VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2000 - A 14 S 431/98
Fundstelle
openJur 2013, 11298
  • Rkr:

1. Angehörige der Ashkali und Roma sind im Kosovo seit dem Einmarsch der KFOR-Truppen keiner ethnisch motivierten unmittelbaren oder mittelbaren staatlichen Verfolgung ausgesetzt.

2. Für Angehörige der Ashkali und Roma besteht - derzeit - auch kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebehindernisses nach § 53 Abs 6 S 1 AuslG (AuslG 1990) bezüglich des Kosovo, weil eine Abschiebung dorthin durch Erlaß des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 2. Februar 2000 gemäß § 54 AuslG (AuslG 1990) ausgesetzt ist; der Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Vorschrift aus verfassungsrechtlichen Gründen trotz der Sperrwirkung des § 53 Abs 6 S 2 AuslG (AuslG 1990) bedarf es danach nicht.

Tatbestand

Der am 20.7.1957 geborene Kläger Ziff. 1, seine am 10.10.1960 geborene Ehefrau, die Klägerin Ziff. 2, ihre in den Jahren 1980 und 1988 geborenen Kinder, die Kläger Ziff. 3 und 4, sowie die 1978 geborene Tochter xxx stammen aus Peje/Kosovo und sind jugoslawische Staatsangehörige. Nach ihren bisherigen Angaben sind sie albanischer Volkszugehörigkeit. Sie sind am 1.3.1993 über Ungarn und die Tschechei aus ihrem Heimatland ausgereist und haben am 5.3.1993 im Bundesgebiet Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte gestellt. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 23.3.1995 gab der Kläger Ziff. 1 als Grund für seine Ausreise eine individuelle Verfolgung im Kosovo an. Er sei im Jahr 1990 als Lehrer tätig gewesen und wegen eines Hinweises im Unterricht auf die neu ausgerufene Republik Kosovo von der serbischen Polizei verhaftet und bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen worden. Der Vorgang sei schließlich als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit 90 Tagen Haft bestraft worden. Später habe er an Versammlungen der LDK teilgenommen und sich am Aufbau eines parallelen Unterrichtssystems beteiligt. Als deswegen gegen ihn polizeilich gefahndet worden sei, habe er das Land verlassen. Die Klägerin Ziff. 2 und die Tochter xxx trugen bei ihrer Anhörung vor, hauptsächlich wegen der Probleme ihres Mannes bzw. Vaters aus der Heimat ausgereist zu sein.

Mit Bescheid vom 26.7.1995 lehnte das Bundesamt die Asylanträge ab, stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorlägen und drohte den Klägern und der Tochter xxx die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. - im Falle der Klageerhebung - nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verließen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl und von Abschiebungsschutz nach den §§ 51 Abs. 3, 53 AuslG seien nicht erfüllt.

Die Kläger und die Tochter xxx haben am 1.8.1995 beim Verwaltungsgericht Freiburg rechtzeitig Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung haben sie auf ihren bisherigen Vortrag über eine individuelle Verfolgung im Kosovo Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, dass albanische Volkszugehörige im Kosovo einer gruppengerichteten Verfolgung durch den serbischen Staat ausgesetzt seien.

Nach Anhörung der Kläger und der Tochter xxx in der mündlichen Verhandlung wies das Verwaltungsgericht deren Klagen durch Urteil vom 25. März 1996 - A 7 K 12443/95 - ab. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte und für einen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG lägen nicht vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Kläger glaubhaft sei. Selbst wenn man hiervon ausgehe, seien die geltend gemachten Ansprüche nicht begründet. Allein wegen des Umstandes, dass der Kläger zu 1 die Räume  seines Hauses für eine albanische Schule zur Verfügung gestellt und sich selbst im Rahmen des parallelen Schulsystems am Unterricht beteiligt habe, sei nicht mit einer politischen Verfolgung durch die serbischen Behörden zu rechnen. Die Behauptung, dass jeder albanische Volkszugehörige, der sein Privathaus für die Durchführung nebenstaatlich organisierten Unterrichts für albanische Schüler zur Verfügung stelle oder in diesem Unterricht als Lehrer tätig sei, in Gefahr stehe, erheblichen körperlichen Misshandlungen ausgesetzt zu sein, sei unzutreffend. Auch seien die Mitglieder der albanischen Volksgruppe im Kosovo gegenwärtig keiner gruppengerichteten staatlichen Verfolgung ausgesetzt.

Auf ihren Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 12. Februar 1998 - A 14 S 1429/96 - die Berufung der Kläger und der Tochter xxx zugelassen. Diese haben am 7.4.1998 die Berufung begründet.

Sie tragen vor: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei weiterhin davon auszugehen, dass ehemals im illegalen albanischen Schuldienst tätige Lehrer bei ihrer Rückkehr in den Kosovo politischer Verfolgung ausgesetzt seien. Im September 1996 sei zwar zwischen dem Präsidenten der Republik Jugoslawien und dem sog. Präsidenten der Republik Kosova ein Abkommen über die Normalisierung des Bildungssystems im Kosovo geschlossen, dieses indessen nicht umgesetzt worden. Auch weiterhin drohten Lehrern und Schülern, die sich am albanischen Schulsystem beteiligten, im Kosovo Repressalien. Dies werde auch durch eine Stellungnahme der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 16.2.1998 bestätigt.

Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 29.3.2000 wurde ergänzend vorgetragen, dass auch die derzeitige Lage im Kosovo eine Rückkehr ethnischer Albaner dorthin als unzumutbar erscheinen lasse.

Der Kläger Ziff. 1 gab bei seiner Anhörung vor dem Senat in der mündlichen Verhandlung an, Mitglied der Volksgruppe der Ashkali zu sein und legte hierzu eine Bescheinigung des Vereins der "Ashkali Albaner Kosovos" vom 25.3.2000 vor. Die Klägerin Ziff. 2 trug vor, wegen einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung zu sein. Die (frühere) Klägerin xxx gab an, an einer Nierenerkrankung zu leiden und in ständiger ärztlicher Behandlung zu stehen. Auch müsse sie täglich Medikamente einnehmen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 30.3.2000 das Verfahren der Klägerin xxx xxx, bisher Klägerin Ziff. 4, abgetrennt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. März 1996 - A 7 K 12443/95 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26. Juli 1995 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen,

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen.

Die Beklagte und der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten haben keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts vor. Diese Unterlagen waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel.

Gründe

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren. Denn die rechtzeitig bewirkte Ladung enthielt den Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat deren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG sowie - fürsorglich - eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG zu Recht abgelehnt.

Die Kläger hatten sich bei ihrer Asylantragstellung und während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht übereinstimmend als albanische Volkszugehörige bezeichnet. Diese Volkszugehörigkeit ist danach auch vorliegend der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen, weil - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - die erstmals im Berufungsverfahren in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung des Klägers Ziff. 1, dass sie Angehörige der Ashkali seien, nicht glaubhaft ist. Bei Annahme einer albanischen Volkszugehörigkeit sind indessen im Fall der Kläger die Voraussetzungen für eine Asylberechtigung und für den begehrten Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG nicht gegeben.

Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt ist, wer in Anknüpfung an die politische Überzeugung, die religiöse Grundentscheidung oder andere unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen erlitten hat oder wenn diese unmittelbar drohten oder noch drohen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315, 333).

Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann nicht nur aus einer gegen den Asylbewerber selbst gerichteten Maßnahme folgen, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das der Asylbewerber mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet, so dass es als eher zufällig anzusehen ist, dass er bislang von ausgrenzenden Rechtsgutsverletzungen verschont geblieben ist (Gruppenverfolgung).

Hat eine bestimmte Personengruppe asylerhebliche Verfolgung nicht landesweit, sondern nur in bestimmten Teilen des Staatsgebietes zu befürchten, so kann eine regionale Gruppenverfolgung oder aber auch nur eine örtlich begrenzte Verfolgung vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.1996 - 9 C 171.95 -, BVerwGE 101, 134, 139; Urt. v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274). Kennzeichen einer regionalen Gruppenverfolgung ist es, dass der unmittelbar oder mittelbar verfolgende Staat die gesamte, durch eine oder mehrere Merkmale oder Umstände verbundene Gruppe im Blick hat, sie aber - als "mehrgesichtiger Staat" - beispielsweise aus Gründen politischer Opportunität oder wegen fehlender Verfolgungsmöglichkeiten nur regional, aber nicht landesweit verfolgt. Bei einer derartigen Regionalisierung des äußerlichen Verfolgungsgeschehens, das unter ungewissen Bedingungen stets in eine landesweite Verfolgung umschlagen kann, bleiben die außerhalb der Region, in der die Verfolgung praktiziert wird, lebenden Gruppenmitglieder mitbetroffen. Ihre potentielle Gefährdung macht sie zwar nicht selbst zu Verfolgten, rechtfertigt aber die Anwendung des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs auch dann, wenn die regionale Gefahr als objektiver Nachfluchttatbestand erst nach ihrer Flucht auftritt (BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 -, a.a.O.).

Anders ist es hingegen, wenn sich die Verfolgungsmaßnahmen nicht gegen alle durch übergreifende Merkmale wie Ethnie oder Religion verbundene Personen richten, sondern nur gegen solche, die (beispielsweise) zusätzlich aus einem bestimmten Ort oder Gebiet stammen oder dort ihren Wohnsitz oder Aufenthalt oder Grundbesitz haben. Dann besteht schon die Gruppe, die der Verfolger im Blick hat, lediglich aus solchen Personen, die alle Kriterien         - etwa die Religionszugehörigkeit und die Gebietsbezogenheit - erfüllen (örtlich begrenzte Verfolgung).

Ist der  Asylsuchende vorverfolgt ausgereist, gilt der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab, d. h. er hat einen Asylanspruch, wenn er in seinem Heimatland nicht vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist. Hat er seinen Heimatstaat hingegen unverfolgt verlassen, so hat sein Asylantrag nur Erfolg, wenn ihm im Fall seiner Rückkehr in seinem Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 -, a.a.O.).

Bei der Prognose, ob dem Ausländer bei seiner Rückkehr in den Heimatstaat politische Verfolgung droht, ist das Staatsgebiet in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.10.1999 - 9 C 15.99 -, InfAuslR 2000, 32). Ist ein vorverfolgt Ausgereister im Falle seiner Rückkehr in seinen Heimatstaat vor regionaler politischer Verfolgung nicht hinreichend sicher bzw. droht einem unverfolgt Ausgereisten jetzt regionale politische Verfolgung, so sind die Grundsätze über die inländische bzw. innerstaatliche Fluchtalternative anzuwenden. Sowohl der verfolgt als auch der unverfolgt Ausgereiste darf danach nur dann auf einen anderen Landesteil seines Heimatstaates verwiesen werden, wenn er dort vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 -, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 -, a.a.O.). Dem unverfolgt Ausgereisten dürfen in diesem anderen Landesteil auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen, durch die er in eine ausweglose Situation geraten würde. Der vorverfolgt Ausgereiste muss darüber hinaus vor solchen Nachteilen und Gefahren hinreichend sicher sein, die ihm im Zeitpunkt seiner Flucht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in dem vor politischer Verfolgung sicheren Landesteil gedroht und damit ein Ausweichen dorthin unzumutbar gemacht hatten, d.h. es gilt insoweit ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab; andere Nachteile und Gefahren, die bei seiner Flucht einem Ausweichen in einen anderen Landesteil nicht entgegenstanden, dürfen ihm bei einer Rückkehr nicht drohen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502.86 -, a.a.O.), d.h. sie dürfen nicht beachtlich wahrscheinlich sein.

Hiernach ist im Fall der Kläger eine Asylberechtigung zu verneinen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger - was das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil verneint hat - vor ihrer Ausreise aus dem Heimatland wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Albaner oder aus individuellen Gründen einer politischen Verfolgung ausgesetzt waren. Ebenso kann offen bleiben, ob den Klägern derzeit in der Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb des Kosovos aus individuellen oder ethnischen Gründen eine politische Verfolgung droht. Eine derartige, auf die Regionen außerhalb des Kosovos beschränkte (regionale) politische Verfolgung wäre allerdings nicht bereits deshalb rechtlich unbeachtlich, weil die Bundesrepublik Jugoslawien derzeit im Kosovo, aus dem die Kläger stammen, keine effektive Gebietsgewalt ausübt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur regionalen Gruppenverfolgung ist auch dann von regional praktizierter Verfolgung auszugehen, wenn ein Heimatstaat in einer seiner Regionen u.a. wegen des Eingreifens fremder Mächte dort vorübergehend seine effektive Gebiets- und Verfolgungsmacht verloren hat, und am Ort der Fluchtalternative eine andere staatliche oder staatsähnliche Friedensordnung besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.12.1998 - 9 C 17.98 -, NVwZ 1999, 544, Urt. v. 5.10.1999 - 9 C 15.99 -, a.a.O.). Erst wenn die Bundesrepublik Jugoslawien in der Region des Kosovo die Gebietsherrschaft - etwa durch Annexion oder Sezession - endgültig verloren hätte, wäre das Kosovo für die Bundesrepublik Jugoslawien Ausland, so dass es als inländische Fluchtalternative nicht mehr in Betracht käme. Das Kosovo ist jedoch nach wie vor Teil der Bundesrepublik Jugoslawien, weil auf seinem Gebiet noch kein neuer Staat entstanden ist. Die Entstehung eines neuen Staates setzt zumindest die Existenz eines durch eine eigene Staatsangehörigkeit abgegrenzten Staatsvolkes sowie eines Staatsgebiets voraus, auf dem dieses Staatsvolk lebt, sowie die Existenz einer eigenständigen Staatsgewalt, die das Staatsvolk nach innen effektiv organisiert und regiert sowie die Fähigkeit besitzt, die Regeln des Völkerrechts zu beachten (vgl. hierzu Doehring, Völkerrecht, 1999, RdNr. 941). Diese Voraussetzungen sind im Fall des Kosovo nicht gegeben. Die Völkergemeinschaft ist bislang zu keinem Zeitpunkt von ihrem in der Sicherheitsratsresolution Nr. 1244 vom 10.6.1999 zum Ausdruck gebrachten Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien abgerückt; die Bundesrepublik Jugoslawien hat ihren Anspruch auf den Kosovo auch niemals aufgegeben. Außerdem fehlt es - ungeachtet seiner völkerrechtlichen Relevanz im Einzelnen (vgl. hierzu Doehring, a.a.O., RdNr. 942 f.) - an einem Anerkennungsakt der Völkergemeinschaft, der zumindest indiziell auf die Entstehung eines neuen Staats hinweisen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.12.1999 - A 14 S 2213/99 -). Da die gegenwärtige Situation im Kosovo erst relativ kurze Zeit währt und noch im Fluss ist, kann auch noch nicht von einer dauerhaften Etablierung einer staatsähnlichen Organisation auf dem Gebiet des Verfolgerstaates, die diesen auf unabsehbare Zeit verdrängt oder ersetzt, gesprochen werden (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 8.12.1998 - 9 C 17.98 -, a.a.O.). Ist somit das Kosovo noch Bestandteil der Bundesrepublik Jugoslawien, kann insoweit auch nicht - bezogen auf den Gesamtstaat - von einer vollständigen Änderung der Machtverhältnisse ausgegangen werden. Die in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze zur Anwendung des Prognosemaßstabs der beachtlichen Wahrscheinlichkeit auch bei einem Vorverfolgten bei vollständiger Änderung der Machtverhältnisse im Heimatstaat (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1997 - 9 C 9.96 -, NVwZ 1997, 1130) können deshalb vorliegend nicht zur Anwendung kommen (vgl. Niedersächs. OVG, Urt. v. 18.1.1999 - 12 C 748/99 -; a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.9.1999 - 7 A 13272/94 -).

Auch wenn man hiernach zu Gunsten der Kläger eine politische Verfolgung im Zeitpunkt der Ausreise und darüber hinaus eine derzeit bestehende individuelle oder gruppengerichtete (regionale) politische Verfolgung im Heimatstaat Jugoslawien unterstellen würde, besteht gleichwohl keine Asylberechtigung, weil ihnen - als albanischen Volkszugehörigen - jedenfalls derzeit im Kosovo eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht und ihnen eine Rückkehr dorthin zuzumuten ist.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Kläger - was Voraussetzung für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 - 9 C 4.99 -, NVwZ 2000, 331) - bei freiwilliger Ausreise das Gebiet des Kosovos ohne unzumutbare Gefährdung erreichen können. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine freiwillige Rückkehr aus Deutschland zurzeit fast nur in organisierter Form, das heißt in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem UNHCR möglich ist (vgl. hierzu AA, ad. hoc-Lagebericht vom 8.12.1999). Denn eine inländische Fluchtalternative ist nur dann nicht gegeben, wenn der Rückweg für die Kläger mit unzumutbaren Gefahren verbunden oder überhaupt nicht möglich ist, nicht aber auch dann, wenn er durch bürokratische oder sonstige Hindernisse, wie etwa die eingeschränkte Landemöglichkeit für den zivilen Flugverkehr auf dem Flughafen Pristina oder wegen fehlender Transitmöglichkeiten durch Angrenzerstaaten, erschwert wird.

Die Kläger sind auf dem Territorium des Kosovo auch hinreichend sicher vor politischer Gruppenverfolgung bzw. Individualverfolgung durch ihren Heimatstaat, die Bundesrepublik Jugoslawien (so auch OVG Lüneburg, Urt. v. 24.2.2000 - 12 L 748/99 -; HessVGH, Beschl. v. 15.2.2000 - 7 UE 3645/99.A -; OVG NRW, zuletzt: Urt. v. 10.12.1999 - 14 A 3768/94.A -, OVG Rh-Pf, Urt. v. 8.12.1999 - 7 A 12268/95.OVG -; Thür. OVG, Urt. v. 11.11.1999 - 3 KO 399/96 -, Asylmagazin 2000, 24). Politisch verfolgen kann nämlich nur, wer die effektive Gebietsgewalt innehat. Die Bundesrepublik Jugoslawien sowie auch die Republik Serbien haben diese aber auf dem Territorium des Kosovo seit dem Einrücken der UN Friedenstruppe Kosovo Force (KFOR) und dem vollständigen Abzug aller serbischen beziehungsweise jugoslawischen Armeetruppen, sonderpolizeilichen Einheiten und paramilitärischen Gruppen aus dem Kosovo auf der Grundlage des von der Bundesrepublik Jugoslawien angenommenen G8-Friedensplans und der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Kosovo-Friedensresolution (UN-Resolution Nr. 1244 (1999), EuGRZ 1999, 362) vorübergehend verloren. Die Resolution autorisiert sowohl die Präsenz der KFOR-Truppen sowie eine internationale Zivilpräsenz, die die Einrichtung einer Übergangsverwaltung im Kosovo zum Ziel hat (AA, ad hoc-Lagebericht vom 8.12.1999). Durch die Präsenz der KFOR-Truppen (rund 42.000 KFOR-Soldaten; AA, ad hoc-Lagebericht vom 8.12.1999) ist es auch für absehbare Zeit ausgeschlossen, dass die Bundesrepublik Jugoslawien bzw. die serbische Republik auf militärischem Weg die effektive Gebietsherrschaft wiedererlangen könnten. Die Resolution Nr. 1244 (1999) sieht vor, dass die internationale zivile Präsenz und die internationale Sicherheitspräsenz zunächst für einen Zeitraum von zwölf Monaten eingerichtet wird, dieser Zeitraum wird jedoch verlängert, sofern der Sicherheitsrat nichts anderes beschließt (vgl. Punkt 19 der Resolution). Für Letzteres gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr werden nach Einschätzung von General Klaus Reinhardt, dem Kommandanten der KFOR im Kosovo, die KFOR-Truppen noch mehrere Jahre im Kosovo gebraucht werden (vgl. dpa-Meldung vom 29.12.1999).

Die Kläger können sich zu ihren Gunsten auch nicht auf sonstige - nicht asylerhebliche - Nachteile und Gefahren im Kosovo berufen.

Dahingestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob wegen der Identität von Herkunfts- und Zufluchtsort für die Kläger eine inländische Fluchtalternative selbst dann eröffnet sein könnte, wenn im Kosovo das wirtschaftliche Existenzminimum nicht gewährleistet wäre oder ihnen sonstige nicht asyl- erhebliche Gefahren drohten (so OVG Lüneburg, Urt. v. 24.2.2000 - 12 L 748/99 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.11.1999 - 7 A 1372/94 -). Hiergegen könnte sprechen, dass den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, die eine Relevanz der wirtschaftlichen Verhältnisse bei Identität von Herkunftsgebiet und Zufluchtsort verneinen (BVerwG,  Urt. v. 5.10.1999 - 9 C 15.99 -, a.a.O.; Urt. v. 23.4.1999 - 9 B 182/99 - zum Irak; Urt. v. 09.09.1997   - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998 S. 274 = NVwZ 1999, 308 zur Türkei), eine andere Ausgangssituation zugrunde lag. Dort konnte nämlich eine Berücksichtigung des Fehlens des wirtschaftlichen Existenzminimums am Zufluchtsort mit der Begründung verneint werden, die Notlage sei nicht verfolgungsbedingt, weil in den jeweiligen Zufluchtsorten zu keinem Zeitpunkt eine praktizierte Gruppenverfolgung stattfand. Anders als in diesen Fällen beruhen die jetzigen schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Kosovo wesentlich auf der im Kosovo in der ersten Jahreshälfte 1999 praktizierten Gruppenverfolgung und der hiermit im Zusammenhang stehenden NATO-Angriffe, sind also verfolgungsbedingt. Da das erklärte Ziel der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur inländischen Fluchtalternative ist, zu verhindern, dass der von regionaler politischer Verfolgung Betroffene an einem vor Verfolgung sicheren Ort seines Heimatlandes aus anderen Gründen in eine Notlage gerät (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 -, a.a.O.), ist fraglich, ob bei dem nach der Rechtsprechung anzustellenden Vergleich der wirtschaftlichen Situation im Herkunfts- und Zufluchtsort auch bei deren Identität jeweils ausschließlich auf den Zeitpunkt der Rückkehr abgestellt werden darf. Denn damit würde dem Asylbewerber auch im Falle unzureichender Existenzbedingungen eine Rückkehr in den Kosovo zugemutet, obwohl diese Folge einer (regionalen) politischen Verfolgung sind. Bei einem Vergleich der wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt des Beginns der Verfolgungsmaßnahmen mit der im Zeitpunkt der Rückkehr könnte hingegen die Verfolgungsbedingtheit der wirtschaftlichen Notlage Berücksichtigung finden.

Diese Problematik kann indessen dahinstehen. Denn nach Überzeugung des Senats ist den Klägern auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation und sonstiger nicht asylerheblicher Gefahren eine Rückkehr in den Kosovo zuzumuten, da sie dort vor einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz hinreichend sicher sind und ihnen auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen (so auch OVG Lüneburg, Urt. 24.2.2000 - 12 L 748/99 -; OVG NRW, Urt. v. 10.12.1999 - 14 A 3768/94.A -; Thür. OVG, Urt. v. 11.11.1999 - 3 KO 399/96 -, Asylmagazin 2000, 24).

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse scheidet eine zumutbare inländische Fluchtalternative bei grundsätzlich generalisierender Betrachtungsweise erst dann aus, wenn das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche wirtschaftliche Existenzminimum auf Dauer nicht erreichbar ist, d.h., wenn die wirtschaftliche Existenz des Asylbewerbers am Ort der inländischen Fluchtalternative weder durch eine ihm zumutbare Beschäftigung noch auf sonstige Weise, z.B. durch private oder öffentliche Zuwendungen, gewährleistet ist und er deshalb ein Leben unter dem Existenzminimum zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich Tod führt (BVerwG, Urteil v. 15.7.1997 - 9 C 2.97 -, BayVBl. 1998, 250; Beschluss v. 24.3.1995 - 9 B  747/94 -, NVwZ 1996, 85; Urteil v. 31.3.1992 - 9 C 40/91 -, NVwZ-RR 1992, 583; Urteil v. 23.7.1991 - 9 C 154.90 -, DVBl. 1991, 1090; Urteil v. 8.2.1989 - 9 C 30.87 -, Buchholz 402.25 § 1 Nr. 104; Urt. v. 5.4.1983 - 9 CB 12.80 -, Buchholz 402.24, § 28 Nr. 45, zur UNO-Unterstützung von Palästinensern im Libanon). Dies ist bezogen auf den Kosovo jedoch vorliegend nicht der Fall.

Ein Leben über dem Existenzminimum ist im Kosovo durch die Anwesenheit der KFOR-Truppen, die Zivilpräsenz der UNO und durch die Aktivitäten zahlreicher Hilfsorganisationen gewährleistet. So schreitet in Umsetzung der UN-Resolution der dort vorgesehene und auch für die Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage wichtige Aufbau einer zivilen Übergangsverwaltung und damit die Wiederherstellung kommunaler Strukturen erkennbar fort. Hier-    für zuständig ist die UN-Mission im Kosovo (UNMIK - United Nations Interim Administration Mission Kosovo) unter Leitung des UN-Beauftragten Bernhard Kouchner. Die UNMIK hat durch den Sonderbeauftragten verschiedene Ver-ordnungen erlassen, die den rechtlichen Rahmen ihrer Tätigkeit regeln. Nach der Verordnung Nr. 1 vom 25.7.1999 ist die gesamte gesetzgebende und vollziehende Gewalt in Bezug auf das Kosovo auf die UNMIK übergegangen. Sie wird durch den Sonderbeauftragten des Generalsekretärs ausgeübt, der bevollmächtigt ist, Personen zur Erfüllung von Aufgaben in der Zivilverwaltung im Kosovo zu ernennen (UNO-Mission, Frieden für Kosovo, Lagebericht v. 15.10.1999). Zurzeit sind die Aufgaben der UNMIK in die Aufgabengebiete Flüchtlingsrückkehr (UNHCR), die allgemeine Verwaltung (UN), Demokratie und Menschenrechte (OSCE) und den Wiederaufbau (EU-KOM) aufgeteilt (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Die Aufgaben des Wiederaufbaus werden von der EU-Task-Force übernommen, in Zukunft soll eine Wiederaufbau-Agentur eingerichtet werden (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Als großer Fortschritt wird die Unterzeichnung eines Abkommens vom 15.12.1999 angesehen, in dem die Bildung eines gemeinsamen Regierungsrats mit maßgeblichen albanischen Führern vereinbart wurde. Mitglieder dieses Regierungsrats sind vier Vertreter der UNMIK unter Führung von Bernhard Kouchner und seinem Stellvertreter sowie drei Albaner, Ibrahim Rugova, der ehemalige UCK-Kommandant Hashim Thaqi und Reqep Cosija vom Oppositionsbündnis. Allerdings konnte die für einen Serben vorgesehene Stelle wegen des Protestes der Serben gegen die neue Verwaltung bisher nicht besetzt werden. Durch diesen gemeinsamen Regierungsrat wurde ein vor-     läufiger Verwaltungsrat eingerichtet (JIAS - Joint Interim Administrative Structure) - (UNHCR, Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo, 11.2.2000; StgZ v. 16.12.1999, Spiegel 21.12.1999, NZZ v. 23.12.1999, FAZ v. 2.2.2000). Grundlage des Zahlungssystems ist die Deutsche Mark (vgl. UNO-Mission, Lagebericht v. 15.10.1999).

Allerdings wirft die Finanzierung der UNMIK-Verwaltung erhebliche Probleme auf (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Bei einer Geldgeberkonferenz am 28.7.1999 in Brüssel unter Vorsitz der Weltbank und der Europäischen Union wurden für den Wiederaufbau und die Entwicklung des Kosovo mehr als        zwei Milliarden Dollar zugesagt. Die Geschäftsführung der Weltbank gewährte am 8.10.1999 für den Wiederaufbau der Infrastruktur des Kosovo und die Entwicklung einer modernen Wirtschaft über einen Zeitraum von 18 Monaten die ersten 25 Millionen Dollar von insgesamt 60 Millionen Dollar (vgl. UNO-Mission, Lagebericht v. 15.10.1999). Inzwischen hat die Brüsseler Kommission beschlossen, für die Region des Kosovo bis zum Jahr 2006 Mittel in einer Höhe von 5,5 Milliarden EURO aufzubringen (StgZ v. 24.2.2000). Allerdings kündigte der Sonderbeauftragte des UN-Flüchtlingshilfswerks Dennis Mc Namara finanzielle Einschnitte an und teilte mit, dass die UNHCR-Mittel für das Jahr 2000 um ein Viertel geringer als im abgelaufenen Jahr seien; auch das UN-Welternährungsprogramm - WFP - werde sein Programm um die Hälfte kürzen; (dpa-Meldung v. 13.1.2000). Diese Kürzungen sowie Verzögerungen bei der Auszahlung der Mittel auf Grund komplizierter Finanzkontrollen der EU (SZ v. 3.2.2000) könnten zu vorübergehenden Engpässen führen, rechtfertigen jedoch noch nicht den Schluss, dass auf Dauer ein Leben über dem wirtschaftlichen Existenzminimum nicht gewährleistet ist.

Insbesondere müssen die Bewohner des Kosovo nicht mit Obdachlosigkeit oder auf Dauer mit völlig unzureichenden Wohnverhältnissen rechnen. Zwar wurden nach Angaben der EU-Kommission im Laufe der Kosovo-Krise fast 120.000 Häuser in Mitleidenschaft gezogen und 78.000 Häuser davon schwer beschädigt oder völlig zerstört (vgl. AA, ad hoc-Lagebericht vom 8.12.1999). Die Zerstörung betrifft nach Angaben des stellvertretenden Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Humanitäre Angelegenheiten (DSRSG) in seiner Stellungnahme vom 21.9.1999 90 % der Städte und Dörfer, wobei alle Gemeindebezirke betroffen sind. Ein Schwerpunkt der Zerstörung findet sich im Westen des Kosovo (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Insgesamt ist jeder dritte Haushalt im Kosovo von den Zerstörungen betroffen (UNHCR  Kosovo Shelter Update v. 28.1.2000). Dem UNHCR und den zahlreichen Hilfsorganisationen ist es jedoch bereits über den Winter flächendeckend gelungen, Flüchtlinge und ehemalige Bewohner der zerstörten und schwer beschädigten Häuser, wenn auch sehr behelfsmäßig, mit einer Notunterkunft zu versorgen. Das Ziel, in den beschädigten Häusern für jede Familie einen trockenen Raum zu schaffen und Familien, deren Häuser völlig zerstört wurden, bei Gastfamilien oder in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, wurde erreicht (vgl. die ins Deutsche übersetzten Ausschnitte aus "Complete UN Kosovo Coverage" v. 17.9.1999). In den Gemeinschaftsunterkünften hielten sich im Januar auch nur 6.600 Personen (obdachlose Albaner und andere Flüchtlinge) auf und hiervon nur 1.500 Personen wegen des Winters, obwohl 19.100 Plätze zur Verfügung standen (vgl. UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report und Kosovo Shelter Update, beide v. 28.1.2000). Auch wurden von den 15.000 zur Verfügung stehenden beheizbaren Allwetterzelten bisher nur 1.400 an Familien verteilt. In den fünf Regionen Peje, Gjakova,  Gnjilane, Ferizaj und Pristina bewohnten weniger als 20 Familien diese Zelte und dies auch nur deshalb, weil sie ihren Grund und Boden nicht verlassen und deshalb nicht in Gemeinschaftsunterkünfte umziehen wollten. Im Übrigen werden die verteilten Allwetterzelte zum Aufbewahren von Vorräten verwendet oder werden in Reserve gehalten, um während der Wiederaufbaumaßnahmen im Frühjahr darin zu wohnen (UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report v. 28.1.2000). Von den für Notreparaturen an Häusern vorgesehenen Bausätzen (emergency repair kits) wurden 96 % verteilt, schwerpunktmäßig in die besonders betroffenen Regionen Gjakova, Pristina, Mitrovica und Peje. Zusätzlich wurden noch 4.200 umfangreichere Bausätze mit Material für dauerhafte Dachreparaturen (roofing kits) verteilt, wobei die Empfänger dieser Bausätze sich zur Aufnahme von zusätzlichen Familien verpflichten mussten. Darüber hinaus wurden noch 599 Wohncontainer aufgestellt, vor allem in Mitrovica, Peje, Loxhe und in Decane. Außerdem wurden allein vom UNHCR 28.000 Mehrzwecköfen und weitere Öfen von anderen Organisationen, sowie Matratzen, Decken, Hygieneartikel und Ähnliches sowie Winterkleidung, insbesondere Winterjacken und Stiefel, sowie 95 % des für die Notprogramme bestellten Holzes verteilt (vgl. UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report, Kosovo Shelter Update, beide v. 28.1.2000). Speziell geschaffene  Teams für Notfälle (winter emergency teams) waren im Einsatz, um Familien in den Bergen, die die Auswirkungen des Winters unterschätzt und es daher abgelehnt hatten, in Gemeinschaftsunterkünfte in den nächstgelegenen Städten zu ziehen, mit Helikoptern und Schneefahrzeugen mit Unterkunftsmöglichkeiten und Öfen zu versorgen. Die Europäische Kommission Task Force (TAFKO) unterstützte den Wiederaufbau von 3.300 Häusern in acht Gemeindebezirken (UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report v. 28.1.2000). Der Wiederaufbau der zerstörten Dörfer geht voran, am schnellsten im deutschen Sektor, weil dort das Technische Hilfswerk unbürokratisch Baumaterial, vor allem Dach- und Bauziegel, in die Dörfer stellt und die Bewohner zur Selbstbedienung einlädt (Die Welt, 24.11.1999, TZ v. 25.11.1999). Für die im Frühjahr 2.000 geplanten Wiederaufbaumaßnahmen wird die UNMIK unter Führung der Europäischen Union zuständig sein (UNHCR, Informationen zur Rückkehr in das Kosovo v. Dezember 1999). Im Jahr 2000 ist der Wiederaufbau von 20.000 Wohneinheiten geplant. Allerdings wird der Wiederaufbau von Häusern noch Jahre andauern (Kosovo Humanitarian Update Nr. 21 v. 11.2.2000). Gemäß der UNMIK-Verordnung Nr. 1999/23 vom 15.11.1999 wird eine Wohnraum- und Eigentumskommission und eine Kommission zur Klärung von Eigentumsansprüchen eingerichtet werden, die ab Frühjahr 2.000 voll funktionsfähig sein sollen und es Personen, in deren Häuser in ihrer Abwesenheit andere eingezogen sind oder die gewaltsam zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen wurden, ermöglichen wird, ihr Eigentum wieder in Besitz zu nehmen (UNHCR, Informationen zur Rückkehr in das Kosovo v. Dezember 1999). Eine am 13. Oktober 1999 erlassene UNMIK-Verordnung Nr. 1999/10 setzte zwei Eigentumsgesetze außer Kraft, weil sie internationalen Menschenrechtsstandards zuwiderliefen.

