LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.01.2012 - 20 TaBV 1/11
Fundstelle
openJur 2012, 67995
  • Rkr:

1. Die betriebsratsinterne Wahl zur Freistellung (Voll- und Teilfreistellung) von Betriebsratsmitgliedern verstößt gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, wenn es an einer vorherigen Entscheidung des Betriebsrats dazu fehlt, ob und ggf. in welchem Umfang Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen.

2. Die betriebsratsinterne Wahl zur Freistellung der freizustellenden (voll- und teilfreizustellenden) Betriebsratsmitglieder hat bei einer Wahl nach Verhältniswahlrecht in einem einzigen einheitlichen Wahlgang zu erfolgen.

Tenor

1. Die Beschwerde des Betriebsrats (Beteiligter zu Ziffer 2) und des Betriebsratsmitglieds H. (Beteiligter zu Ziffer 5) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 09.03.2011 - 4 BV 9/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der betriebsratsinternen Wahl der freigestellten und teilfreigestellten Betriebsratsmitglieder vom 26. Mai 2010.

Der Antragsgegner und Beteiligte zu Ziffer 2) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei der Beteiligten zu Ziffer 3) (im Folgenden: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Er wurde Anfang Mai 2010 gewählt und besteht aus 15 Mitgliedern. Die konstituierende Sitzung mit der Wahl der Betriebsratsvorsitzenden F. und deren Stellvertreter fand am 12. Mai 2010 statt.

Der Antragsteller und Beteiligte zu Ziffer 1) (im Folgenden: Betriebsratsmitglied B.) ist Mitglied des Betriebsrats.

Die Beteiligten zu den Ziffern 4) bis 8) (im Folgenden: Betriebsratsmitglied D. - Ziffer 4, Betriebsratsmitglied H. - Ziffer 5, Betriebsratsmitglied K. - Ziffer 6, Betriebsratsvorsitzende F. - Ziffer 7 und Betriebsratsmitglied M. - Ziffer 8) sind Mitglieder des Betriebsrats, die im Falle der Unwirksamkeit der Wahl vom 26. Mai 2010 ihre Freistellung verlieren würden.

Mit Einladungsschreiben vom 17. Mai 2010 (Bl. 52 der erstinstanzlichen Akte) lud die Betriebsratsvorsitzende F. zur ersten ordentlichen Sitzung des Betriebsrats am 26. Mai 2010 ein unter Beifügung einer vorläufigen Tagesordnung (Bl. 53 - 58 der erstinstanzlichen Akte). Unter dem Tagesordnungspunkt Nummer 6. heißt es:

6. Freistellungen 1. Beratung mit dem Arbeitgeber § 38 2. Wahl der freigestellten BR 3. Teilung von Freistellungen

An der Betriebsratssitzung am 26. Mai 2010 nahmen 14 ordentliche Mitglieder und für das Betriebsratsmitglied B. das Ersatzmitglied R. teil (Anwesenheitsliste Bl. 59 und 60 der erstinstanzlichen Akte). Zunächst wurde mit dem eingeladenen Geschäftsführer der Arbeitgeberin P. über die Anzahl der Freistellungen beraten. Dieser stimmte den gesetzlich vorgesehenen drei Freistellungen zu, lehnte aber die Gewährung von zusätzlichen Freistellungen ab. Er teilte auch mit, dass er mit Teilfreistellungen einverstanden sei, solange der Umfang von drei Vollfreistellungen nicht überschritten werde.

Nachdem der Geschäftsführer die Betriebsratssitzung verlassen hatte, rief die Betriebsratsvorsitzende F. den Tagesordnungspunkt 6.2 Wahl der freigestellten BR auf und bat um Wahlvorschläge für die Freistellungen. Es wurden drei Vorschläge (Vorschlagslisten) unterbreitet, wobei der Vorschlag 1 die Namen der Betriebsratsmitglieder F., M., K. und B., der Vorschlag 2 die Namen der Betriebsratsmitglieder D., H. und M. und der Vorschlag 3 die Namen der Betriebsratsmitglieder L., B., K. und E. enthielt. Nachdem die Wahlvorschläge mit den Namen der Kandidaten auf einem Flipchart notiert worden waren, wurde eine geheime Wahl mit gefalteten und eingesammelten Stimmzetteln nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt. Die Vorschlagsliste 1 erhielt acht Stimmen, die Vorschlagsliste 2 vier Stimmen und die Vorschlagsliste 3 drei Stimmen. Nach dem dann angewandten Höchstzahlverfahren entfielen zwei Höchstzahlen auf die Liste 1 und eine Höchstzahl auf die Liste 2. Wegen der genauen Aufteilung wird auf die Niederschrift zu der Betriebsratssitzung vom 26. Mai 2010, Bl. 63 der erstinstanzlichen Akte, verwiesen. Weiterhin wurde in dieser Niederschrift unter Bemerkungen zum Tagesordnungspunkt 6.2 (Bl. 63 der erstinstanzlichen Akte) festgehalten: Nach Anwendung des Höchstzahlenverfahrens wurden in die Freistellung die Betriebsräte F. M. und D. gewählt."

In der Folge wurden seitens des Wahlvorschlags 1 zwei Betriebsräte (M. und K.) und von Seiten des Wahlvorschlags 2 ebenfalls zwei Betriebsräte (D. und H.) für eine jeweils 50-prozentige Teilfreistellung benannt. Hierüber wurde dann im Betriebsrat en bloc öffentlich per Handzeichen abgestimmt, wobei sich die Mitglieder mehrheitlich für die vorgeschlagene Verteilung der Teilfreistellungen aussprachen. In der Niederschrift zu der Betriebsratssitzung vom 26. Mai 2010, Bl. 63 der erstinstanzlichen Akte, heißt es dazu:

6.3 Teilung von FreistellungenJ / N / EVorschlag 1: Teilung zu je 50 % für die Betriebsräte M. und K.12/1/2Vorschlag 2: Teilung zu je 50 % für die Betriebsräte D. und H.12/1/2

Mit einem am 8. Juni 2010 eingegangenen Schriftsatz hat das Betriebsratsmitglied B. den Antrag gestellt, festzustellen, dass die am 26. Mai 2010 durchgeführten Wahlen bezüglich der Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern nach § 38 BetrVG unwirksam sind. Zur Begründung führte es aus (Bl. 1 der erstinstanzlichen Akte): Die Festlegung der Teilfreistellungen erfolgte nicht vor den Wahlen, sondern erst in einem zweiten Schritt." Er verwies auf eine Mail des Betriebsratsmitglieds L. vom 28. Mai 2010 und fügte diese bei (Bl. 2 und 3 der erstinstanzlichen Akte).

