OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.05.2007 - 15 U 68/04
Fundstelle
openJur 2012, 66882
  • Rkr:

1. Als treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers (BGH, NJW 1985, 2595) darf der Versicherungsmakler seinem Kunden den Abschluss langfristiger Lebensversicherungsverträge (hier: Laufzeit 35 bis 41 Jahre) mit hohen Prämien (hier: Beiträge von 83.074,90 EUR im Jahr) nur dann empfehlen, wenn der Kunde auch langfristig voraussichtlich in der Lage ist, die Prämien zu bezahlen. Es ist Aufgabe des Versicherungsmaklers, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden vor Abschluss der Verträge entsprechend zu analysieren.2. Bei langfristigen Lebensversicherungsverträgen liegt es in der Regel nahe, dass der Versicherungsmakler den Kunden vor Abschluss der Verträge über die negativen wirtschaftlichen Folgen aufklären muss, die bei einer vorzeitigen Stornierung der Verträge eintreten können (keine oder nur geringe Rückkaufswerte).3. Empfiehlt der Versicherungsmakler seinem Kunden langfristige Lebensversicherungsverträge, die den Kunden wegen der hohen Beiträge finanziell überfordern, so kann sich daraus ein Schadensersatzanspruch gegen den Makler ergeben, wenn die bis dahin gezahlten Beiträge des Kunden bei einer vorzeitigen Stornierung der Verträge ganz oder teilweise verloren gehen.4. Bei langfristigen Lebensversicherungen mit ungewöhnlich hohen Beiträgen im Privatkundenbereich trifft unter Umständen auch den Versicherer eine vorvertragliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer, wenn dieser durch die Beitragsverpflichtungen möglicherweise finanziell überfordert wird.5. Reicht ein Makler Lebensversicherungsanträge ein, kann der Versicherer oft davon ausgehen, dass der Versicherungsnehmer von seinem Makler über Besonderheiten und Risiken der Verträge aufgeklärt worden ist. Gibt es für den Versicherer jedoch Anhaltspunkte dafür, dass der Makler das eigene Provisionsinteresse möglicherweise über die Interessen des Kunden gestellt, hat, so kann dies Auswirkungen auf die eigenen vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer haben.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.11.2004 - 9 O 115/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte Ziffer 1 und die Beklagte Ziffer 3 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu zahlen 101.947,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100.847,97 EUR seit dem 07.05.2003 und aus 1.099,47 EUR seit dem 05.02.2004.

2. Die Verurteilung der Beklagten Ziffer 1 erfolgt Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus den Rentenversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 mit den Nummern der Versicherungsverträge &

3. Die Verurteilung der Beklagten Ziffer 3 erfolgt Zug um Zug gegen einen Verzicht der Klägerin auf sämtliche Ansprüche aus den Rentenversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 mit den Nummern der Versicherungsverträge &

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden wie folgt verteilt:

1. Die Beklagte Ziffer 1 und die Beklagte Ziffer 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

2. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 2 trägt die Klägerin.

3. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 3 gesamtschuldnerisch zu 2/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 3 können eine Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann eine Vollstreckung des Beklagten Ziffer 2 wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte Ziffer 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die am 20.01.1956 geborene Klägerin ist selbstständig tätig und bezieht Einkünfte aus dem Betrieb des Hotels & in In den Jahren 2000 und 2001 schloss die Klägerin bei der Beklagten Ziffer 3 fünf verschiedene Lebensversicherungsverträge ab, bei denen jeweils die Zahlung einer lebenslänglichen Rente ab einem bestimmten Zeitpunkt - mit Kapitalwahlrecht - vorgesehen war. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Versicherungsverträge:

&

Für diese Lebensversicherungen ergaben sich für die Klägerin insgesamt monatliche Versicherungsprämien in Höhe von 6.922,90 EUR bzw. 83.074,80 EUR im Jahr. Versicherte Person war bei den Versicherungen Ziffer 1, 2 und 3 der am 06.05.1988 geborene Sohn & der Klägerin; bei den Versicherungen Ziffer 4 und Ziffer 5 waren jeweils Freunde bzw. Bekannte der Klägerin als versicherte Person im Vertrag eingetragen.

Die Versicherungsverträge wurden durch die Tätigkeit des Beklagten Ziffer 2 vermittelt. Die Klägerin war mit dem Beklagten Ziffer 2, dem sie vollständig vertraute, seit mehreren Jahren befreundet. Der Beklagte Ziffer 2 war für die Beklagte Ziffer 1 tätig, die gegenüber der Beklagten Ziffer 3 als Versicherungsmaklerin auftrat. In sämtlichen Versicherungsanträgen war jeweils die Beklagte Ziffer 1 als Vermittler genannt.

Für die Vermittlung der Versicherungen Ziffer 3, Ziffer 4 und Ziffer 5 erhielt die Beklagte Ziffer 1 von der Beklagten Ziffer 3 erhebliche Provisionen. Entsprechend einer vorherigen Absprache zwischen dem Beklagten Ziffer 2 und der Klägerin leistete die Beklagte Ziffer 1 aus diesen Provisionen eine Zahlung in Höhe von 125.000 DM (kick-back-Provision) an die Klägerin. Den Betrag von 125.000 DM übergab die Klägerin dem Beklagten Ziffer 2, bzw. der Beklagten Ziffer 1 zur weiteren Anlage. Hierbei hat die Klägerin einen erheblichen Verlust erlitten, so dass ihr aus der Anlage der 125.000 DM lediglich ein Restbetrag von 30.000 EUR verblieben ist.

Die Klägerin zahlte die vereinbarten Prämien an die Beklagte Ziffer 3 für die Versicherung Ziffer 1 bis August 2002 und für die Versicherungen Ziffer 2, 3, 4 und 5 bis November 2002. Die Beklagte Ziffer 3 rechnete die Verträge danach ab, bzw. stellte sie beitragsfrei. Es ergaben sich keine, bzw. nur geringfügige, Rückkaufswerte für die Klägerin, welche bisher nicht ausgezahlt wurden (vgl. die Anlagen OLG K II 13).

Die Klägerin hat von sämtlichen Beklagten Schadensersatz verlangt, da sie im Zusammenhang mit dem Abschluss der Lebensversicherungsverträge und der Eröffnung des Aktiendepots bei der &Bank von den Beklagten unzureichend beraten bzw. aufgeklärt worden sei. Sie hat ihren Schaden mit 105.607,32 EUR beziffert. Der Schaden ergebe sich aus den - für sie verlorenen - Einzahlungen auf die Lebensversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 und aus den Verlusten bei dem Depot &Bank. Sie sei gezwungen gewesen, die Versicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 zu stornieren, da sie finanziell nicht in der Lage gewesen sei, die hohen monatlichen Prämien auf Dauer weiter zu zahlen. Wegen des Sachvortrags der Parteien in erster Instanz wird im Übrigen auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

