LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2007 - 2 Sa 182/07
Fundstelle
openJur 2012, 135278
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.11.2006 - 2 Ca 763/06 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.05.2006, nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 und nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 zum 30.09.2006 beendet wurde.

Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten ¾, dem Kläger ¼ auferlegt.

Für die Beklagte wird die Revision zugelassen, im Übrigen wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Rechtswirksamkeit zweier außerordentlicher Arbeitgeberkündigungen. Der Kläger verlangt darüber hinaus Weiterbeschäftigung.

Der Kläger ist am 28.09.1964 geboren und ledig. Seit 01.01.1990 ist er bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Tischchef in der Betriebsstätte A-Stadt. Im Anstellungsvertrag für spieltechnische Angestellte vom 17./18.10.1989 ist in den vorgedruckten Teilen in § 2 maschinenschriftlich eingesetzt:

"Der private Umgang mit Gästen der Firma C.  ist untersagt."

In § 10 ist maschinenschriftlich eingesetzt:

"Dem Arbeitnehmer ist es untersagt, Geld an Gäste zu verleihen."

Für die Betriebe der Beklagten existiert eine Hausordnung "klassische Spiele", die u.a. vorsieht, dass es in den Spielstätten verboten ist, Darlehen zu geben oder Pfandgegenstände jedweder Art einzulösen, Geld zu verleihen, zu betteln oder Gäste zu belästigen. Weiter ist das Anbieten von Spielsystemen untersagt. In der Hausordnung sind weiter verboten Privatgespräche jedwelcher Art mit Angestellten der Spielstätte.

Im Anstellungsvertrag haben die Parteien eine Bezugnahme auf die jeweils gültigen tariflichen Regelungen vereinbart. Danach beträgt die Kündigungsfrist 6 Wochen zum Vierteljahresschluss.

Am 22.03.2006 ging bei der Beklagten ein Schreiben eines Herrn U. mit Datum vom 18.03.2006 ein. Dieser was bis dahin langjähriger Stammgast der Beklagten, der nach eigenen Angaben fast täglich zwischen 2000,-- und 4000,-- EUR in der Firma C. A-Stadt eingesetzt hat. In dem vorbezeichneten Schreiben behauptete Herr U. vom Kollegen des Klägers, Herrn T., der als Saalchef bei der Beklagten tätig war, gefragt worden zu sein, mit welcher Tätigkeit er sein Geld verdiene. Er habe ihm erklärt, Goldhandel mit den Banken seines Heimatlandes Zypern zu betreiben. Herr T. habe sich interessiert gezeigt und geäußert, auch gerne in dieses Geschäft einsteigen zu dürfen. Später habe Herr T. gemeinsam mit dem Kläger ihn zu Hause aufgesucht und ihm insgesamt 13.500,-- EUR in bar übergeben. Nach Darstellung des Herrn U. habe das Geld einem Kunden in S-Stadt zukommen sollen, der Partner für diverse Anteile gesucht habe. Der Kunde habe jedoch die Abwicklung aufgrund eines zu niedrigen Tagespreises verschoben. In dem genannten Schreiben äußerte der Zeuge U., aufgrund der Verhaltensweisen der Mitarbeiter, die ihn später vor Gericht auf Rückzahlung des Geldbetrages in Anspruch genommen hätten, werde er die Firma C. nicht mehr betreten, er könne versichern, dass diese Angelegenheit in A-Stadt auch einen erheblichen Imageschaden nach sich ziehen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 21, 24 der Gerichtsakten verwiesen. Der Kläger und Herr T. klagten gegen den Herrn U. vor dem Landgericht Trier auf Rückzahlung von Darlehen. Während sich der Kläger und Herr U. auf eine ratenweise Rückzahlung einigten, wurde die Klage von Herrn T. erstinstanzlich abgewiesen, im Berufungsverfahren änderte das Oberlandesgericht Koblenz durch Urteil vom 23.02.2007 die erstinstanzliche Klageabweisung ab. Es führte aus, zur Überzeugung des Gerichts stehe eine darlehensweise Hingabe des Geldes fest.

Seit diesen Zivilprozessen betrat Herr U. die Firma C. nicht mehr, er zahlte auch die monatlich vereinbarten Raten an den Kläger nicht zurück, sitzt mittlerweise wegen anderer Delikte in Haft.

Die Beklagte beschäftigt ständig weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer, in der Betriebsstätte A-Stadt ist auch ein Betriebsrat gebildet. Bis April 2006 war der Kläger Mitglied des Betriebsrates. Nach Neuwahl ist er Ersatzmitglied.

Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 29.03.2006 den Kläger zu dem Sachverhalt, in Kenntnis gebracht durch das Schreiben des Zeugen U., angehört. Mit Schreiben vom gleichen Tag wies er die Vorwürfe ohne Begründung zurück.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 31.03.2006,

die Zustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten fristlosen hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers.

Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 03.04.2006 seine Zustimmung. Die Beklagte leitete am 05.04.2006 unter dem Aktenzeichen 2 BV 234/06 ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein.

Am 10.05.2007 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers zu. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 33 der Akten verwiesen. Der Betriebsrat führt im Wesentlichen aus, es gebe Berufe, bei denen ungeschriebene Regeln und Gesetze zwangsläufig zur Anwendung kommen müssen. So sei es im Falle des Croupiersberufes unabdingbar, sich die persönliche Integrität zu bewahren und sich auf keinen Fall in ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis mit den Gästen in irgendeiner Form zu begeben.

Mit Schreiben vom 11.05.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich.

In der Güteverhandlung zum vorbezeichneten Beschlussverfahren gab der Kläger an, Herrn U. ein Darlehen gewährt zu haben. Mit Schreiben vom 18.05.2006 an den Betriebsrat der Firma C. beantragt die Beklagte die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen zum 30.09.2006 gemäß § 102, 103 BetrVG an und nahm Bezug auf die Äußerungen in der Güteverhandlung. Diese stehe im Widerspruch zu seiner Behauptung, die Vorwürfe des Herrn U. seien unberechtigt, weil er nunmehr einräume, dem Gast U. ein Darlehen gegeben zu haben. Auch wenn nach wie vor offen sei, wofür die Geldhingabe diene, stelle auch die eingeräumte Darlehenshingabe eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. In diesem Schreiben vertritt die Beklagte die Auffassung, da der Kläger nunmehr lediglich Ersatzmitglied des Betriebsrates sei, sei auch die beabsichtigte ordentliche fristgerechte Kündigung zulässig. Mit der Erklärung vom 22.05.2006 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung zu. Die Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben vom 23.05.2006 das Arbeitsverhältnis außerordentlich, vorsorglich ordentlich zum 30.09.2006.

Der Kläger erhob am 18.05.2006 gegen die außerordentliche Kündigung vom 11.05.2006 Kündigungsschutzklage und begehrte Weiterbeschäftigung. Gegen die Kündigung vom 23.05.2006 hat er mit am 26.05.2006 eingegangenem Schriftsatz seine Klage erweitert.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, der Zeuge U. habe ihn angesprochen, ob er ihm für 5 bis 6 Wochen Geld leihen könne, was er auch getan habe. Er habe sich nicht an einem Goldgeschäft beteiligten wollen.

Die Vereinbarung in dem Arbeitsvertrag hinsichtlich des privaten Umgangs mit Gästen sei unwirksam, weil nicht ersichtlich sei, wo die Grenze zu einem verbotenen privaten Kontakt überschritten sei. Ein absolutes Verbot würde auch gegen sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verstoßen. Die Regelung sei nicht üblich und werde auch tatsächlich nicht umgesetzt, so würden Mitarbeiter sogar aufgefordert, Freunde und Bekannte in die Firma C. mitzubringen sowie Gäste auf Getränke an der Bar einzuladen und mit ihnen über private Dinge zu reden, um ihnen ein möglichst heimisches Gefühl zu geben.

Bei den meisten Firmen C., so auch bei der Spielstätte A-Stadt, seien sogenannten "Avancen" gängige Praxis. Hierbei könne der Tischchef einen bekannten Gast am Spieltisch einen Kredit zum Weiterspielen einräumen, wobei der Tischchef hafte, wenn der Gast bei Spielschluss den Kredit nicht zurückzahlen könne. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie nur bei privaten Zahlungen, nicht aber bei Avancen ein Abhängigkeitsverhältnis des Mitarbeiters zum Gast sehe.

Die Geldhingabe an den Zeugen U. habe keinen Einfluss auf sein arbeitsvertragliches Verhalten gehabt. Er habe keine Möglichkeit gehabt, Spiele zu manipulieren, da er nicht am Tisch mit Jetons arbeite, sondern das Spiel beobachte. Bei Unklarheiten oder Streitfällen entscheide ausschließlich der Saalchef. Hier gelte zumindest das Vier-Augen-Prinzip.

Die Kündigung aus außerdienstlichem Verhalten könne nur gerechtfertigt sein, wenn das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt worden sei, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Die Kündigung sei auch nicht verhältnismäßig, ihr hätte zumindest eine Abmahnung vorangehen müssen.

