LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2011 - L 12 AS 2016/11
Fundstelle
openJur 2012, 67373
  • Rkr:

Eine Direktzahlung der Unterkunftskosten an den Vermieter ist bei konkreter Gefahr der zweckwidrigen Mittelverwendung geboten. Ob der Grundsicherungsträger auch bei einer geltend gemachten Mietminderung berechtigt ist, eine Direktzahlung an den Vermieter vorzunehmen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die direkte Zahlung der vom Beklagten für die Zeit vom 1. Mai bis 30. Juni 2009 bewilligten Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) an den Vermieter des Klägers.

Der 1948 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten. Ab Juni 2007 mietete er eine Unterkunft zu einer Kaltmiete von 225 EUR zuzüglich Nebenkosten von 100 EUR (ohne den auch zum Heizen verwendeten Strom) an. Bis April 2008 überwies der Beklagte die Miete von 325 EUR direkt an den Vermieter. Im Januar 2009 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung unter Hinweis darauf, dass seit Mai 2008 mit Ausnahme einer Zahlung von 100 EUR im Juli 2008 keine Mietzahlung mehr erfolgt sei und teilte dies dem Beklagten mit.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte laufende Leistungen für Januar und Februar 2009 in Höhe von 693,35 EUR und für März bis Juni 2009 in Höhe von 790,07 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 20. Januar 2009 erfolgte eine Erhöhung um 11 EUR monatlich wegen geänderter Abschläge an die Stadtwerke P. (SWP). Mit weiterem Änderungsbescheid vom 7. April 2009 verfügte der Beklagte nach Anhörung des Klägers eine Direktzahlung der Miete von 325 EUR an den Vermieter ab 1. Mai 2009. Der Kläger legte Widerspruch ein. Ihm sei zugesagt worden, dass der Vermieter für das erste Halbjahr die Strom- und Heizungskosten übernehme. Der Vermieter habe durch eine Rückforderung gezahlter Stromkosten von 230 EUR für Juni bis September 2009 zu verantworten, dass die SWP in den Monaten Oktober 2007 bis März 2008 den Strom gesperrt hätten. Er habe daher die Miete auf Null gemindert. Mit Änderungsbescheid vom 5. Mai 2009 wurden dem Kläger für März bis Juni 2009 unter Anhebung der Mietobergrenze und Anpassung der Warmwasserpauschale Leistungen in Höhe von 805,06 EUR bewilligt. Zugleich wurde die Direktzahlung an den Vermieter ab Mai 2009 auf die tatsächlich gewährten KdU-Anteile von 317,17 EUR begrenzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2009 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. KdU sollten nach § 22 Abs. 4 SGB II an den Vermieter gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung der Mittel nicht sichergestellt sei. Ein Grund für eine Mietminderung sei nicht ersichtlich, es sei nicht vereinbart gewesen, dass der Kläger im ersten Halbjahr die gemäß dem von ihm mit den SWP geschlossenen Vertrag ab 31. Juli 2007 fälligen Abschlagszahlungen von monatlich 115 EUR nicht zu erbringen habe. Zum letztendlichen Abstellen der Stromzufuhr habe nicht der damalige Rückstand von ca. 500 EUR geführt, sondern Stromschulden aus den vergangenen Jahren von 16.572,80 EUR. Mittlerweile bestünden Mietschulden von 2.825 EUR, die in keinem Verhältnis zu den nicht beglichenen SWP-Abschlägen von 690 EUR im ersten Halbjahr stünden. Es bestünden daher begründete Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der KdU, weshalb von einer Direktzahlung nicht abgesehen werden könne. Diese sei jedoch auf die berücksichtigungsfähigen Kosten im Bereich der KdU reduziert worden, da die Anteile der Miete, die der Kläger aus der Regelleistung begleichen müsse, nicht direkt überwiesen werden könnten.

Hiergegen richtet sich die am 8. Juni 2009 zum Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) erhobene Klage, die das VG mit Beschluss vom 7. Juli 2009 an das zuständige Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen hat.

Den zeitgleich eingereichten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, ebenfalls verwiesen an das SG, hat dieses mit Beschluss vom 2. September 2009 abgelehnt (S 15 AS 2986/09 ER), da nach den Umständen des Einzelfalls eine zweckentsprechende Verwendung der Unterkunftsleistungen durch den Kläger derzeit nicht sichergestellt sei.