Das Landgericht hat die Schadensersatzklage abgewiesen. Zwar sei zwischen der Beklagten Ziffer 1 und dem Beklagten Ziffer 2 einerseits und der Klägerin andererseits ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen. Die Beklagten seien jedoch nicht zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie keine Aufklärungs- oder Beratungspflichten gegenüber der Klägerin verletzt hätten, bzw., weil die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen einer Pflichtverletzung jedenfalls nicht nachgewiesen habe. Insbesondere habe die Klägerin nicht bewiesen, dass die Lebensversicherungen ihrer Altersvorsorge hätten dienen sollen. Außerdem seien die abgeschlossenen Versicherungen - entgegen der Auffassung der Klägerin - zur Altersvorsorge durchaus geeignet, weil die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, auch vor dem Ablaufdatum den Versicherungen entsprechende Beträge für ihren Lebensunterhalt im Alter zu entnehmen. Auch im Zusammenhang mit der Anlage bei der &Bank habe der Beklagte Ziffer 2 keine falschen Vorstellungen bei der Klägerin hervorgerufen. Da den Beklagten Ziffer 2 keine Pflichtverletzung treffe, könne eine solche Beratungspflichtverletzung auch der Beklagten Ziffer 3 nicht zugerechnet werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält an ihrer erstinstanzlichen Schadensersatzforderung gegen die Beklagten und an ihrem erstinstanzlichen Sachvortrag fest. Der Beklagte Ziffer 2 habe ihr erklärt, die Lebensversicherungen sollten ihrer Altersvorsorge dienen, obwohl die Verträge aus verschiedenen Gründen hierzu ungeeignet seien. Vor allem habe der Beklagte Ziffer 2 nicht berücksichtigt, dass die Klägerin mit den abgeschlossenen Verträgen finanziell völlig überfordert gewesen sei, so dass eine Aufrechterhaltung der Verträge - von vornherein absehbar - nicht möglich gewesen sei. Dem Beklagten Ziffer 2 sei es nur darum gegangen, dass die Beklagte Ziffer 1, hinter der wirtschaftlich der Beklagte Ziffer 2 stehe, außerordentlich hohe Provisionen von der Beklagten Ziffer 3 erhalte für die Vermittlung von Verträgen, die für die Klägerin sinnlos bzw. schädlich gewesen seien. Die Vereinbarung über die - unseriösen - kick-back-Provisionen habe der Beklagte Ziffer 2 vorab mit dem Bezirksdirektor & der Beklagten Ziffer 3 abgesprochen. Die Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 3 ergebe sich daraus, dass diese die wirtschaftliche Sinnlosigkeit der Verträge für die Klägerin hätte erkennen können. Die Verantwortlichen der Beklagten Ziffer 3 hätten zudem gewusst, dass der Beklagte Ziffer 2 wegen Betruges im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungen vorbestraft war; auch aus diesem Grund hätte die Beklagte Ziffer 3 nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin von der Beklagten Ziffer 2 bzw. von der Beklagten Ziffer 1 zutreffend aufgeklärt und beraten worden sei. Im Berufungsverfahren beziffert die Klägerin ihren Schaden mit insgesamt 102.318,31 EUR (142.464,80 EUR Einzahlungen bei der Beklagten Ziffer 3 zuzüglich 23.765,00 EUR Verlust & - vgl. II 231 -, abzüglich 125.000 ,- DM = 63.911,49 EUR Kick-back-Provision).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.11.2004 - 9 O 115/03 - aufzuheben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 105.607,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100.847,97 EUR seit dem 21.02.2003 und weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.759,35 EUR seit Zustellung der Klageerweiterung zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Rentenversicherungen mit den Nummern der Versicherungsverträge & bei der Drittbeklagten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagten sehen keine Pflichtverletzungen der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 im Zusammenhang mit der Vermittlung der Verträge. Die Lebensversicherungen seien für die Klägerin wirtschaftlich sinnvoll gewesen. Die Klägerin sei auch keineswegs wirtschaftlich überfordert gewesen mit den Prämien für die Lebensversicherungen, da sie nach ihren Angaben in einem Formular der Beklagten Ziffer 3 (vgl. Anlagen LG B (3) 1) in den Jahren 1997 bis 1999 Nettoeinkünfte von etwa 570.000 DM im Jahr gehabt habe.

Die Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 weisen darauf hin, dass die abgeschlossenen Lebensversicherungen der zukünftigen finanziellen Absicherung des im Jahr 1988 geborenen Sohnes der Klägerin gedient hätten. Dies sei der erklärte Wunsch der Klägerin gewesen. Da die Klägerin ihre jährlichen Einkünfte mit mehr als 500.000 DM netto im Jahr angegeben habe, habe für die Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 vor Abschluss der Verträge kein Anlass bestanden, die finanziellen Verhältnisse der Klägerin weiter aufzuklären. Die Beitragszahlungen für die Lebensversicherungen seien auch langfristig gesichert gewesen, da man damit gerechnet habe, dass der 1988 geborene Sohn der Klägerin, &, später den Hotelbetrieb und auch die Versicherungsverträge der Klägerin übernehmen werde. Im Termin vom 04.04.2007 hat der Beklagte Ziffer 2 - insoweit abweichend vom bisherigen schriftsätzlichen Sachvortrag - darauf hingewiesen, dass die beiden im Oktober 2000 abgeschlossenen Verträge auch der Altersversorgung der Klägerin gedient hätten. Außerdem hat der Beklagte Ziffer 2 erklärt, die drei Versicherungsverträge aus dem Jahr 2001 mit einer Beitragsverpflichtung der Klägerin in Höhe von insgesamt 3.343,86 EUR seien im Zusammenhang mit einer Geldanlage (Michelbräu) zu sehen. Die Klägerin habe die Kick-back-Provision in das Projekt & investiert, damit aus der Rendite dieser Anlage die monatlichen Beiträge für die Lebensversicherungen (3.343,86 EUR) langfristig finanziert werden konnten.

Die Beklagte Ziffer 3 meint, dass ihr eine eventuelle Pflichtverletzung der Beklagten Ziffer 1 bzw. des Beklagten Ziffer 2 in jedem Fall nicht zuzurechnen sei. Bei einem von einem Versicherungsmakler vermittelten Vertrag könne die Beklagte Ziffer 3 generell davon ausgehen, dass der Makler den Versicherungsnehmer zutreffend und vollständig beraten habe.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Insoweit wird auf das Protokoll vom 04.04.2007 verwiesen.II.

Die Berufung der Klägerin ist überwiegend erfolgreich, soweit die Klägerin Ansprüche gegenüber den Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 3 geltend macht. Hinsichtlich des Beklagten Ziffer 2 ist die Berufung der Klägerin hingegen nicht begründet.

Die Beklagte Ziffer 1 haftet der Klägerin auf Schadensersatz in Höhe von 101.947,44 EUR nebst Zinsen aus positiver Vertragsverletzung. Die Beklagte Ziffer 1 hat vertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber der Klägerin verletzt.

a) Zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 1 ist ein Versicherungsmaklervertrag zustande gekommen, der die Vermittlung der von der Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge zum Gegenstand hatte. Das Zustandekommen eines Maklervertrages ergibt sich bereits aus dem Stempel der Beklagten Ziffer 1, der sich auf sämtlichen relevanten Versicherungsanträgen in dem für den Vermittler vorgesehenen Feld befindet. Daraus ergibt sich, dass der Beklagte Ziffer 2 bei der Aufnahme diese Versicherungsanträge nicht (im eigenen Namen) selbst als Vermittler aufgetreten ist, sondern im Namen der Beklagten Ziffer 1 als Vermittlerin. Hierzu war der Beklagte Ziffer 2 als Mitarbeiter der Beklagten Ziffer 1 auch unstreitig bevollmächtigt.