Der Kläger hat die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates bestritten.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.05.2006 sein Ende gefunden hat,

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 11.05.2006 hinaus tatsächlich weiter fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich weiter zu beschäftigen,

4. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 sein Ende gefunden hat,

5. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 zum 30.09.2006 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung vom 23.05.2006 ausgesprochen zu haben, nachdem der Kläger erstmals im Gütetermin des Verfahrens 2 BV 234/06 am 09.05.2006 eingeräumt habe, dem Zeugen U. ein Darlehen gegeben zu haben.

Aufgrund des ursprünglichen Schreibens des Zeugen U., an dessen Darstellung zu zweifeln kein Anlass bestehe, sei der auf nachweisbare Tatsachen gestützte Verdacht begründet, dass sich der Kläger an spekulativen Goldgeschäften des Zeugen U. bzw. an Goldgeschäften Dritter unter Vermittlung des Zeugen U. beteiligt habe.

Der Kläger kenne diesen Zeugen bereits seit längerem auch privat. Aufgrund der ihm bekannten finanziellen Verhältnisse hätte er keine Geldgeschäfte mit ihm tätigen und auch den Kollegen T. nicht hierzu veranlassen dürfen. Trotz seiner Verantwortung als Tischchef habe er sie nicht unterrichtet, sondern den Zeugen weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen lassen.

Das Verbot des privaten Kontakts zwischen Mitarbeitern und Gästen sei eine ungeschriebene goldene Regel des Firma C.-Gewerbes. Die Aufnahme einer entsprechenden Regelung im Arbeitsvertrag oder eine entsprechende Dienstanweisung sei allgemein üblich.

Zwischen "Avancen" und dem Kündigungssachverhalt bestehe keine Vergleichbarkeit. Diese seien auch im Betrieb in A-Stadt nicht üblich, vielmehr bereits Anfang der 90er Jahre seitens des damaligen Geschäftsführers untersagt worden. Sie würden auch gegen geltendes Recht verstoßen, da nach der Spielordnung des Landes Rheinland-Pfalz Einsätze entweder mit Spielmarken oder in Bargeld zu leisten seien. Sollte der Kläger als Tischchef entsprechende Verfahrensweisen zugelassen haben, wäre dies ein weiterer außerordentlicher Kündigungsgrund.

Zweck des Verbots außerbetrieblicher Kontakte sei es, kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mitarbeitern und Gästen entstehen zu lassen. Die persönliche Integrität und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter, aber auch die wirtschaftlichen Interessen der Firma C. sollten geschützt werden, weil der Kläger als Tischchef unklare Spielsituationen zu Gunsten des Gastes korrigieren könne.

Wegen der weiteren umfangreichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 07.11.2006 verwiesen.

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob sich der Kläger tatsächlich an Goldgeschäften des Zeugen U. beteiligt habe. Dass der Kläger ihm lediglich Geld geliehen habe, reiche bereits aus, um die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Mit dem Berufsbild des Croupiers sei es nicht vereinbar, mit den Gästen der Firma C. Rechtsgeschäfte abzuschließen, da hierdurch berufliche Konfliktsituationen entstehen könnten. Das Bestehen eines Darlehensvertrages zwischen Arbeitnehmer und Gast sei objektiv geeignet, sowohl beim Arbeitgeber als auch bei den Mitspielern Misstrauen gegen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Arbeitnehmers zur Firma C. zu rechtfertigen. Unerheblich sei, dass der Kläger als Tischchef nicht unmittelbar das Spielgeschehen leite, da ihm jedenfalls die Klärung von Streitfällen obliege. Damit bestehe grundsätzlich die Möglichkeit ein Spiel zugunsten eines bestimmten Teilnehmers zu entscheiden, zumal in Zusammenwirkung mit dem gleichermaßen hier involvierten Saalchef T.. Wegen der Gefahr, die berufliche Stellung zu missbrauchen, um einem Gast unberechtigte Gewinne zuzuschanzen und ihn damit in die Lage zu versetzen, Geld zurückzuzahlen, dürfe der Arbeitnehmer am Spiel teilnehmenden Gäste kein privates Darlehen gewähren, unabhängig davon, ob der Arbeitsvertrag ein solches Verbot ausdrücklich vorsehe. Es handele sich um eine Selbstverständlichkeit, die ebenso wie etwa ein Diebstahlsverbot nicht ausdrücklich erwähnt werden müsse. Daher könne dahinstehen, ob §§ 2 und 10 des Anstellungsvertrages oder Nr. 10 der Hausordnung, wonach Privatgeschäfte verboten seien, wirksam seien.

