LG Bonn, Urteil vom 17.05.2011 - 8 S 33/11
Fundstelle
openJur 2012, 79956
  • Rkr:

Zur Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Siegburg vom 29.09.2010 - 118 C 101/10 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am ...12.2009 befuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug W mit dem amtlichen Kennzeichen $$ - && ... die B ... aus T kommend in Richtung N. Vor ihm fuhr die Beklagte mit ihrem Fahrzeug U mit dem amtlichen Kennzeichen $$ - & ... In Q wollten beide Parteien nach links auf den Zubringer zur B ...# abbiegen. Die Lichtzeichenanlage zeigte rot. Auf der Linksabbiegerspur kam es zu einem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge, wobei die Ursache zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger hat behauptet, dass er mit seinem Fahrzeug hinter dem Fahrzeug der Beklagten angehalten habe. Plötzlich sei die Beklagte mit ihrem Fahrzeug zurückgerollt und auf sein Fahrzeug geprallt.

Nachdem der Kläger in der Klageschrift zunächst beantragt hatte festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den bei dem vorgenannten Verkehrsunfall entstandenen Schaden an seinem Fahrzeug in vollem Umfang zu ersetzen, hat er diesen Antrag auf Hinweis des Amtsgerichts vom ...03.2010 mit Schriftsatz vom ...03.2010 umgestellt und beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2010 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seinen weiteren Schaden in vollem Umfang zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall der Parteien vom ...12.2009 in ...# O (Kreuzung B ... / Zubringer B ...#) an seinem Fahrzeug W, amtliches Kennzeichen $$ - && ..., entstanden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Zulässigkeit des Klageantrags zu 2) gerügt. Zudem hat sie behauptet, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug auf ihr stehendes Fahrzeug aufgefahren sei. Sie ist daher der Ansicht, dass eine Haftung ihrerseits gegenüber dem Kläger nicht bestehe.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von Dipl.-Ing. P und durch Vernehmung der Zeugin V. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom ...08.2010 (Bl. ...ff. GA) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom ...09.2010 (Bl. ...f. GA) Bezug genommen.

Mit am ...09.2010 verkündetem Urteil hat das Amtsgericht dem Klageantrag zu 1) stattgegeben, da die Unkostenpauschale in Höhe von 25 € auch dann von der Beklagten geschuldet werde, wenn dem Sachverständigen P folgend von einer Unaufklärbarkeit des Verkehrsunfalls und damit von einer Haftungsverteilung von 50 : 50 ausgegangen werde. Dagegen hat es den Klageantrag zu 2) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dieser Antrag, der von dem Kläger ausdrücklich als Zwischenfeststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 2 ZPO gestellt worden sei, nicht zulässig sei, da ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Hintergrund der Regelung des § 256 Abs. 2 ZPO sei unter anderem und entscheidend der Aspekt der Prozessökonomie, der durch die Vorgehensweise des Klägers aber konterkariert werde. Diese führe im Ergebnis zu einer Mehrbelastung der Justiz, da im Zweifel nach der auf § 256 Abs. 2 ZPO gestützten Feststellung weiter streitig die Gesamtsumme der einzelnen Schadenspositionen aus dem Unfall geltend gemacht werden müsse. Insgesamt erscheine sie rechtsmissbräuchlich und "sinnentleert". Das "System der § 256 I / § 256 II ZPO" werde unterlaufen. Es werde nicht eine "Hauptklage" erhoben, der eine Zwischenfeststellungsklage als Nebenpunkt beigesteuert werde, sondern eine "Marginalie (25 € Unkostenpauschale!)" eingeklagt und "als Vehikel für eine primär allein beabsichtigte Feststellungsklage missbraucht". Eine Bezifferung des Schadens sei dem Kläger im Übrigen durchaus möglich und zumutbar gewesen. Dabei sei an das Instrument des Kostenvoranschlags zu erinnern. Die Zulassung der Berufung hat das Amtsgericht nicht für geboten erachtet. Insbesondere sei auch die Herstellung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht zu erwarten, da es sich der abweichenden Ansicht des Landgerichts zu § 256 Abs. 2 ZPO nicht anzuschließen gedenke.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom ...10.2010 Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO erhoben. Durch Beschluss vom ...01.2011 hat das Amtsgericht daraufhin in Abänderung des angefochtenen Urteils die Berufung gemäß §§ 321a Abs. 5, 495a, 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Mit Schriftsatz vom ...01.2011 hat der Kläger sodann Berufung eingelegt und begründet. Er rügt, dass der Klageantrag zu 2) als unzulässig abgewiesen worden ist. Einzige Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO sei, dass das zur Feststellung gestellte Rechtsverhältnis präjudiziell für den Leistungsantrag sei. Diese Voraussetzung sei in dem vorliegenden Fall gegeben. Ein darüber hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis sei nicht erforderlich. Sein Vorgehen sei ferner prozessökonomisch. Soweit das Amtsgericht ihm die Kosten auferlegt habe, habe es verkannt, dass es entweder von § 92 Abs. 2 ZPO keinen Gebrauch habe machen dürfen oder zuvor die Kosten der Beweisaufnahme habe austrennen und vorab der Beklagten gemäß § 96 ZPO auferlegen müssen.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom ...09.2010 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seinen weiteren Schaden in vollem Umfang zu ersetzen, der ihm aus dem Verkehrsunfall der Parteien vom ...12.2009 in ...# O (Kreuzung B ... / Zubringer B ...#) an seinem Fahrzeug W, amtliches Kennzeichen $$ - && ..., entstanden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des Inhalts ihres Vortrags wird auf die Berufungserwiderung vom ...02.2011 (Bl. ...#ff. GA) Bezug genommen.