Der Beklagte Ziffer 2 ist im Übrigen unstreitig auch sonst ab dem Jahr 2000 als Mitarbeiter der Beklagten Ziffer 1 aufgetreten, um für diese Versicherungsverträge zu vermitteln. Das Versicherungsmaklerbüro & spielt im Verhältnis zwischen den Parteien keine Rolle, da der Beklagte Ziffer 2 in dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitraum unstreitig nicht mehr für das Büro & tätig war (I 363). Ein schriftlicher Maklervertrag zwischen der Beklagten Ziffer 1 und der Klägerin (vgl. das Urteil des Landgerichts, Seite 7, I 619) könnte zwar bestimmte Punkte im Verhältnis zwischen dem Versicherungsmakler und seinem Kunden näher regeln, ist jedoch für das Zustandekommen eines Versicherungsmaklervertrages nicht erforderlich. Ein Maklervertrag kommt in Fällen der vorliegenden Art schon dadurch konkludent zustande, dass der Makler - hier die Beklagte Ziffer 1 - den Vertrag vermittelt und den Antrag bei der Versicherung einreicht (vgl. zum Zustandekommen eines Versicherungsmaklervertrages in derartigen Fällen auch Urteil des Senats vom 28.03.2006 - 15 U 33/04 -, Seite 8).

b) Es kann dahinstehen, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 1 - über die Versicherungsvermittlung hinaus - ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Auch dann, wenn man lediglich von einer Versicherungsvermittlung ausgeht, hat sich die Beklagte Ziffer 1 schadensersatzpflichtig gemacht. Denn sie hat die ihr aus dem Versicherungsmaklervertrag obliegenden Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt.

aa) Ein Versicherungsmakler hat in weitem Umfang die Interessen des Versicherungsnehmers zu vertreten. Die Rechtsprechung sieht den Versicherungsmakler grundsätzlich als treuhänderähnlichen Sachwalter des Auftraggebers an (vgl. BGH, NJW 1985, 2595). Der Versicherungsmakler ist grundsätzlich verpflichtet, den objektiv notwendigen Versicherungsbedarf seines Kunden durch eingehende Risikoanalyse zu ermitteln (vgl. OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 2000, 54). Er darf seinen Kunden generell nur den Abschluss objektiv notwendiger und sinnvoller Versicherungsverträge vorschlagen (vgl. Senat, Beschluss vom 15.02.2006 - 15 W 59/05 -, Seite 5).

Diesen Verpflichtungen ist die Beklagte Ziffer 1 nicht nachgekommen. Sie hat es - auch unter Berücksichtigung ihres eigenen Sachvortrags - versäumt, den Versicherungsbedarf unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu analysieren. Die Beklagte Ziffer 1 hat die Klägerin nicht über verschiedene Besonderheiten der Versicherungen, die für die Klägerin erkennbar von entscheidender Bedeutung waren, aufgeklärt. Außerdem hat die Beklagte Ziffer 1 der Klägerin - pflichtwidrig - den Abschluss von Verträgen empfohlen, welche für die Klägerin erkennbar nicht sinnvoll waren.

bb) Die von der Beklagten Ziffer 1 vermittelten Lebensversicherungen waren für eine Altersvorsorge der Klägerin - entgegen der Auffassung des Landgerichts - von vornherein ungeeignet. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der Lebensversicherungen (2035 bzw. 2041) wird die Klägerin 79 bzw. 85 Jahre alt sein. Es ist evident, dass eine Altersvorsorge für eine Versicherungsnehmerin, die bei Abschluss der Verträge 44 bzw. 45 Jahre alt ist, keinen Sinn macht, wenn die Leistungen aus den Lebensversicherungen erst bei einem Lebensalter von 79 bzw. 85 Jahren einsetzen sollen.

Zwar hätte die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, bereits vor den Ablaufdaten Gelder aus den Lebensversicherungen zu erhalten durch eine Auflösung eines Teiles der Lebensversicherungen oder - soweit dies vertraglich vorgesehen gewesen sein sollte - durch Teilauszahlungen. Es ist aber generell nicht sinnvoll, im Hinblick auf solche Möglichkeiten eine Lebensversicherung abzuschließen. Denn es gehört zum Wesen einer Lebensversicherung, dass der Kapitalaufbau in der Versicherung zeitlich ungleichmäßig verläuft; dass heißt, eine angemessene Rendite kann in der Regel nur zum Ablaufdatum der Versicherung erzielt werden, während jede vorzeitige Auflösung - oder Teilauflösung - der Versicherung mit erheblichen finanziellen Nachteilen für den Versicherungsnehmer verbunden ist. Bei einer vorzeitigen Auflösung muss ein Versicherungsnehmer damit rechnen, dass er je nach Zeitablauf noch nicht einmal seine Prämien zurückerhält bzw., dass der Rückkaufswert keine angemessene Verzinsung der Prämien enthält. Für eine Altersvorsorge der Klägerin, bei welcher ihr beispielsweise im Alter von 65 bestimmte finanzielle Mittel zur Verfügung stehen sollten, wäre mithin im Hinblick auf die zu erwartende Verzinsung jeder andere Ansparvorgang besser geeignet gewesen als der Abschluss von Lebensversicherungen, die bis zum Jahr 2035, bzw. bis zum Jahr 2041, laufen sollten. Im Hinblick auf ihre Rolle als Sachwalterin der Klägerin war die Beklagte Ziffer 1 verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die Lebensversicherungen für eine Altersvorsorge der Klägerin ungeeignet waren. Ob die Beklagte Ziffer 1 dieser Verpflichtung nachgekommen ist, kann allerdings dahin stehen, da andere Pflichtverletzungen der Beklagten Ziffer 1 feststehen (siehe unten).

cc) ...

dd) Nach dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 sollten die Lebensversicherungen einer Vermögensbildung der Klägerin dienen. Im Vordergrund habe eine langfristige finanzielle Absicherung des (1988 geborenen) Sohnes & der Klägerin gedient. Es kann dahinstehen, ob diese Darstellung der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 zutreffend ist, oder ob es vorrangig um eine Altersvorsorge für die Klägerin ging (siehe oben bb). Auch wenn der schriftsätzliche Sachvortrag der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 in diesem Punkt als richtig unterstellt wird, hat die Beklagte Ziffer 1 ihre Pflichten als Versicherungsmaklerin gegenüber der Klägerin erheblich verletzt. Die Besonderheiten der Vermögensbildung durch eine Lebensversicherung bringen es mit sich, dass es entscheidend darauf ankommt, dass die Beiträge zur Lebensversicherung bis zum Schluss gezahlt werden. (Diesen Zusammenhang hat das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 05.09.2001 - VersR 2001, 1542, 1543 - nicht berücksichtigt.) Nur dann ist eine Vermögensbildung durch eine normale Lebensversicherung sinnvoll. Wird die Betragszahlung hingegen deutlich früher gestoppt, kann der Versicherungsnehmer nur mit relativ ungünstigen Auszahlungen rechnen. Wenn die Beitragszahlung bereits in den ersten Jahren abgebrochen wird, muss der Versicherungsnehmer - wie vorliegend - unter Umständen damit rechnen, dass die eingezahlten Prämien vollständig oder nahezu vollständig verloren sind. Ähnlich ungünstige Konsequenzen ergeben sich, wenn die anfänglich sehr hohen Beiträge einer Lebensversicherung bereits nach wenigen Jahren Laufzeit auf deutlich geringere Prämien reduziert werden. Der Abschluss einer Lebensversicherung zum Zwecke der Vermögensbildung ist daher - im Vergleich zu anderen Instrumenten der Vermögensbildung - nur dann sinnvoll, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit abzusehen ist, dass die Beiträge zur Lebensversicherung bis zum Ablaufdatum in gleicher Weise weitergezahlt werden können. Etwas anderes kann nur für solche Lebensversicherungen gelten, bei denen der Versicherer - ausnahmsweise - besonders hohe Rückkaufswerte bei einem vorzeitigen Abbruch kalkuliert hat; derartiges ist im vorliegenden Fall von den Beklagten jedoch nicht vorgetragen. Aus diesen Besonderheiten von Lebensversicherungen ergibt sich für die Pflichten der Beklagten Ziffer 1 im vorliegenden Fall folgendes:

aaa) Die Klägerin hatte für die fünf Lebensversicherungen Prämien in Höhe von insgesamt 6.922,90 EUR monatlich bzw. 83.074,80 EUR im Jahr zu zahlen. Wegen der Besonderheiten des Systems der Lebensversicherungen (siehe oben) musste die Beklagte Ziffer 1 als Sachwalterin der Klägerin im Rahmen einer sorgfältigen Bedarfsanalyse prüfen, ob und inwieweit die Klägerin voraussichtlich bis zum Jahre 2035 (bzw. bis zum Jahr 2041) in der Lage sein würde, die Prämien in gleicher Höhe weiter zu zahlen. Angesichts der außerordentlichen wirtschaftlichen Bedeutung der mit den Lebensversicherungen übernommenen Verpflichtungen erforderte dies eine eingehende Analyse der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin. Eine solche Analyse hat die Beklagte Ziffer 1 auch nach ihrem eigenen Vortrag - pflichtwidrig - nicht vorgenommen. Die Beklagte Ziffer 1 durfte sich auf die im Formular der Beklagten Ziffer 3 (Anlagen LG B (3) 1) enthaltenen Angaben zu den Nettoeinkünften der Klägerin nicht verlassen. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin hätte die Beklagte Ziffer 1 aufklären müssen, auf welche Weise die in dem Formular eingesetzten Zahlen (Nettoeinkünfte von 530.000 DM, 560.000 DM und 620.000 DM in den Jahren 1997, 1998 und 1999) zustande gekommen sind und hätte hierbei entsprechende Einkommensnachweise der Klägerin einsehen müssen. Es kann daher dahinstehen, ob die Klägerin dem Beklagten Ziffer 2 selbst die entsprechenden Einkommenszahlen für die Jahre 1997 bis 1999 genannt hat oder ob der Beklagte Ziffer 2 - ohne Absprache mit der Klägerin - diese Zahlen von sich aus in das - möglicherweise von der Klägerin blanko unterschriebene - Formular eingetragen hat.

bbb) Die Klägerin hat ihre Einkommenssteuer-Bescheide für die Jahre 1997 bis 1999 vorgelegt, aus denen sich Nettoeinkünfte (Einkünfte aus Gewerbebetrieb abzüglich Steuern) in Höhe von (gerundet) 136.000 DM (1997), 178.000 DM (1998) und 206.000 DM (1999) ergeben (vgl. die Anlagen OLG K II 3). Es ist evident, dass die Klägerin bei solchen Einkünften nicht in der Lage war, dauerhaft 83.074,80 EUR im Jahr (162.480,18 DM) für einen Zeitraum von 35 Jahren zu bezahlen, nur um die langfristige finanzielle Zukunft ihres noch minderjährigen Sohnes & abzusichern. Entsprechendes gilt auch dann, wenn man lediglich die im Jahr 2000 abgeschlossenen Versicherungen isoliert betrachten würde. (1.687,26 EUR + 1.891,78 EUR = 3.579,04 EUR monatlich, bzw. 42.948,48 EUR = 83.999,93 DM Beiträge im Jahr.) Die abgeschlossenen Lebensversicherungen stellen unter Berücksichtigung dieser Einkommensverhältnisse eine deutliche finanzielle Überforderung der Klägerin dar. Die Beklagte Ziffer 1 war - als Sachwalterin der Klägerin - verpflichtet, unter diesen Umständen von einem Abschluss der Versicherungen abzuraten. Dies hat die Beklagte Ziffer 1 unstreitig nicht getan.

ccc) Bei einer seriösen Risikovorsorge für die Klägerin hätte die Beklagte Ziffer 1 im Übrigen berücksichtigen müssen, dass die Klägerin - neben den abzuschließenden Lebensversicherungen - weitere laufende Mittel für ihre Altersvorsorge benötigte. Dies hat die Beklagte Ziffer 1 nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat bis zum Jahr 2000 monatlich etwa 2.200 EUR aufgewendet für verschiedene Lebensversicherungen bei der & Versicherung (vgl. Anlage K II 6). Diese Versicherungen waren - im Hinblick auf die unterschiedlichen Ablaufdaten - teilweise für die Altersvorsorge der Klägerin geeignet. Nach der weitgehenden Stornierung bzw. Reduzierung der Verträge bei der & Versicherung zum 01.11.2000 (im Zusammenhang mit dem Abschluss der streitgegenständlichen Lebensversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 auf Anraten der Beklagten Ziffer 1 bzw. des Beklagten Ziffer 2) stand der Klägerin keine nennenswerte Altersvorsorge mehr zur Verfügung. Dementsprechend hätte die Beklagte Ziffer 1 im Rahmen einer adäquaten Risikoanalyse davon ausgehen müssen, dass die Klägerin neben den laufenden Beträgen für die Lebensversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 in Höhe von insgesamt 83.074,80 EUR im Jahr weitere zusätzliche Aufwendungen für eine anderweitige Absicherung ihres Alters tätigen musste; denn die Lebensversicherungen bei der Beklagten Ziffer 3 waren hierzu nicht geeignet (siehe oben bb).

ddd) Die Beklagte Ziffer 1 durfte im Übrigen noch aus einem weiteren Grund keinesfalls die in der Anlage LG B (3) 1 enthaltenen Einkommenszahlen der Klägerin für die Empfehlung der Lebensversicherungsverträge zugrunde legen: Die Klägerin war beim Abschluss der Lebensversicherungen - im Hinblick auf die Besonderheiten dieser Verträge (siehe oben) - darauf angewiesen, langfristig die entsprechenden Beiträge zahlen zu können. Bei den Einkommenszahlen im Formular der Beklagten Ziffer 3 (Anlage LG B (3) 1) handelt es sich um Erwerbseinkünfte der Klägerin aus dem Betrieb des Hotels. Wenn man unterstellt, dass die Klägerin möglicherweise bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahres in der Lage ist, das Hotel weiterzuführen, könnten ihr die Einkünfte aus dem Hotelbetrieb möglicherweise bis etwa Ende des Jahres 2020 zur Verfügung stehen, aber keinesfalls bis zum Jahr 2035 oder bis zum Jahr 2041. Eine eventuelle spätere Übernahme des Hotelbetriebs (einschließlich einer Übernahme der Versicherungen mit der Beitragsverpflichtung gegenüber der Beklagten Ziffer 3) durch den Sohn der Klägerin, &) konnte in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Der Sohn der Klägerin war im Jahr 2000 erst 12 Jahre alt, so dass weder eine Übernahme des Hotelbetriebs noch eine Übernahme der Versicherungen durch den Sohn zu einem späteren Zeitpunkt vorhersehbar war. Eine langfristige Kalkulation war der Klägerin im Übrigen auch deshalb nicht möglich, weil sie nicht Eigentümerin, sondern nur Pächterin des Hotels war.

Das heißt: Die Beklagte Ziffer 1 hat es versäumt, die Grundlagen der Beitragszahlung für die Jahre ab 2021 - wenn mit Einkünften aus dem Hotelbetrieb vermutlich nicht mehr zu rechnen war - zu klären. Ohne andere erhebliche Einkünfte (oder anderweitiges erhebliches Vermögen der Klägerin) war mit einer Beitragszahlung der Klägerin ab dem Jahr 2021 für Lebensversicherungen kaum zu rechnen. Hieraus ergaben sich negative Konsequenzen für die Rendite der bis dahin eventuell auf die Lebensversicherungen gezahlten Beiträge (siehe oben).

eee) ...

fff) Die von Anfang an für die Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 ersichtliche finanzielle Überforderung der Klägerin wird besonders deutlich durch die - von dem Beklagten Ziffer 2 empfohlene - Geldanlage bei der &Bank im Oktober 2000. Die Geldanlage in diesem Aktienfonds sollte - unstreitig - dazu dienen, in gewissem Umfang Gewinne zu erzielen, damit aus dem Aktienfonds bei der &Bank laufend jeweils monatlich 3.300 DM auf die am 17.10.2000 abgeschlossene Lebensversicherung (Versicherungsvertrag Ziffer 1, siehe oben) eingezahlt werden konnten. Das heißt zum einen, dass es offenbar bereits im Oktober 2000 - die Versicherungsverträge des Jahres 2001 waren noch nicht abgeschlossen - nach der Einschätzung des Beklagten Ziffer 2 nicht möglich war, die laufenden Beiträge für die beiden ersten Lebensversicherungsverträge aus den Einkünften der Klägerin zu bezahlen. (Ansonsten wären die Zahlungen aus dem Fonds bei der &Bank nicht erforderlich gewesen.) Bei Einzahlungen in diesen Fonds von insgesamt 73.197,88 EUR (vgl. die Anlage OLG K II 10) liegt es allerdings auf der Hand, dass die monatlichen Beiträge für die betreffende Lebensversicherung in Höhe von 3.300 DM = 1.687,26 EUR nur für einen sehr begrenzten Zeitraum aus dem Fonds geleistet werden konnten und nicht etwas 35 Jahre lang bis zum 01.12.2035. Soweit der Beklagte Ziffer 2 im Termin vom 04.04.2007 angegeben hat, man sei davon ausgegangen, dass die Klägerin in der Zukunft weiterhin regelmäßig gewisse Beiträge leisten sollte, um den Fonds weiter aufzufüllen, fehlt substantiierter Vortrag, aus welchen finanziellen Analysen sich eine solche Leistungsfähigkeit der Klägerin für die Zukunft ergeben sollte.

Aus diesen Umständen ergibt sich nach Auffassung des Senats, dass der Beklagte Ziffer 2 - insoweit für die Beklagte Ziffer 1 handelnd - lediglich vorübergehend Liquidität für die Klägerin generiert hat zur Finanzierung der Beiträge für einen vorübergehenden Zeitraum. Letztlich hatte die Konstruktion mit den Zahlungen aus dem Fonds bei der &Bank auf die Lebensversicherung den Effekt, dass die Klägerin erst mit Verzögerung - nachdem ihre Fonds-Anteile sich drastisch reduziert hatten - bemerkte, dass die Finanzierung der Lebensversicherung Ziffer 1 auf diese Weise auf Dauer nicht zu bewerkstelligen war.

ggg) Die Beklagte Ziffer 1 hätte die Klägerin - unabhängig von der finanziellen Überforderung - im Übrigen darüber aufklären müssen, welche Verluste der Klägerin bei einer vorzeitigen Stornierung der Lebensversicherungsverträge entstehen würden. Dieses Risiko war angesichts der Höhe der laufenden Beiträge einerseits und der langfristigen Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten Ziffer 3 andererseits für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung. Wie sich im vorliegenden Fall aus der Höhe der von der Klägerin gezahlten Beiträge einerseits und der Abrechnung der Verträge durch die Beklagte Ziffer 3 andererseits ergibt, konnten der Klägerin erhebliche Verluste bei einer Stornierung der Versicherungsverträge entstehen, die mit den Risiken anderer Versicherungsverträge nicht vergleichbar sind. Über dieses Risiko hat die Beklagte Ziffer 1 die Klägerin unstreitig nicht aufgeklärt.

hhh) ...

c) Die Beklagte Ziffer 1 ist der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet in Höhe von 101.947,44 EUR.

aa) Wenn die Beklagte Ziffer 1 pflichtgemäß die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin ermittelt und der Klägerin dementsprechend von einem Abschluss der Lebensversicherungsverträge abgeraten hätte, hätte diese die Versicherungsanträge auch nicht gestellt. Die Klägerin hätte die Lebensversicherungen auch dann nicht abgeschlossen, wenn die Beklagte Ziffer 1 die Klägerin - pflichtgemäß (siehe oben) - darauf hingewiesen hätte, dass bei einer vorzeitigen Stornierung der Verträge mit erheblichen Verlusten zu rechnen war; dieses Risiko war für die Klägerin relevant, da sie nach ihren finanziellen Verhältnissen auf Dauer die Beiträge nicht zahlen konnte. Die Beklagte Ziffer 1 hat auch die Stornierung der Versicherungsverträge verursacht; da die Klägerin finanziell überfordert war, blieb ihr letztlich nichts anderes übrig, als die Zahlung von Beiträgen in die Versicherungsverträge zu stoppen. Dementsprechend ist die Klägerin im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie wenn sie die Lebensversicherungsverträge nicht abgeschlossen hätte; das heißt, die Beklagte Ziffer 1 hat der Klägerin die auf die Lebensversicherungen eingezahlten Beiträge zu erstatten, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus den Versicherungsverträgen.

bb) Für den Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich folgende Abrechnung:

& (wird ausgeführt)

d) Es kann dahinstehen, ob der Beklagten Ziffer 1 weitere Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzungen zur Last fallen. Denn aus anderen Pflichtverletzungen - von der Klägerin insbesondere geltend gemacht im Zusammenhang mit der Geldanlage bei der &Bank - würden sich keine Schadensersatzansprüche ergeben, die über den Betrag von 101.947,44 EUR hinausgehen.

e) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht durch ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) gemindert. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Klägerin das Problem der finanziellen Überforderung durch die Lebensversicherungen selbst hätte erkennen können. Ein Mitverschuldensvorwurf lässt sich daraus jedenfalls nicht herleiten. Entscheidend ist, dass die Klägerin die Beklagte Ziffer 1 im Rahmen der Versicherungsvermittlung als Sachwalterin ihrer Interessen ansehen durfte. Das heißt: Die Klägerin durfte sich darauf verlassen, dass die Beklagte Ziffer 1 ihre Vermögensinteressen angemessen und zuverlässig bei der Vermittlung der Lebensversicherungen berücksichtigen würde. Es entsprach dem Wesen des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 1 als Versicherungsmaklerin, dass es gerade nicht Aufgabe der Klägerin war, die Vorschläge der Beklagten Ziffer 1 inhaltlich zu überprüfen.