Das Betriebsratsmitglied B. hat die Auffassung vertreten, es sei insgesamt von einem fehlerhaften Wahlverfahren auszugehen und die gesamte Wahl vom 26. Mai 2010 sei für unwirksam zu erklären. Soweit Verfahrensverstöße nur im Rahmen der Wahl der Teilfreistellungen erfolgt seien, schlügen diese insgesamt auf die Wahl zu den Freistellungen durch. Der Wahlvorgang weise eine Vielzahl von Verfahrensfehlern auf, die die Wahl anfechtbar machen würden. Vor der Durchführung der Wahl hätte durch Beschluss des Betriebsrats darüber entschieden werden müssen, ob und in welcher Anzahl Teilfreistellungen zu erfolgen hätten. Ein solcher Beschluss sei unstreitig unterblieben. Die Durchführung eines weiteren Wahlgangs zur Aufteilung der Vollfreistellungen auf Teilfreistellungen verstoße zudem gegen den Grundsatz, dass die Verteilung der Freistellungen in einem einheitlichen Wahlgang durchzuführen sei. Ferner sei im Rahmen des zweiten Wahlgangs für die Teilfreistellungen auch gegen den Grundsatz der geheimen Wahl verstoßen worden. Diese Verfahrensfehler seien geeignet, das Ergebnis zu verfälschen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einem abweichenden Stimmverhalten im Hinblick auf die Voll - und Teilfreistellungen gekommen wäre, wenn der Umfang der Teilfreistellungen vor der Durchführung der Wahl durch Beschluss festgestellt worden wäre. Außerdem hätten die Voll - und Teilfreistellungen ebenfalls nach dem dHondtschen Höchstzahlensystem verteilt werden müssen. Dies sei unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes im Betriebsrat geboten.

Das Betriebsratsmitglied B. (Beteiligter zu Ziffer 1) hat beantragt,

die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder vom 26. Mai 2010 für unwirksam zu erklären.

Der Betriebsrat (Beteiligter zu Ziffer 2) und das Betriebsratsmitglied H. (Beteiligter zu Ziffer 5) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin sowie die Betriebsratsmitglieder D., K., F. und M. (die Beteiligten zu den Ziffern 3, 4, 6 - 8) haben keine eigenen Anträge gestellt.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, bei der Wahl vom 26. Mai 2010 lägen keine zur Anfechtung der gesamten Wahl zur Freistellung berechtigenden Verfahrensfehler vor. Der Antrag vom 08. Juni 2010 erweise sich als verfristet, weil er allein damit begründet worden sei, eine Festlegung der Teilfreistellungen sei erst in einem zweiten Schritt erfolgt und damit keine Anfechtungsgründe gegen die ursprüngliche Wahl der Freizustellenden angeführt worden seien. Die Wahl der vollfreigestellten Betriebsratsmitglieder sei wirksam. Der Vortrag im Schriftsatz vom 05. August 2010 liege außerhalb der Anfechtungsfrist. Es sei nicht richtig, dass Verfahrensverstöße im Rahmen der Wahl der Teilfreistellungen insgesamt auf die Wahl durchschlagen würden. Obwohl in der vorläufigen Tagesordnung unter 6.3 die Teilung von Freistellungen aufgeführt gewesen sei, sei eine förmliche Beschlussfassung darüber, ob und in welchem Umfang eventuell eine Teilfreistellung erfolgen soll, unterblieben. Mache der Betriebsrat von der gesetzlichen Möglichkeit von Teilfreistellungen statt Vollfreistellungen nicht rechtswirksam Gebrauch, so verbleibe es bei der Grundform, nämlich der Vollfreistellung.

Das Betriebsratsmitglied H. hat die Auffassung vertreten, die im Antrag vom 8. Juni 2010 enthaltene Begründung stelle keinen Grund dar, der zur Anfechtung der im ersten Schritt vorgenommenen Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder berechtigen würde. Bei der Wahl der voll freizustellenden Betriebsratsmitglieder seien keine Verfahrensfehler erkennbar. Sodann seien in einem zweiten Schritt die Teilfreistellungen festgelegt worden. Die mit Schriftsatz vom 5. August 2010 vorgetragene Begründung sei wegen Verfristung unbeachtlich, da sie außerhalb der entsprechend § 19 BetrVG geltenden Zweiwochenfrist vorgetragen worden sei. Zudem sei eine Verteilung der Voll- und Teilfreistellungen nach dem dHondtschen Höchstzahlensystem abzulehnen. Vielmehr seien ausgehend von einer Listenwahl bei einer Aufteilung einer Vollfreistellung auf mehrere teilweise Freistellungen diese der Liste zu entnehmen, welcher die Vollfreistellung zukommen würde. Ansonsten würde das Verhältniswahlrecht verletzt.

Mit Beschluss vom 09. März 2011 (4 BV 9/10) hat das Arbeitsgericht Ulm die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 für unwirksam erklärt. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Wahlanfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. im Schriftsatz vom 8. Juni 2010 sei fristgemäß eingegangen und mit einer nachvollziehbaren Begründung versehen, die die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 insgesamt erfasse. Der Betriebsrat habe bei der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 gegen die Wahlvorschrift verstoßen, über die Zahl und den Umfang der statt Vollfreistellungen vorzunehmenden Teilfreistellungen vor der Durchführung der Wahl der Freizustellenden eine Entscheidung zu treffen. Dieser Verstoß erfasse nicht nur die Wahl der teilfreigestellten, sondern auch die Wahl der vollfreigestellten Betriebsratsmitglieder und damit die gesamte Wahl. Ansonsten würde eine einheitliche Wahl willkürlich in mehrere Abschnitte zerteilt. Ein Betriebsrat könne zu einem späteren Zeitpunkt erneut über die Frage der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern befinden und andere Betriebsratsmitglieder freistellen oder Teilfreistellungen vornehmen. Dies sei jedoch nicht der vorliegende Fall, bei dem ausweislich der Tagesordnung von vornherein nicht nur die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder, sondern auch die Frage der Teilung von Freistellungen Gegenstand der Entscheidung des Gremiums sein sollte. Das Wahlergebnis habe hierdurch beeinflusst werden können, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Abstimmungsverhalten der Betriebsratsmitglieder ein anderes sei.

Der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied H. haben gegen diesen, ihnen am 01. April 2011 zugestellten Beschluss mit am 28. April 2011 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingegangenen Schriftsätzen jeweils Beschwerde eingelegt. Der Betriebsrat hat diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 01. Juni 2011 eingegangenen Schriftsatz begründet. Das Betriebsratsmitglied H. hat seine Beschwerde innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 01. Juli 2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat trägt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens zusätzlich vor:

Die Anfechtungsfrist sei nicht eingehalten, da mit der Begründung im Anfechtungsantrag vom 08. Juni 2010 allein das Unterbleiben der Festlegung von Teilfreistellungen vor den Wahlen gerügt und bemängelt worden sei, dass diese erst in einem zweiten Schritt erfolgt seien. Es fehle ein Vortrag dahingehend, dass der vorgetragene Verstoß das Wahlergebnis zumindest beeinflussen könnte. Der Antrag vom 08. Juni 2010 sei nach seiner heranzuziehenden Begründung dahingehend auszulegen, dass nur die Wahl der Teilfreistellungen moniert werde. Auch wenn es hinsichtlich der Frage, ob, wie viele und in welchem zeitlichen Umfang Teilfreistellungen vorgenommen werden sollen, rechtsfehlerhaft keinen Beschluss des Betriebsrats gegeben habe, so sei doch die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder F., M. und D. nach dem Tagesordnungspunkt 6.2 mustergültig durchgeführt worden. Der vorliegende Rechtsmangel unter dem Tagesordnungspunkt 6.3 Teilung von Freistellungen könne sich nicht auf die zuvor durchgeführte Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder F., M. und D. auswirken. Ein Antrag, die Tagesordnungspunkte 6.2 und 6.3 zusammenzufassen oder den Tagesordnungspunkt 6.3 vorzuziehen, sei in der Betriebsratssitzung am 26. Mai 2010 unstreitig nicht gestellt worden. Nachdem Teilfreistellungen nicht rechtswirksam erfolgt seien, verbleibe es bei der in § 38 BetrVG normierten Regelform der Vollfreistellung. Die zur Freistellung gewählten Betriebsratsmitglieder F., M. und D. seien zu vollen Freistellungen bereit gewesen. Es läge keine willkürliche Zerteilung einer einheitlichen Wahl in mehrere Abschnitte vor, da es dem Betriebsrat unbenommen sei, freigestellte Betriebsratsmitglieder von dieser Funktion abzuberufen und durch andere zu ersetzen oder Teilfreistellungen vorzunehmen. Es sei nicht von vorneherein beabsichtigt gewesen, aus Vollfreistellungen Teilfreistellungen zu machen.

Das Betriebsratsmitglied H. wiederholt sein Vorbringen aus erster Instanz und trägt zusätzlich vor:

Die Begründung im Anfechtungsantrag vom 8. Juni 2010 sei nicht hinreichend substantiiert und trage den Antrag nicht. Es sei in diesem Schriftsatz kein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Tatbestand genannt, der zur Anfechtung der im ersten Schritt vorgenommenen Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder berechtigen würde, und nicht angegeben, aus welchem Grund die Festlegung der Teilfreistellungen erst in einem zweiten Schritt unwirksam sein solle. Die Wahl hinsichtlich der Vollfreistellungen sei mustergültig erfolgt und rechtswirksam. Es stehe dem Betriebsrat grundsätzlich frei, zunächst eine Wahl bezüglich der Vollfreistellungen durchzuführen und später eventuell Teilfreistellungen zu beschließen. Bei der von der Betriebsratsvorsitzenden mit der Einladung verschickten vorläufigen Tagesordnung sei nicht abschließend beabsichtigt gewesen, Teilfreistellungen vorzunehmen. Der Wille des Betriebsrats als Gremium hätte vom Arbeitsgericht aufgeklärt werden müssen. Der Entschluss zur Schaffung von Teilfreistellungen sei erst in Gesprächen des Betriebsrats nach der abgeschlossenen Wahl der Freistellungen gefasst worden. Vor der Wahl der Freistellungen am 26. Mai 2010 seien Teilfreistellungen nicht thematisiert worden und es sei kein Antrag aus dem Betriebsrat gestellt worden, im Vorfeld der Wahlen über Teilfreistellungen zu beschließen. Wenn aber die Willensbildung zu Teilfreistellungen erst nach der Wahl erfolgt sei, könne nicht vor der Wahl bereits eine Entscheidung des Betriebsrats hierzu gefasst werden. Eine solche Entscheidung zu Teilfreistellungen sei auch nicht unbedingt erforderlich. Sonst würde in die freie Willensbildung des Betriebsrats eingegriffen, zumal die Vollfreistellung immer noch der Regelfall sei. Insbesondere müsse es dem Betriebsrat vor dem Hintergrund seiner Organisationshoheit möglich sein, auch zu einem späteren Zeitpunkt nach der ursprünglich erfolgten Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder eine Vollfreistellung durch Beschluss auf mehrere Teilfreistellungen aufzuteilen, wenn die Teilfreistellungen derjenigen Liste zufallen, der die Vollfreistellung entstamme. Der Betriebsrat könne freigestellte Betriebsratsmitglieder von dieser Funktion abberufen und durch andere ersetzen. Der Grundsatz der einheitlichen Wahl könne nur Anwendung finden, wenn sich der Betriebsrat bereits vor der Wahl für Voll- und Teilfreistellungen entschieden gehabt habe, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Daher sei nicht eine einheitliche Wahl willkürlich in mehrere Abschnitte zerteilt worden.

Der Betriebsrat (Beteiligter zu Ziffer 2) beantragt:

1. Auf die Beschwerde des Betriebsrats (Beteiligten zu Ziffer 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 9. März 2011 - 4 BV 9/10 - abgeändert.

2. Der Antrag des Betriebsratsmitglieds B. (Beteiligter zu Ziffer 1), die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder vom 26. Mai 2010 für unwirksam zu erklären, wird zurückgewiesen.

Das Betriebsratsmitglied H. (Beteiligter zu Ziffer 5) beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 9. März 2011 - 4 BV 9/10 - wird abgeändert und der Antrag des Betriebsratsmitglieds B. (Beteiligter zu Ziffer 1), die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder vom 26. Mai 2010 für unwirksam zu erklären, wird zurückgewiesen.

Die Arbeitgeberin stellt keinen eigenen Antrag und die Betriebsratsmitglieder D., K., F. und M. (die Beteiligten zu den Ziffern 4, 6 - 8) schließen sich den Anträgen des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. an.

