AG Singen (Hohentwiel), Beschluss vom 20.02.2006 - 1 M 4212/05a; 1 M 4212/05b
Fundstelle
openJur 2012, 66741
  • Rkr:
Tenor

1. Der Rechtspfleger wird angewiesen, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über eine Forderung von Euro 430,00 zuzüglich einer Verfahrensgebühr gem. Nr. 1008, 3309 VV in Höhe von Euro 54,00, eine Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG in Höhe von Euro 10,80 zuzüglich Mehrwertsteuer und Gerichtskosten in Höhe von Euro 30,00 zu erlassen.

2. Die Schuldner tragen die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

Die Erinnerung ist zulässig und begründet.

I.

Gem. § 788 Abs. 1 ZPO fallen notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zur Last und sind mit dem Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben. Die Notwendigkeit fehlt für Kosten unzulässiger, schikanöser, überflüssiger oder offenbar aussichtsloser Zwangsvollstreckungsmaßnahmen; sie fehlt ferner bei ungerechtfertigten, vermeidbaren Mehrkosten einer notwendigen Zwangsvollstreckung (Zöller, 25. Aufl., § 788 ZPO Rn.Nr. 9 a).

Die Notwendigkeit bestimmt sich mithin nach den Erfordernissen zweckentsprechender Rechtsverfolgung. Die bei dieser entstehenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts des Gläubigers, der eine notwendige Zwangsvollstreckungsmaßnahme betreibt sind erstattungsfähig (Zöller, § 788 ZPO, Rn.Nr. 9).

II.

Ausgehend hiervon handelt es sich bei den geltend gemachten Kosten um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung.

a) Ein Vollstreckungsauftrag löst eine 0,3 Verfahrensgebühr nach VV 3309 aus, bei mehreren Auftraggebern erhöht sich die Gebühr nach VV 1008 um 0,3 je Auftraggeber. Richtet sich die Vollstreckung gegen mehrere Schuldner, stellt die Vollstreckung gegen jeden einzelnen Schuldner auch dann eine eigene Angelegenheit dar, wenn nur ein einziger Vollstreckungsantrag gestellt wird (KG Berlin Jur-Büro 2004, 46; Gebauer/Schneider RVG Kommentar, § 18 Rn.Nr. 48).

b) Ausgehend hiervon handelt es sich bei der infolge zweier Vollstreckungsaufträge angefallenen 1,2 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309, 1008 VV RVG um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung. Es ist insbesondere nicht dafür ersichtlich, dass die Kosten nicht im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sind. Vielmehr ist mit Gebauer/Schneider davon auszugehen, dass dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann, zur Niedrighaltung der Kosten zunächst nur gegen einen einzelnen Schuldner eine Vollstreckung durchzuführen. Insoweit besteht die Gefahr, dass die Vollstreckung fruchtlos verläuft und bei der dann möglicherweise anschließenden Vollstreckung gegen den anderen Schuldner bei diesem kein pfändbares Vermögen mehr vorhanden ist. Es entspricht daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, gegen beide Schuldner für beide Gläubiger ein Vollstreckungsverfahren einzuleiten, sodass die dabei anfallenden Kosten auch notwendige Kosten sind.

Soweit der Rechtspfleger auf die Kommentierung unter Gebauer/Schneider Rn.Nr. 48 verweist, bezieht sich diese - wie sich aus dem Zusammenhang ergibt - auf den Sonderfall, dass ein Gläubiger von vorneherein weiß, dass die Vollstreckung gegen einen der Schuldner fruchtlos verlaufen wird; erteilt er in einem solchen Falle trotz Aufklärung durch den Rechtsanwalt den Vollstreckungsauftrag gegen alle Schuldner, handelt es sich bei den dabei anfallenden Kosten nicht um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, da Kosten offenbar aussichtslose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (vergl. Zöller A.A.O. Rn.Nr. 9 a) nicht als notwendige Kosten erstattet werden. Für einen solchen Ausnahmefall ist im vorliegenden Sachverhalt indes nichts ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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