Es kommt ein wesentlicher Umstand hinzu: Die wirtschaftliche Überforderung der Klägerin hat für sich allein noch nicht den Schaden verursacht. Der Klägerin wäre kein - oder kein nennenswerter - Schaden entstanden, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte, die durch die Lebensversicherungen begonnene Vermögensbildung zu stoppen oder durch geringere Beiträge zu reduzieren, ohne dass ihr dabei finanzielle Nachteile entstanden wären. Einer solchen Möglichkeit standen jedoch die Besonderheiten des Kapitalaufbaus im Rahmen der Lebensversicherungen entgegen. Die Klägerin war bei den abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen gezwungen, die Beiträge langfristig in gleicher Höhe weiter zu zahlen, wenn sie nicht erhebliche Verluste erleiden wollte (siehe oben). In diesem Punkt unterschieden sich die von der Beklagten Ziffer 1 vermittelten Lebensversicherungen maßgeblich von anderen Möglichkeiten der Vermögensbildung (beispielsweise Sparprogrammen einer Bank), bei denen ein Abbruch oder eine Reduzierung der laufenden Ansparleistungen ohne besondere wirtschaftliche Nachteile möglich ist. Der Klägerin kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie diese finanztechnische Besonderheit von Lebensversicherungsverträgen nicht kannte und beim Abschluss der Versicherungsverträge nicht berücksichtigt hat. Für eine Aufklärung über diese Besonderheit von Lebensversicherungen war allein die Beklagte Ziffer 1 als Versicherungsmaklerin verantwortlich.

f) Die geltend gemachten Zinsen stehen der Klägerin zu gemäß §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB. Soweit die Klägerin in der Klageschrift (Seite 10, I/19) einen Verzugseintritt zum 27.02.2003 geltend gemacht hat, ist ihr Vorbringen unsubstantiiert. Dem Sachvortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, ob das angegebene Schreiben vom 12.02.2003 die Anforderungen an eine Mahnung erfüllt. Das Schreiben ist von der Klägerin auch nicht vorgelegt worden.

2. Die Berufung der Klägerin ist auch insoweit begründet, als sie von der Beklagten Ziffer 3 Schadensersatz verlangt. Auch die Beklagte Ziffer 3 ist gegenüber der Klägerin zum Schadensersatz in Höhe von 101.947,44 EUR verpflichtet. Die Haftung der Beklagten Ziffer 3 ergibt sich aus culpa in contrahendo.

a) Die Beklagte Ziffer 3 war als Versicherer in gewissem Umfang zu einer vorvertraglichen Aufklärung gegenüber der Klägerin verpflichtet. Rechtsgrundlage einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB; vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage 2007, § 242 BGB Rn. 37). Der Versicherer ist insbesondere dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass sich der Versicherungsnehmer in einem Irrtum befindet, bzw., dass der Versicherungsnehmer erkennbar falsche Vorstellungen über wesentliche Umstände des beabsichtigten Versicherungsvertrages hat (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage 2004, § 43 VVG Rn. 33; Römer, Versicherungsrecht 1998, 1313, 1314). Eine Aufklärungspflicht des Versicherers kann insbesondere im Hinblick auf besondere Risiken eines Vertrages in Betracht kommen, die für den Versicherungsnehmer nicht ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, NJW 1998, 2898). Wegen der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung liegt eine Aufklärungspflicht des Versicherers bei einer Lebensversicherung näher als bei anderen Versicherungen (vgl. Römer, a.a.O., 1315). Hat der Versicherer Anhaltspunkte für eine finanzielle Überforderung des Versicherungsnehmers, kann dies eine Aufklärungspflicht des Versicherers auslösen (Römer, a.a.O., 1317).

b) Die Voraussetzungen für eine vorvertragliche Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 3 sind im vorliegenden Fall gegeben.

aa) Die Beklagte Ziffer 3 war verpflichtet, bevor sie die Versicherungsanträge der Klägerin vom 17.10.2000 annahm (vgl. hierzu das Schreiben der Beklagten Ziffer 3 vom 09.11.2000, Anlagen LG B (3) 4), die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin näher zu überprüfen. Die Beklagte Ziffer 3 hätte einen Mitarbeiter, beispielsweise &, mit einer Überprüfung beauftragen müssen, ob der Klägerin die wirtschaftlichen Konsequenzen der beabsichtigten Lebensversicherungsverträge klar waren. Die Beklagte Ziffer 3 hätte hierbei festgestellt, dass die Einkommensangaben der Klägerin in dem vorgelegten Formular (Anlagen LG B (3) 1) unzutreffend waren, und dass die Klägerin deutlich geringere Einkünfte hatte, als in diesem Formular angegeben. Die Beklagte Ziffer 3 hätte als Konsequenz einer solchen Aufklärung der Einkommensverhältnisse die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass die beabsichtigten Lebensversicherungsverträge voraussichtlich eine langfristige wirtschaftliche Überforderung darstellten. Die Beklagte Ziffer 3 hätte die Klägerin insbesondere - im Hinblick auf die absehbare wirtschaftliche Überforderung - darüber aufklären müssen, dass jede vorzeitige Auflösung oder Reduzierung der Lebensversicherungsverträge mit mehr oder weniger großen Verlusten für die Klägerin verbunden sein würde.

bb) Bei Eingang der beiden Versicherungsanträge vom 17.10.2000 mussten sich für die Beklagte Ziffer 3 erhebliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Klägerin - bei vernünftiger Betrachtungsweise - über die wirtschaftlichen Voraussetzungen der abzuschließenden Lebensversicherungen möglicherweise nicht im Bilde war. Diese Anhaltspunkte sind entscheidend für die Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 3 im konkreten Fall.

aaa) Die Versicherungsanträge der Klägerin vom 17.10.2000 waren - bei Lebensversicherungen im Privatkundenbereich - ungewöhnlich. Lebensversicherungen im Privatkundenbereich dienen - wenn sie nicht Bestandteil einer Immobilienfinanzierung sind - zumeist der persönlichen Vorsorge des Versicherungsnehmers. Insoweit war jedoch die Laufzeit der Verträge sehr ungewöhnlich, da die Klägerin im Jahr 2035 - dem Ablaufdatum der Versicherungen - bereits fast 80 Jahre alt sein würde. Für die Beklagte Ziffer 3 war mithin erkennbar, dass die abzuschließenden Verträge für die Altersvorsorge der Klägerin nicht geeignet waren.

Aus der Sicht der Beklagten Ziffer 3 konnten die von der Klägerin beabsichtigten Versicherungsverträge daher - sinnvollerweise - nur einer anderweitigen Vermögensbildung dienen, die in erste Linie den Erben der Klägerin - oder anderen dritten Personen - zu Gute kommen sollte. Auch eine solche anderweitige Vermögensbildung zugunsten eines Dritten musste aber aus Sicht der Beklagten Ziffer 3 als sehr ungewöhnlich erscheinen, wenn man die Höhe der Beiträge für die beiden Versicherungsanträge vom Oktober 2000 (3.579,04 EUR monatlich bzw. 42.948,48 EUR im Jahr) und die lange Laufzeit der Verträge berücksichtigt. Bereits die Art der Vertragsgestaltung eröffnete - aus der Sicht der Beklagten Ziffer 3 - mithin die Vermutung, dass die Klägerin möglicherweise die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die wirtschaftlichen Auswirkungen der beabsichtigten Versicherungsverträge nicht verstanden hatte.