Eine dauerhafte Verbesserung der Wohnsituation werden weiter die zu erwartenden Fortschritte in der Strom- und Wasserversorgung bringen. Auf Grund von intensiven Reparaturmaßnahmen an den beiden Kraftwerken im Kosovo (Kosovo A und Kosovo B) wurde die zunächst sehr kritische Situation bereits erheblich verbessert. Im Winter standen von dem geschätzten Bedarf von 600 MW bereits 510 MW zur Verfügung. Dies hatte zur Folge, dass außer in den Spitzenbedarfszeiten (17.00 bis 22.00 Uhr) die Zahl und Dauer der Stromausfälle reduziert werden konnte (vgl. UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report v. 28.1.2000). Inzwischen wird die Stromversorgung als relativ stabil bezeichnet. Auch zu Spitzenbedarfszeiten ist nur noch mit minimalen Stromausfällen zu rechnen (Kosovo Humanitarian Update, Nr. 21 v. 11.2.2000). Dadurch wird auch die Wasserversorgung verbessert, die teilweise wegen der elektrischen Pumpen von einer ausreichenden Stromversorgung abhängig ist (UNHCR, Kosovo Humanitarian Update v. 26.11.1999). Nach weiteren Reparaturmaßnahmen in den Sommermonaten kann deshalb erwartet werden, dass bis zum nächsten Winter die Strom- und damit auch die Wasserversorgung ausreichend ist. Soweit 40 % der Brunnen und Wasserstellen der Provinz  durch Leichen und Tierkadaver verseucht waren, waren bereits Ende November 1999 ein Drittel der Brunnen und Wasserstellen wieder hergestellt bzw. wieder benutzbar, so dass ca. 70 % der Brunnen und Wasserstellen Anfang Dezember 1999 wieder zur Verfügung standen (vgl. AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999).

Die Versorgung mit Lebensmittel und sonstigen Bedarfsgütern ist gewährleistet. In den Lebensmittelgeschäften sind mittlerweile die Regale voll, alle Nahrungsmittel sind wieder verfügbar. Auf den Märkten werden Obst, Gemüse, Plastikwaren, Installationsbedarf, Baumaterialien und anderes angeboten, wobei die Waren zum größten Teil aus Mazedonien, der Türkei und Albanien eingeführt werden (vgl. Diakonie, Zur Lage im Kosovo, 20.10.1999; Schweizerische Flüchtlingshilfe < SFH>, Auskunft an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999; Spiegel v. 20.12.1999). Allerdings fehlen überwiegend, wenn keine finanzielle Unterstützung von im Ausland lebenden Verwandten erfolgt, die finanziellen Mittel zum Kauf der angebotenen Ware (vgl. SFH, Auskunft an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999). Die wenigsten haben zurzeit eine Chance Geld zu verdienen, es sei denn, sie arbeiten bei den Hilfsorganisationen oder den Internationalen Organisationen (vgl. Diakonie, Zur Lage im Kosovo, 20.10.1999). Lehrer, Ärzte, Krankenschwestern und andere mussten in den ersten Monaten auf die Lohnzahlungen der UNMIK-Verwaltung warten (vgl. Diakonie, Zur Lage im Kosovo, 20.10.1999). Inzwischen erhalten sie aber in der Regel ihren monatlichen Lohn in Höhe von 300,-- DM (StgZ, 28.12.1999). Die Gehaltszahlungen für Richter, Staatsanwälte und andere Angestellte im öffentlichen Dienst, wie Feuerwehrleute, Lehrer und andere erfolgen          aus einem UN-Treuhandfond. Gemäß einer Sondervereinbarung, die am           17. August 1999 in Kraft trat, nahm bzw. nimmt die UNMIK ad hoc-Zahlungen aus dem UN-Treuhandfond an mehr als 2.000 Fachkräfte des Gesundheitswesens vor. In der Regionalverwaltung Prizren wurde am 20. August mit Gehaltszahlungen begonnen. Am 9. August öffneten im Gebiet Pristina fünf Postämter, die Rentenzahlungen an ca. 25.000 Rentner, die seit Februar/März 1999 keine Rente erhalten hatten, vorzunehmen (vgl. UNO-Mission, Übergangsverwaltung im Kosovo, Lagebericht v. 15.10.1999).

Da aber vor dem Krieg 60 % der Bewohner des Kosovo ihr Einkommen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte bezog, der Kleintierbestand  durch die feindseligen Ereignisse um 25 % und der Rinderbestand um die Hälfte reduziert wurde sowie die Weizenproduktion im Jahre 1999 nur 30 % des Bedarfs deckte, ist der größte Teil der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen (vgl. ins Deutsche übersetzte Ausschnitte aus "Complete UN Kosovo Coverage", 17.9.1999), die jedoch gewährleistet ist. So haben Anspruch auf Nahrungsmittelhilfe folgende Personen ohne Zugang zu Nahrungsmitteln bzw. finanzieller Unterstützung: Familien ohne Unterkunft, deren Häuser schwer beschädigt oder vollkommen zerstört wurden, Binnenvertriebene, die wegen des Notstands nicht in ihre Häuser zurückkehren können und derzeit bei Aufnahmefamilien oder in Sammelunterkünften leben, Personen, die auf Dauer erwerbsunfähig sind; Sozialfälle wie Einelternhaushalte, Familien mit mehr als drei Kindern, Familien mit Personen im erwerbsfähigen Alter, die derzeit arbeitslos sind. Anspruch auf eine halbe Ration haben Familien mit einem Einkommen zwischen 50,-- und 80,-- DM pro Person pro Monat. Familien, die auf Grund ihres abgelegenen Wohnorts oder eines niedrigen sozialökonomischen Status große Schwierigkeiten haben, Frischnahrungsmittel zu erhalten, werden mit einer wöchentlichen Lieferung von 1 kg Frischnahrungsmitteln und 1 l Milch unterstützt. Krankenhäuser und soziale Einrichtungen erhalten Grundbedarfs-, Zusatz- und Ergänzungsnahrungsmittel. Der UNHCR hat für die Nahrungsmittelausgabe Vereinbarungen mit Partnerorganisationen getroffen, die die Nahrungsmittelausgabe durch  nachgeordnete Verteilungsorganisationen koordinieren, die über ein umfassendes Netzwerk im ganzen Kosovo verfügen, wie zum Beispiel die Organisation Mutter Theresa und die orthodoxe Kirche (vgl. zu alldem UNHCR, Informationen zur Rückkehr in das Kosovo, Dezember 1999). Nach den Angaben des UNHCR im Kosovo Winterisation Progress Report Nr. 8 vom 28.1.2000 wurden in der Zeit vom   1. Oktober bis zum 31. Dezember an durchschnittlich 900.000 bis zu einer Mio. Bedürftige 46.700 MT-Grundnahrungsmittel verteilt. Bis Ende März 2.000 sollen auch weiterhin an die gleiche Zahl von Bedürftigen Grundnahrungsmittel verteilt werden. Für die Zeit danach wird im Hinblick auf den inzwischen verbesserten Zugang zu Nahrungsmitteln in der ganzen Provinz und wegen der verbesserten Wirtschaftsbedingungen von noch 600.000 Bedürftigen ausgegangen. Über den Winter hatten bis Ende Dezember 262 Dörfer Lebensmittelvorratsrationen für den Zeitraum von zwei bis zu vier Monaten erhalten. Hiermit wurde 66.000 Personen, die in unzugänglichen hochgelegenen Dörfern wohnen, geholfen (UNHCR, Kosovo Winterisation Progress Report Nr. 8, 28.1.2000). Fortgesetzt wird auch die Verteilung von anderen Bedarfsgütern, wie Decken, Matratzen, Hygieneartikel und anderes (UNHCR, Winterisation Progress Report Nr. 8, 28.1.2000).

Den Klägern drohen bei einer Rückkehr in das Kosovo auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren.