II.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

a)

Zwar hat das Amtsgericht die Berufung erst im Rahmen des Rügeverfahrens gemäß § 321a ZPO durch Beschluss vom ...01.2011 zugelassen, nachdem es dies in dem angefochtenen Urteil zunächst ausdrücklich nicht für geboten gehalten hatte. Eine nachträgliche Zulassung der Berufung analog § 321a ZPO ist jedoch möglich, wenn die Nichtzulassung auf der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG oder eines sonstigen Verfahrensgrundrechts beruht oder willkürlich entschieden und gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verstoßen worden ist (vgl. MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl. 2007, § 511 Rn. 87; ebenso Hk-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl. 2011, § 511 Rn. 31; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 511 Rn. 22; Prütting/Gehrlein/Lemke, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 511 Rn. 45; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 511 Rn. 41; s. auch BGH, Beschl. v. 04.07.2007 - VII ZB 28/07, juris Rn. 3 für die Rechtsbeschwerde; aA Eichele, in: Eichele/Hirtz/Oberheim, Berufung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2008, Kap. V Rn. 154). In dem vorliegenden Fall sind beide Alternativen erfüllt. Dass sich die Nichtzulassung der Berufung mit der in dem angefochtenen Urteil gegebenen, schlechterdings unvertretbaren Begründung als willkürlich darstellt, hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts bereits in ihrem Beschluss vom ...12.2010 - # T ...#/... - zutreffend dargelegt (vgl. Befangenheitsheft Bl. ..., ...R). Darüber hinaus ist der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden, da das Amtsgericht auf seine Absicht trotz einer entsprechenden Anfrage des Klägers in dem Schriftsatz vom ...03.2010 und damit entgegen seiner Verpflichtung aus § 139 ZPO nicht hingewiesen hat (vgl. Bl. ... GA). Ob über die Gehörsrüge durch Beschluss oder durch Urteil zu entscheiden war, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

b)

Der Kläger hat die Berufung mit Schriftsatz vom ...01.2011, eingegangen beim Landgericht am ...01.2011, auch fristgerecht eingelegt und begründet. Da der Beschluss des Amtsgerichts vom ...01.2011 über die nachträgliche Zulassung der Berufung dem Kläger am ...01.2011 zugestellt worden ist, ist die Berufungseinlegung und -begründung innerhalb der Fristen der §§ 517, 520 Abs. 2 S. 1 ZPO erfolgt. Auf die Frage, wann dem Kläger das angefochtene Urteil zugestellt worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn ein berufungsfähiges Urteil lag aufgrund der Nichtzulassung der Berufung bis zum 07.01.2011 nicht vor. Dem Kläger war es in Anbetracht des Kostenrisikos trotz der Erhebung der Gehörsrüge auch nicht zuzumuten, vorsorglich Berufung einzulegen und diese ggf. zu begründen. Dass vielmehr auf die Zustellung des Beschlusses im Rügeverfahren gemäß § 321a ZPO abzustellen ist, ergibt sich im Übrigen aus dem Rechtsgedanken des § 518 ZPO. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht erforderlich.