bbb) Es kommt ein weiterer Gesichtspunkt hinzu: Die Klägerin hat in dem Formular lediglich ihr - angebliches - Arbeitseinkommen angegeben. Die Beklagte Ziffer 3 konnte nicht ohne weiteres damit rechnen, dass die Klägerin bei Erreichen der üblichen Altersgrenze von 65 Jahren noch weitere Arbeitseinkünfte erzielen würde. Dementsprechend ergab sich aus den vorgelegten Formularen nicht, wovon die Klägerin ab dem Jahr 2021 (Erreichen des 65. Lebensjahres) die Beiträge bezahlen wollte. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der vollständigen Zahlung der Beiträge bis zum Ablauf der Lebensversicherungen hätte die Beklagte Ziffer 3 diese Frage aufklären müssen. Denn aus der Sicht der Beklagten Ziffer 3 war damit zu rechnen, dass der Klägerin die wirtschaftliche Bedeutung einer Fortzahlung der Versicherungsbeiträge auch über das 65. Lebensjahr hinaus nicht klar war.

ccc) Für den Umfang der Aufklärungspflichten der Beklagten Ziffer 3 sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Verträge für die Klägerin von erheblicher Bedeutung (vgl. hierzu Römer, a.a.O. 1315). Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Lebensversicherung ist im Hinblick auf den Vorsorgecharakter von Lebensversicherungen für den Versicherungsnehmer vielfach von erheblicher Tragweite. Im vorliegenden Fall kommen die sehr hohen Prämienbelastungen für die Klägerin (42.948,48 EUR im Jahr allein für die beiden im Oktober 2000 abgeschlossenen Versicherungen) hinzu. Diese Umstände, die sich von einer durchschnittlichen Lebensversicherung deutlich abhoben, verpflichteten die Beklagte Ziffer 3 zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Frage, ob sich die Klägerin bei der Antragstellung möglicherweise im Irrtum über die Auswirkungen ihrer Entscheidung befand. Die im Termin vom 04.04.2007 anwesende Vertreterin der Beklagten zu 3 hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass vergleichbare Verträge (lange Laufzeit, hohes Lebensalter des Versicherungsnehmers zum Ablaufdatum und entsprechend hohe Versicherungsbeiträge) im Privatkundenbereich der Beklagten Ziffer 3 nicht zum täglichen Geschäft gehören sondern eher selten sind; es sei bei der - deutschlandweit tätigen - Beklagten Ziffer 3 mit nur wenigen ähnlichen Verträgen pro Monat zu rechnen.

cc) Der Umstand, dass die Versicherungsanträge von einem Versicherungsmakler - der Beklagten Ziffer 1 - eingereicht wurden, kann die Beklagte Ziffer 3 im vorliegenden Fall nicht von ihren Aufklärungspflichten entbinden.

aaa) Der Versicherer ist dem Versicherungsnehmer nur soweit zur Auskunft und Beratung verpflichtet, wie dieser sie benötigt (vgl. Römer, a.a.O. 1317). Daraus ergibt sich, dass ein Versicherer sich mit einer vorvertraglichen Aufklärung gegenüber dem Versicherungsnehmer zurückhalten kann, wenn er davon ausgehen darf, dass der Versicherungsnehmer die erforderlichen Informationen und die erforderliche Beratung anderweitig erhält. Werden die Interessen eines Versicherungsnehmers von einem Versicherungsmakler wahrgenommen, wird der Versicherer in vielen Fällen daher davon ausgehen können, dass der Makler den Kunden über vertragswesentliche Umstände vorher informiert hat und dass dementsprechend eine zusätzliche Aufklärung durch den Versicherer nicht erforderlich ist. Im vorliegenden Fall können solche Erwägungen jedoch nicht zum Tragen kommen.

bbb) Die Beklagte Ziffer 3 durfte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin von der Beklagten Ziffer 1 ausreichend aufgeklärt und beraten worden war. Die von der Klägerin beantragten Lebensversicherungen waren im Hinblick auf die Höhe der Prämien, die lange Laufzeit und vor allem das Alter der Klägerin zum Zeitpunkt des Ablaufdatums ungewöhnlich. In einer derartigen Situation war für die Beklagte Ziffer 3 von vornherein ersichtlich, dass das Provisionsinteresse des Maklers möglicherweise eine entscheidende Rolle gespielt haben konnte (vgl. hierzu beispielsweise den Artikel Methusalem-Klausel bringt Versicherte um ihr Erspartes in www.netzzeitung.de vom 09.11.2004). Für die Beklagte Ziffer 3 lag es schon aufgrund der Besonderheiten der Versicherungsverträge bei Eingang der Anträge im Oktober 2000 nicht fern, dass die Beklagte Ziffer 1 als Versicherungsmaklerin ihre eigenen Provisions-Interessen über die Interessen der Versicherungsnehmerin gestellt hatte. In einer derartigen Situation kann sich die Beklagte Ziffer 3 nicht mit einem Hinweis auf den Makler von ihren Aufklärungspflichten entlasten.

ccc) Es kommt entscheidend hinzu, dass der Beklagten Ziffer 3 - vor Abschluss der Lebensversicherungsverträge mit der Klägerin - bekannt war, dass der Beklagte Ziffer 2 wegen Betrugs vorbestraft war. Die Kenntnisse der Beklagten Ziffer 3 ergeben sich aus dem internen Vermerk vom 18.08.2000 (Anlagen OLG BE (3) 4) und aus der Aussage des Zeugen &, der in der entsprechenden Zeit als Regionaldirektor & für die Beklagte Ziffer 3 tätig war. Die Beklagte Ziffer 3 wusste, dass der Beklagte Ziffer 2 wenige Jahre vor den hier maßgeblichen Verträgen eine Haftstrafe zu verbüßen hatte, weil er im Rahmen seiner (früheren) Tätigkeit als Versicherungsmakler Kunden von Versicherungen in erheblichem Umfang durch Betrug geschädigt hatte. Die Beklagte Ziffer 3 wusste aus dem Gespräch zwischen dem Zeugen & und dem Beklagten Ziffer 2 außerdem, dass die Ehefrau des Beklagten Ziffer 2 alleinige Gesellschafterin und - zunächst - auch alleinige Geschäftsführerin der Beklagten Ziffer 1 war. Aus der Sicht der Beklagten Ziffer 3 spielte der Beklagte Ziffer 2 als langjährig erfahrener Versicherungsmakler die entscheidende Rolle im Geschäftsbetrieb der Beklagten Ziffer 1.

Die Vorgeschichte des Beklagten Ziffer 2 war für die Beklagte Ziffer 3 in ihrer Zusammenarbeit mit der Beklagten Ziffer 1 - die 1999 begonnen hatte - entscheidender Grund dafür, dass die Beklagte Ziffer 3 in ihrer Geschäftsbeziehung zur Beklagten Ziffer 1 deutlich vorsichtiger war, wie der Zeuge & angegeben hat, als bei anderen Versicherungsmaklern. Im Hinblick auf ein erhöhtes Stornorisiko hat die Beklagte Ziffer 3 von der Beklagten Ziffer 1 eine Bankbürgschaft in erheblicher Höhe verlangt, was bei anderen Versicherungsmaklern für die Beklagte Ziffer 3 nicht üblich war. Aus dem Vermerk vom 18.08.2000 (Anlagen OLG BE (3) 4) ergibt sich zudem, dass die Vergangenheit des Beklagten Ziffer 2 für den Vertriebsdirektor der Beklagten Ziffer 3 Anlass dafür war, dass er eine laufende Kontrolle der Beklagten Ziffer 1 bzw. des Beklagten Ziffer 2 für unbedingt erforderliche hielt. Diese Kontrolle der von der Beklagten Ziffer 1 vermittelten Versicherungsverträge hätte der Zeuge & als damaliger Bezirksdirektor der Beklagten Ziffer 3 durchführen sollen.