Mit Urteil vom 19. April 2011 hat das SG den Bescheid vom 7. April 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 5. Mai 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2009 insoweit aufgehoben, als hierin für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 eine Direktzahlung an den Vermieter des Klägers verfügt werde. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Anfechtungsklage sei begründet, denn der Beklagte könne sich nicht auf § 22 Abs. 4 SGB II als Rechtsgrundlage für die Direktzahlung an den Vermieter berufen. Die Direktzahlung setze konkrete Zweifel an einer zweckkonformen Verwendung der Leistungen durch den Hilfebedürftigen voraus, etwa bei erheblichen Mietrückständen, die in der Vergangenheit mehrfach aufgelaufen seien. Um der Gefahr einer Entmündigung vorzubeugen, seien die Voraussetzungen restriktiv auszulegen. Der Kläger habe zwar seit Mai 2008 keine Miete mehr bezahlt, so dass das Mietverhältnis im Januar 2009 gekündigt worden sei. Er habe sich jedoch wegen der unterbliebenen Mietzahlung auf eine Mietminderung und eine Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen berufen. Das SG habe erhebliche Zweifel, dass der Grundsicherungsträger einem Alg II-Bezieher diese rechtliche Gestaltungsmöglichkeit aus der Hand nehmen dürfe durch Anordnung einer Direktzahlung. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob der Grundsicherungsträger im Rahmen des § 22 Abs. 4 SGB II Mietminderungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen habe, sei nicht bekannt. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach der Grundsicherungsträger ein Kostensenkungsverfahren einleiten müsse, wenn er eine Staffelmietvereinbarung für unwirksam halte (SozR 4-4200 § 22 Nr. 24), habe der Grundsicherungsträger, wenn eine Mietminderung zwischen Mieter und Vermieter streitig sei, nur die Möglichkeit, die Leistungen für Unterkunft entsprechend dem Maß der Minderung zu reduzieren, auch wenn der Kläger Gefahr laufe, hierdurch möglicherweise seine Unterkunft zu verlieren. Hinzu komme, dass die Direktzahlung nicht geeignet sei, die Unterkunft des Klägers zu sichern, denn das Mietverhältnis sei bereits mehrere Monate zuvor gekündigt worden und es sei auch keine Nachzahlung der ausstehenden Miete erfolgt. Darüber hinaus habe der Kläger noch vor der Anordnung der Direktzahlung dem Beklagten mitgeteilt, er wolle die Mietzahlungen wieder aufnehmen. Damit sei nicht davon auszugehen, dass ohne die Direktzahlung wiederholt Mietrückstände aufgelaufen wären.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 16. Mai 2011 eingelegte Berufung des Beklagten. Der Ansatz des SG einer äußerst restriktiven Auslegung des § 22 Abs. 4 SGB II a.F. gehe fehl. Anders als im Wohngeldrecht (§ 28 Abs. 2 Wohngeldgesetz) führe die zweckwidrige Verwendung von Leistungen nicht zu einem Wegfall des Anspruchs. Auch § 47 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch sei nicht einschlägig, da er nur Leistungen betreffe, bei denen im Bescheid eine Pflicht zur zweckentsprechenden Verwendung bestimmt worden sei, was bei den Leistungen für KdU nicht der Fall sei. Damit scheide auch eine strafrechtliche Verfolgung der zweckwidrigen Verwendung von Leistungen für KdU als Betrug aus, da anders als im Wohngeldrecht die Antragstellung unter Absicht der zweckwidrigen Verwendung kein Täuschen über das Nichtvorliegen der negativen Gewährungsvoraussetzungen darstelle. Als einzige Möglichkeit bleibe somit das Vorgehen nach § 22 Abs. 4 SGB II a.F. Dieses Vorgehen sei umso wichtiger, da nur sehr restriktiv eine Berechtigung des Sozialleistungsträgers anerkannt werde, aufgrund von zweckwidriger Verwendung von Leistungen für KdU entstandene Mietrückstände nicht im Rahmen eines Darlehens noch einmal übernehmen zu müssen. Angesichts des hohen Schutzgutes der sparsamen und zielgerichteten Verwendung der staatlichen Mittel dürften die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 SGB II a.F. nicht überspannt werden. Die Freiheit des einzelnen Leistungsempfängers habe bei begründeten Zweifeln an seiner Zuverlässigkeit zurückzutreten. Hier bestünden angesichts der Tatsache, dass in der Vergangenheit bereits erhebliche Mietschulden entstanden seien, konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen durch den Kläger. Dies sei ausreichend. Hieran ändere angesichts des in der Leistungsakte dokumentierten allgemeinen Verhaltens des Klägers auch seine schriftlich kund getane Absicht nichts, die Mietzahlungen wieder aufnehmen zu wollen. So habe er z.B. ein der Beklagten zustehendes und an den Kläger ausgezahltes Guthaben bei der SWP für Abfall, Wasser und Abwasser verbraucht, obwohl er genau gewusst habe, dass er Stromrückstände habe und zudem das Geld dem Beklagten zustehe. Der Beklagte habe dem Kläger wegen dieses Vorfalls schließlich ein Darlehen bewilligt, um Heizungslosigkeit zu vermeiden (Darlehen für Stromkosten von 339,93 EUR am 20. Januar 2009). Weiterhin habe der Kläger bereits im März 2009 zugesichert, die Miete für April an den Vermieter weiterzuleiten, was jedoch nach telefonischer Auskunft des Vermieters nicht erfolgt sei, so dass erst ab Mai 2009 Zahlungen an den Vermieter durch Direktüberweisung geleistet worden seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sämtliche Ausführungen der Gegenseite seien irrelevant, jedenfalls überholt und lägen neben der Sache. Der Vortrag werde bestritten, beweispflichtig sei der Beklagte. Der Beweis sei - bereits im subjektiven Tatbestand - unmöglich. Wegen der Unterstellungen behalte sich der Kläger Strafantrag sowie Schmerzensgeldansprüche gegen den Beklagten vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Der Senat konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten schriftlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben.