Das Betriebsratsmitglied B. (Beteiligter zu Ziffer 1) beantragt:

Die Beschwerden der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 9. März 2011 - 4 BV 9/10 - werden zurückgewiesen.

Das Betriebsratsmitglied B. verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Gründe für die Wahlanfechtung seien gegeben. Zusätzlich meint das Betriebsratsmitglied B., die Begründung im Antrag vom 8. Juni 2010 sei ausreichend, da sich sein Antrag im Schriftsatz vom 8. Juni 2010 nach dem Wortlaut darauf bezogen habe, die am 26. Mai 2010 durchgeführten Wahlen bezüglich der Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern nach § 38 BetrVG für unwirksam zu erklären, und damit begründet worden sei, dass die Festlegung der Teilfreistellungen nicht vor den Wahlen, sondern erst in einem zweiten Schritt erfolgte. Ein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Anfechtungsgrund für die gesamten Freistellungswahlen sei damit innerhalb der Anfechtungsfrist vorgetragen. Es sei nicht erforderlich, die Auswirkung eines Verstoßes näher darzulegen. Gerade wegen des innerhalb der Anfechtungsfrist gerügten Anfechtungsgrundes sei die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder für unwirksam erklärt worden. Erfolgten - wie hier - die Teilfreistellungen und die Ausgestaltung der Teilfreistellungen erst nach der eigentlichen Wahl der Freizustellenden, werde eine einheitliche Wahl mit einem erforderlichen einheitlichen Wahlgang zerteilt. Das Wahlverhalten der Betriebsratsmitglieder könne durch diese Vorgehensweise beeinflusst werden, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn der Umfang der Teilfreistellungen vor der Durchführung der Wahl durch Beschluss festgelegt worden wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

B.

Die zulässigen Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. haben keinen Erfolg und sind zurückzuweisen. Denn das Arbeitsgericht hat auf Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. zu Recht die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 für unwirksam erklärt.

I.

Die Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. sind zulässig. Sie sind gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch gemäß § 87 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

II.

Die Beschwerden des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. sind unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, indem es die Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 für unwirksam erklärt hat.

Es waren in diesem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller (Betriebsratsmitglied B.), dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin nach § 83 Abs. 3 ArbGG auch die Betriebsratsmitglieder zu den Ziffern 4) - 8) zu beteiligen, da sie durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihren betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellungen unmittelbar betroffen sind, da sie im Falle der Unwirksamkeit der Wahl vom 26. Mai 2010 ihre Freistellungen als Betriebsratsmitglieder verlieren.

Der Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. ist zulässig und begründet, da die Wahl vom 26.05.2010 zur Freistellung (Teil- und Vollfreistellung) der Betriebsratsmitglieder rechtsunwirksam ist.

1. Die formellen Voraussetzungen für die Anfechtung der betriebsratsinternen Wahl vom 26.05.2010 zu den Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern liegen hinsichtlich des Anfechtungsantrags des Betriebsratsmitglieds B. vom 08. Juni 2010 vor.

a) Das Betriebsratsmitglied B. ist anfechtungsberechtigt. In Bezug auf eine betriebsratsinterne Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder ist jedes einzelne Betriebsratsmitglied anfechtungsberechtigt (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04; BAG 20.04.2005 - 7 ABR 47/04; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 25. Aufl., § 38 Rn. 106).

b) Der Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. vom 08. Juni 2010 ist innerhalb der Anfechtungsfrist fristgerecht und mit einer für einen Anfechtungsantrag formell ausreichenden Begründung eingereicht worden.

aa) Allgemein kann die betriebsratsinterne Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern in entsprechender Anwendung des § 19 BetrVG angefochten werden (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04; BAG 20.04.2005 - 7 ABR 47/04; BAG 25.04.2001 - 7 ABR 26/00; LAG Brandenburg 04.03.2003 - 2 TaBV 22/02; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, DKKW, Betriebsverfassungsgesetz, 12. Aufl., § 38 Rn. 80; Fitting, aaO, § 38 BetrVG Rn. 105; Schaub-Koch, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl., § 221 Rn. 28). Entsprechend § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist eine solche Anfechtung einer betriebsratsinternen Wahl nur binnen einer Frist von zwei Wochen nach Abschluss der Wahl, dh. ab Feststellung des Wahlergebnisses durch den Betriebsrat zulässig (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04; BAG 20.04.2005 - 7 ABR 47/04; LAG Brandenburg 04.03.2003 - 2 TaBV 22/02; DKKW, § 38 BetrVG Rn. 80; Fitting, aaO, § 38 BetrVG Rn. 105) .

Ein Antragsteller muss in seinem Anfechtungsantrag einen betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Sachverhalt darlegen, der seiner Ansicht nach die Anfechtung rechtfertigt; ist innerhalb der Anfechtungsfrist ein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Anfechtungstatbestand nicht vorgetragen worden, so kann ein solcher nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht nachgeschoben werden, weil dies auf eine Verlängerung der Anfechtungsfrist hinauslaufen würde (BAG 24.05.1965 - 1 ABR 1/65). Es genügt, wenn die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Wahlvorschriften dargetan wird (GK-Kreutz, Betriebsverfassungsgesetz, 9. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 94). Innerhalb der Anfechtungsfrist müssen Gründe vorgetragen werden, die geeignet sind, Zweifel der Ordnungsmäßigkeit der durchgeführten Wahl zu begründen (Schaub-Koch, § 218 Rn. 21). Falls vom Anfechtenden innerhalb der Anfechtungsfrist ein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Tatbestand geschildert wird, der für die Anfechtung nicht auf den ersten Blick erkennbar ganz unerheblich ist, muss das Gericht den weiteren im Verfahren hervortretenden Umständen, die möglicherweise eine Wahlanfechtung begründen können, von Amts wegen nachgehen (BAG 03.06.1969 - 1 ABR 3/69; Schaub-Koch, aaO, § 218 Rn. 21).

bb) Durch den am 08. Juni 2010 eingegangenen Antrag des Betriebsratsmitglieds B. ist die Anfechtung fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach der Wahl am 26. Mai 2010 erklärt worden.

Der Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. ist auch innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 BetrVG hinreichend begründet worden, so dass auch von daher die Anfechtungsfrist eingehalten ist. Das Betriebsratsmitglied B. hat in seinem Anfechtungsantrag vom 8. Juni 2010 die begehrte Unwirksamkeit der am 26. Mai 2010 durchgeführten Wahlen bezüglich der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern damit begründet, dass die Festlegung der Teilfreistellungen nicht vor den Wahlen, sondern erst in einem zweiten Schritt erfolgt sei und zur Schilderung des Ablaufs der Wahl eine E-Mail des Betriebsratsmitglieds L. vom 28. Mai 2010 seinem Anfechtungsantrag beigefügt. Daher hat der Antragsteller innerhalb der Anfechtungsfrist mit dem Umstand, dass die Teilfreistellungen nicht vor den Wahlen festgelegt worden seien und die Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern also nicht in einem Schritt erfolgt, sondern fälschlicherweise in zwei Schritte (Wahl der Vollfreistellungen und der Teilfreistellungen) unterteilt worden sei, einen betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Sachverhalt dargelegt, der für die Anfechtung der gesamten Wahlen zur Freistellung der Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 nicht auf den ersten Blick erkennbar ganz unerheblich ist und einen Verstoß gegen Wahlvorschriften möglich erscheinen lässt. Es sind damit Gründe vorgetragen, die zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Wahl vom 26. Mai 2010 Anlass geben. Auch wenn die Begründung des Betriebsratsmitglieds B. knapp ausgefallen ist, so ist sie doch ausreichend und ordnungsgemäß und bezieht sich neben der Wahl der teilfreigestellten Betriebsratsmitglieder auch auf die Wahl der Vollfreistellungen.

Der Anfechtungsantrag erfasst folglich vom Antrag und von der Begründung her insgesamt die am 26. Mai 2010 durchgeführten betriebsratsinternen Wahlen der freizustellenden (also voll- und teilfreizustellenden) Betriebsratsmitglieder.

In dem innerhalb von zwei Wochen einzureichenden Anfechtungsantrag und seiner Begründung muss nicht bereits zu möglichen Auswirkungen in Bezug auf eine Beeinflussung des Wahlergebnisses Stellung bezogen werden. Dies ist vielmehr eine Frage der Begründetheit des Anfechtungsantrags.

2. Der Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. ist begründet. Die Wahl zur Freistellung (Voll- und Teilfreistellung) von Betriebsratsmitgliedern am 26. Mai 2010 ist rechtsunwirksam. Sie verstößt gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren (a, b), eine Berichtigung ist nicht erfolgt und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte (c).

Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG werden die freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG können Freistellungen auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen.

Entsprechend § 19 Abs. 1 BetrVG kann die betriebsratsinterne Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 47/04; BAG 25.04.2001 - 7 ABR 26/00; Schaub-Koch, aaO, § 221 Rn. 28).

a) Die Wahl vom 26. Mai 2010 zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern verletzt wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, da es an einer vorherigen Entscheidung und Willensbildung des Betriebsrats dazu fehlt, ob und ggf. in welchem Umfang Teilfreistellungen erfolgen sollen und Vollfreistellungen auf Teilfreistellungen verteilt werden sollen.

aa) Ein Anspruch auf Freistellung steht zunächst ausschließlich dem Betriebsrat zu und dieser hat die alleinige Verantwortung darüber, in welcher Art und Weise er die ihm obliegenden Aufgaben zu erfüllen gedenkt (Fitting, aaO, § 38 BetrVG Rn. 13; GK-Weber, aaO, 9. Aufl., § 38 BetrVG Rn. 29 und 40). Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen, also ob, wie viele und in welchem zeitlichen Umfang Teilfreistellungen vorgesehen werden sollen, hat der Betriebsrat vor Durchführung der Wahl der Freizustellenden zu treffen (LAG Brandenburg, 04.03.2003 - 2 TaBV - 22/02; DKKW, aaO, § 38 BetrVG Rn. 21; Fitting, aaO, § 38 BetrVG Rn. 13; GK-Weber, aaO, § 38 BetrVG Rn. 29; Greßlin, Teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder, 2004, S. 212; HaKo-BetrVG, Düwell/Wolmerath, Betriebsverfassungsgesetz, 2. Aufl., § 38 Rn. 8). Vor der Durchführung der Wahl der Freistellungen hat der Betriebsrat durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob und wie Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen; es besteht das Erfordernis einer vorherigen Willensbildung des Betriebsrats zur vorzunehmenden Aufteilung der Freistellungen (LAG Brandenburg 04.03.2003 - 2 TaBV 22/02; DKKW, aaO, § 38 BetrVG Rn. 21). Die Notwendigkeit eines solchen Beschlusses ergibt sich schon aus den Konsequenzen einer Aufteilung der Freistellungen für die Arbeit des Betriebsrats und für die Organisation des Betriebs, zu der der Arbeitgeber Einwände nach § 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG zu machen berechtigt ist (LAG Brandenburg 04.03.2001 - 2 TaBV 22/02). Eine Entscheidung des Betriebsrats über das Ob und Wie von Teilfreistellungen ist notwendig, wobei teilweise nicht verlangt wird, dass diese durch förmlichen Beschluss erfolgt (Greßlin, aaO, S. 212 und 213).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde bei der betriebsratsinternen Wahl freigestellter Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 gegen diese hierfür wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren verstoßen, da es - unstreitig - an einer vor der Durchführung der Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern getroffenen Entscheidung des Betriebsrats dazu fehlt, ob und in welchem Umfang Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen. Eine solche Willensbildung des Betriebsrats vor der Freistellungswahl wäre zwingend erforderlich gewesen, wobei hier dahinstehen kann, ob diese durch förmlichen Beschluss erfolgen muss. Nach dem unstreitigen Wahlablauf zu den Freistellungen am 26. Mai 2010 fehlt hier jegliche vor der Wahl getroffene klärende Entscheidung, jegliche Willensbildung und jeglicher Beschluss des Betriebsrats zu der Frage der Voll- und Teilfreistellungen ganz. Ohne vorherige Entscheidung des Betriebsrats hierzu wurde zunächst wurde in geheimer Wahl über die drei Wahlvorschläge abgestimmt; im Anschluss daran hatten die jeweiligen einzelnen Listen Betriebsratsmitglieder ihrer Liste für eine 50-prozentige Teilfreistellung benannt und hierüber wurde dann öffentlich abgestimmt. Der Betriebsrat kann aber die Willensbildung darüber, ob nur Vollfreistellungen erfolgen sollen oder ob und ggf. inwieweit von Teilfreistellungen Gebrauch gemacht wird, zum einen nicht bis nach der Wahl der Freistellungen offen lassen, zumal dies sogar bereits in der Beratung mit dem Arbeitgeber und in der vorläufigen Tagesordnung thematisiert worden ist, und zum anderen diese Entscheidung auch nicht den einzelnen Vorschlagslisten überlassen. Der Betriebsrat als Gremium muss sich vor der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder zwingend Gedanken darüber machen und entscheiden, ob Voll- oder inwieweit Teilfreistellungen erfolgen sollen.

Für ein solches Erfordernis der vorherigen Festlegung des Betriebsrats auf Voll- bzw. Teilfreistellungen vor der Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder sprechen ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen folgende Argumente:

Eine solche vor der Wahl von Freistellungen erfolgende Willensbildung des Betriebsrats als Gremium ist erforderlich, da diesem auf der einen Seite die freie Organisationsentscheidung darüber zusteht, ob und inwieweit er von Teilfreistellungen Gebrauch macht, aber er auf der anderen Seite auch die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben gewährleisten muss und hierfür verantwortlich ist. Diese könnte möglicherweise durch eine Aufteilung von Vollfreistellungen sowie durch die Art und Anzahl von Teilfreistellungen beeinflusst bzw. gefährdet werden. Die Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder und die auch mögliche Aufteilung von Vollfreistellungen auf Teilfreistellungen sind für die Arbeit des Betriebsrats, für seine Funktionsfähigkeit und für die Aufgabenverteilung im Betriebsrat von wesentlicher Bedeutung. Die Frage der Voll- und Teilfreistellungen steht dementsprechend in der Entscheidungsbefugnis des Betriebsrats als Gremium und nicht in dem Willen der einzelnen Vorschlagslisten. Für eine vorherige Entscheidung des Betriebsrats über Teilfreistellungen vor der Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder spricht auch, dass nur so die nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gesetzlich vorgesehene Beratung mit dem Arbeitgeber sinnvoll erfolgen kann, da dieser in die Lage versetzt werden muss, berechtigte Einwände gegen Voll- und auch gegen Teilfreistellungen von Betriebsratsmitgliedern bzw. gegen den Umfang und die zeitliche Aufteilung von Teilfreistellungen geltend zu machen. Die gesetzlich vorgesehene Beratung mit dem Arbeitgeber vor der Wahl hat den Zweck, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, schon vor der Wahl auf zu berücksichtigende betriebliche Belange hinzuweisen.

b) Entgegen den Ansichten der Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. erfasst dieser gerade dargestellte wesentliche Verstoß gegen Wahlvorschriften zur Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder die gesamte Wahl, also auch die Wahl der voll freigestellten Betriebsratsmitglieder und nicht nur die Wahl der teilfreigestellten Betriebsratsmitglieder. Denn die Wahl freizustellender (voll- und teilfreizustellender) Betriebsratsmitglieder ist in einem einzigen einheitlichen Wahlvorgang vorzunehmen. Gegen diesen Grundsatz eines einheitlichen Wahlgangs als weitere wesentliche Wahlvorschrift im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder am 26. Mai 2010 ebenfalls verstoßen.

aa) Die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder hat in einem einzigen Wahlgang zu erfolgen; für Voll- und Teilfreistellungen ist ein einheitlicher Wahlgang durchzuführen (Fitting, aaO, § 38 BetrVG Rn. 41; GK-Weber, aaO, § 38 BetrVG Rn. 48; Greßlin, aaO, S. 216; Schaub-Koch, aaO, § 221 Rn. 28). Aus Gründen des Minderheitenschutzes sind Voll- und etwaige Teilfreizustellende aufgrund einer Wahlliste bei einer Wahl nach Verhältniswahlrecht in einem einzigen Wahlgang gemeinsam zu wählen (Greßlin, aaO, S. 213 und 220). Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, der - auch nach Einfügung des § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG - von Wahl und nicht von Wahlen ausgeht, sowie die Auslegung des § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (Greßlin, aaO, S. 213 und 216). Außerdem widerspricht eine Wahl Voll- und Teilfreizustellender in getrennten Wahlgängen dem Sinn und Zweck der Anordnung der Verhältniswahl in § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, die dem Schutz von Minderheiten im Betriebsrat dienen soll; Stimmen der Minderheit würden bei einer Aufteilung in mehrere Wahlgänge verloren gehen (Greßlin, aaO, S. 214, 215 und 216).

bb) Diesem Ergebnis und der Argumentation ist zu folgen.

(1) Gesetzlich ist schon nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein einheitlicher Wahlgang für Voll- und Teilfreizustellende in geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl vorgesehen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben ist es nicht zulässig, die einheitliche betriebsratsinterne Wahl der Freistellungen in zwei Abschnitte (Wahlgänge) aufzuteilen, also erst die Vollfreizustellenden zu wählen und dann in einem zweiten Wahlgang Teilungen dieser gerade gewählten Vollfreizustellenden vorzunehmen. Die Wahl frei- und teilfreigestellter Betriebsratsmitglieder hängt untrennbar zusammen; zur erstmaligen Wahl der Freistellungen zählen sowohl Vollfreigestellte als auch Teilfreigestellte. Die Teilfreistellung ist ein Unterfall der Freistellung.

Durch die am 26. Mai 2010 durchgeführte Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern und deren bereits geschilderten Ablauf ist jedoch gegen diese nach § 19 Abs. 1 BetrVG wesentliche Wahlvorschrift des Erfordernisses eines einheitlichen Wahlgangs für die Wahl von voll- und teilfreizustellenden Betriebsratsmitgliedern verstoßen worden. Allein aus der Tatsache, dass ein einheitlicher Wahlgang für voll- und teilfreigestellte Betriebsratsmitglieder erforderlich ist, betrifft dieser grundlegende Fehler die gesamte Wahl, unabhängig davon, ob in Bezug auf Vollfreistellungen mit dem Tagesordnungspunkt 6.2 eine geheime Verhältniswahl durchgeführt worden ist.

Die Wahl vom 26. Mai 2010 stellt sich als rechtlich unzulässige und willkürliche Aufteilung einer zusammenhängenden und nicht teilbaren Wahl in zwei Wahlgänge (für Voll- und für Teilfreistellungen) mit den Tagesordnungspunkten 6.2 und 6.3 dar. Wenn auch der zweite Abschnitt in der Tagesordnung als Teilung von Freistellungen bezeichnet wird, so handelt es sich doch bei diesem Tagesordnungspunkt 6.3 um einen Teil der Wahl freigestellter Betriebsratsmitglieder. Die Wahl zu den Freistellungen war nach der vorläufigen Tagesordnung, nach der Niederschrift über die Betriebsratssitzung und nach dem gesamten Ablauf nicht mit dem Tagesordnungspunkt 6.2 abgeschlossen. Die Teilung von Freistellungen unter dem Tagesordnungspunkt 6.3 kann nicht losgelöst vom Tagesordnungspunkt 6.2 betrachtet werden und nicht vom Wahlverfahren getrennt werden. Sie stellt sich als zweiter, und damit unzulässiger Wahlabschnitt im Rahmen der einheitlichen Freistellungswahl dar.

(2) Der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied H. wenden ein, eine einheitliche Wahl sei nicht willkürlich zerteilt worden, da die Festlegung der Teilfreistellungen erst in einem zweiten Schritt nach der zuvor durchgeführten abgeschlossenen Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder erfolgt sei. Es müsse trotz rechtsunwirksamer Teilfreistellungen bei den Vollfreistellungen bleiben. Die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder sei mit dem Tagesordnungspunkt 6.2 (Wahl der freigestellten BR) und der Feststellung von Freistellungen der Betriebsräte F., M. und D. abgeschlossen gewesen. Anschließend sei erst in einem zweiten Schritt - also quasi getrennt vom Wahlverfahren - über eine Teilung von Freistellungen entschieden worden, was nicht von vorneherein beabsichtigt gewesen sei. Die Teilung von Freistellungen stehe nicht im Zusammenhang mit den Wahlen.

Diesen Einwendungen des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden:

Hier handelt es sich schon ausweislich der vorläufigen Tagesordnung um eine einheitliche zusammenhängende Wahl der Freistellungen nach § 38 BetrVG mit der nach § 38 erforderlichen vorausgehenden Beratung mit dem Arbeitgeber, und zwar um die erste Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder in der ersten ordentlichen Betriebsratssitzung nach der Konstituierung des Gremiums. Der Zusammenhang folgt auch daraus, dass sich alles unter einem Tagesordnungspunkt, dem Tagesordnungspunkt 6, befindet. Ferner ergibt sich dies auch aus der Niederschrift zur Betriebsratssitzung am 26. Mai 2010, wonach ohne jegliche Zäsur, von der im Zusammenhang mit der Freistellungswahl erforderlichen Beratung mit dem Arbeitgeber, zur Wahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder und zur Teilung der Freistellungen übergegangen worden ist. Hier steht die Teilung von Freistellungen (die Teilfreistellung als Unterform der Freistellung) eindeutig im Zusammenhang mit der ersten konstituierenden Wahl zur Freistellung der Betriebsratsmitglieder. In der der Freistellungswahl vorhergehenden Beratung mit der Arbeitgeberin nach § 38 BetrVG ist unstreitig dementsprechend auch eine Teilung von Vollfreistellungen thematisiert worden, woraufhin die Arbeitgeberin mitgeteilt hat, sie sei mit Teilfreistellungen einverstanden, solange nicht der Umfang von drei Vollfreistellungen überschritten werde.

Es kann daher - wie auch bereits zuvor begründet - nicht davon ausgegangen werden, dass die Wahl der Freistellungen mit der Beendigung des Tagesordnungspunktes 6.2 und vor dem Tagesordnungspunkt 6.3 (Teilung von Freistellungen) abgeschlossen war und beide Tagesordnungspunkte nichts miteinander zu tun haben. Der Grundsatz der einheitlichen Wahl findet auf Freistellungswahlen im Rahmen der Verhältniswahl immer Anwendung. Der Betriebsrat muss - wie bereits gesagt - vor der Durchführung der Wahl von Freistellungen nach § 38 BetrVG eine Entscheidung über Voll- bzw. Teilfreistellungen treffen und darf dies nicht offen lassen. Eine Willensbildung zu Teilfreistellungen kann nicht erst nach der Wahl erfolgen, so dass der Einwand der Beschwerdeführer, Teilfreistellungen seien nicht von vorneherein beabsichtigt gewesen, unerheblich ist.

Die Trennung in die Punkte Wahl und Teilung von Freistellungen stellt sich vielmehr als unzulässige, willkürliche Aufteilung einer einheitlichen Freistellungswahl in zwei Abschnitte dar und betrifft somit die gesamte Wahl der Freistellungen.

(3) Aufgrund des Umstands, dass in bestimmten Fällen eine Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung möglich ist, können die Beschwerdeführer hier nicht rechtfertigen, dass es sich bei dem Tagesordnungspunkt 6.3 nicht um einen Teil eine einheitliche Wahl von Freistellungen handelt und dieser Teil (Teilung von Freistellungen) anderweitig als rechtmäßig angesehen werden kann.

Soweit der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied H. hierzu die Ansicht vertreten, es läge keine willkürliche Zerteilung einer einheitlichen Wahl in mehrere Abschnitte vor, weil nachträglich eine Änderung von Vollfreistellungen möglich sei und es dem Betriebsrat unbenommen sei, freigestellte Betriebsratsmitglieder von dieser Funktion abzuberufen und durch andere zu ersetzen oder Teilfreistellungen vorzunehmen, betrifft dies andere Fälle und ist dies zudem nur in einem besonderen Verfahren und unter speziellen, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen möglich.

(a) Nach folgenden Grundsätzen kann allgemein ein freigestelltes Betriebsratsmitglied in seiner Freistellungsfunktion durch andere ersetzt werden:

Beim Ausscheiden eines nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG im Wege der Verhältniswahl in die Freistellung gewählten Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung während der Amtszeit ist das ersatzweise freizustellende Betriebsratsmitglied entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG der Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehört (BAG 25.04.2001 - 7 ABR 26/00; BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04; Schaub-Koch, aaO, § 221 Rn. 31). Ferner kann ein Betriebsrat eines oder mehrere freigestellte Betriebsratsmitglieder von dieser Funktion abberufen und durch andere ersetzen oder auch alle Freigestellten gleichzeitig abberufen und sämtliche freizustellenden Betriebsratsmitglieder neu wählen (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04). Wenn die Freistellungswahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt wurde, hat die Abberufung nach §§ 38 Abs. 2 Satz 8, 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung gefasst wird und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Betriebsratsmitglieder bedarf, zu erfolgen (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04). In einer Neuwahl aller freizustellenden Betriebsratsmitglieder durch den Betriebsrat in geheimer Abstimmung mit der nach § 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG erforderlichen Mehrheit liegt zugleich eine Abberufung der bisher Gewählten mit der Folge, dass die neu Gewählten an deren Stelle treten (BAG 20.04.2005 - 7 ABR 44/04).