Das Kosovo ist trotz der noch von Minen, Sprengmunition und nichtausgelösten NATO-Kampfmitteln ausgehenden erheblichen Gefahren für die Kläger als innerstaatliche Fluchtalternative zumutbar, weil sie sich gegen diese Gefahren in zumutbarer Weise vorsehen können. Nach wie vor muss allerdings auf Grund der Vertreibungsmaßnahmen und der kriegerischen Auseinandersetzungen im Kosovo von der angesprochenen Gefahrenlage ausgegangen werden. Inzwischen ist bekannt, dass die jugoslawische Armee nicht nur die Grenzgebiete zu Albanien und Mazedonien hin, sondern auch Stützpunkte in Wäldern und Ortschaften innerhalb des Kosovo verminte. Der KFOR wurde von 425 derartiger Minenfelder berichtet. Zusätzlich wurden Minen und Sprengfallen zur Terrorisierung der Bevölkerung verlegt. Eine noch höhere Gefährdung geht von einer nicht genau zu quantifizierenden Menge nichtausgelöster NATO-Kampfmittel aus (vgl. AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Die Schweizer Flüchtlingshilfe bezeichnet 3.500 Gebiete als minengefährdet; eine besondere Gefährdung sei im Westen des Kosovo gegeben (SFH, Auskunft an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999). Im Juni/Juli 1999 wurden von der Weltgesundheitsorganisation innerhalb eines Monats 170 Unfälle mit Minen und Blindgängern registriert. UNMIK geht für die Zeit von Mitte Juni bis Ende September 1999 von 44 Todesfällen durch Minen, Sprengfallen und anderen Kampfmitteln aus (AA, 18.10.1999 an VG München). Seit dem August 1999 sind die Unfälle im Zusammenhang mit Minen und auf Grund nicht ausgelöster Kampfmittel aber zurückgegangen (vgl. SFH, Auskunft an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999). Für 80 % der von Serben angelegten Minenfelder bestehen Minenpläne. Die UCK hat hingegen Minen verlegt, ohne die nötigen topographischen Unterlagen zu erstellen (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker - GfbV -, 6.9.1999 an VGH Bad.-Württ.). Auch können bereits als minenfrei identifizierte Flächen nach Regenfällen wegen neu angeschwemmter Minen oder anderer Sprengkörper wieder zu bedenklichem Terrain werden (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Allerdings verringern sich wegen der erfolgreich durchgeführten Minenräumprogramme kontinuierlich die von Minen ausgehenden Gefahren. Die Minenräumprogramme hatten zunächst die Sicherung von Gebäuden, Schulen und deren Umgebung zum Ziel. Ein weiterer Schwerpunkt der Räumungsarbeiten waren im Dezember die Gebiete, in denen elektronische Einrichtungen und Einrichtungen für die Stromversorgung zu reparieren waren. Seit Januar 2000 haben die Räumungsprogramme die Gewährleistung des freien Zugangs zu allen Gebieten im Kosovo zum Ziel (vgl. UNHCR, Kosovo Humanitarian Update Nr. 17 v. 26.11.1999). Das UNMIK-Koordinationszentrum für Minenräumung hat berichtet, dass bereits 1,1 Mio. qm Land von Minen oder nichtexplodierten Munition geräumt worden sei. 16 Minenräumunternehmen erhielten von Spenderorganisationen Geld zur Minenräumung; 12 Organisationen führten auf Provinz- und Gemeindeebene Aufklärungsprogramme in Bezug auf Minen durch (vgl. UNO-Mission, Übergangsverwaltung im Kosovo, Frieden für Kosovo-Lagebericht). Das Auswärtige Amt geht deshalb davon aus, dass die wichtigsten Räumungsarbeiten nach Einschätzung von Experten Ende des Jahres 2000 abgeschlossen sein werden, eine vollständige Räumung aber frühestens nach zwei Jahren erzielt werden kann (AA, 18.10.1999 an VG München). Die damit nach wie vor existenten Gefahren sind jedoch auf Grund der erfolgreichen Minenräumprogramme, der inzwischen gewonnenen Informationen und durch die Aufklärungsprogramme in Bezug auf Minen beherrschbar geworden. Die UNMACC sammelt alle gewonnenen Daten in einem Informationssystem (IMSMA - information management system for mine action - vgl. Kosovo Humanitarian Update Nr. 17, 26.11.1999). Bereits seit Juli 1999 gibt es verschiedene Informationsprogramme im ganzen Kosovo zur Minengefahr (vgl. UNHCR, land mines, UXO and mine action im Kosovo, Juli 1999; Kosovo Humanitarian Update Nr. 21, 11.2.2000). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt deshalb den Rückgang von Unfällen seit August 1999 auch darauf zurück, dass diese Informationsprogramme greifen, d.h., dass die Bevölkerung durch diese Programme über die Gefahren ausreichend in Kenntnis gesetzt wird. Für den, der sich somit vor Ort über die von Minen und Sprengkörpern ausgehenden Gefahren informiert und die gegebenen Hinweise beachtet, ist die Gefahr deshalb ausreichend beherrschbar geworden. Die durch die Beachtung der Gefahrenhinweise zum Teil verbundene Einschränkung der Bewegungsfreiheit, insbesondere in den ländlichen Bereichen, macht alleine eine Rückkehr noch nicht unzumutbar.

Für die Kläger besteht auch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Gefahr, Opfer von Gewalttätigkeiten im Kosovo zu werden. Unter der Voraussetzung einer Zugehörigkeit zu den Kosovo-Albanern ist ihnen bei Betrachtung der Gesamtumstände eine Rückkehr in das Kosovo zuzumuten. Es herrscht zwar eine verbreitete Gewaltbereitschaft und allgemeine bzw. organisierte Kriminalität (vgl. AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999, StgZ v. 28.12.1999). Vor allem Angehörige von Minderheiten waren und sind Opfer von Übergriffen durch Kosovo-Albaner. Die Zahl der Gewaltverbrechen ist inzwischen jedoch erheblich zurückgegangen (vgl. SFH, Lageübersicht Kosova, Oktober 1999, FR v. 25.11.1999). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe berichtet in ihrer Lageübersicht vom Oktober 1999 von sechs Kapitalverbrechen pro Woche im Oktober 1999 gegenüber im Juni 1999 wöchentlich gemeldeten 30 Fällen, wovon 38 % der Opfer albanischer Volkszugehörigkeit waren. Noch als problematisch angesehen wird das Dominanzstreben der ehemaligen UCK (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Allerdings wurde am  20.9.1999 eine Übereinkunft mit der UCK zur Entmilitarisierung und Umwandlung der UCK erzielt, woraufhin die UCK 10.000 Waffen und 7 Mio. Schuss Munition abgab (vgl. UNO-Mission, Auskunft v. 15.10.1999 an VG Sigmaringen). Gleichzeitig stimmte die UCK ihrer Selbstauflösung und der Bildung eines Zivilschutzkorps (Kosovo Protection Corps - KPC -) zu, die zivile Aufgaben wie Katastrophenschutz, Such- und Rettungsdienste, Minenräumungen, Wiederaufbau und humanitäre Hilfseinsätze zur Aufgabe hat (vgl. AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Allerdings wird auch berichtet, dass bei der Rekrutierung der Anwärter für die lokale Polizei von Angehörigen der ehemaligen UCK großer Druck gemacht wurde, damit ehemalige UCK-Kämpfer berücksichtigt werden (SFH, Lageübersicht v. Oktober 1999). Auch muss davon ausgegangen werden, dass nicht alle und nicht die besten Waffen und nicht alle Munition abgeliefert wurden. Ein Programm unter IOM-Führung sieht aber vor, ehemalige UCK-Angehörige durch schulische und berufliche Bildungsprogramme, Stipendien, Arbeitsvermittlung, Existenzgründungskredite usw. ins Zivilleben zu integrieren (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Für die Kläger als Kosovo-Albaner stellen jedenfalls die Versuche ehemaliger UCK-Kämpfer, Machtpositionen u.a. in Gemeinden und bei der Polizei zu besetzen, keine erhebliche Gefahr dar. Zwar ist die Sicherheitslage auch deshalb nach wie vor kritisch, weil von den vorgesehenen 3.100 Polizisten (so AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999) bzw. 4.800 Polizisten (so FAZ v. 3.1.2000) der internationalen Polizeieinheit Anfang Januar erst 1.750 einsatzbereit waren und nach Auffassung des UN-Beauftragten Bernhard Kouchner mindestens 7.000 internationale Polizisten benötigt werden (FAZ v. 3.1.2000). Als weiteres Problem zeigt sich, dass die bereits eingetroffenen internationalen Polizisten aus den verschiedensten Ländern der Welt stammen und deshalb mit den speziellen Verhältnissen im Kosovo nicht vertraut und darüber hinaus auf Dolmetscher angewiesen sind (StgZ v. 28.12.1999). So lange diese aufgezeigten Defizite bestehen, übernehmen aber auch die KFOR-Streitkräfte, obwohl dafür nicht ausgebildet, in kooperativer Weise Polizeiaufgaben (vgl. UNHCR, Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo v. 11.2.2000; FAZ v. 3.1.2000). Auf Dauer wird sich auch positiv auswirken, dass mit der Ausbildung einer multi-ethnischen Polizei, der KPS     - Kosovo Police Service -, begonnen wurde (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Die Polizeirekruten besuchen einen fünfwöchigen Kurs bei der UN überwachten Polizeidienstschule in Vucitrn/Vushtrri, an den sich ein      19-wöchiger Außendienst im Rahmen der Ausbildung unter Anleitung von internationalen Polizisten anschließt (vgl. UN, ins Deutsche übersetzte Ausschnitte aus "Complete UN Kosovo Coverage"; UNHCR, Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo, v. 11.2.2000).

Ein weiterer die Sicherheitslage stabilisierender Faktor ist die erfolgte Klärung der Frage der anzuwendenden Strafgesetze sowie die Ernennung von Berufsrichtern, Laienrichtern und Staatsanwälten. Am 12. Dezember wurden zwei Verordnungen (Nr. 1999/24 und Nr. 1999/25) verabschiedet, wonach für den Angeklagten nunmehr in Strafverfahren die für ihn günstigste Regelung von allen Gesetzen gilt, die am 22. März 1989 in Kraft waren, und nicht mehr nur, wie zunächst vorgesehen, die am 24.3.1999 in Kraft gewesenen Strafgesetze der Bundesrepublik Jugoslawien (vgl. Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo, S. 12). Da damit im Fall der günstigeren Regelung auch früheres albanisches Strafrecht zur Anwendung kommen kann, wird dies voraussichtlich zur größeren Akzeptanz von Strafmaßnahmen führen. Im Januar 2000 legten außerdem 180 Richter, 73 Laienrichter und 39 Staatsanwälte ihren Eid ab. Da bis dahin nur 30 Strafrichter, 5 Zivilrichter und 12 Staatsanwälte im Amt waren, wird die im Januar 2000 erfolgte erhebliche Verstärkung der Justiz dazu führen, dass in geringerer Zahl Beschuldigte aus der U-Haft entlassen werden müssen, ohne dass Anklage erhoben werden konnte (vgl. Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo, 11.2.2000).

Auch die jüngsten Spannungen und Auseinandersetzungen in Mitrovica führen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Gefahrenlage für die Kläger. Bei den Auseinandersetzungen in Mitrovica handelt es sich um lokal eng begrenzte Ereignisse, die in Bezug auf den gesamten Kosovo nicht verallgemeinert werden können und ihre Ursache in der faktischen ethnischen Teilung der Stadt haben. Da es aber in den übrigen Teilen des Kosovo auf Grund der seit Juli 1999 von der albanisch-stämmigen Bevölkerung ausgehenden Vertreibungsaktionen, von Ausnahmen abgesehen, keine serbischen Volkszugehörigen mehr gibt, ist nicht ersichtlich, dass dort ein nennenswertes, der Annahme hinreichender Sicherheit entgegenstehendes Gefährdungspotential bestehen könnte. Selbst wenn die Unruhen im Nordteil von Mitrovica von der Bundesrepublik Jugoslawien gesteuert werden sollten, sind entsprechende Aufwiegelungsversuche im restlichen Kosovo wegen der dort fehlenden serbischen Bevölkerung nicht zu erwarten (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl v. 2.3.2000 - A 14 S 415/00 -).