Aus der Vergangenheit des Beklagten Ziffer 2 - die der Beklagten Ziffer 3 in vollem Umfang bekannt war - ergaben sich im Zusammenhang mit den Besonderheiten der Lebensversicherungsverträge (siehe oben) Umstände, die zu Misstrauen im Bereich der Beklagten Ziffer 3 Anlass geben mussten. Unter den gegebenen Umständen war die Beklagte Ziffer 3 - abweichend vom Normalfall einer Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern - nicht mehr berechtigt, sich im Verhältnis zu ihrem Versicherungsnehmer darauf zu verlassen, dass dessen Interessen durch den Versicherungsmakler ausreichend wahrgenommen worden waren. Die Beklagte Ziffer 3 war aus den angegebenen Gründen verpflichtet, - unabhängig von der Tätigkeit der Beklagten Ziffer 1 - eigene Anstrengungen für eine ausreichende Aufklärung der Klägerin vor Abschluss der Verträge zu unternehmen.

ddd) ...

dd) Eine entsprechende Aufklärung im Verhältnis zur Klägerin war der Beklagten Ziffer 3 auch ohne weiteres zumutbar. Der Senat verkennt nicht, dass Versicherungen einerseits und Versicherungsmakler andererseits in ihren Geschäftsbeziehrungen ein Interesse daran haben, das die unmittelbaren Kontakte zwischen der Versicherung und dem Versicherungsnehmer begrenzt sind und Kontakte zwischen Versicherungen und Versicherungsnehmer vielfach über den Versicherungsmakler laufen. Die Versicherung kann sich jedoch - wenn es um derart erhebliche wirtschaftliche Interessen ihres Versicherungsnehmers wie im vorliegenden Fall geht - nicht darauf zurückziehen, dass sie keinen unmittelbaren Kontakt zum Versicherungsnehmer aufnehmen will. Versicherungen führen im Übrigen - wie im vorliegenden Fall auch die Zeugen & und & bestätigt haben - oft im eigenen Interesse Recherchen - ohne unmittelbare Beteiligung des Versicherungsmaklers - beim Versicherungsnehmer durch. Wenn solche Recherchen bei Versicherungen in gewissem Umfang üblich sind, um das Stornorisiko im Verhältnis zum Makler zu senken, müssen Versicherungen im Einzelfall erst recht Kontakt zum Versicherungsnehmer aufnehmen, wenn bedeutende wirtschaftliche Interessen des Versicherungsnehmers durch den Makler möglicherweise gefährdet sind.

c) Die Beklagte Ziffer 3 hat ihre Aufklärungspflichten gegenüber der Klägerin (siehe im Einzelnen oben) unstreitig weder vor einer Annahme der Versicherungsanträge vom 17.10.2000 noch vor der Annahme der Anträge vom 28.05.2001 bzw. 13.06.2001 erfüllt. Wenn die Beklagte Ziffer 3 die Klägerin auf die langfristige finanzielle Überforderung im Zusammenhang mit den Versicherungsverträgen hingewiesen hätte und außerdem auf die drohenden Nachteile bei einer vorzeitigen Auflösung der Verträge, hätte die Klägerin sämtliche Lebensversicherungsverträge nicht abgeschlossen. Aus dem Grundsatz des aufklärungsrichtigen Verhaltens ergibt sich insoweit eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin.

Die Beklagte Ziffer 3 ist nach alledem für den Schaden der Klägerin in gleicher Weise verantwortlich wie die Beklagte Ziffer 1. Der Klägerin steht auch gegen die Beklagte Ziff. 3 ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 101.947,44 EUR zu (vgl. zur Schadensabrechnung oben 1 c) bb)).

d) Der Klägerin fällt im Übrigen auch im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 3 ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) nicht zur Last. Auch im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 3 ist darauf abzustellen, dass die Klägerin die Besonderheiten der Kapitalbildung von Lebensversicherungen (hohe Verluste bei vorzeitiger Auflösung von Lebensversicherungsverträgen, siehe oben) nicht zu kennen brauchte. Ohne eine solche Kenntnis bestand für die Klägerin - auch im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 3 - kein Anlass für eine besondere Vorsicht beim Abschluss der Versicherungsverträge, da sie nicht mit den erheblichen nachteiligen Folgen bei einer Stornierung der Verträge wegen finanzieller Überforderung rechnen musste.

e) Der Klägerin stehen auch gegenüber der Beklagten Ziff. 3 die Zinsen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu (siehe oben 1 e)).

f) Den Zug-um-Zug-Antrag der Klägerin hat der Senat im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 3 dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 3 nicht eine Abtretung von Ansprüchen aus den Lebensversicherungen (an die Beklagte Ziff. 3) meint, sondern einen Verzicht auf entsprechende Ansprüche, die sich gegen die Beklagte Ziff. 3 richten.

3. Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte Ziffer 1 und gegen die Beklagte Ziffer 3 sind - entgegen der Auffassung der Beklagten Ziffer 3 - nicht durch eine anderweitige teilweise Aufrechnung der Klägerin erloschen. Welche Wirkungen die von der Klägerin im Parallelprozess beim Landgericht Heidelberg gegenüber dem Beklagten Ziffer 2 des vorliegenden Rechtsstreits erklärte Aufrechnung hat, kann dahinstehen. Eine eventuelle Aufrechnung gegenüber dem Beklagten Ziffer 2 könnte sich nur dann gemäß § 422 Abs. 1 Satz 2 BGB zugunsten der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 3 auswirken, wenn alle drei Beklagten als Gesamtschuldner haften würden. Da der Beklagte Ziffer 2 jedoch nicht gegenüber der Klägerin auf Schadensersatz haftet, kommt auch eine Anwendung von § 422 Abs. 1 Satz 2 BGB zugunsten der Beklagten Ziffer 1 und Ziffer 3 nicht in Betracht.

4. Die Berufung der Klägerin ist hingegen nicht begründet, soweit sie den Beklagten Ziff. 2 auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten Ziff. 2 nicht zu.

a) Der Klägerin steht kein vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten Ziff. 2 zu. Denn im Verhältnis zum Beklagten Ziff. 2 ist kein Versicherungsmaklervertrag oder Beratungsvertrag zustande gekommen. Der Beklagte Ziff. 2 ist für die Beklagte Ziff. 1 aufgetreten, so dass ein Vermittlungsvertrag nur zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziff. 1 zustande kommen konnte (siehe oben 1 a)).

b) Eine Eigenhaftung des Vertreters für die Pflichtverletzungen, die dem Vertreter im Rahmen seines Auftretens für den Vertretenen zur Last fallen, sieht das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich nicht vor. Die Rechtsprechung hat in zwei Fallgruppen - in eng begrenzten Ausnahmefällen - eine eigene Haftung des Vertreters angenommen. Die Voraussetzungen für eine solche Haftung des Beklagten Ziff. 2 als Vertreter sind vorliegend allerdings nicht gegeben.

(wird ausgeführt)

c) Eine Haftung des Beklagten Ziff. 2 käme allerdings dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB) vorliegen würden. Dies lässt sich dem Sachvortrag der Klägerin jedoch nicht entnehmen. Insbesondere fehlt es an einer - von der Klägerin vorzutragenden - Täuschungshandlung des Beklagten Ziff. 2, die Voraussetzung für eine Betrugshaftung (§§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB) wäre.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

5. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat hat keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich. Die Entscheidung des Senats weicht nicht von den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen zur Haftung von Versicherungsmaklern und Versicherungen bei Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen ab. Für die Entscheidung des Senats sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.