(b) Bereits nach der Tagesordnung und der Niederschrift zu der Betriebsratssitzung am 26. Mai 2010 ging es hier bei dem Tagesordnungspunkt Teilung von Freistellungen weder um ein Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds aus seiner Freistellung entsprechend § 25 BetrVG und ein Nachrücken eines anderen Betriebsratsmitglieds noch um die Abberufung bzw. Teilabberufung eines Betriebsratsmitglieds aus seiner Freistellung bzw. die Neuwahl der gerade erst erstmals für eine Freistellung gewählten Betriebsratsmitglieder. Ein Fall des Ausscheidens der Betriebsratsmitglieder M. und D. aus der Vollfreistellung entsprechend § 25 BetrVG lag nicht vor, zumal diese nach dem Vortrag gerade zu Vollfreistellungen bereit und in der Lage waren. Ausweislich des unstreitigen Ablaufs am 26. Mai 2010, der Tagesordnung und der Niederschrift hat und wollte der Betriebsrat auch nicht gemäß §§ 38 Abs. 2 Satz 8, 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG nach der gerade durchgeführten Wahl (Tagesordnungspunkt 6.2) mit dem Tagesordnungspunkt 6.3 Teilung von Freistellungen (unter dem Obergliederungspunkt 6 Freistellungen) Betriebsratsmitglieder aus ihrer Freistellung wieder abberufen oder teilweise abberufen oder sogar im Hinblick auf die Freistellungen insgesamt neu wählen. Dies war nicht beabsichtigt und wurde so auch verfahrensmäßig nicht durchgeführt. Außerdem hätte ein solcher Wille des Betriebsrats in der Tagesordnung zum Ausdruck kommen müssen, was nicht der Fall ist. Zur Herbeiführung eines wirksamen Beschlusses und der rechtlichen Wirksamkeit einer (teilweisen) Abberufung hätte dieses als Tagesordnungspunkt in der Tagesordnung auch so bezeichnet werden müssen als (teilweise) Abberufung aus der Freistellung bzw. Neuwahl der Freistellungen.

Die Aufspaltung der Freistellungswahl vom 26. Mai 2010 in die Tagesordnungspunkte 6.2 (Wahl der freigestellten BR) und 6.3 (Teilung von Freistellungen) kann somit - entgegen der Ansicht des Betriebsrats und des Betriebsratsmitglieds H. - nicht mit einer nur unter speziellen Voraussetzungen möglichen, hier aber nicht vorliegenden und auch laut Tagesordnung und Niederschrift nicht gewollten Abberufung von Betriebsratsmitgliedern aus ihrer Freistellung begründet werden.

Wie bereits dargestellt, steht der Tagesordnungspunkt (Teilung von Freistellungen) vielmehr in untrennbarem Zusammenhang mit der Freistellungswahl, kann daher nur als Teil dieser einheitlichen Freistellungswahl betrachtet werden und ist als solcher im Hinblick auf das Erfordernis eines einheitlichen Wahlgangs bei der Freistellungswahl unzulässig, was die gesamte Freistellungswahl erfasst. Dadurch, dass hier eine zwingend einheitliche zusammenhängende Wahl von Freistellungen in zwei Abschnitte unterteilt und nicht in einem einheitlichen Wahlgang durchgeführt wurde und es an einem vorherigen Beschluss des Betriebsrats zur Frage von Teilfreistellungen fehlt, ist mit der Freistellungswahl vom 26.05.2010 gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen worden.

c) Diese festgestellten Wahlfehler sind nicht berichtigt worden.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die aufgeführten Verstöße das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. Das Wahlergebnis wäre ohne die Verstöße möglicherweise anders ausgefallen. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Abstimmungsverhalten der Betriebsratsmitglieder unterschiedlich ist, je nachdem ist, ob zunächst über Vollfreistellungen abgestimmt wird und diese dann erst in Teilfreistellungen aufgeteilt werden oder ob von vornherein ersichtlich ist, in welchem Umfang Vollfreistellungen und darüber hinausgehend eine größere Anzahl von Teilfreistellungen vorgenommen werden sollen und dann einheitlich gewählt wird. Außerdem kann es sich auch auf die Reihenfolge der Namen innerhalb der einzelnen Vorschlagslisten und damit auf das Stimmverhalten und im Ergebnis auf das Wahlergebnis auswirken, wenn von vorneherein feststeht, inwieweit Vollfreistellungen und ob und in welchem Umfang Teilfreistellungen erfolgen sollen. Die Aufstellung der Wahlvorschlagslisten kann je nach Anzahl der Voll- sowie Anzahl und Art der Teilfreistellungen unterschiedlich sein. Eine Wahl zur Freistellung der Betriebsratsmitglieder hätte ohne die festgestellten Verstöße - also bei einer vorherigen Entscheidung des Betriebsrats über Teilfreistellungen und bei einem einheitlichen Wahlgang - nicht zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt. Es lässt sich nicht feststellen, dass bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre.

Unentschieden kann die umstrittene Frage bleiben, ob dann, wenn sich der Betriebsrat für Voll- und für Teilfreistellungen entschieden hat, sich die auf die Wahllisten nach der Verhältniswahl zu verteilenden Höchstzahlen nach der Anzahl der tatsächlich freizustellenden Personen richtet (Fitting, aaO, § 38 Rn. 43; Wlotzke/Preis, Betriebsverfassungsgesetz, 3. Aufl., § 38 Rn. 18) oder ob bei Aufteilung von Vollfreistellungen auf Teilfreistellungen derjenigen Wahlliste die Teilfreistellungen zustehen, der auch die Vollfreistellung zufallen würde (LAG Brandenburg 04.03.2003 - 2 TaBV 22/02; LAG Nürnberg 20.03.1997 - 5 TaBV 22/96; DKKW, aaO, § 38 Rn. 21; Düwell/Wolmerath, aaO, § 38 BetrVG Rn. 8; Greßlin, aaO, S. 217).

Damit ist der Anfechtungsantrag des Betriebsratsmitglieds B. begründet und die Wahl der freigestellten (voll- und teilfreigestellten) Betriebsratsmitglieder vom 26.05.2010 ist zu Recht vom Arbeitsgericht für rechtsunwirksam erklärt worden.

III.

Für dieses Verfahren werden nach § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben.

IV.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 iVm. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.