Den Klägern drohen bei einer Rückkehr in das Kosovo auch nicht gesundheitliche Risiken und Gefahren, die nicht beherrschbar wären. Im Kosovo herrschen derzeit keine Epidemien, mit ihnen ist auch nicht zu rechnen (SFH, Stellungnahme an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999). Allerdings wurde der Gesundheitssektor durch die gewalttätigen Auseinandersetzungen schwer in Mitleidenschaft gezogen (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Demzufolge war  der Zustand der Krankenhäuser, was die technischen Einrichtungen und das medizinische Material angeht, bisher schlecht. Dies galt auch für das Krankenhaus von Pristina, dem Überweisungskrankenhaus für das gesamte Kosovo. Weder war dort die allgemeine Versorgung der Patienten zufrieden stellend, noch gab es die Möglichkeit der spezifischen medizinischen Versorgung (SFH, Auskunft an VGH Bad.-Württ. v. 8.12.1999). Auch im Krankenhaus von Pristina bestand nicht die Möglichkeit, kompliziertere Behandlungen oder operative Eingriffe vorzunehmen (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Inzwischen haben jedoch die medizinischen Versorgungseinrichtungen im Kosovo in den meisten Orten das Vorkriegsniveau wieder erreicht, wenn auch für alle Fälle gilt, dass das Qualitätsniveau der medizinischen Versorgung wesentlich niedriger ist als in Deutschland. Grundsätzlich können alle Erkrankungen behandelt werden. Allerdings fehlt die früher vorhanden gewesene Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den Spezialkliniken in Belgrad, z.B. für Krebskrankheiten,  und sind entsprechende Einrichtungen im Kosovo noch nicht wieder aufgebaut worden (vgl. AA v. 15.2.2000 an VG Sigmaringen). Jedoch ist die medizinische Grundversorgung und die Versorgung in akuten Notfällen jedenfalls grundsätzlich gewährleistet. Zwar stehen die medizinischen Einrichtungen der KFOR grundsätzlich nur der Truppe zur Verfügung. Andere Patienten werden in Notfällen jedoch ebenfalls behandelt (AA v. 15.2.2000 an VG Sigmaringen). In der Universitätsklinik in Pristina ist die Versorgung mit Medikamenten am besten, in den übrigen Krankenhäusern steht allerdings nur eine geringere Bandbreite an Medikamenten zur Verfügung (AA, ad hoc-Lagebericht v. 15.2.2000 an VG Sigmaringen). Die internationale Gemeinschaft kann aber in der Regel, sofern die Finanzlage es zulässt, jedes Medikament beschaffen (AA v. 15.2.2000 an VG Sigmaringen). Für Patienten, die weder im Krankenhaus von Pristina noch in den Feldhospitälern der KFOR behandelt werden können, betreibt der IOM in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation ein Programm zur Evakuierung medizinischer Notfälle (vgl. ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Ansonsten wird in den fünf geschaffenen Verantwortungsgebieten (AORs - Areas of responsability) alles unternommen, um die Grundversorgung zu gewährleisten (SFH, Lageübersicht v. Oktober 1999). Auch die internationalen Hilfsorganisationen bemühen sich um eine medizinische Grundversorgung der Bevölkerung (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). Ein Hilfsprogramm des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) sieht humanitäre Sofortmaßnahmen vor und stellt in regionalen Krankenhäusern außerdem die technische Grundausstattung zur Verfügung (AA, ad hoc-Lagebericht v. 8.12.1999). UNMIK, UNHCR, WHO und die KFOR sowie verschiedene sogenannte Nichtregierungsorganisationen (non government organisation - NGOs -) sorgen für den Zugang auch isolierter Ortschaften zu Gesundheitsprogrammen. Bei dieser Gelegenheit ermittelte Notfälle werden zu den KFOR-Feldlazaretten gebracht (vgl. Kosovo Humanitarian Update Nr. 17 v. 26.11.1999). Die Organisation "Mutter Theresa" gewährleistet ebenfalls eine rudimentäre medizinische Grundversorgung (SFH, Lageübersicht v. Oktober 1999). Der Aufbau des Gesundheitswesens macht auch weitere Fortschritte. Im Oktober 1999 verabschiedete UNMIK gesundheitspolitische Richtlinien. Diese sehen u.a. die Einrichtung von sogenannten Familiengesundheitszentren vor (vgl. Kosovo Humanitarian Update Nr. 21 v. 11.2.2000). Die WHO bildete Ärzte auf dem Gebiet der Kinderheilkunde zum im Kosovo besonders aktuellen Thema der Infektionserkrankungen bei Kindern fort (vgl. Kosovo Humanitarian Update Nr. 17 v. 26.11.1999). Die UNMIK hat im September 1999 mit einem flächendeckenden Immunisierungsprogramm für die 240.000 Kinder im Kosovo begonnen (vgl. ins Deutsche übersetzte Ausschnitte aus "Complete UN Kosovo Coverage" v. 17.9.1999).

Im Hinblick auf das Fehlen einer Asylberechtigung können sich die Kläger danach auch nicht auf ein Abschiebungshindernis nach § 51 AuslG berufen, weil dessen Voraussetzungen, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut, den politischen Charakter der Verfolgung und die anzuwendenden Prognosemaßstäbe betrifft, mit denen einer Asylgewährung deckungsgleich sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.1993m, NVwZ 1993, 500, 603; v. 5.7.1994, Buchholz 402.25, §  AsylVfG Nr. 173). Bei Bestehen einer inländischen Fluchtalternative - wie hier - ist demgemäß auch ein Abschiebungshindernis nach dieser Vorschrift zu verneinen (vgl. Niedersächs. OVG,    Beschl. v. 16.11.1999 - 12 L 4315/99 -, AuAS 2000, 9; Urt. v. 24.2.1999 - 12 L 748/99 -; HessVGH, Urt. v. 15.2.2000 - 7 UE 3645/99.A -).

Die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemachte Aussage der Kläger, nicht albanischer Volkszugehörigkeit zu sein, sondern dem Volk der Ashkali anzugehören, hält der Senat nicht für glaubhaft, wenngleich die Kläger zur Bestätigung eine entsprechende Erklärung des Vereins der "Ashkali Albaner Kosovos" vorgelegt haben. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass diese Behauptung nur dazu dient, die rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Zuerkennung einer Asylberechtigung bzw. des Abschiebungsschutzes nach § 51 AuslG zu erfüllen.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 22.7.1997 - A 14 S 379/97 -) obliegt es dem Asylsuchenden, die den Asylanspruch stützenden Sachverhalte vollständig und in schlüssiger Form vorzutragen. Die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens wird dabei gegebenenfalls durch Widersprüche in der Sachdarstellung, eine Steigerung des Vortrags sowie dadurch in Frage gestellt, dass ein für den erhobenen Anspruch wesentlicher Umstand ohne vernünftige, nachvollziehbare Erklärung erst sehr spät in das Verfahren eingeführt wird (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, Urt. v. 30.10.1990, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschl. v. 21.7.1989, Buchholz, a.a.O., Nr. 113).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe vermag sich der Senat von der Richtigkeit der nunmehrigen Angabe der Kläger über eine Zugehörigkeit zum Volk der Ashkali nicht zu überzeugen. Denn die Kläger hatten sich nicht nur vor dem Bundesamt und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht als albanische Volkszugehörige bezeichnet, sondern noch in dem am Tag vor der mündlichen Verhandlung des Senats eingereichten Schriftsatz Ausführungen zur Gefährdung für ethnische Albaner im Fall einer Rückkehr in den Kosovo gemacht und sich damit erkennbar diesem Volkstum zugeordnet. Die Tags darauf in der mündlichen Verhandlung erstmals aufgestellte Behauptung einer Zugehörigkeit zum Volke der Ashkali ist vor diesem Hintergrund unglaubhaft, zumal ein plausibler Grund für die Abweichung vom früheren Vortrag nicht genannt und auch der (späte) Zeitpunkt des Vortrags nicht plausibel gemacht wurde. Die gleichzeitig vorgelegte Bestätigung des Vereins der "Ashkali Albaner Kosovos" vom 25.3.2000 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, weil ihr für sich genommen kein Beweiswert zukommt. Denn daraus ergeben sich weder objektive Anhaltspunkte für die behauptete Volkszugehörigkeit noch lässt sich daraus entnehmen, ob und anhand welcher Kriterien sich der Verein der Ashkali von der Richtigkeit der Behauptung der Kläger vergewissert hat. Insoweit hält der Senat auch eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht für sinnvoll oder geboten, weil es nach derzeitigem Sachstand bereits an jedem objektiven Ansatzpunkt für eine weitergehende Sachverhaltsermittlung fehlt.

Der Anspruch der Kläger auf Asylgewährung bzw. auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 AuslG wäre allerdings auch dann unbegründet, wenn sie - entgegen der Annahme des Senats - dem Volk der Ashkali zugehören würden.

Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen (amnesty international v. 24.9.1999 an VG Magdeburg; SFH, Lageübersicht Oktober 1999, Lageanalyse März 2000 sowie SFH v. 25.1.2000 an VG Schleswig; AA. v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; Gesellschaft für bedrohte Völker, Dokumentation: "Bis der letzte Zigeuner das Land verlassen hat" v. 30.9.1999; Die Lage der Roma und Ashkali, November 1999) ist zwar nicht zu bezweifeln, dass Angehörige der Ashkali - und ebenso die der Roma - nach dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte in einzelnen Teilen des Kosovo einer brutalen, teils pogromartigen Verfolgung ausgesetzt waren. Die Übergriffe und Willkürakte hatten ihren Höhepunkt unmittelbar nach dem Einmarsch der KFOR-Truppen. Seit Herbst 1999 sind die Verfolgungsakte zwar zahlenmäßig deutlich abgeflacht, unter Umständen aber auch nur deshalb, weil Angehörige dieser Minderheiten          - unter dem Einfluss des Geschehens - vielfach andernorts Zuflucht gesucht oder gar das Land verlassen haben (SFH v. 25.1.2000; AA. v. 28.10.1999).  Ein Asylanspruch der Kläger bzw. ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG besteht jedoch auch angesichts dieser Vorgänge nicht, weil die Verfolgungsmaßnahmen weder durch die Staatsgewalt oder einzelne staatliche Organe initiiert waren noch diese hieran eine (asylerhebliche) Verantwortlichkeit trifft. Der Anspruch auf Asyl- und ebenso der in den Voraussetzungen insoweit deckungsgleiche Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 AuslG - besteht nämlich nur im Falle einer "politischen" Verfolgung. Diese setzt voraus, dass ein Ausländer von staatlicher oder quasi-staatlicher Verfolgung bedroht ist. Eine vom Staat ausgehende oder ihm zurechenbare Verfolgung erfordert, dass ein Staat auf seinem Staatsgebiet eine organisierte Herrschaftsmacht mit prinzipiellem  Gewaltmonopol (Staatsgewalt) über seine Bevölkerung  (Staatsvolk) auf einem begrenzten Territorium (Staatsgebiet) effektiv und dauerhaft ausübt (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.8.1996, BVerwGE 101, 328, 331). Die Gebietsgewalt als räumlich umfassende Herrschaftsmacht muss auch tatsächlich verwirklicht sein. Fehlt sie, kann der Staat die ihm wesenseigene Friedensfunktion nicht wirksam erfüllen und - als Kehrseite davon - auch nicht politisch verfolgen. Von einer als quasi-staatlich einzustufenden Gebietsgewalt kann - nur - dann gesprochen werden, wenn sie auf einer staatsähnlich organisierten, effektiven und stabilisierten Herrschaftsordnung beruht. Dabei erfordern Effektivität und Stabilität eine gewisse Stetigkeit und Dauerhaftigkeit der Herrschaft, verkörpert vorrangig in der Durchsetzungsfähigkeit und Dauerhaftigkeit des geschaffenen Machtapparats (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.8.1996, a.a.O.). Insoweit ist das Element der Stetigkeit und Dauerhaftigkeit auch ein entscheidendes Kriterium dafür, ob ein Anspruch auf Asyl und auf Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG anzuerkennen ist.

