OLG Köln, Urteil vom 05.11.1993 - 19 U 132/93
Wird ein Einfamilienhaus vermietet und im vorformulierten "Mietvertrag für Wohnungen" mit der Lageangabe nach Ort, Straße und Hausnummer näher bezeichnet, ohne daß sich aus dem Vertragstext ergibt, ob der Garten mitvermietet worden ist, so ist nach der Verkehrsanschauung davon auszugehen, daß das gesamte unter dieser Anschrift gelegene Grundstück mitvermietet ist und nicht nur der unmittelbar am Hause gelegene Ziergarten.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die Klage ist unbegründet.
Den Klägern steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt der
geltend gemachte Duldungsanspruch gegen die Beklagte zu.
Er folgt nicht aus dem Eigentum am Grundstück.
Dabei kann offen bleiben, ob tatsächlich beide Eheleute
Eigentümer des Grundstücks sind.
Denn die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Landgerichts
aufgrund des Mietvertrages über das Einfamilienhaus ein Recht zum
Besitz auch an dem um das Haus herum gelegenen Grund und Boden des
gesamten Grundstücks K. Straße 4.
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Beklagte, die
zwar im Rubrum des Mietvertrages als Mieterin neben ihrem Ehemann
genannt ist, den Vertrag selbst aber nicht mitunterzeichnet hat,
von Anfang an Vertragspartnerin der Kläger war, denn sie ist es
zumindest nach dem Tode ihres Mannes gemäß § 569 a BGB
geworden.
Dem vorformulierten Wortlaut des Mietvertrags für "Wohnungen"
ist der Umfang des gemieteten Objektes nicht auf den ersten Blick
zu entnehmen. Die Formulierung "Vermietet wird das EFH. Hü., K.
Str. 4" spricht jedoch eher für eine Vermietung von Haus und
Grundstück als lediglich des Hauses. Ob eine Grünfläche mit zum
Mietobjekt gehört, richtet sich mangels anderweitiger Regelung nach
der Verkehrsanschauung (Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, II Rdz.
35). Danach gehört zum Einfamilienhaus im Gegensatz zur Wohnung in
der Regel der umliegende Garten.
Dafür spricht hier auch folgendes: Unstreitig nutzt die Beklagte
seit jeher einen unmittelbar um das Haus herum gelegenen
Ziergarten. Unstreitig hat sich viele Jahre lang in dem Teil des
Gartens, in dem nun eine Garage errichtet werden soll, ein
Klettergerüst für den Enkel der Kläger und Sohn der Beklagten
befunden, welches von den Klägern ihren eigenen Angaben zufolge
wegen seiner Unansehnlichkeit und wegen Rostbildung und nicht etwa
aus Rechtsgründen entfernt worden ist.
In Verbindung mit dem atypischen Grundstückszuschnitt, der eine
sinnvolle Teilung der Gesamtfläche nicht zuläßt, kann die
vertragliche Regelung bei vernünftiger Betrachtungsweise nur so
verstanden werden, daß die Parteien das Grundstück als zum Haus
gehörend und mitvermietet angesehen haben. Dafür spricht auch, daß
die Gartennutzung im Rahmen einer Mieterhöhung als
Mietwertkriterium angeführt worden ist.
Daß die Kläger auf dem Grundstück Anpflanzungen vorgenommen und
sich dort des öfteren aufgehalten haben, steht der Annahme der
Mitvermietung schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei den
Parteien um nahe Familienangehörige handelt, unter denen Besuche
und Hilfeleistungen nichts Ungewöhnliches sind.
Im übrigen ginge eine im Formular-Mietvertrag enthaltene
Unklarheit letztlich auch gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Kläger als
Verwender des Formulares.
Auch aus dem Mietverhältnis steht den Klägern der geltend
gemachte Anspruch nicht zu. Es handelt sich bei dem beabsichtigten
Garagenbau nicht um eine Verbesserungsmaßnahme der Mietsache im
Sinne von § 541 b BGB. Im Einfamilienhaus selbst befindet sich
nämlich bereits eine Garage. Der Bau würde außerdem im Hinblick auf
die bisherige Verwendung des Grundstücks, seine Größe und die Lage
auf dem spitz zulaufenden Grundstück für die Beklagte eine Härte
bedeuten, die auch bei Würdigung berechtigter Interessen der Kläger
nicht zu rechtfertigen wäre. Dem gemieteten Grundstück würde nicht
nur ein wesentlicher Teil des Erholungsbereichs genommen, sondern
die Zufahrtsmöglichkeit zu der vorhandenen Garage würde durch den
beabsichtigten Bau auch ganz erheblich eingeschränkt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.
10, 713 ZPO.
Berufungsstreitwert und Beschwer der Kläger: 8.000,00 DM