OLG Köln, Urteil vom 05.11.1993 - 19 U 132/93
Fundstelle
openJur 2012, 74031
Rechtskraft:

Wird ein Einfamilienhaus vermietet und im vorformulierten "Mietvertrag für Wohnungen" mit der Lageangabe nach Ort, Straße und Hausnummer näher bezeichnet, ohne daß sich aus dem Vertragstext ergibt, ob der Garten mitvermietet worden ist, so ist nach der Verkehrsanschauung davon auszugehen, daß das gesamte unter dieser Anschrift gelegene Grundstück mitvermietet ist und nicht nur der unmittelbar am Hause gelegene Ziergarten.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt der

geltend gemachte Duldungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Er folgt nicht aus dem Eigentum am Grundstück.

Dabei kann offen bleiben, ob tatsächlich beide Eheleute

Eigentümer des Grundstücks sind.

Denn die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Landgerichts

aufgrund des Mietvertrages über das Einfamilienhaus ein Recht zum

Besitz auch an dem um das Haus herum gelegenen Grund und Boden des

gesamten Grundstücks K. Straße 4.

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Beklagte, die

zwar im Rubrum des Mietvertrages als Mieterin neben ihrem Ehemann

genannt ist, den Vertrag selbst aber nicht mitunterzeichnet hat,

von Anfang an Vertragspartnerin der Kläger war, denn sie ist es

zumindest nach dem Tode ihres Mannes gemäß § 569 a BGB

geworden.

Dem vorformulierten Wortlaut des Mietvertrags für "Wohnungen"

ist der Umfang des gemieteten Objektes nicht auf den ersten Blick

zu entnehmen. Die Formulierung "Vermietet wird das EFH. Hü., K.

Str. 4" spricht jedoch eher für eine Vermietung von Haus und

Grundstück als lediglich des Hauses. Ob eine Grünfläche mit zum

Mietobjekt gehört, richtet sich mangels anderweitiger Regelung nach

der Verkehrsanschauung (Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, II Rdz.

35). Danach gehört zum Einfamilienhaus im Gegensatz zur Wohnung in

der Regel der umliegende Garten.

Dafür spricht hier auch folgendes: Unstreitig nutzt die Beklagte

seit jeher einen unmittelbar um das Haus herum gelegenen

Ziergarten. Unstreitig hat sich viele Jahre lang in dem Teil des

Gartens, in dem nun eine Garage errichtet werden soll, ein

Klettergerüst für den Enkel der Kläger und Sohn der Beklagten

befunden, welches von den Klägern ihren eigenen Angaben zufolge

wegen seiner Unansehnlichkeit und wegen Rostbildung und nicht etwa

aus Rechtsgründen entfernt worden ist.

In Verbindung mit dem atypischen Grundstückszuschnitt, der eine

sinnvolle Teilung der Gesamtfläche nicht zuläßt, kann die

vertragliche Regelung bei vernünftiger Betrachtungsweise nur so

verstanden werden, daß die Parteien das Grundstück als zum Haus

gehörend und mitvermietet angesehen haben. Dafür spricht auch, daß

die Gartennutzung im Rahmen einer Mieterhöhung als

Mietwertkriterium angeführt worden ist.

Daß die Kläger auf dem Grundstück Anpflanzungen vorgenommen und

sich dort des öfteren aufgehalten haben, steht der Annahme der

Mitvermietung schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei den

Parteien um nahe Familienangehörige handelt, unter denen Besuche

und Hilfeleistungen nichts Ungewöhnliches sind.

Im übrigen ginge eine im Formular-Mietvertrag enthaltene

Unklarheit letztlich auch gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Kläger als

Verwender des Formulares.

Auch aus dem Mietverhältnis steht den Klägern der geltend

gemachte Anspruch nicht zu. Es handelt sich bei dem beabsichtigten

Garagenbau nicht um eine Verbesserungsmaßnahme der Mietsache im

Sinne von § 541 b BGB. Im Einfamilienhaus selbst befindet sich

nämlich bereits eine Garage. Der Bau würde außerdem im Hinblick auf

die bisherige Verwendung des Grundstücks, seine Größe und die Lage

auf dem spitz zulaufenden Grundstück für die Beklagte eine Härte

bedeuten, die auch bei Würdigung berechtigter Interessen der Kläger

nicht zu rechtfertigen wäre. Dem gemieteten Grundstück würde nicht

nur ein wesentlicher Teil des Erholungsbereichs genommen, sondern

die Zufahrtsmöglichkeit zu der vorhandenen Garage würde durch den

beabsichtigten Bau auch ganz erheblich eingeschränkt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.

10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Kläger: 8.000,00 DM

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