Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,-- DM festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde mit dem sinngemäßen Begehren,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts
zu ändern und die aufschiebende Wirkung
der Klage der Antragsteller vom
12. April 1996 - 5 K 1160/96 - gegen
die der Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung des Antragsgegners vom
23. Januar 1996 - 292/96 - anzuordnen,
ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht und mit im
wesentlichen zutreffender Begründung, auf die der Senat nach
§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen
Bezug nimmt, abgelehnt.
Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des
Verwaltungsgerichts, daß die mit Zugehörigkeitsvermerk zur
Baugenehmigung versehenen Bauvorlagen hinsichtlich der
Errichtung der hinteren Gebäudeabschlußwand widersprüchlich
sind. Zwar wird auf dem Lageplan (Blatt 7 der Beiakte 1a) die
hintere Gebäudeabschlußwand des Wohnbauvorhabens der
Beigeladenen durchgängig mit 11,30 m bezeichnet, ohne einen
Versprung um 0,6 m vorzusehen. Durch die auf Anregung der
Baugenehmigungsbehörde unter dem 23. Januar 1996 durch den
Architekten der Beigeladenen vorgenommenen handschriftlichen
Änderungen im Erdgeschoßgrundriß ("geändert bezüglich
Abstandfläche, gilt für alle Geschosse") und der der
Abstandsflächenberechnung beigefügten Skizze ("Abstandfläche
Änderung siehe Erdgeschoßgrundriß") wird indessen hinreichend
deutlich, daß die Beigeladene jedenfalls im Zeitpunkt der
Genehmigung einen Bauantrag zur Genehmigung gestellt hat, der
zur Wahrung der hinteren Abstandfläche einen Versprung in der
Gebäudeabschlußwand auf einer Länge von 60 cm vorsieht. Diesen
hinsichtlich des Erdgeschoßgrundrisses geänderten Bauantrag
hat der Antragsgegner durch eigene Grüneintragungen in den
Plänen hinsichtlich der Grundrisse des Keller- und des
Obergeschosses in einer Weise ergänzt, daß insoweit Bedenken
an der Bestimmtheit der erteilten Baugenehmigung nicht
aufkommen können.
Mit diesem Inhalt verstößt die angefochtene Baugenehmigung
nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des
Verwaltungsgerichts auf Seite 3 unten/4 oben des angefochtenen
Beschlusses nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des
Bauordnungs- und Bauplanungsrechts.
Das Beschwerdevorbringen gibt im übrigen Anlaß zu folgender
ergänzender Anmerkung hinsichtlich des gerügten Verstoßes
gegen die Nachbarschutz vermittelnde Vorschrift des § 6
BauO NW durch die hintere Gebäudeabschlußwand des
Vorhabens:
Der Senat läßt offen, ob das Verwaltungsgericht die
notwendige Abstandfläche für die hintere Gebäudeabschlußwand
mit 5,60 m zutreffend ermittelt hat oder - wie die
Antragsteller meinen - ein Abstandflächenverstoß vorliegt,
weil die hintere Dachfläche wegen der dort geplanten
Dachaufbauten nach § 6 Abs. 4 Nr. 2, 2. Fall BauO NW zu einem
Drittel zur Wandhöhe hinzugerechnet werden muß. Der
vermeintliche Abstandflächenverstoß wäre jedenfalls zwingend
nach § 73 Abs. 1 Satz 1 BauO NW zu legalisieren. Nach der
genannten, anstelle des ursprünglich in § 68 BauO NW 1984
enthaltenen Systems von Ausnahmen und Befreiungen neu
eingeführten Regelung kann die Genehmigungsbehörde
Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen dieses
Gesetzes und aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften
zulassen, "wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der
jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen
Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind,
soweit in diesem Gesetz oder in aufgrund dieses Gesetzes
erlassenen Vorschriften nichts anderes geregelt ist".