Die Üblichkeit und Zulässigkeit der sogenannten "Avancen" sei ebenfalls unerheblich, weil diese aufgrund vorher festgelegter Regeln sowohl für die Arbeitgeberin als auch für die Mitspieler erkennbar seien.

Einer vorherigen Abmahnung habe es nicht bedurft, da eine Wiederherstellung des für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderlichen Vertrauens nicht möglich erscheine. Der vom Kläger begangene Verstoß habe den Kernbereich des Vertrauensbereichs betroffen.

Die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates habe nach dessen ordnungsgemäßer Anhörung und nach erteilter ausdrücklich erklärter Zustimmung vorgelegen.

Auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, da die Beklagte unverzüglich, nämlich bereits am Folgetag nach der am 10.05.2006 erteilen Zustimmung die fristlose Kündigung ausgesprochen habe. Die Beklagte habe auch bei der vom früheren Betriebsrat verweigerten Zustimmung mit Einleitung des gerichtlichen Beschlussverfahrens die 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.10.2006 - 2 Ca 763/06 - verwiesen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 09.03.2007 zugestellt. Der Kläger hat am 14.03.2007 Berufung eingelegt und nachdem die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis 04.06.2007 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger rügt die Rechtsanwendung im arbeitsgerichtlichen Urteil und macht geltend bei Wahrunterstellung, dass bei der Beklagten sogenannte "Avancen" zulässig seien, ergebe sich eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte daraus, dass zwischen dem Tischchef, der bei Spielende den vorgestreckten vom Spieler nicht zurückgezahlten Betrag aus eigener Tasche begleichen müsse und dem Spieler, der den verauslagten Betrag schuldig geblieben sei, eine Verbindlichkeit entstanden sei. Diese Verbindlichkeit bestehe jedenfalls aus sogenannter Ehrenschuld und würde bei einem künftigen Besuch des Gastes auch nicht offenbar. Der Kläger weist daraufhin, dass eine Spielmanipulation oder der Versuch einer Spielmanipulation nicht erfolgt sei, seine berufliche Stellung als Tischchef ermögliche es ihm aufgrund des Vier-Augen-Prinzips und der nur mittelbaren Teilnahme am Spielgeschehen nicht, einem Gast unberechtigte Gewinne zuzuschanzen.

Seine privaten Geschäfte mit dem Zeugen U. wurden außerhalb der Arbeitszeit und nicht in den Räumlichkeiten der Firma C. abgewickelt. Es handele sich also um ein außerdienstliches Verhalten, das nur dann einen Kündigungsgrund darstellen könne, wenn es einen konkreten Bezug zu der dienstlichen Tätigkeit habe. Er kenne den Zeugen U. schon seit vielen Jahren. Die private Darlehenshingabe habe auch keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis gehabt. Auch die Ansicht des Arbeitsgerichts, hinsichtlich des Vorwurfs der Beteiligung an Goldgeschäften sei zumindest eine Verdachtskündigung gerechtfertigt, trage nicht. Es sei nicht bekannt, dass es sich bei den Goldgeschäften um strafbare Handlungen handeln würde, auch wäre die Beteiligung des Klägers an Goldgeschäften des Zeugen U. ein außerdienstliches Verhalten, was nur dann kündigungsrelevant wäre, wenn es einen konkreten Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers habe.

Die Ausführungen des Arbeitsgerichts, eine Abmahnung sei entbehrlich, deckten sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Bei der privaten Geldhingabe könne es sich allenfalls um ein außerdienstliches Fehlverhalten handeln. Der Kläger habe annehmen dürfen, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig, zumindest sehe die Beklagte es nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten an. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger wegen der Rückzahlung des Darlehens den Rechtsweg vor dem Landgericht Trier beschritten habe, hieraus sei auf fehlendes Unrechtsbewusstsein zu schließen. Erkennbar sei nicht, worauf das Arbeitsgericht Kenntnis über das Berufsbild eines Croupiers nehme. Ein absolutes Verbot privater Kontakte wie im Arbeitsvertrag vorgesehen, sei weder rechtlich noch praktisch haltbar.

