VG Arnsberg, Urteil vom 09.08.2011 - 5 K 3660/10
Fundstelle
openJur 2012, 81504
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen und produziert mit ca. 350 Mitarbeitern am Firmensitz in F. . Sie hat Arbeitnehmern Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung im Wesentlichen aus einer Unterstützungskasse, vereinzelt auch durch unmittelbare Versorgungszusagen zugesagt. Drei Arbeitnehmer erhalten auf Grund einer Direktzusage laufende Leistungen, zwei Arbeitnehmer haben aus der Direktzusage unverfallbare Anwartschaften. Weitere 260 Mitarbeiter haben bereits unverfallbare Anwartschaften gegen die Unterstützungskasse erworben.

Mit Bescheid vom 16. November 2009 setzte der Beklagte Beiträge für das Jahr 2009 in Höhe von 146.155,13 EUR fest. Ferner teilte er mit, der Beitragssatz sei gemäß § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz (BetrAVG) auf 14,20 ‰ festgesetzt worden. Zugleich verteilte er den Beitrag für 2009 gemäß § 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG auf die Jahre 2009 bis 2013 und setzte für das Jahr 2009 unter Zugrundelegung eines Beitragssatzes von 8,20 ‰ 84.399,44 EUR fest. Für die Folgejahre 2010 bis 2013 legte er jeweils einen Beitragssatz von 1,50 ‰ zugrunde und setzte einen Verteilungsbetrag von jeweils 15.438,92 EUR bzw. 15.438,93 EUR fest. Alle Verteilungsbeiträge wurden jeweils zum 31. Dezember des betreffenden Jahres fällig gestellt.

Mit Schreiben vom 30. September 2010 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2010, der der Klägerin am 4. November 2010 zugestellt wurde, zurückwies.

Am 2. Dezember 2010 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie u.a. Folgendes geltend macht: Die Heranziehung zu dem Beitrag in Höhe von 14,20 ‰ sei wegen Verstoßes gegen die Art. 14 und Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig. Sie - die Klägerin - sei gemäß Art. 19 Abs. 3 GG Trägerin eines Grundrechts. Sie könne sich auf Art. 14 GG berufen. Zwar sei grundsätzlich die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfasst. Das gelte aber nicht, wenn diese den Beitragszahler übermäßig belasteten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigten. Eine kalkulatorische Abwälzbarkeit des Beitrags sei nicht mehr möglich. In den vergangenen Jahren habe der Beitrag regelmäßig zwischen 1,5 und 2,0 ‰ der Beitragsbemessungsgrundlage geschwankt. Nur vereinzelt sei dieser Rahmen überschritten worden. Nunmehr sei der Beitrag um annähernd 800 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Diese hohe Belastung lasse sich nicht abwälzen. Die vom Beklagten vorgenommene Glättung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG sei eine reine Fälligkeitsverschiebung, die nicht zu einer wirklichen Entlastung des Unternehmens führe. Im Óbrigen sei zu berücksichtigen, dass die Glättung zu seiner Verschärfung der Situation in den nachfolgenden Jahren führe.

Darüber hinaus sei die Berufsfreiheit beeinträchtigt. In der Beitragspflicht selbst sei eine objektiv berufsregelnde Tendenz zu sehen. Da eine kalkulatorische Abwälzbarkeit der Beiträge nicht gewährleistet sei, komme - ebenso wie im Rahmen des Art. 14 GG - auch insoweit eine Grundrechtsverletzung in Betracht.

Ferner sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG festzustellen. Zwar habe der Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Ausgestaltungen der Direktversicherungen unterschieden, nicht aber zwischen den verschiedenen Ausgestaltungen der Unterstützungskassen. Die weitgehend insolvenzfeste Ausgestaltung von Unterstützungskassen werde mit anderen Versorgungszusagen, die hochgradig insolvenzgefährdet seien, gleichbehandelt. Gleichheitswidrig sei ferner, dass der Gesetzgeber für andere Risikoabsicherungen wie etwa das CTA (Contractual Trust Arrangement) - Modell keine verringerte Beitragshöhe vorsehe. Der Gleichheitsverstoß sei im Óbrigen auch nicht durch eine erforderliche Typisierung zu rechtfertigen. Hervorzuheben sei überdies, dass der Gleichheitsverstoß bei der Beitragsheranziehung von weiten Teilen der juristischen Literatur entsprechend eingeschätzt werde. Es komme dabei auch nicht darauf an, ob sie - die Klägerin - selbst zusätzliche private Sicherungsmittel einsetze.

Der Beitragsbescheid sei schließlich wegen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig, weil der Beklagte nicht zur Deckung eines außergewöhnlichen Verlustes auf seine Rücklage, sondern vielmehr nur auf das Glättungsverfahren nach § 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG zurückgegriffen habe. In der Vergangenheit habe der Beklagte stets den Ausgleichsfonds in Anspruch genommen, so dass ohne sachlichen Grund von einer ständigen Verwaltungspraxis abgewichen worden sei. Hierfür sei eine Rechtfertigung nicht zu erkennen.

Darüber hinaus sei ein weiterer Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wegen nicht gleichmäßiger Beitragserhebung festzustellen. Es bestehe keine Garantie dafür, dass die am Beklagten beteiligten Arbeitgeber ihren periodischen Mitteilungspflichten gemäß § 11 Abs. 2 BetrAVG ordnungsgemäß nachkämen, obgleich die Verletzung der Mitteilungspflichten eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erforderlich sei, dass in Besteuerungsverfahren sichergestellt werde, dass die Bemessungsgrundlage für die Steuer möglichst vollständig festgestellt werde, führe dieses Defizit zur Gleichheitswidrigkeit der Beitragserhebung.

Außerdem bestünden gemeinschaftsrechtliche Bedenken. Gemäß Art. 102 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) sei die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt öffentlichen Unternehmen untersagt. Der Gesetzgeber habe mit dem Pensionssicherungsverein ein faktisches Monopol bei der Insolvenzsicherung geschaffen. Dies sei unzulässig. Im Óbrigen führe die Versicherungspflicht zu einem Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV.

Die Klägerin beantragt - schriftsätzlich und sinngemäß - ,

den Beitragsbescheid des Beklagten vom 16. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt - ebenfalls schriftsätzlich -,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die Beitragsheranziehung und macht hierzu u.a. geltend: Zwar könne er in Jahren, in denen sich außergewöhnlich hohe Beiträge ergäben, den Ausgleichsfond heranziehen. Die Voraussetzungen für dessen Inanspruchnahme lägen auch vor. Es bestehe aber keine Verpflichtung hierzu. Vielmehr habe er - der Beklagte - sein diesbezüglich bestehendes Ermessen ordnungsgemäß und fehlerfrei ausgeübt. Er habe sich auf das Glättungsverfahren beschränkt und von der Inanspruchnahme des Ausgleichfonds abgesehen. Dem hätten verschiedene Umstände zugrundegelegen, die mit gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen zusammengehangen hätten. Eine Ermessensbindung aufgrund einer Inanspruchnahme des Ausgleichsfonds in der Vergangenheit ergebe sich nicht.

Auch sei die Steigerung des Beitragssatzes auf 14,20 ‰ nicht unverhältnismäßig. Trotz der absoluten Höhe handele es sich bei dem streitigen Beitrag nur um einen geringen Bruchteil der Pensionslast der Klägerin. Die Beitragsbemessungsgrundlage betrage 10.292.615,00 EUR. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. die Art. 12 oder 14 GG sei nicht festzustellen. Eine Ungleichbehandlung mit solchen Arbeitgebern, die ihre Versorgungszulagen durch Abschluss von kongruenten Rückdeckungsversicherungen oder CTA oder anderen Mitteln gegen das Risiko einer Arbeitgeberinsolvenz abgesichert hätten, sei nicht gegeben, weil die Klägerin solche Sicherungsmittel nicht einsetze. Unabhängig davon entspreche es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass unmittelbare Versorgungszusagen und Unterstützungskassenzusagen auch dann der Insolvenzsicherungs- und Beitragspflicht unterfielen, wenn sie durch den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung und die Verpfändung des Versicherungsanspruchs an den Versorgungsberechtigten gesichert seien. Art. 12 und 14 GG seien von ihren Tatbeständen bzw. Schutzbereichen her schon nicht einschlägig. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu habe nach wie vor Gültigkeit.

Im Óbrigen habe die Klägerin die Entwicklung der Beiträge frühzeitig voraussehen können, weil sie hierüber informiert worden und ihr bekannt gewesen sei, dass das Schadensvolumen sprunghaft angestiegen sei. § 10 BetrAVG werde von der Rechtsprechung durchgängig als verfassungsgemäß angesehen. Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei ebenfalls nicht auszumachen. Systeme der sozialen Sicherung, die ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig seien, einem sozialen Zweck dienten, auf dem Grundsatz der Solidarität beruhten, ihre Leistungen unabhängig von der Höhe der Beiträge erbrächten und einer staatlichen Aufsicht unterlägen, unterfielen nicht dem Unternehmensbegriff. Daher sei er - der Beklagte - kein Unternehmen und unterliege nicht diesen Bestimmungen.

Der Beitrag sei auch nicht unverhältnismäßig. Er bewege sich nach wie vor im Promillebereich; die Beitragserhebung sei erforderlich und zumutbar.

Mit Schriftsätzen vom 6. Juli 2011, 8. Juli 2011 und 8. August 2011 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Óbrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet gemäß den §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung.

Die gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Beitragsbescheid des Beklagten vom 16. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2010 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben in verschiedenen Verfahren vor Verwaltungsgerichten in der Bundesrepublik Deutschland Beitragsheranziehungen durch den Beklagten für das Veranlagungsjahr 2009 beanstandet.

Unter anderem hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 6. April 2011 - 16 K 516/11 - sich mit den Argumenten auseinandergesetzt, die die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten auch hier vorbringen. Im Einzelnen hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf Folgendes ausgeführt:

"Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Er findet seine Ermächtigungsgrundlage in § 10 Abs. 2 BetrAVG. Das dort vorgesehene Finanzierungsverfahren sieht vor, dass die im Kalenderjahr entstandenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der Insolvenzsicherung ausfinanziert werden (vollständige Kapitaldeckung). Das Gesetz sieht also vor, dass nicht die aktuelle Belastung des Sicherungsfonds mit Leistungen Gegenstand der Beitragsbemessung wird, sondern sämtliche im Jahr der Beitragserhebung anfallenden Anwartschaften in die Beitragsberechnung einfließen. Diese Umstellung des Beitragsverfahrens gegenüber dem früheren Rechtszustand verletzt Grundrechte der Betroffenen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 2010, 8 C 32.09, Rn. 25 und OVG NRW, Urteil vom 27. April 2009, 12 A 1665/08).

Die fehlende Binnendifferenzierung innerhalb der beitragspflichtigen Arbeitgeber - etwa nach der Höhe des individuellen Insolvenzrisikos - widerspricht dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht (Vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 21 und OVG NRW a.a.O.). Der aus dem Äqualenzprinzip abgeleitete Grundsatz vorteilsgerechter Beitragsbemessung gilt für die Erhebung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung nämlich nur eingeschränkt. Weil die betriebliche Altersversorgung als Ergänzung der Sozialrenten zu einer angemessenen Gesamtversorgung wesentliche Bedeutung für die Verwirklichung des Sozialstaatsgebots hat, tritt an die Stelle der Abgeltung eines individuellen Vorteils der Beitragspflichtigen der aus dem Sozialstaatsgebot abgeleitete Grundsatz des sozialen Ausgleichs (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.). Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die fehlende Gleichbehandlung von CTAs oder rückgedeckten Unterstützungskassen mit Pensionsfonds gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, gehen diese Erwägungen schon insoweit fehl, als die Klägerin von dieser vermeintlichen Ungleichbehandlung nicht betroffen ist. Würden im Óbrigen CTAs oder rückgedeckte Unterstützungskassen wie die Pensionsfonds mit einem entsprechenden niedrigeren Beitragssatz belastet, würde dies eine entsprechende Erhöhung für Beitragszahler wie die Klägerin mit sich führen. Zöge man dagegen bei Unterstellung eines Gleichheitsverstoßes die Möglichkeit in Betracht, die bisherige Privilegierung der Pensionsfonds zu beseitigen, hätte dies angesichts deren Anteil von nur 0,8 % (vgl. Geschäftsbericht des Beklagten für das Jahr 2009) an der gesamten Beitragsbemessungsgrundlage nur eine völlig untergeordnete Entlastung der übrigen Beitragszahler zur Folge. Im Óbrigen sind die Einwendungen, die in diesem Zusammenhang in der Literatur vorgebracht werden, nicht geeignet, eine sachwidrige Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber zu begründen. So wird ausgeführt, Versorgungsberechtigte seien ,zumeist' in den Schutz vor Insolvenz einbezogen, als die Verwaltungstreuhand bei Eintritt der Insolvenz fortbestehe und die Wahrung der Grundsätze der Anlagesicherheit ausreichenden Liquidität, Streuung und Mischung ,in aller Regel' vertraglich vereinbart sei (vgl. Rolfs / de Groot, ZIP 2009, 785, 789). Ähnlich wird argumentiert, eine Ungleichbehandlung bestehe zumindest bei ,kunstgerecht ausgestalteten CTA-Modellen', weil bei ,adäquater Ausgestaltung' die Ansprüche im Insolvenzfall dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen seien (so Schnittger / Sittard RdA 2010, 295, 299). In diesen Fällen ist, worauf das Bundesverwaltungsgericht bereits hingewiesen hat, ein pfandgesichertes Verwertungsrecht nicht gleichbedeutend mit einem eigenen Anspruch des Arbeitgebers, der einem Insolvenzrisiko des Arbeitnehmers von vornherein entzogen ist (vgl. Urteil vom 25. August 2010, ZIP 2010, 2363). Zudem wäre die vermeintlich gleichartige Absicherung in den von der Klägerin angesprochenen Konstruktionen von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung abhängig. Der Gesetzgeber ist aber nicht verpflichtet, die nach sachgerechten Typisierungsmerkmalen gebildeten Durchführungswege deshalb infrage zu stellen, weil es in bestimmten Einzelfällen möglich sein mag, mit vertraglichen Mitteln Sicherungen zu

schaffen, die denjenigen ähneln, bei denen der Gesetzgeber von einer Beitragspflicht abgesehen oder sie nur eingeschränkt vorgesehen hat.

Aus dem starken Beitragsanstieg im Jahre 2010 lässt sich auch keine Verletzung der Grundrechte nach Art. 12 oder 14 GG herleiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angeführten Entscheidung vom 25. August 2010 ausgeführt, dass der Schutzbereich der Eigentumsgarantie schon deshalb nicht berührt ist, weil er sich nicht auf das Vermögen als solches erstreckt und die Beitragserhebung keine erdrosselnde Wirkung hat. Auch die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist danach nicht berührt, weil es der Abgabe an einer berufsregelnden Tendenz fehlt. Soweit die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit eingeschränkt wird, wird in der Entscheidung ausgeführt, dass die Beitragslast nach § 10 Abs. 3 BetrAVG den einzelnen Arbeitgeber nicht übermäßig belaste. Wenn in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, dass sich die Zumutbarkeit der Beitragserhebung daraus ergebe, dass sich der Beitragssatz trotz konjunkturbedingter Schwankung regelmäßig im einstelligen Promillebereich des Barwerts der zu sichernden Renten bewege, folgt daraus nicht, dass etwa bei einer Óberschreitung des einstelligen Promillebereichs bereits eine unzumutbare Beitragsbelastung festgestellt werden könnte. Zudem hat der Beklagte durch die Inanspruchnahme des sogenannten Glättungsverfahrens dafür gesorgt, dass die Zahlungsverpflichtung der Beitragspflichtigen auch im Jahr 2009 im einstelligen Promillebereich verblieb und durch Rückgang der Belastungen im Jahre 2010 trotz fortbestehender Zahlungspflicht für das Jahr 2009 erneut sank. Dass diese Entscheidung die Belastung möglicherweise aufgrund der Bilanzierungspflichten der Klägerin nicht vollständig auf fünf Jahre ,verteilt' hat, begründet noch nicht die unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Dies kann bei einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von etwa 1 % der zugesagten Versorgungsleistungen nicht angenommen werden.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Beitragserhebung sei schon deshalb verfassungswidrig, weil sie den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 1991 zur steuerlichen Lastengleichheit widerspreche, geht dies schon insoweit fehl, als es dort um die Erhebung von Steuern und nicht um die von Beiträgen ging. Da Steuern im Gegensatz zu Beiträgen keine Gegenleistungen gegenüberstehen, hat die Gefahr, dass unrichtige Bemessungsgrundlagen mitgeteilt werden, dort ein ungleich höheres Gewicht. Die Klägerin wie alle anderen Beitragspflichtigen erlangt mit ihren Zahlungen dagegen eine Gegenleistung durch Abwälzung des Insolvenzrisikos im Hinblick auf die ausgesprochenen Versorgungszusagen. Auch weist die Klägerin im Zusammenhang mit ihren Ausführungen darauf hin, dass die beitragspflichtigen Arbeitgeber ihre Angaben anhand eines versicherungsmathematischen Gutachtens, einer Bescheinigung des Versicherers oder anhand einer nachprüfbaren Berechnung nachweisen müssten. Damit besteht gerade keine Situation, in der etwa die Beitragsverpflichtung allein auf eine nicht näher zu substantiierende Angabe des Pflichtigen gestützt wird.

Bedenken gegen die Beitragserhebung lassen sich auch aus dem Gemeinschaftsrecht nicht herleiten. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob etwaige Gemeinschaftsrechtsbedenken, die nicht zur Nichtigkeit des nationalen Rechts, sondern nur zu einem Anwendungsvorgang des Gemeinschaftsrechts führen können, geeignet sind, die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zu begründen, oder ob die geltend gemachten Bedenken wegen des Rechts der Dienstleistungsfreiheit und des Wettbewerbsrechts nicht allenfalls dann Auswirkungen haben können, wenn es um den Marktzugang eines potentiellen Mitbewerbers des Beklagten oder aber um einen Befreiungsantrag eines Beitragszahlers geht. Jedenfalls greifen weder Bedenken im Hinblick auf Art. 56 AEUV noch im Hinblick auf Art. 102 AEUV durch.

Art. 102 AEUV verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Der Beklagte ist kein Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift. Der Europäische Gerichtshof hat im Rahmen des Urteils ,Kattner Stahlbau GmbH' vom 5. März 2009 (NJW 2009, 1325) ausgeführt, dass die gesetzliche Unfallversicherung deutschen Rechts kein Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift sei. Wie die Berufsgenossenschaft wirkt auch der Beklagte an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mit und nimmt eine soziale Aufgabe wahr, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Nach Auffassung des EUGH genügt der soziale Zweck eines Versicherungssystems allein allerdings nicht, um die Einstufung der betreffenden Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit auszuschließen. Es müsse vielmehr geprüft werden, ob das System als Umsetzung des Grundsatzes der Solidarität angesehen werden könne und in welchem Umfang es staatlicher Aufsicht unterliege. Im Rahmen des Grundsatzes der Solidarität wird bei den Berufsgenossenschaften ausgeführt, dass die Höhe der Beiträge nicht nur vom versicherten Risiko abhänge, sondern wesentlich vom Arbeitsentgelt der Versicherten. Außerdem hänge die Beitragshöhe vom Finanzbedarf ab, der sich aus den von der betreffenden Berufsgenossenschaft erbrachten Leistungen ergebe. Entsprechendes gilt auch hier. Wie ausgeführt ist die Höhe der Beitragspflicht durch den Gesetzgeber bewusst nicht vom individuellen Insolvenzrisiko abhängig gemacht worden, sondern begründet ein solidarisches Finanzierungssystem. Zwar wird in der Literatur zum Teil geltend gemacht, es finde keine soziale Umverteilung zwischen den Beitragsschuldnern statt (vgl. Rolfs / de Groot, a.a.O, ZIP 2009, 786). Zugleich wird jedoch beklagt, dass sich die Berechnung der Beiträge nicht nach dem Insolvenzrisiko des jeweiligen Arbeitgebers richte und damit zu einer ,Quersubventionierung' von Unternehmen mit hohem Insolvenzrisiko durch solche mit einem geringeren führe. Dieser Umstand begründet gerade ein Element der Solidarität im Sinne der genannten Entscheidung. Dass der Beklagte nicht als Behörde, sondern als beliehener Verein tätig wird, ist nicht von entscheidendem Belang. Denn der Europäische Gerichtshof weist darauf hin, dass der Unternehmensbegriff unabhängig von der Rechtsform sei, in der die Tätigkeit ausgeübt werde. Die staatliche Aufsicht ist auch im Fall des Beklagten gegeben. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf die Festsetzung der Höhe der Beiträge, die gesetzlich determiniert ist. Die dem Beklagten eingeräumten Handlungsspielräume stehen wie bei der Berufsgenossenschaft und der gesetzlichen Krankenkasse dem Ausschluss des Unternehmensbegriffs nicht entgegen.

Es liegt auch keine rechtswidrige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV vor. Soweit ein Hemmnis darin gesehen werden kann, dass sich die der Versicherungspflicht unterliegenden Unternehmen daran gehindert sehen können, sich an andere als in dem Land ihrer Mitgliedschaft niedergelassene Versicherungsdienstleister zu wenden (vgl. EUGH a.a.O., Rdnr. 83), lässt sich eine solche Beschränkung rechtfertigen, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. In diesem Zusammenhang kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Beschränkung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigt (a.a.O., Rdnr. 85). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Verpflichtung zur Beitragszahlung gerade in einem System, das die Finanzierung nicht streng proportional zu den versicherten Risiken vorsieht, darauf angewiesen sein kann, eine Pflichtmitgliedschaft vorzusehen. So liegt es auch hier. Das vom Gesetzgeber vorgesehene solidarisch finanzierte System könnte nicht aufrechterhalten werden, wenn die Versicherten mit einem ,besseren Risikoprofil' beliebig auf andere Versicherer ausweichen könnten. Zumindest liegt eine solche Einschätzung im gerichtlich nicht überprüfbaren Ermessen des Gesetzgebers.

Schließlich verletzt die Entscheidung des Beklagten, für das Jahr 2009 vom sogenannten Glättungsverfahren Gebrauch zu machen, nicht aber den Ausgleichsfonds in Anspruch zu nehmen, Rechte der Klägerin nicht. Dabei kann dahinstehen, ob jedes einzelne Mitglied des Beklagten ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beachtung seiner Interessen im Rahmen der Ausübung des Instrumentariums nach § 10 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG hat. Dagegen spricht, dass die Regelungen eine gleichmäßige Belastung aller Beitragspflichtigen ermöglichen soll. Dass hiervon jeder einzelne Beitragspflichtige mittelbar profitiert, begründet noch nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe jedem einzelnen Beitragspflichtigen einen individuellen Rechtsanspruch auf Berücksichtigung seiner Interessen geben wollen.

Ungeachtet dieser Bedenken ist die Entscheidung des Beklagten aus Rechtsgründen jedenfalls nicht zu beanstanden. Es ist nachvollziehbar, dass der Beklagte zum Einen berücksichtigt hat, dass - bei einer Inanspruchnahme des Ausgleichsfonds bereits im Jahre 2009 - möglicherweise ein weiteres Mittel zur Begrenzung der Belastung ab dem Jahr 2010 nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte. Vor allem aber ist im Rahmen der Entscheidung, den Ausgleichsfonds - zunächst - nicht in Anspruch zu nehmen nachvollziehbar berücksichtigt worden, dass dieser Ausgleichsfonds seit 1993 nicht mehr die von der Aufsichtsbehörde festgesetzte Zielgröße erreicht hatte. Soweit die Klägerin auf eine ständige Verwaltungspraxis des Beklagten in früheren Jahren verweist, ist eine solche Praxis schon deshalb nicht von entscheidender Bedeutung, weil sich die rechtlichen Voraussetzungen durch Einführung der Glättungsmöglichkeit geändert haben. Im Óbrigen wäre für die Beitragspflichtigen mit der Inanspruchnahme des Ausgleichsfonds letztlich nichts gegenüber der Inanspruchnahme des Glättungsverfahrens gewonnen. Beide Instrumente bewirken lediglich eine zeitliche Streckung der Beitragsbelastung. Denn auch der Ausgleichsfonds muss alsbald wieder aufgefüllt werden, wenn er seine Funktion dauerhaft behalten soll. Dies würde in gleicher Weise eine Belastung der Beitragspflichtigen in den Folgejahren nach Dämpfung einer Beitragsspitze bewirken wie dies auch im Glättungsverfahren geschieht. Diese Erwägung gilt unabhängig von der Frage, wieweit der Ausgleichsfonds gefüllt ist."

Das Gericht folgt dieser Rechtsprechung ohne Einschränkungen. Angesichts der Gleichartigkeit der vorliegend angebrachten Argumente gegenüber der von der Klägerin gesehenen Rechtswidrigkeit der Beitragsheranziehung erübrigen sich weitere Óberlegungen des Gerichts.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).