Die Tatbestandsmerkmale dieser Norm liegen vor. § 73 Abs. 1
Satz 1 BauO NW macht die Anwendbarkeit der Norm davon
abhängig, daß ein Vorhaben "unter Würdigung nachbarlicher
Interessen" mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Ist
ein Verstoß gegen materielle nachbarschützende Vorschriften
des Abstandsrechts und damit ein dadurch bedingter Eingriff in
die materiellrechtlich geschützte Rechtsposition des Nachbarn
gegeben, ist die Zulassung einer Abweichung davon abhängig, ob
die Nichtanwendung der Norm im Einzelfall unter
Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen des
Gesetzes mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Das ist hier der Fall. Im Rahmen einer Gesamtbewertung ist
im konkreten Einzelfall ein Verzicht auf die Einhaltung des an
sich erforderlichen Abstands gerechtfertigt, da die
Grundstückssituation bezogen auf die hier in Rede stehende
Anwendung der Abstandsnormen atypisch ist. Der anzuwendende
Bebauungsplan setzt in dem hier maßgeblichen Bereich für die
Flurstücke 268 bis 279 und 23 entlang der Straße "Im L. "
eine "Grenzbebauung beidseitig zwingend" fest. Im Gegensatz zu
den übrigen von dieser Festsetzung betroffenen Grundstücken
verläuft die gemeinsame Grundstücksgrenze zwischen den
Parzellen der Antragsteller (Flurstück 23) und der
Beigeladenen (Flurstück 279) aber nicht parallel im rechten
Winkel zur Straße, sondern schräg, so daß sich das Grundstück
der Beigeladenen nach hinten einseitig verjüngt, während sich
das der Antragsteller verbreitert. Dieser atypische
Grundstückszuschnitt führt bei der festgesetzten geschlossenen
Bauweise unweigerlich dazu, daß die Abstandfläche der hinteren
Gebäudeabschlußwand nur dann nicht zum Teil auf den
Nachbargrundstücken liegt, wenn die Wand jeweils rechtwinkelig
zu den Grundstücksgrenzen angeordnet wird. Da die
gegenüberliegenden Grundstücksgrenzen aber nicht parallel
zueinander verlaufen, müßte - um den
Abstandsflächenvorschriften zu genügen - die
Gebäudeabschlußwand immer einen "Knick" aufweisen.
Mit dieser Grundstücks- und Bausituation weicht der
vorliegende Sachverhalt von dem der gesetzlichen Regelung der
Abstandflächen zugrundeliegenden Normalfall in so deutlichem
Maße ab, daß die strikte Anwendung des Gesetzes zu Ergebnissen
führt, die der Zielrichtung der Norm nicht entsprechen, so daß
eine Nichtanwendung von § 6 Abs. 4 Nr. 2, 2. Fall BauO NW auf
den vorliegenden Fall dem Zweck der Norm nicht zuwiderläuft.
Da auch öffentliche Belange insoweit nicht berührt werden,
insbesondere allgemeine städtebauliche Aspekte nicht
entgegenstehen, sind insoweit die Voraussetzungen für die
Anwendung von § 73 Abs. 1 BauO NW gegeben. Die Abweichung ist
auch, zumal im Hinblick darauf, daß die Bautiefe des Vorhabens
die Voraussetzungen wahrt, mit nachbarlichen Interessen
vereinbar. Eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der
durch die Abstandsflächenvorschriften im übrigen geschützten
Belange (insbesondere des Brandschutzes, der Belichtung,
Belüftung und des Sozialfriedens) ist mit Blick auf die im
übrigen zulässige Grenzbebauung ebenfalls nicht erkennbar.
Die Beigeladene hätte auch einen Anspruch auf Erteilung der
Abweichung. Die atypische Grundstücks- und Bausituation
gebietet eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften
in einem Maße, daß das dem Antragsgegner in § 73 Abs. 1 BauO
NW eingeräumte Ermessen auf Null reduziert ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159
Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf