Ansprüche aus Verfügungsunterlassungsvereinbarung
1) Gegen einen Vertragspartner eines Erbvertrages können nur dann Ansprüche aus einer Verfügungsunterlassungsvereinbarung bestehen, wenn er sich gegenüber einem Vertragserben oder einem vertraglichen Vermächtnisnehmer verpflichtet hat, vom Erblasser keine Zuwendungen unter Lebenden anzunehmen und mit ihm keine Verträge zu schließen, die der erbvertraglichen Regelung zuwiderlaufen. 2) Auf eine gemischte Schenkung sind die §§ 2288 II, 2287 I BGB anwendbar. Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers schließt aber eine Beeinträchtigungsabsicht aus.
Die Entscheidung ist unanfechtbar.
I. Aufgrund eines notariellen Erbvertrages vom 25.2.1992
zwischen den Eheleuten Dr.Dr.R. und deren vier Kindern, von denen
der Antragsteller aus der ersten Ehe des Ehemanns stammt, sollte
der Antragsteller aufgrund eines Vermächtnisses ein mit einem
Wohnhaus bebautes Grundstück in Suna/Italien erhalten. Alleinerbin
war die Ehefrau R.. Zu seinen Lebzeiten - durch Tauschvertrag vom
13.11.1993/6.4.1994 mit Eigentumsumschreibung vom 16.4.1994 -
übertrug der am 14.5.1994 verstorbene Vater das Grundstück aber auf
den Antragsgegner, seinen jüngsten Sohn. In Ziff. IV 1 des
Notarvertrages erklärten die Eheleute, die vorstehenden Erklärungen
mit erbvertraglicher Bindung gegenseitig anzunehmen. Die Ehefrau
behielt sich vor, über die ihr gehörenden oder ihr vermachten
Vermögenswerte - bis auf die ihr vermachte Teilfläche des
Grundstücks in Suna/Italien - zu Lebzeiten oder von Todes wegen
anderweitig zu verfügen. In Ziff. IV 2 erklärten sich die Kinder
mit allen im Erbvertrag getroffenen Verfügungen von Todes wegen
einverstanden.
Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage gegen
den Antragsgegner, den jüngsten Sohn des Erblassers, auf Zahlung
von 550.000 DM , da mit dem Verkauf an den Antragsgegner gegen eine
mit dem Erbvertrag geschlossene Verfügungsunterlassungsvereinbarung
verstoßen worden sei. Es handele sich bei der Óbertragung
wirtschaftlich gesehen nicht um einen Tausch, sondern um eine
Schenkung. Der Antragsteller könne aber auch gem. §§ 138, 826 BGB
sowie §§ 2287, 2288 BGB die Herausgabe des geschenkten Grundstücks,
hilfsweise Herausgabe der Bereicherung sowie Schadensersatz nach §
826 BGB verlangen.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht
Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage
verweigert. Der dagegen gerichteten Beschwerde hat es nicht
abgeholfen.
II. Die gem. § 127 II ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache
unbegründet. Das Landgericht hat mit Recht eine hinreichende
Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO)
verneint.
1) Aus einer schuldrechtlichen Verfügungsunterlassungs-
vereinbarung im Erbvertrag, mit der sich der Erblasser verpflichtet
hätte, nicht zum Nachteil eines Vertragserben unter Lebenden zu
verfügen, ergibt sich der mit der Klage verfolgte Anspruch
nicht.
Es ist allerdings formlos und auch stillschweigend möglich, daß
sich der Erblasser entgegen § 2286 BGB zur Sicherung eines
erbvertraglich Bedachten in dieser Weise schuldrechtlich
verpflichtet (BGH FamRZ 1967, 470; Palandt/Edenhofer, 54. Aufl.