Streitgegenstand ist die vom Beklagten mit Bescheid vom 7. April 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 5. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2009 verfügte Direktzahlung von 317,17 EUR an Leistungen für KdU an den Vermieter des Klägers. Diese betrifft nur den Zeitraum Mai und Juni 2009, für Januar bis einschließlich April 2009 wurden die Leistungen an den Kläger gezahlt. Insoweit geht die Tenorierung des SG teilweise ins Leere.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig. Berufungsausschließungsgründe i.S.v. § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor, denn streitig ist vorliegend nicht die Höhe einer Leistung, sondern allein der Auszahlungsweg. Abgesehen davon wäre auch bei einem Abstellen auf die Höhe der Zahlung angesichts der vom SG ausgesprochenen Aufhebung für Januar bis Juni 2009 die Beschwer der Beklagten größer als 750 EUR.

Die Berufung ist auch begründet, denn der Beklagte hat entgegen der Auffassung des SG zu Recht die Direktzahlung der KdU an den Vermieter angeordnet. Die vom Kläger zutreffend erhobene reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) hätte daher als unbegründet abgewiesen werden müssen. Nach § 22 Abs. 4 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006, BGBl. I S. 1706 - a.F.) sollen die Kosten für Unterkunft und Heizung von dem kommunalen Träger an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist. Diese Regelung dient dazu, die Zahlung der Unterkunftskosten in Fällen zu sichern, in denen von einer zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen durch den Hilfebedürftigen nicht ausgegangen werden kann (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 57 zu Abs. 3). Zutreffend ist das SG im Ansatz davon ausgegangen, dass die Vorschrift restriktiv auszulegen ist, da sie die Gefahr einer Entmündigung der Hilfebedürftigen in sich trägt bzw. zumindest die Gefahr, vom Hilfesuchenden entsprechend wahrgenommen zu werden (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Mai 2006 - L 5 B 147/06 AS ER - ; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 97).

Indes sind auch bei restriktiver Auslegung die Voraussetzungen für eine Direktüberweisung hier erfüllt, denn es bestand eine konkrete Gefahr der zweckwidrigen Mittelverwendung durch den Kläger. Der Kläger hat von Mai 2008 bis April 2009 nahezu ein Jahr lang - mit Ausnahme einer Zahlung von 100 EUR im Juli 2008 - keine Miete geleistet. Aus diesem Grund wurde das Mietverhältnis im Januar 2009 gekündigt. Es lagen damit ganz erhebliche Mietrückstände vor. Daneben hatte der Kläger im Jahr 2007 Stromschulden von über 16.000 EUR, auch Anfang 2009 musste der Beklagte zur Sicherung der Heizung erneut wegen Stromschulden in Höhe von 339,93 EUR ein Darlehen gewähren. Soweit der Kläger geltend macht, er habe gegen die Mietforderungen mit früheren Mietminderungen und Schadenersatzforderungen gegen den Vermieter aufgerechnet, vermag dies die Zweifel an einer zweckentsprechenden Verwendung der Mittel nicht zu entkräften. Zum einen erscheint mehr als zweifelhaft, dass der Kläger tatsächlich berechtigt die Miete mindern konnte; insbesondere ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass eine - wie vom Kläger behauptet - durch das Verhalten des Vermieters verursachte Erhöhung seiner Stromschulden von mehr als 16.000 EUR um weitere 230 EUR die Ursache für eine mehrmonatige Stromsperre gewesen sein könnte. Zum anderen hat der Kläger bei seiner Antragstellung im November 2008 ausdrücklich angegeben, dass keine Änderungen bei den KdU eingetreten seien. Hätte der Kläger, statt die Leistungen in voller Höhe entgegenzunehmen und nicht weiterzuleiten, bereits damals geltend gemacht, dass er die Miete auf Null gemindert habe, hätte er mangels Bedarf keine entsprechenden Leistungen beziehen können. Die nachträgliche Geltendmachung einer Mietminderung stellt daher die Gefahr einer zweckwidrigen Mittelverwendung nicht in Frage, sondern begründet im Gegenteil weitere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Klägers hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen. Ob der Erhalt der Wohnung durch die Aufnahme von Direktzahlungen gesichert werden kann, ist für die Frage einer Direktzahlung an den Vermieter nicht entscheidend, denn anders als bei der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F. (soweit dies zur Sicherung der Unterkunft ... gerechtfertigt) ist dies bei § 22 Abs. 4 SGB II a.F. nicht Tatbestandsmerkmal.

Ein engeres Verständnis des § 22 Abs. 4 SGB II a.F. ist auch nicht mit Blick auf die zwischenzeitlich vorliegenden Gesetzesänderungen geboten. Mit Wirkung zum 1. April 2011 (BGBl. I S. 850) wurden in § 22 Abs. 7 Satz 3 SGB II n.F. zur Konkretisierung der Gefahr einer zweckwidrigen Verwendung der Leistungen Regelbeispiele eingefügt, die an die bisherige Rechtsprechung anknüpfen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 22 Rdnr. 170 ff.). Genannt sind die Fälle, wenn (1.) Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten, (2.) Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigten, (3.) konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder (4.) konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.

Auf die vom SG in den Vordergrund gerückte Problematik des aus der Hand Schlagens von Gestaltungsrechten des Mieters durch die Direktzahlung an den Vermieter dürfte es dagegen im vorliegenden Rechtsstreit nicht ankommen. Für den Zeitraum Mai und Juni 2009 hat der Kläger keinerlei Mietminderung geltend gemacht, er hat im Gegenteil in seinen Schriftsätzen an den Beklagten wiederholt klargestellt, dass er selbst die Zahlungen aufnehmen wolle, da die Mietminderung beendet sei. Die Direktzahlung an den Vermieter im Mai und Juni 2009 kollidiert daher nicht mit einer vom Kläger gewollten Mietminderung. Ob der Grundsicherungsträger grundsätzlich bei einer geltend gemachten Mietminderung berechtigt ist, eine Direktzahlung an den Vermieter vorzunehmen und inwieweit er insoweit das Recht oder die Pflicht hat, die Rechtmäßigkeit der Mietminderung zu überprüfen, bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.

Nach alledem war die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen für die KdU durch den Kläger nicht sichergestellt, weshalb entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 4 SGB II a.F. diese an den Vermieter gezahlt werden sollen. Gründe für ein Abweichen vom Regelfall der Direktzahlung an den Vermieter sind nicht ersichtlich, ein atypischer Fall liegt hier nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.