Bei Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe scheidet ein Anspruch der Kläger auf Asyl bzw. der begehrte Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG selbst dann aus, wenn es sich bei ihnen um Angehörige der Ashkali handelt. Denn Angehörige der Ashkali und der Roma sind im Kosovo zu keinem Zeitpunkt, insbesondere auch nicht seit dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und dem Einmarsch der KFOR-Truppen, von einer staatlichen oder quasi-staatlichen Macht verfolgt worden. Auch ist nicht zu befürchten, dass Angehörigen dieser Minderheiten in absehbarer Zeit, d.h. in einem prognostisch überschaubaren Zeitraum, von staatlicher oder quasi-staatlicher Verfolgung bedroht wären.

Eine (asylerhebliche) Verfolgung der Minderheit der Ashkali und Roma durch serbische Staatsorgane bis zu deren Abzug aus dem Kosovo im Zusammenhang mit dem von der Bundesrepublik Jugoslawien angenommenen Friedensplan und der vom Sicherheitsrat beschlossenen Resolution Nr. 1244 vom 10. Juni 1999 (EuGRZ 1999, 362) wurde von den Klägern nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Angehörige dieser Volksgruppen in der Zeit danach auf dem Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb des Kosovo politisch verfolgt wurden. Dagegen spricht auch schon der Umstand, dass - nach Einschätzung der Gesellschaft für bedrohte Völker (Dokumentation v. 30.9.1999: Die Vertreibung der Roma, S. 2, Anm. 1) - seitdem bis zu 60.000 Roma und Ashkali aus dem Kosovo in (Rest-)Serbien Zuflucht gesucht haben. Im Kosovo haben seit dem Einmarsch der KFOR-Truppen die Organe der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien ihre Gebietsgewalt verloren und scheiden damit als Urheber einer politischen Verfolgung aus. Die alleinige Staatsgewalt im Kosovo wird seitdem, wie bereits dargelegt, durch die KFOR-Truppen und die auf der Basis des UN-Sicherheitsratsbeschlusses installierte Übergangsverwaltung - UNMIK - ausgeübt. Ob deren - auf das Gebiet des Kosovo beschränkte - Herrschaftsmacht als staatliche oder (nur) als quasi-staatliche Gebietsgewalt einzustufen ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die von der UNO getragenen und gestützten Staatsorgane unmittelbar Urheber einer gegen Angehörige der Ashkali und Roma gerichteten individuellen oder gruppengerichteten "staatlichen" Verfolgung seien.

Nach Einschätzung einzelner Beobachter verfügen allerdings die ehemalige Befreiungsarmee Kosovos (UCK) und ihr nahe stehende gesellschaftliche Gruppierungen seit dem Einmarsch der KFOR-Truppen in den Kosovo dort noch immer über starken politischen Einfluss (Die Welt v. 20.9.1999: Die UCK ist tot, es lebe die UCK; und v. 3.8.1999: Der albanische Staat Kosovo ist Realität; Süddeutsche Zeitung v. 11.8.1999: Mit Gewalt ins Machtvakuum; Frankfurter Rundschau v. 4.8.1999: Menschenrechtler sehen UCK hinter Gewalttaten und v. 24.1.2000: Quo vadis, Kosovo). Auch werden teilweise ehemalige Mitglieder und Sympathisanten dieser Organisation - neben anderen albanischen Extremisten - in den vorliegenden Erkenntnissen mit den zuvor geschilderten Übergriffen gegen Minderheiten, namentlich die Ashkali und Roma, in Verbindung gebracht (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker v. 17.8.1999 an VG Göttingen; Dokumentation der Gesellschaft für bedrohte Völker v. 30.9.1999: Bis der letzte Zigeuner das Land verlassen hat; SFH v. 25.1.200 an VG Schleswig; amnesty international v. 24.9.1999 an VG Magdeburg). Inwieweit diese Feststellungen zutreffen, für die allerdings gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die ehemalige Befreiungsarmee Kosovos (UCK) dort auch derzeit noch über (partielle) Machtstrukturen verfügt, und weiterhin annimmt, dass sich Mitglieder dieser Organisation aktiv an Willkürhandlungen und gewaltsamen Übergriffen gegen Ashkali und Roma beteiligt haben, kann hieraus ein Anspruch auf Asyl bzw. auf Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG nicht hergeleitet werden. Denn weder die UCK noch die ihr nahe stehenden gesellschaftlichen Gruppierungen üben im Kosovo derzeit im vorgenannten Sinne eine effektive Herrschaftsmacht aus, die eine "politische" Verfolgung der dort lebenden Minderheiten ermöglichen würde. Der Einordnung der UCK als quasi-staatliche Gebietsgewalt steht bereits der Umstand entgegen, dass es sich bei ihr derzeit nicht mehr um ein homogenes Gebilde handelt, das über eine einheitliche Willensbildung und eine hierarchische Befehlsstruktur verfügt (vgl. hierzu Süddeutsche Zeitung v. 11.8.1999; Die Welt v. 20.9.1999, FR v. 24.1.2000). Nach den vorgenannten Erkenntnisquellen ist die ehemalige Befreiungsbewegung Kosovo vielmehr in mehrere politische Parteien und Bewegungen aufgespalten, die ihrerseits um die Macht konkurrieren und bestrebt sind, sich für die kommenden Wahlen eine vorteilhafte Ausgangsposition zu verschaffen. Hiermit stimmt auch die Einschätzung der Situation durch die Schweizer Flüchtlingshilfe überein. In deren Lageanalyse Kosovo - März  2000 (S. 13) heißt es allgemein, dass die Annahme, auf albanischer Seite sei nach wie vor eine organisierte politische und militärische Machtstruktur vorhanden, falsch sei. Kenner der Situation seien sich darin einig, dass die albanische Gemeinschaft - u.a. auch auf Grund von Repressalien, Diaspora und schließlich Krieg - zugleich eng ineinander verflochten und stark fragmentarisiert sei. Es sei zwar Thaqi mit seiner provisorischen Regierung gelungen, ein Netzwerk von Verwaltungsstrukturen zu etablieren, diese seien jedoch, soweit sie noch bestehen, primär eher familiären und lokalen Eigenheiten und Interessen verpflichtet als einer zentralisierten Hierarchie. Bezeichnend für die inhomogene Struktur der ehemaligen UCK ist im übrigen auch, dass, wie dargelegt, diese von Beobachtern als Urheber der Verfolgung gegen Ashkali und Roma genannt wird, andererseits aber auch vereinzelt davon berichtet wird, Mitglieder der UCK hätten sich schützend vor Roma und Ashkali gestellt und deren Vertreibung verhindert (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker v. 30.9.1999: Die Vertreibung der Roma aus dem Kosovo, S. 26). Von einer effektiven Gebietsgewalt mit einheitlicher Willensbildung und der Fähigkeit, diese auch durchzusetzen, kann deshalb im Hinblick auf die ehemalige UCK derzeit nicht - mehr - gesprochen werden. Von einzelnen Gruppierungen der UCK ausgehende Gewalttaten gegen Minderheiten sind deshalb insoweit auch nicht Ausprägung einer staatsähnlich organisierten, effektiven und stabilisierten Herrschaftsordnung, sondern Willkürhandlungen einzelner Machthaber, die nicht durch eine quasi-staatliche Gebietsgewalt autorisiert sind.

An dieser Einschätzung würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn es zuträfe, dass sich an den Übergriffen gegen Minderheiten auch Mitglieder und Sympathisanten der UCK beteiligt haben, die als von der Übergangsverwaltung eingesetzte Bürgermeister oder sonstige Amtsträger über eine legale Amtsgewalt verfügten. Denn da die KFOR-Truppen und die UNMIK als derzeit alleinige Herrschaftsmacht im Kosovo Übergriffe dieser Art - und die dahinter stehende Absicht, ethnische Minderheiten aus dem Kosovo zu vertreiben - keinesfalls billigen, würde es sich auch insoweit um Exzesstaten einzelner Amtswalter handeln, für die keine staatliche Verantwortlichkeit besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.5.1993 - 2 BvR  1989/92 -, InfAuslR 1993, 310; Beschl. v. 20.5.1992 - 2 BvR 205/92 -, InfAuslR 1992, 283). Auch insoweit wäre demnach nicht von einer "staatlichen" Verfolgung auszugehen.