(1995), § 2286 Rn. 2 m.w.N.). Die Verletzung einer solchen
Verpflichtung führt aber nur zu Schadensersatzansprüchen gegenüber
dem Erblasser oder seinen Erben (BGH NJW 1964, 549; Kohler NJW
1964, 1395), nicht aber zu Ansprüchen gegen den Dritten, dem unter
Lebenden etwas zugewandt wird. Dritter in diesem Sinne ist auch ein
weiterer Vertragspartner des Erbvertrages, der in dem Erbvertrag
keine Verfügungen trifft, sondern dem nur etwas zugewendet
wird.
2) Gegen diesen können nur dann Ansprüche aus einer
Verfügungsunterlassungsvereinbarung bestehen, wenn er sich
seinerseits gegenüber einem Vertragserben oder einem anderen
vertraglichen Vermächtnisnehmer verpflichtet hat, vom Erblasser
unter Lebenden keine Zuwendungen anzunehmen und mit ihm keine
Verträge zu schließen, die der erbvertraglichen Regelung
zuwiderlaufen (vgl. BGH WM 1977, 689; Palandt/Edenhofer, 54.
Aufl.(1995), § 2276 Rn. 13).
Im Streitfall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß ein
stillschweigender Verfügungsunterlassungsvertrag zwischen den
Parteien zustandegekommen ist. Das bloße ursprüngliche gemeinsame
Ziel, das Vermögen nach dem Tode in einer bestimmten Weise
aufzuteilen, besagt gerade nichts darüber, daß der Erblasser nicht
gemäß § 2286 BGB vor seinem Tode frei sein sollte, anderweitig zu
verfügen. Bei einer Abweichung vom gesetzlichen Regelfall sind bei
einem Notarvertrag mit entsprechender fachkundiger Beratung
markante Anhaltspunkte dafür erforderlich, daß eine nicht in den
Text aufgenommene Vereinbarung zur Verfügungsunterlassung zu
Lebzeiten wirksam zustandegekommen ist (vgl. auch BGH NJW 1973, 240
(242). Allein die Regelung in Ziff. II 4 des Erbvertrages mit der
Absichtserklärung des Erblassers, die vermachten Grundstücksflächen
schon zu Lebzeiten zu übertragen, reicht dazu nicht aus, denn dies
war nur eine Absichtserklärung, deren Verwirklichung eben ganz in
der Hand des Erblassers lag. Ebenso besagt die ausdrückliche
Regelung zur Verfügungsfreiheit der Ehefrau in Ziff. IV 1 des
Erbvertrages nicht, daß der Erblassers sich im Gegensatz dazu zur
Verfügungsunterlassung zu Lebzeiten verpflichtet hätte. Fehlt es
schon an einer solchen Unterlassungsverpflichtung des Erblassers,
bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß sich die
erbvertraglich Bedachten untereinander schuldrechtlich verpflichten
wollten, an keinen Rechtsgeschäften mitzuwirken, die eine Verfügung
über die zugedachten Gegenstände unter Lebenden beträfen. Das bloße
unter IV des Erbvertrages erklärte Einverständnis mit den
Regelungen des Erbvertrages besagt nichts Hinreichendes über eine
Verfügungsunterlassungsvereinbarung unter Lebenden. Ebenso besagen
die Worte, daß alle vorstehenden Erklärungen mit erbvertraglicher
Bindung angenommen werden, nur etwas über diese erbvertragliche
Bindung, aber nichts über eine Verfügungsunterlassungsvereinbarung,
die sich gerade nicht aus der erbvertraglichen Bindung ergibt. Der
Antragsteller berücksichtigt nicht hinreichend, daß nach dem
gesetzlichen Vertragstyp der Vertragserbe und
Vertragsvermächtnisnehmer vor dem Tod des Erblassers weder ein
Recht - auch keinen künftigen Anspruch - noch eine Anwartschaft
haben (vgl. nur Lange/Kuchinke, Erbrecht, 3. Aufl.(1989) § 37 II
Fn. 56, 57 m.w.N.).
3) Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner auch kein
Anspruch aus §§ 2288 II, 2287 I BGB zu.