2.

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Amtsgericht hat die mit dem Klageantrag zu 2) erhobene Zwischenfeststellungsklage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen.

a)

Eine Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn im Rahmen einer Hauptklage ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien streitig ist und von dem Bestehen oder Nichtbestehen dieses Rechtsverhältnisses die Entscheidung über die Hauptklage abhängt. Diese Voraussetzungen sind in dem vorliegenden Fall gegeben. Denn die Entscheidung über den von dem Kläger mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der allgemeinen Kostenpauschale in Höhe von 25 € hängt ebenso wie der Anspruch auf Ersatz der weiteren Schadenspositionen von der zwischen den Parteien streitigen Frage ab, ob die Beklagte für den Schaden, der dem Kläger aus dem Verkehrsunfall der Parteien vom ...12.2009 an seinem Fahrzeug entstanden ist, in vollem Umfang gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG haftet. Dass zunächst allein eine selbständige Feststellungsklage und erst im weiteren Verlauf des Verfahrens eine Hauptklage erhoben wurde, hindert die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage trotz des scheinbar entgegenstehenden Wortlauts des § 256 Abs. 2 ZPO nicht (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1989 - IX ZR 280/88, juris Rn. 31).

b)

Soweit der Kläger meint, dass es darüber hinaus keines Rechtsschutzbedürfnisses für die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage bedarf, ist diese Ansicht weder in der Sache zutreffend noch kann er sich dafür auf den Beschluss der Kammer vom ...07.2010 - # T .../... - stützen. Der vorgenannte Beschluss beschäftigt sich vielmehr lediglich mit der Frage, ob ein Feststellungsinteresse erforderlich ist (vgl. LG Bonn, Beschl. v. 30.07.2010 - 8 T 68/10, juris Rn. 3). Dabei handelt es sich jedoch um eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. nur Hk-ZPO/Saenger, a.a.O., § 256 Rn. 9; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 256 Rn. 3). Das Rechtsschutzbedürfnis stellt dagegen eine allgemeine Prozessvoraussetzung dar, die bei allen Klagen und damit auch bei der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO vorliegen muss. Es beinhaltet das berechtigte Interesse des Klägers an der Inanspruchnahme des Zivilgerichts und fehlt unter anderem, wenn ihm ein einfacherer, schnellerer und kostengünstigerer Weg zur Verfolgung seines Rechtsschutzbegehrens zur Verfügung steht (vgl. nur Hk-ZPO/Saenger, a.a.O., Vor §§ 253 - 494a Rn. 27, 29). Bei einer Zwischenfeststellungsklage ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis allerdings in der Regel aus der Vorgreiflichkeit des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung über die Hauptklage (vgl. nur Hk-ZPO/Saenger, a.a.O., § 256 Rn. 27; Prütting/Gehrlein/Geisler, a.a.O., § 256 Rn. 24). In dem vorliegenden Fall ist - wie oben dargelegt - eine solche Vorgreiflichkeit anzunehmen, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers im Grundsatz zu bejahen ist.

c)

Gleichwohl ist die mit dem Klageantrag zu 2) erhobene Zwischenfeststellungsklage unzulässig, da der Kläger andernfalls die besonderen Prozessvoraussetzungen einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO umgehen würde und sein Vorgehen aufgrund des dahingehenden Versuchs als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist.

Indem der Kläger nämlich eine vergleichsweise unbedeutende Schadensposition im Wege der Leistungsklage geltend gemacht hat, hat er sich nach dem Wortlaut des Gesetzes die Möglichkeit eröffnet, die Haftung der Beklagten dem Grunde nach über eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO feststellen zu lassen. Hätte er dagegen die in der Klageschrift zunächst erhobene Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO weiterverfolgt, wäre diese mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abgewiesen worden. Denn ein Feststellungsinteresse ist nicht gegeben, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Dabei kommt es darauf an, ob der Kläger seinen Schaden ohne Durchführung einer aufwändigen Begutachtung hätte beziffern können (vgl. nur Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 7a). Dem Kläger wäre es - worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat - ohne weiteres möglich gewesen, einen Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt einzuholen. Dadurch fallen in der Regel keine erheblichen Kosten an, so dass ihm ein solcher Schritt auch hätte zugemutet werden können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger mit Schriftsatz vom ...03.2011 eingeräumt hat, dass er inzwischen eine Leistungsklage erhoben habe, da die Beklagte nicht habe zahlen wollen, dieser Rechtsstreit jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt sei (vgl. Bl. ...# GA). Daraus wird deutlich, dass der Kläger eine Bezifferung des ihm entstandenen Schadens offensichtlich ohne Schwierigkeiten hat vornehmen können. Durch sein Vorgehen in dem vorliegenden Rechtsstreit versucht er jedoch die Hürden einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO in der Weise zu umgehen, dass er auf eine Kombination aus Leistungsklage und Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ausweicht.