Die Heranziehung der Hausordnung zur Urteilsbegründung sei rechtsfehlerhaft, weil diese sich nicht an Mitarbeiter der Beklagten, sondern an Gäste des Spielbetriebes richte. Insofern bliebe völlig offen, wie eine solche Hausordnung in das Arbeitsverhältnis einbezogen werden konnte. Die herangezogenen Regelungen bezüglich der Darlehen bezögen sich einzig und allein auf Darlehen, die von Gästen an andere Personen gewährt werden und sei daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Beklagte ihre Mitarbeiter gerade dazu angehalten habe, Verwandte, Freunde und Bekannte als Kunden in die Firma C. zu bringen.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei weiter zu berücksichtigen, dass er seit 16 Jahren bei der Beklagten beschäftigt sei und sich bisher stets vertragstreu verhalten habe. Dass er als ehemaliges Betriebsratsmitglied ein Vorbild für andere Mitarbeiter gewesen sei, könne nicht zu seinen Lasten gewertet werden. Mit einer Wiederholungsgefahr sei angesichts des Umstandes, dass er mit der Geldvergabe an den Zeugen U. eine finanzielle Einbuße erlitten habe, nicht zu rechnen. Die vorzunehmende Prognose ergebe somit, dass eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden könne.

Im Termin zur Kammerverhandlung hat der Kläger erklärt, er sei derzeit auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig erkrankt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier abzuändern und

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.05.2006 sein Ende gefunden hat,

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 11.05.2006 hinaus tatsächlich weiter fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich weiter zu beschäftigen,

4. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 sein Ende gefunden hat,

5. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 zum 30.09.2006 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung und macht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu eigen. Tatsächlich sei Herr U. bis zum Januar 2005 regelmäßiger Gast der Beklagten am Standort Trier gewesen. Dem Kläger müsse auch vorgehalten werden, dass er entgegen seiner Verantwortung als Tischchef die Beklagte nicht über finanzielle Probleme des Herrn U. und einen möglichen Ausschließungsgrund vom Spiel unterrichtet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 30.08.2007.

Gründe

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat auch überwiegend Erfolg. Es war festzustellen, dass die Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Abzuweisen war der vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, weil der Kläger aufgrund eigener Erklärungen in der mündlichen Verhandlung auf unabsehbarer Zeit erkrankt ist und daher die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf tatsächliche Beschäftigung zu unveränderten Vertragsbedingungen nicht erfüllen kann.

II.

Soweit der Kläger die Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen beiden Kündigungen sowohl außerordentlich als auch ordentlich geltend macht, ist seine Berufung erfolgreich. Das arbeitsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern.

Zunächst ist festzuhalten, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung dem Kläger rechtswirksam nur eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen werden konnte. Der Kläger war bis einschließlich April 2006 Betriebsratsmitglied. Ehemaligen Betriebsratsmitgliedern kann nach § 15 Abs.1 S. 2 KSchG innerhalb eines Jahres nach Beendigung ihrer Amtszeit nur gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Eine ordentliche Kündigung ist in dem Nachwirkungszeitraum ausgeschlossen.

III.

Das Arbeitsverhältnis ist weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.05.2006 noch durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.05.2006 beendet worden. Diese Kündigungen sind nicht durch wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG gerechtfertigt.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ob ein bestimmter Sachverhalt den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigt, hängt damit wesentlich auch von der Dauer der ohne diese Kündigung verbleibenden Vertragszeit ab.

Im Falle des Bestehens eines besonderen Kündigungsschutzes als ehemaliger Mandatsträger nach § 15 Abs. 1 KSchG ist, um eine Benachteiligung aufgrund der Betriebsratstätigkeit zu vermeiden, maßgeblich, ob dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer, der keinen nachwirkenden Mandatsschutz genießt, dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre (sogenannte fiktive Kündigungsfrist, vgl. BAG v. 27.09.2001, 2 AZR 487/00 = EzA § 15 KSchG nF. Nr. 54). Die fiktive Kündigungsfrist beträgt im Falle des Klägers 6 Wochen zum Quartalsschluss, bei der Kündigung vom 10.05.2005, also der 30.06.2006 bzw. bei der Kündigung vom 23.05.2006 der 30.09.2006.

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist die außerordentliche Kündigung nicht durch einen wichtigen Grund bedingt.

Ein wichtiger Grund liegt nicht vor, wenn man mit dem Arbeitsgericht davon ausgeht, dass entsprechend der Einlassung des Klägers dieser dem Zeugen U. lediglich ein Darlehen gegeben hat und der ursprüngliche Kündigungsvorwurf, er habe sich an spekulativen Goldgeschäften des Zeugen U. beteiligt, nicht zutreffend ist.

Eine schwere regelmäßig schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund an sich rechtfertigen. Ein wichtiger Grund kann dabei nicht nur in einer erheblichen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liegen, weil auch die erhebliche Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten, insbesondere eine Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflichten ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein kann, wenn die vertraglichen Rücksichtnahmepflichten dem Schutz und der Förderung des Vertragszweckes im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB dienen.

Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht verlangt von den Parteien gegenseitig auf die Rechtsgüter und die Interessen der jeweils anderen Vertragspartner Rücksicht zu nehmen (vgl. BAG EzA § 1 KSchG "verhaltensbedingte Kündigung" Nr. 65).

Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Insbesondere bei Arbeitnehmern in einer leitenden Position im Betrieb oder Arbeitnehmern, die mit ihrer Tätigkeit spezifische Vertragspflichten übernommen haben, hat deren Stellung unmittelbaren Einfluss auf die vertraglichen Pflichtenstruktur. Das gilt insbesondere, wenn berechtigte Belange des Arbeitgebers erheblich gestört werden, weil das Verhalten des Arbeitnehmers geeignet ist, den Ruf des Arbeitgebers im Geschäftsverkehr zu gefährden.

Unter Berücksichtigung vorstehender Kriterien kann ein Grund, der die Beklagte berechtigt, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder ohne eine vorherige vergebliche einschlägige Abmahnung zu beenden, nicht festgestellt werden.

Dabei kann zunächst dahinstehen, ob die Regelung in § 2 des Anstellungsvertrages, wonach der private Umgang mit Gästen der Firma C. untersagt ist und die Regelung in § 10, wo die Darlehenshingabe an Gäste verboten wird, sich als rechtswirksam erweist. Hierzu bestehen nicht nur unter dem Gesichtspunkt des § 307 BGB erhebliche Bedenken. Eine Vertragsauslegung ergibt zunächst einmal, dass hier ein erkennbarer Bezug zu einem Gast, das ist ein Kunde, der die Firma C. besucht, hergestellt wird. Mit dieser vertraglichen Regelung kann nicht jeder private Kontakt mit Personen gemeint sein, die irgend einmal eine Firma C. besucht haben und damit als Gast für jedweden privaten Kontakt des Klägers ausscheiden würden. Die würde wie vom Kläger zutreffend hervorgehoben in den privaten Persönlichkeitsbereich des Klägers unangemessen eingreifen. Eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der arbeitsvertraglichen Bestimmungen ergibt daher, dass im Zusammenhang mit Spielgeschäften von Gästen Darlehenshingaben verboten sind, in diesem Zusammenhang erweist sich möglicherweise auch das Verbot des privaten Kontakts, jedenfalls soweit es den Spielbetrieb zum näheren Bezug hat, als nachvollziehbar.

Mag nun zwar sein, dass diese Vertragspassagen dem Kläger das gesteigerte Interesse der Beklagten daran verdeutlichen, keine Beziehung privater oder geschäftlicher Art mit Gästen zuzulassen, sofern dann die Unparteilichkeit des Klägers im Spielbetrieb gefährdet erscheint, erscheint es durchaus möglich, dass ein Verstoß gegen vertragliche Rücksichtnahmeverpflichtungen dadurch begründet ist, dass der Kläger unter den von ihm selbst geschilderten Umständen zumindest ohne vorherige Information der Beklagten dem Zeugen U., der Stammgast der Beklagten war und dort erhebliche Umsätze tätigte, Geld geliehen hat.

Als Firma C. -Betreiberin ist die Beklagte zwar darauf angewiesen, dass alles unterbleibt, was das Vertrauen der Gäste in einen beeinflussungsfreien transparenten Spielverlauf gestattet. Dieses legitime Interesse ist offensichtlich und kommt auch in den vorbezeichneten Bestimmungen des Anstellungsvertrages zum Ausdruck. Ferner findet es Niederschlag auch in § 10 der Hausordnung.

Soweit der Kläger rügt, dass diese Hausordnung nicht Gegenstand seines Anstellungsvertrages ist, vermag dieser Einwand nicht zu überzeugen. Die Hausordnung richtet sich selbstverständlich nur zunächst an die Gäste. Der Kläger ist als Angestellter der Beklagten allerdings kraft seines Arbeitsvertrages verpflichtet, die Hausordnung gegenüber den Gästen durchzusetzen, denn wer sonst außer den Mitarbeitern der Firma C. sollte dies tun. Dass die Beklagte berechtigt ist, das Verhalten der Gäste zu reglementieren, insbesondere ihnen zu untersagen, Darlehen zu geben, Geld zu verleihen, zu betteln oder Gäste zu belästigen, steht außer Diskussion. Mit Erfolg kann der Kläger daher nicht geltend machen, er habe vom Inhalt der Hausordnung keine Kenntnis bzw. diese sei in keiner Weise für sein Arbeitsvertragsverhältnis relevant.

