Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.668,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND
Die Klägerin begehrt Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung wegen eines vom Beklagten nicht abgenommenen Darlehens.
Unter dem 30.09.2008 beantragte der Beklagte über den Zeugen G als Finanzierungsvermittler bei der Klägerin die Gewährung eines Darlehens im Nennbetrag von 160.000,00 EUR. Die Finanzierung sollte der Umschuldung der zuvor von der Sparkasse A getragenen Finanzierung des Zweifamilien-Wohnhauses des Beklagten in Köln dienen. Das Beratungsgespräch zwischen dem Beklagten und dem Zeugen G fand bei dem Beklagten zuhause statt. Der Darlehensantrag enthielt auf S. 6 ein Widerrufsrecht; bezüglich des genauen Inhalts dieses Widerrufsrechts wird auf Anlage K2, Bl.17 d.A. verwiesen. Der Beklagte erhielt ebenfalls ein Dokument „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“, indem zum einen als zuständiger Vermittler der Zeuge G angegeben ist, zum Anderen im Fließtext unter Punkt C. „Informationen über die Besonderheiten des Fernabsatzvertrages“ eine „Widerrufsbelehrung für den Kunden“ abgedruckt ist. Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Informationsblattes wird auf Bl.30ff. d.A. verwiesen.
Ebenfalls unter dem 30.09.2008 erteilte der Beklagte der Klägerin Vollmacht zur Ablösung seiner bei der Sparkasse A aufgenommenen Darlehen im Gesamtbetrag von 110.000,00 EUR. Auf der Ablösevollmacht (Anlage K3, Bl.36 d.A.) heißt es wörtlich:
„Ich/Wir wurde(n) darüber informiert, dass bei einer Ablösung vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsfestschreibungsfrist die Zustimmung des bisherigen Kreditinstituts vorliegen muss soweit mir/ uns nicht en Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 2 BGB zusteht. Ein entsprechender Aufhebungsvertrag ist der DSL Bank vorzulegen.“
Die Klägerin nahm den Darlehensantrag mit Schreiben vom 02.10.2008 an. Mit Schreiben vom 02.01.2009 ließ der Beklagte über den Zeugen G der Klägerin mitteilen, er wolle das Darlehen nicht in Anspruch nehmen. Als Begründung wurden in dem Schreiben derzeit niedrigere Zinsen sowie die Weigerung der Sparkasse A genannt, ihn aus den Darlehen zu entlassen (vgl. Schreiben Anlage K4, Bl.37 d.A.). Die Klägerin berechnete daraufhin mit Schreiben vom 15.01.2009 eine Nichtabnahmeentschädigung und machte diese gegenüber dem Beklagten geltend.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.02.2009 widerrief der Beklagte dann den Darlehensvertrag. Unter dem 11.02.2009 setzte die Klägerin eine letzte Frist zur Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung bis zum 28.02.2009. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe die Nichtabnahmeentschädigung zu. Ein etwaiges Fehlverhalten des Zeugen G - das sie bestreitet - müsse sie sich nicht zurechnen lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.668,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, die Beratung durch den Zeugen G sei fehlerhaft gewesen, da der Zeuge G behauptet habe, eine Umschuldung der Darlehen von der Sparkasse A auf die Klägerin sei möglich. Tatsächlich habe sich aber die Sparkasse A geweigert, den Beklagten aus den Darlehensverträgen zu entlassen.
Die Klägerin müsse sich das Fehlverhalten des Zeugen G zurechnen lassen. Der Zeuge G habe in der gesamten Nachbarschaft des Beklagten für die Darlehen der Klägerin geworben. Er sei beim Beklagten als Vermittler für die Klägerin aufgetreten.
Darüber hinaus ist der Beklagte der Ansicht, er habe den Darlehensvertrag noch im Februar 2009 wirksam widerrufen können, weil die Widerrufsbelehrung aus mehreren Gründen fehlerhaft gewesen sei.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig und bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 11.668,31 EUR gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Darlehensvertrag.
1.
Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen. Dieser Darlehensvertrag ist insbesondere nicht durch einen Widerruf des Beklagten unwirksam geworden.
Der Widerruf des Beklagten im anwaltlichen Schreiben vom 03.02.2009 war verspätet. Zum damaligen Zeitpunkt war die zweiwöchige Widerrufsfrist, die dem Beklagten zustand, bereits abgelaufen.
a)
Der Beklagte hat seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages am 30.09.2008 abgegeben und ein Exemplar des Darlehensantrags behalten (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 13.01.2010, Bl.75 d.A.). In diesem schriftlichen Darlehensantrag war eine Widerrufsbelehrung enthalten (Seite 6 von 18 des Darlehensantrags). Diese Widerrufsbelehrung ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht fehlerhaft.