Insoweit besteht ein erheblicher Unterschied zu der Entscheidung der Kammer vom ...07.2010 - # T .../... In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war lediglich in Bezug auf einige wenige, der Höhe nach begrenzte Schadenspositionen nicht auf Leistung geklagt worden, die aufgrund der noch nicht erfolgten Reparatur des Fahrzeugs überhaupt nicht beziffert werden konnten, so dass insoweit auch eine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig gewesen wäre.

Das Vorgehen des Klägers stellt sich im Übrigen auch nicht als prozessökonomisch dar. In einer Situation, in der eine Bezifferung des gesamten Schadens möglich und zumutbar ist, kann der Geschädigte sein eigentliches Ziel eines materiellen Ausgleichs sämtlicher Schadenspositionen am schnellsten durch die Erhebung einer Leistungsklage erreichen. Macht er dagegen nur eine - vergleichsweise unbedeutende - Schadensposition im Wege der Leistungsklage geltend und erhebt im Übrigen eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO, kann er für die restlichen Schadenspositionen lediglich eine Klärung des Haftungsgrundes erreichen. Ob und in welcher Höhe diese berechtigt sind, muss möglicherweise in einem weiteren Rechtsstreit geklärt werden. Gerade in Schadensersatzprozessen nach Verkehrsunfällen ist regelmäßig auch die Schadenshöhe streitig. Ein zweiter Rechtsstreit wird jedoch vermieden, wenn von vornherein Leistungsklage hinsichtlich aller Schadenspositionen erhoben wird.

Gegen eine solche rechtsmissbräuchliche und daher unzulässige Umgehung von Prozessvoraussetzungen hat sich - worauf abschließend hingewiesen werden soll - auch der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit einem Fall, in dem ein schlichtungsbedürftiger Antrag mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Antrag verbunden worden war, ausgesprochen (vgl. BGH, Urt. v. 07.07.2009 - VI ZR 278/08, juris Rn. 8ff.).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts, die trotz des beschränkten Rechtsmittelangriffs insgesamt von Amts wegen zu überprüfen ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 97 Rn. 6), ist nicht zu beanstanden. Ob eine Kostentrennung nach § 96 ZPO möglich gewesen wäre, kann dahinstehen, da die Anwendung dieser Vorschrift im Ermessen des Gerichts steht. Die Entscheidung des Amtsgerichts, dem Kläger nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten aufzuerlegen, ist nicht zu beanstanden. Denn es lag auf Seiten der Beklagten eine geringfügige Zuvielforderung vor, die keine höheren Kosten verursacht hat. Indem die Beklagte beantragt hat, die Klage hinsichtlich der Kostenpauschale abzuweisen, hat sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einen Betrag in Höhe von 12,50 € zu viel gefordert. Diese Zuvielforderung hat trotz der Beweisaufnahme keine besonderen Kosten im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verursacht, da die Beweisaufnahme bereits aufgrund der Behauptung des Klägers, dass die Beklagte die Alleinschuld an dem Verkehrsunfall treffe, erforderlich war. Dies gilt ungeachtet seines Einwands, der Beweiserhebung hätte es bei Haftungsteilung nicht bedurft. Denn das Amtsgericht wäre ohne die von dem Kläger beantragte Beweiserhebung gehindert gewesen, ihm die Kostenpauschale ganz oder teilweise zuzusprechen.

4.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob es in einer Situation, in der eine Bezifferung des gesamten Schadens möglich und zumutbar ist, zulässig ist, nur eine vergleichsweise unbedeutende Schadensposition im Wege der Leistungsklage geltend zu machen und im Übrigen Zwischenfeststellungsklage zu erheben, stellt sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen.

Streitwert: bis 600 €