Der Anspruch nach § 2288 II S.1 BGB bei Veräußerung des
Gegenstandes eines vertragsmäßig angeordneten Vermächtnisses
richtet sich nur gegen den Erben, kann also keinen Anspruch gegen
den Antragsgegner begründen, der nicht Erbe ist.
Auch ein Anspruch gem. § 2288 II S.2 i.V.m. § 2287 BGB gegen den
Beschenkten ist nicht dargetan. Es kann dahinstehen, ob der
Tauschvertrrag vom 13.11.1993 in Wirklichkeit als gemischte
Schenkung anzusehen ist, auf die §§ 2287 I, 288 II BGB an sich
anwendbar sind (BGH FamRZ 1994, 429; Soergel/Wolf, 12. Aufl.
(1992), § 2287 Rn. 6 m.w.N.). Die weitere Voraussetzung des § 2287
I BGB, daß der Erblasser in der Absicht gehandelt hat, den
Vertragserben zu beeinträchtigen, ist nämlich nicht erfüllt. Der
Erblasser hatte am Abschluß des Tauschvertrages ein lebzeitiges
Eigeninteresse, das die Annahme einer Beeinträchtigungsabsicht
ausschließt (BGH NJW 1992, 564 (566); Senat FamRZ 1992, 607; OLG
Düsseldorf OLG-Report 1993, 185 (186); Palandt/Edenhofer, a.a.O., §
2287 Rn.6 ). Im Schreiben vom 17.6.1993 hat der Erblasser seine
Motive für das Rechtsgeschäft unter Lebenden dargelegt und mit dem
Wunsch begründet, für den Lebensabend seiner Ehefrau wegen
inzwischen eingetretener Verluste der Familienfirma vorzusorgen.
Eine solche Zielsetzung ist als lebzeitiges Eigeninteresse aufgrund
der sittlichen Verpflichtung gegenüber der Ehefrau anzuerkennen.
Ein lebzeitiges Eigeninteresse ist nicht deshalb zu verneinen, weil
vielleicht auch andere Sicherungsmöglichkeiten bestanden hätten
oder der Erblasser die Wertverhältnisse nicht richtig eingeschätzt
hätte. Eine Beeinträchtigungsabsicht, die das Gesetz verlangt, kann
nur festgestellt werden, wenn auch aus der Sicht des Erblassers das
genannte Interesse an der Absicherung seiner Ehefrau zu verneinen
gewesen wäre. Es kann daher dahinstehen, ob die weitere
Voraussetzung des § 2288 II BGB, daß von dem Erben Ersatz nicht zu
erlangen ist, auch dann erfüllt sein muß, wenn an einen anderen
Vertragsvermächtnisnehmer geschenkt wird.
4) Dem Antragsteller stehen gegen den Antragsgegner auch keine
Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB zu. Die §§ 2287 I, 2288 II
BGB erfassen die Fälle der Schenkungen und gemischten Schenkungen
bestimmter Gegenstände abschließend, so daß daneben für eine
Anwendung des § 826 BGB kein Raum ist (BGH FamRZ 1989, 961; Kohler
FamRZ 1990, 464 ff.). Der Sonderfall, daß der Erblasser die
Verfügungsbefugnis nicht selbst mißbraucht, sondern ein Dritter
(das könnte auch ein weiterer Vermächtnisnehmer sein) den Erblasser
veranlaßt, über Teile seines Vermögens zu verfügen, ist hier nicht
gegeben, denn der Erblasser hat die Motive seines Handels selbst
schriftlich niedergelegt. Es kann daher dahinstehen, ob im
genannten Sonderfall ein unmittelbarer Anspruch des
Vermächtnisnehmers zu bejahen wäre.
Eine etwaige Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts gem. § 138 BGB
könnte nur Ansprüche der Erben, nicht aber unmittelbar des
Vermächtnisnehmers gegen den Empfänger des Gegenstandes
begründen.
Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben. Eine
Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.
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