nicht weiter. Es liegt auf der Hand, daß die Beigeladene die außerordentlich hohen Investitionen für die Stellplätze nicht vorgenommen hätte, wenn sie selbst nicht von einem dringenden Bedarf dafür ausginge, zumal die nachgewiesenen notwendigen Stellplätze für das Geschäftsgebäude sich überwiegend auf deutlich weiter entfernten Plätzen befinden. In Rechnung gestellt werden kann freilich, daß nach Geschäftsschluß auch der Besucherverkehr entsprechend abnimmt. Erweitert wird der Kundenverkehr wiederum durch die aufgestellten Geldautomaten oder durch Kunden, die den Briefkasten der Sparkasse benutzen wollen. Im Ergebnis wird für diese Zeiten in der Tat die Benutzung der fraglichen Stellplatzanlage eher geringer sein. Dies ändert indessen an der zu prognostizierenden Belegung während der Geschäftszeiten nichts.

Es kommt hinzu, daß diese Stellplätze auf dem bisherigen Bahndammgelände ohne künstlich hergestellte Oberfläche mittels Stahlbetondecke auf Stahlstützen gar nicht möglich wären. Eine entsprechende für Stellplätze überbaubare Grundstücksfläche wäre ohne diese künstlich geschaffene Ebene nicht vorhanden. Mit einem solchen Eingriff in die bestehende Geländeoberfläche eigens zur Herstellung von Stellplätzen mußte der Kläger auch nicht rechnen. Der Bahndamm stellte keine natürliche überbaubare Grundstücksfläche dar. Des weiteren ist zu bemerken, daß die Stellplätze und der Wendehammer nicht so konzipiert sind, daß die Benutzer der Stellplätze auf möglichst kurzem Wege am fließenden Straßenverkehr wieder teilnehmen können. Dabei wirken sich besonders belastend und die Schwelle zur "erheblichen" Störung durch Lärm und Abgase überschreitend die konkrete Lage und die Zahl der Stellplätze bzw. des Wendehammers sowie die erforderlichen Verkehrsabläufe bei der Benutzung der Stellplätze aus. Der Ablauf ist dabei so konzipiert und auch verkehrstechnisch nicht anders möglich, als daß die Fahrzeuge ab Stellplatz Nr. 4 zuerst vorwärts schräg in den jeweiligen Stellplatz einfahren, beim Herausfahren rückwärts zurückstoßen, auf die Wendeplatte fahren, dort rangieren und wieder aus dem Wegegrundstück herausfahren. Das Wendemanöver müssen übrigens alle Fahrzeuge, die die Stellplatzanlage benutzen, durchführen. Dies bedeutet, daß jedenfalls tagsüber mit ständigem - über denjenigen "normaler" Stellplatzanlagen weit hinausgehenden - Rangierverkehr unmittelbar gegenüber dem bisher geschützten ruhigen Gartenbereich zu rechnen ist. Die konkrete Lage und Konzeption der Benutzung unterscheidet diese Stellplatzanlage grundsätzlich von "normalen" Stellplatzanlagen.

Nicht entscheidend gegen die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit sprechen die vom Verwaltungsgericht angeführten Gesichtspunkte, daß die Gartenanlage nicht ganzjährig benutzt wird. Das "Wohnen im Freien" findet naturgemäß in der warmen Jahreszeit statt. Nach den Angaben des Klägers wird das beheizbare Schwimmbad von April bis September genutzt. Nicht vorgehalten werden kann dem Kläger auch, er könne seinen Garten so umgestalten, daß die Störungen vermindert werden. Dies wäre ohne größeren baulichen Aufwand auch nicht möglich. Bei der vorzunehmenden situationsbezogenen Abwägung sind die Grundstücke des Klägers, so wie sie bebaut und genutzt werden, zu würdigen, wie umgekehrt der Beigeladenen entgegenzuhalten ist, daß sie für die Stellplatzanlage erst "künstlich" Baugelände geschaffen hat, das zuvor so nicht vorhanden war, und es ihr ohne weiteres zumutbar ist, die Zahl der - nicht notwendigen - zusätzlichen Stellplätze zumindest geringfügig zu reduzieren.

Dies bedeutet nicht, daß die Schaffung einer Stellplatzanlage an sich schon - auch unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Klägers - zu einer "erheblichen" Störung im Sinne des § 37 Abs. 7 LBO führt. Denn anders wäre die Situation zu beurteilen, wenn die Beigeladene unter Verzicht auf die Ausnutzung des Bahndamms "bis zuhinterst" die Wendeplatte weiter nach vorne, d.h. nach Westen, verlegen würde. Eine den Grad der "Erheblichkeit" erreichende Störung könnte so bereits schon durch den Verzicht von etwa drei Stellplätzen vermieden werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.