aa)
Zunächst hat der Beklagte nicht zwei Widerrufsbelehrungen erhalten, sondern nur eine. Es ist zwar richtig, dass das Formular „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher“ nochmals den Text der Widerrufsbelehrung enthielt. Bei dem Formular handelt es sich aber eindeutig nicht um eine zu einer Vertragserklärung gehörende Belehrung, sondern um eine allgemeine Information. Unabhängig davon sind beide Belehrungen auch wortgleich und dem Beklagten am selben Tag erteilt worden, sodass eine Unklarheit zu Lasten des Beklagten nicht entstehen kann.
bb)
Die Widerrufsbelehrung ist auch hinreichend deutlich gestaltet, insbesondere ist die Überschrift „Widerrufsrecht“ im Darlehensantrag durch Großbuchstaben und Fettdruck hervorgehoben, die weiteren Überschriften „Widerrufsrecht“, „Form des Widerrufs“, „Beginn der Widerrufsfrist“, „Adressat des Widerrufs“, „Widerrufsfolgen“ etc. ist ebenfalls fett gedruckt. Darüber hinaus ist der gesamte Bereich des Widerrufsrechts umrandet und wird durch die Unterschrift des Beklagten abgeschlossen. Damit sind die Voraussetzungen, wonach eine Widerrufsbelehrung sich in nicht zu übersehender Weise aus dem restlichen Vertragstext hervorheben muss, erfüllt. Hinsichtlich der vom Beklagten gerügten „zweiten“ Widerrufsbelehrung ist diese Art der Hervorhebung nicht erforderlich, da es sich - wie oben bereits dargestellt - um ein bloßes allgemeines Informationsblatt handelt.
cc)
Schließlich ist auch die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Frist bezüglich der Abgabe des Widerrufs richtig dargestellt. Die von der Klägerin verwendete Formulierung
„Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
- ein Exemplar dieser Belehrung
- und eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/ Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift - sowie die Finanzierungsbedingungen
erhalten hat.“
ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Gesetzeswortlaut. Die Verwendung der Musterbelehrung nach BGB-InfoV ist für die Unternehmer nicht zwingend; vielmehr ist die Widerrufsbelehrung einzig an den Anforderungen des Gesetzes zu messen. Es ist auch nicht erforderlich, zusätzlich über Beginn und Ende der Widerrufsfrist nach den §§ 187ff. BGB zu belehren; erforderlich ist lediglich, dass für den Verbraucher klar ist, an welches Ereignis der Fristbeginn anknüpft (BGHZ 126, 56).
Der Fristbeginn ist auch nicht deswegen falsch bezeichnet, weil die Frist erst mit Abschluss des Vertrages anfangen würde zu laufen. Der Wortlaut des § 355 Abs. 1 BGB spricht von der „auf Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung“. § 355 Abs. 2 BGB stellt für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt ab, „zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht (…) in Textform mitgeteilt worden ist (…)“. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen - wie hier - legt § 355 Abs. 2 S. 3 BGB darüber hinaus noch fest, dass die Frist nicht zu laufen beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wurden. Diese Voraussetzungen einschließlich entsprechender Belehrungen sind hier erfüllt. Dem Gesetz ist gerade nicht zu entnehmen, dass die Frist, sollte die Belehrung vor Vertragsschluss erfolgen, erst nach Vertragsschluss zu laufen beginnt und darüber zu belehren wäre. Vielmehr ist es ausdrücklich ausreichend, dass dem Verbraucher sein eigenes schriftliches Angebot vorliegt. Dies ist auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Verbrauchers überzeugend. Der Verbraucher hat, wenn die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, bereits ein bindendes Angebot abgegeben, er ist sich also über den Inhalt des abzuschließenden Vertrages im Klaren. Damit aber ist es ihm auch möglich, innerhalb von zwei Wochen ab Abgabe dieses Angebots (wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind) zu entscheiden, ob er sich an dieser Willenserklärung festhalten lassen möchte oder nicht. Davon abgesehen, kann es auch nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass möglicherweise der Gesetzestext nicht eindeutig gefasst ist.
dd)
Soweit der Beklagte geltend macht, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, weil es sich vorliegend um ein Fernabsatzgeschäft handele und sich daraus ergebende Informationspflichten der Klägerin nicht erfüllt worden seien, so kann er auch damit nicht gehört werden, da kein Fernabsatzgeschäft vorliegt.
Gem. § 312b Abs. 1 BGB sind Fernabsatzgeschäfte Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
Hier ist der Vertrag nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Zwar haben Klägerin und Beklagter nicht direkt miteinander kommuniziert. Aber der Zeuge G war als Vermittler und damit als Ansprechperson tätig. Schutzzweck des § 312b BGB ist, dass der Verbraucher in der Praxis keine Möglichkeit hat, vor Abschluss des Vertrages das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Diese Defizite sollen die Fernabsatzvorschriften ausgleichen. Ist eine zwischen Unternehmer und Verbraucher eingeschaltete Person in der Lage und damit beauftragt, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben, so kommt der Vertrag nicht ausschließlich über die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21.10.2004, Az. III ZR 380/03, in dem er ausdrücklich den Vermittler nennt). Dies läuft auch nicht dem Schutzzweck zuwider, da dem Verbraucher der Vermittler als Ansprechperson zur Verfügung stand.