Damit wird jedoch nicht in Frage gestellt, dass Minderheiten im Kosovo, namentlich die Ashkali und Roma, in vielfältiger Form Bedrohungen und Übergriffen ausgesetzt waren und sind. Die Beweggründe und die Zielrichtung der gegen diese Minderheiten gerichteten Aktionen sind jedoch ebenso wenig eindeutig geklärt wie deren Urheber und verantwortliche Akteure (vgl. hierzu Schweizer  Flüchtlingshilfe v. 20.1.2.000, S. 2). Als Motiv für die Gewalttaten kommt sowohl ein planvolles Vorgehen extremistischer Albaner mit dem Ziel der Herstellung eines ethnisch reinen, ausschließlich albanisch besiedelten Kosovo als auch der Wunsch albanischer Bevölkerungskreise nach Rache an Minderheiten wegen deren Solidarität mit der serbischen Besatzung und der Beteiligung an serbischen Gräueltaten in Betracht (vgl. Rathfelder in: Hannoversche Allgemeine v. 30.7.1999: Neben Serben sind auch Roma bedroht). Denkbar ist allerdings auch, dass es sich bei den Übergriffen gegen Ashkali und Roma um Auswirkungen der allgemein vorherrschenden Kriminalität und mafioser Strukturen handelt, die in Angehörigen von Minderheiten ein bevorzugtes Opfer sehen (vgl. SFH v. 25.1.2000). Abschließender Feststellungen bedarf es jedoch insoweit nicht. Für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht nämlich, auch soweit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit - mit der Folge, dass deswegen Asyl bzw. Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG zu gewähren ist - nur dann, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützt, gebilligt oder tatenlos hingenommen haben. Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartigen Anschlägen wirkungsvoll zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht (BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391; Urt. v. 23.7.1991 - 9 C 154.90 -, InfAuslR 1991, 363; Beschl. v. 24.3.1995 - 9 B 747.94 -, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 177). Aus den erwähnten Übergriffen und Anschlägen gegen Ashkali und Roma im Kosovo lassen sich deshalb weder ein Asylanspruch noch der begehrte Abschiebungsschutz herleiten. Denn hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die im Kosovo zwischenzeitlich stationierten Polizeikräfte und KFOR-Einheiten nicht Willens seien, die Angehörigen von Minderheiten vor extremistischen Anschlägen und Gewalttaten zu schützen, bestehen nicht. Soweit in einzelnen Erkenntnissen von einer bewussten Untätigkeit und gar einer absichtlichen Vereitelung des Schutzes vor möglichen Angriffen durch Einheiten der KFOR-Truppen gesprochen wird (so Polansky: Die britische Lösung des Flüchtlingsproblems, in: Gesellschaft für bedrohte Völker: Bis der letzte Zigeuner das Land verlassen hat v. 30.9.1999 hinsichtlich des britischen Kontingents; v. Holtey, Zweite Reise zur Erkundung der Lage v. 22.2.2000, S. 19, hinsichtlich der französischen Einheiten), handelt es sich, sofern die Berichte nicht schon als solche  Ausdruck einer grundsätzlichen Fehleinschätzung der Situation sind, jedenfalls um von der KFOR und der Übergangsverwaltung nicht gebilligte (exzessive) Verhaltensweisen, die außerhalb der Verantwortlichkeit der Staatsgewalt stehen. Denn dass, wie dies die vorerwähnten Erkenntnisse teilweise unterstellen, Angehörige der Minderheiten nicht nur - mangels ausreichender Mittel - unzureichend geschützt, sondern bewusst ihres Schutzes beraubt wurden, um sie zur Auswanderung zu bewegen, ist schon deshalb völlig unwahrscheinlich, weil eine solche Verhaltensweise dem Ziel zuwiderlaufen würde, das dem militärischen Einsatz der NATO zugrunde liegt, nämlich im Kosovo ein multi-ethnisches Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Die Tatsache, dass angesichts der Größe des Landes und der vielfach zersplitterten Siedlungsstruktur der Minderheiten ein wirksamer Schutz sehr erschwert und vielfach nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass die Minderheitsangehörigen vom angestammten Wohnsitz in bestimmte, den Minderheiten vorbehaltene Enklaven und Flüchtlingslager umsiedeln, reicht für sich nicht aus, eine staatliche Verantwortlichkeit für die fortbestehende Bedrohung der Minderheiten durch die albanische Bevölkerung zu begründen. Auch insoweit ist deshalb der begehrte Asylanspruch und Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG zu verneinen.

Auch der - fürsorglich - geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG besteht nicht.

Anhaltspunkte dafür, dass für die Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG bestehen könnte, liegen nicht vor. Ebenso wenig sind, soweit sich die Kläger auf die allgemeine Gefahrenlage im Kosovo berufen haben, die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG erfüllt. Bei einer allgemeinen Gefahrenlage kann, wenn eine Anordnung der obersten Landesbehörde nach § 54 AuslG nicht vorliegt, ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nur dann bejaht werden, wenn die Gefahrenlage landesweit so beschaffen ist, dass der von einer Abschiebung Betroffene gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert oder der extremen Gefahr ausgesetzt wäre, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 = NVwZ 1996, 199). Da bereits das Vorliegen einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative im Fall der Kläger mit der Begründung bejaht wurde, dass das wirtschaftliche Existenzminimum gewahrt sei und ihnen auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen, kann insoweit auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden. Die im vorliegenden Zusammenhang erforderliche extreme Gefahrenlage kann danach erst recht nicht angenommen werden.

Etwas anderes ergibt sich im Fall der Klägerin Ziff. 2 auch nicht daraus, dass sie nach den Ausführungen im Schriftsatz vom 29.3.2000 an einer psychischen Erkrankung leidet. In der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, InfAuslR 1998, 189; Urt. v. 27.4.1998 - 9 C 13.97 -, InfAuslR 1998, 409; v. 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, AuAS 2000, 14) ist zwar anerkannt, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch darin begründet sein kann, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil dort nur unzureichende Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Eine derartige Befürchtung ist indessen im Fall der Klägerin Ziff. 2 nicht begründet. Denn für die von ihr vorgetragene psychische Erkrankung fehlt es an jeglichen objektiven Anhaltspunkten. Entgegen der Ankündigung im vorgenannten Schriftsatz wurde hierüber ein ärztliches Attest auch weder in der mündlichen Verhandlung vorgelegt noch später nachgereicht.

Die Beklagte kann auch dann nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG verpflichtet werden, wenn man von der erstmals in der mündlichen Verhandlung von den Klägern aufgestellten Behauptung ausgeht, sie gehörten der Volksgruppe der Ashkali an.

Wie dargelegt (vgl. oben), kann eine Verpflichtung zur Feststellung eines solchen Abschiebungshindernisses in den Fällen, in denen die zielstaatsbezogenen Gefahren einer ganzen, nach bestimmten Merkmalen umschriebenen Bevölkerungsgruppe drohen, nur dann erfolgen, wenn eine Entscheidung nach § 54 AuslG nicht ergangen ist und zum andern eine allgemeine extreme Gefahrenlage besteht, die jeden einzelnen zur fraglichen Gruppe gehörenden Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde. Denn nur dann ist aus Gründen vorrangigen Verfassungsrechts (vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) eine Abschiebung unzulässig. Voraussetzung für einen derartigen Feststellungsanspruch ist damit namentlich, dass die oberste Landesbehörde von der ihr in § 54 S. 1 AuslG eingeräumten Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht und keinen Abschiebungsstopp angeordnet hat.

Vorliegend hat jedoch das Land Baden-Württemberg auf die immer noch kritische Lage der Ashkali und Roma im Kosovo reagiert und im Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 02.02.2000 (Az. 4-13-JUG/90) die Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Kosovo betreffend, mit dem die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999 (vgl. hierzu Schreiben des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 24.11.1999 (Az. 4-13-JUG/45) umgesetzt werden sollen, diesen Personenkreis bis auf weiteres ausdrücklich von Abschiebungsmaßnahmen in den Kosovo ausgenommen. In Ziffer 1.2. des vorgenannten Erlasses wird ausgeführt, dass Abschiebungsmaßnahmen bis auf weiteres auf albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo beschränkt sind. Dass damit nicht auch Angehörige der Volksgruppe der Ashkali und Roma gemeint sind, erschließt sich aus Ziffer 2.1.3 des Erlasses, wonach - abweichend von der Grundregel - auch bei Straftätern an-derer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo (insbesondere Serben, Roma, Ashkali), deren Haftentlassung bevorsteht und die schwere Straftaten begangen haben, nach erfolgter Einzelfallprüfung eine Aufenthaltsbeendigung in Betracht kommen kann. Schließlich werden in Ziffer 3.1 auch alle in Mischehen verheiratete, aus dem Kosovo stammende Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien ausdrücklich von einer Abschiebung ausgenommen, d.h. insoweit auch ausdrücklich die Ehegatten albanischer Volkszugehörigkeit. Dass nicht-albanische Straftäter, die sich in Haft befinden und schwere Straftaten begangen haben, nicht generell zu dem durch den Erlass begünstigten Personenkreis rechnen, ist angesichts des durch § 54 AuslG der obersten Landesbehörde eingeräumten weiten politischen und nicht rechtlich determinierten Ermessens (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - E 99, 324 <326 f.>) gerichtlicherseits nicht zu beanstanden, insbesondere ist sie auch ausreichend bestimmt (vgl. z.B. auch den in § 48 Abs. 3 S. 1 AuslG verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriff der schweren bzw. besonders schweren Straftat; vgl. hierzu GK-AuslR § 48 RdNr. 105 ff.). Es kann auch daraus, dass der Erlass nicht der in § 54 S. 1 AuslG verwendeten Begrifflichkeit folgend ausdrücklich von einer Aussetzung der Abschiebung spricht, nicht etwa hergeleitet werden, dass es sich der Sache nach nicht um eine Anordnung im Sinne dieser Vorschrift handelt, die die Rechtsfolge des § 55 Abs. 2 letzte Alt. AuslG nach sich zieht. Denn nach der Struktur des Ausländergesetzes kann im Falle eines ausdrücklichen Nichtbetreibens der Aufenthaltsbeendigung, was unzweideutig in Ziffer 1.2. des Erlasses zum Ausdruck gebracht wird, der aufenthaltsrechtliche Status nicht in der Schwebe und demzufolge ungeregelt bleiben (vgl. im Einzelnen: BVerwG, U.v. 25.09.1997   - 1 C 3.97 - E 105, 232 <236>; U.v. 21.03.2000 - 1 C 23.99). Jenseits einer ausdrücklichen Legalisierung des Aufenthalts, einer förmlichen Aussetzung der Abschiebung oder einer (unverzüglichen) Aufenthaltsbeendigung sieht das Ausländergesetz keinen weiteren zusätzlichen "faktischen Aufenthaltsstatus" vor. Inhalt und Tragweite des Erlasses können daher nicht losgelöst von diesen ausländergesetzliche Grundlagen beurteilt und bestimmt werden. Dass die Geltungsdauer des Erlasses insoweit nicht befristet ist, steht seiner Qualifizierung als Abschiebestoppregelung im Sinne von § 54 S. 1 AuslG nicht entgegen. Einer Befristung kommt keine konstituierende Bedeutung zu. Die in § 54 S. 2 AuslG enthaltene Sechs-Monatsfrist begründet lediglich das Erfordernis des Einvernehmens des Bundesministeriums des Innern, wenn die Abschiebung von vornherein länger als sechs Monate ausgesetzt werden soll (vgl. zur Problematik einer Verlängerung oder eines Neuerlasses bei oder nach Ablauf der Sechs-Monatsfrist: GK-AuslR § 54 RdNr. 129 ff. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, § 54 RdNr. 2 ff.). Eine solche von vornherein die Sechs-Monatsfrist übersteigende Aussetzung der Abschiebung ist jedoch mit der Erklärung, "bis auf weiteres" keine Abschiebungen durchzuführen, nicht verbunden. Die Frage, ob die Erteilung eines Einvernehmens erforderlich ist, wird sich somit erst stellen, wenn über den 02.08. 2000 die Abschiebungen ausgesetzt werden sollen, sofern das Einvernehmen nicht ohnehin bereits vorliegt (vgl. zu den Rechtsfolgen eines fehlenden, aber erforderlichen Einvernehmens: GK-AuslR § 54 RdNr. 146 ff.).

Sollte sich in Zukunft die Erlasslage zulasten der Betroffenen ändern, so könnte dieser Umstand im Wege eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wegen einer erheblichen Veränderung der Sachlage geltend gemacht werden (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 07.09.1999 - 1 C 6.99 - NVwZ 2000, 204).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO sowie § 83 b Abs. 1 AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.