Im Ausgangspunkt teilt die Kammer die Einschätzung der Beklagten, dass der Geschäftserfolg der Beklagten entscheidend auch von dem Vertrauen der Gäste in einen beeinflussungsfreien Spielbetrieb abhängt und es der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht entspricht, im Rahmen des Zumutbaren alles zu unterlassen, was dieses Vertrauen gefährdet. Diese Verpflichtung traf den Kläger als Tischchef in besonderer Weise, weil er nach seiner eigenen Darstellung auch in dieser Funktion Vorgesetzter mit zumindest mitentscheidungsbefugt ist.

Die Vergabe eines Darlehens an Herr U. unter den vom Kläger selbst geschilderten Umständen stellt eine Verletzung dieser Rücksichtnahmepflicht dar. Durch das Verleihen von Geld können Verbindungen und Verbindlichkeiten entstehen, die den Arbeitnehmer in berufliche Konfliktsituationen bringen können. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer einem Gast privat einen nennenswerten Geldbetrag leiht, dessen Rückzahlung von der wirtschaftlichen Situation des Gastes abhängt, die sich je nach Spielausgang verbessern oder verschlechtern kann. Der kreditgebende Arbeitnehmer kann daher ein Interesse daran haben, dass der Gast am Spieltisch gewinnt, um die Rückzahlung leisten zu können. Die Gefährlichkeit dieser Verflechtungen erweist sich als umso stärker, als die vom Kläger dargestellte Kreditvergabe sich unter nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Umständen vollzog. Ungewöhnlich ist zunächst, dass eine schriftliche Vereinbarung über den Kredit, insbesondere über die Rückzahlungsmodalitäten fehlt und eine kreditübliche Gegenleistung nicht ersichtlich ist. Ungewöhnlich ist weiter, dass die Kreditvergabe offensichtlich ohne Bestellung jedweder Sicherheiten schlicht und ergreifend aufgrund des Umstandes erfolgte, dass der Kläger den Zeugen U. von früher privat kannte, wobei die Kammer davon ausgeht, dass dessen finanzielle Unzulänglichkeiten dem Kläger verborgen blieben und die Kammer weiter davon ausgeht, dass der Zeuge U. den Kläger und Herrn T. mit der Entgegennahme des nicht unerheblichen Geldbetrages wissentlich geschädigt hat. Eine besonders enge freundschaftliche Beziehung oder eine verwandtschaftliche Beziehung, die eine Darlehensgewährung unter den geschilderten Umständen nachvollziehbar gemacht hätten, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen, er hat sich vielmehr auch im Verfahren vor der Kammer darauf eingelassen, dass er der Seriosität und der Solvenz des Zeugen U. vertraut hat.

Durch die zweifelhaften Umstände einer Kreditvergabe konnte auch eine Gefährdung des Rufs der Firma C. eintreten, insbesondere als Herr U. unverhohlen drohte, der Firma C. einen erheblichen Imageschaden zuzuführen. Allerdings ist hierbei die Intension des Zeugen U. zu beachten, welcher offensichtlich nicht damit gerechnet hat, dass er wegen der Rückzahlung des entgegengenommenen Geldbetrages vom Kläger und dem Zeugen T. vor Gericht in Anspruch genommen wird.

Die Pflichtverletzung des Klägers wird dadurch auch nicht gänzlich ungeschehen gemacht, dass der Kläger im konkreten Fall weder tatsächlich Spielmanipulation begangen oder versucht hat. Das Bestehen des Darlehensvertrages bzw. der Verdacht der Beteiligung an spekulativen Goldgeschäften, wobei hier festzuhalten ist, dass dies allein nicht ausreicht, um eine schwerwiegendere Vertragspflichtverletzung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass es sich hierbei um illegale Geschäfts gehandelt hat, jedenfalls fehlt hier jedweder Vortrag der Beklagten, ist unter Umständen geeignet, sowohl beim Arbeitgeber als auch bei den Mitspielern Misstrauen gegen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Arbeitnehmers der Firma C. und berechtigte Zweifel an einer seriösen und neutralen Stellung des Arbeitnehmers zu begründen.

Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass wie vom Kläger behauptet, von der Beklagten bestritten, bei dieser sogenannten "Avancen" zulässig sein sollen. Nach dem vom Kläger selbst geschilderten Verfahren bei der Gewährung einer "Avance" wird die im Rahmen einer "Avance" geliehene Summe auf dem Spielfeld platziert und der Gegenwert, also die zweite Summe als Beweis für den Kredit auf den Rand des Kreisels gelegt. Aufgrund dieses Verfahrens wäre eine solche Kreditierung für andere Mitspieler und auch für die Arbeitgeberin erkennbar, wobei dieser Erkennbarkeit auch dann und dann insbesondere fortwirkt, wenn der Gast nicht in der Lage sein sollte, die "Avance" sofort zurückzuzahlen, hierfür der Tischchef haftet und dieser Gast dann, sollte er überhaupt wieder Zutritt zur Firma C. erlangen, erneut am Spieltisch auftaucht.

Die Kammer ist der Auffassung, dass durch die Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht das Arbeitsverhältnis auch konkret beeinträchtigt wird, weil durch das Verhalten des Klägers das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Korrektheit beeinträchtigt ist zum anderen auch eine Gefahr einer Rufschädigung bestand.

Letztendlich führt aber die stets vorzunehmende Interessenabwägung dazu, dass es der Beklagten zumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis zumindest bis Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Der Kläger hat sein bisheriges Berufsleben im Firma C. -Betrieb verbracht, er ist zum Zeitpunkt der Kündigung 41 Jahre alt und aufgrund mangelnder anderweitiger Ausbildung voraussichtlich nicht in der Lage, eine andere adäquate Beschäftigung auf Dauer anzutreten. Für die Tätigkeit im Bereich eines Croupiers bei einer Firma C. wäre er bei einer berechtigten außerordentlichen Kündigung auf Dauer nicht prädestiniert. Er wird daher eine adäquate andere Beschäftigung in seinem Beruf voraussichtlich nicht mehr finden können. Zu Gunsten des Klägers ist auch der lange Bestand des Arbeitsverhältnisses bereits seit dem 01.01.1990 zu berücksichtigen, während dessen es keine weiteren Beanstandungen gegeben hat. Zwar ist der Kläger nicht mit Unterhaltspflichten belastet, zu Gunsten der Beklagten spricht die nicht unerhebliche Gewichtigkeit des Verstoßes des Klägers gegen vertragliche Rücksichtnahmepflichten, zu Gunsten des Klägers spricht wiederum, dass eine konkrete Gefährdung des Spielbetriebes nicht eingetreten ist und auch offensichtlich eine konkrete Rufschädigung der Beklagten durch Verlautbarungen des Zeugen U. nicht eingetreten ist. In der Hierarchie des Firma C. - Betriebes ist der Kläger als Tischchef nicht so hoch angesiedelt, dass er besonders schwerwiegend gegen seine Kontroll- und Vorbildfunktion verstoßen hat. Dass der Kläger früher Mitglied des Betriebsrates war, kann ihm nicht besonders zum Vorwurf gemacht werden, weil dies gegenüber einem Nichtbetriebsratsmitglied eine Benachteiligung darstellen würde, wenn allein die Betriebsratseigenschaft erhöhte Anforderungen an die Vorbildfunktion eines Arbeitnehmers auslösen würde.

Angesichts dessen überwiegt das Interesse des Klägers, an einer Beschäftigung zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Auf die Frage, ob eine ausreichende Sanktion des Klägers eine vorherige vergebliche Abmahnung gewesen wäre, kam es entscheidungserheblich nicht an.

Die Beklagte kann, da es ihr zumindest zumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, diese ordentliche Kündigungsfrist aber wegen des nachwirkenden Kündigungsschutzes des Klägers hier versagt bleibt, mit Erfolg das Arbeitsverhältnis nicht außerordentlich beenden und zwar weder aufgrund des Verdachts einer Beteiligung an spekulativen Goldgeschäften, noch der vom Kläger eingeräumten Darlehenshingabe an Herrn U..

IV.

Aus allem ergibt sich, dass das arbeitsgerichtliche Urteil im geschehenen Umfang abzuändern war und festzustellen war, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen der Beklagten nicht beendet wurde.

Wie dargestellt, hat der Kläger keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung, weil dieser nicht erfüllbar ist, somit war es seine insoweit gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gerichtete Berufung erfolglos.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision für den Klageanspruch des Klägers besteht nicht. Die Kammer hat für die Beklagte die Revision zugelassen, weil sie mit ihrer Entscheidung von dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mainz, 9. Kammer vom 23.08.2007 - 9 Sa 207/02 - abweicht, mit welchem die Berufung des früheren Betriebsratsmitglieds T., der in gleicher Weise wie der Kläger in den Fall involviert war, gegen das arbeitsgerichtliche Urteil, mit dem seine Klage abgewiesen wurde, zurückgewiesen worden ist.

S. X. W.