Damit war die Widerrufsbelehrung insgesamt ordnungsgemäß. Als der Beklagte dann am 03.02.2009 seine Vertragserklärung widerrief, war daher die zwei-Wochen-Frist bereits abgelaufen.
2.
Indem der Beklagte sich weigerte, den Darlehensbetrag abzunehmen, verstieß er gegen seine aus dem Darlehensvertrag resultierenden Pflichten. Insbesondere war er nicht deswegen zur Nichtabnahme berechtigt, weil der Zeuge G seinerseits ihm obliegende Pflichten verletzt hätte.
Es kann hinsichtlich des Zeugen G offenbleiben, ob sich die Klägerin ein eventuelles Fehlverhalten des Zeugen zurechnen lassen muss. Der Beklagte hat bereits eine Pflichtverletzung des Zeugen nicht schlüssig vorgetragen. Er hat zwar behauptet, der Zeuge G habe ihm mitgeteilt, die Kredite bei der Sparkasse A seien kündbar, da die Zinsbindung abgelaufen sei. Er hat weiter behauptet, die Sparkasse A habe sich dann später geweigert, ihn aus den Darlehensverträgen zu entlassen. Abgesehen davon, dass er dies nicht (beispielsweise durch ein entsprechendes Schreiben der Sparkasse A) belegt hat, ist jedoch auch dann, wenn man eine solche Weigerung unterstellt, nicht sicher, dass der Zeuge G pflichtwidrig handelte. Der Beklagte hat nämlich nicht vorgetragen, dass die Sparkasse A zu ihrer Weigerung auch berechtigt war. Nur in diesem Fall könnte das Verhalten des Zeugen G pflichtwidrig sein. Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.07.2010 ist gem. § 296a ZPO verspätet und mithin unbeachtlich. Im Übrigen muss sich der Beklagte nach dem nun geschilderten Sachvortrag - nämlich, dass der Beklagte bereits Anfang September 2008 ein Schreiben der Sparkasse A erhalten hat, indem es um die Verlängerung des ursprünglichen Darlehens ging - die eigene Kenntnis von dem Schreiben (sie waren ja an ihn gerichtet) selbst zurechnen lassen. Dass der Beklagte die nun vorgelegten Schreiben auch dem Zeugen G vorgelegt hätte, ist nicht vorgetragen. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, wäre auch dies Anlass, ein erhebliches Mitverschulden des Beklagten anzunehmen.
Eine Pflichtverletzung des Zeugen G ist somit nicht schlüssig dargetan. Einer Beweisaufnahme bedarf es insoweit nicht.
Der Beklagte kann sich zur Rechtfertigung seiner Nichtabnahme auch nicht auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung gem. § 313 BGB nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen. Die Einsatzmöglichkeit des Darlehensbetrages zur Umschuldung bereits bestehender Darlehen liegt im Risikobereich des Beklagten. Dies folgt zum Einen aus allgemeinen Erwägungen, wonach der Darlehensnehmer dafür verantwortlich ist, dass er das Darlehen zu dem von ihm beabsichtigten Zweck einsetzen kann. Zum Anderen folgt dies aber auch aus dem Wortlaut der Ablösevollmacht, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass bei einer Ablösung vor Ablauf der Zinsfestschreibungsfrist die Zustimmung des bisherigen Kreditinstituts vorliegen oder ein Kündigungsrecht gem. § 490 Abs. 2 BGB bestehen muss. Diesen Hinweis hat der Beklagte unterzeichnet (vgl. Anlage K3, Bl.36 d.A.). Wie oben dargestellt, kann er nicht damit gehört werden, dass der Zeuge G ihm die Kündbarkeit der Darlehen der Sparkasse A zugesichert hat, da er nicht zugleich vorgetragen hat, dass die Sparkasse A ein Recht hatte, ihn nicht aus den Verträgen zu entlassen.
3.
Das Verschulden des Beklagten wird gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.
4.
Die Klägerin hat ihren Schaden in Einklang mit der Rechtsprechung berechnet, wobei der Beklagte dem geltend gemachten Anspruch weder hinsichtlich der Berechnung noch hinsichtlich der Höhe entgegen getreten ist.
II.
Der Zinsanspruch folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 286, 288 BGB, wobei Verzugsbeginn entgegen des Vortrages der Klägerin erst der 01.03.2009 ist, weil sie selbst eine Zahlungsfrist bis zum 28.02.2009 gesetzt hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Streitwert: 11.668,31 EUR