OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.03.2006 - 8 WF 36/06
Fundstelle
openJur 2012, 65271
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim vom 12.8.2004

a u f g e h o b e n .

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim vom 19.9.2000 war der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das vorliegende Verfahren ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt worden. Das Verfahren wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim vom 5.4.2001, rechtskräftig bezüglich des Scheidungsausspruchs seit 5.4.2001 und bezüglich des Versorgungsausgleichs seit 18.5.2001, abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 27.11.2003 bat das Amtsgericht um die Angabe der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin, um gegebenenfalls die bewilligte Prozesskostenhilfe abzuändern. Nach einer Mahnung vom 29.12.2003 legte die Antragstellerin am 15.1.2004 eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vor. Mit Schreiben vom 26.5.2004 wurde sie vom Amtsgericht um weitere Auskünfte und Belege gebeten. Diese wurden mit Schreiben vom 17.6.2004 und 8.7.2004 angemahnt. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, wurde mit Beschluss vom 12.8.2004 die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Am 6.9.2004 machte die Antragstellerin weitere Angaben und legte weitere Unterlagen vor.

Mit Schreiben vom 21.10.2004 verlangte das Amtsgericht weitere Auskünfte und Belege, die am 9.5.2005 zur Erledigung angemahnt wurden. Auf eine weitere Mahnung vom 17.6.2005 legte die Antragstellerin weitere Unterlagen vor. Nachdem das Amtsgericht mit Schreiben vom 21.11.2005 auf Lücken in den Angaben der Antragstellerin hingewiesen hatte und innerhalb der gesetzten Frist die Antragstellerin nicht weiter tätig wurde, wurden vom Rechtspfleger des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidenheim mit Schreiben vom 3.3.2006 die Akten dem Oberlandesgericht ohne Abhilfe zur Entscheidung vorgelegt.

Auf die Verfügung des Senats vom 10.3.2006 reichte die Antragstellerin zahlreiche Gehaltsabrechnungen betreffend Monate in den Jahren 2004 und 2005 ein. Zu dem von ihr angesprochenen Darlehen teilte sie mit, dass ihr Exmann statt Unterhalt an ihren Sohn für die Antragstellerin 103,39 Euro monatlich auf den Kredit zahle.II.

Das als sofortige Beschwerde auszulegende Schreiben der Antragstellerin vom 1.9.2004, bei Gericht eingegangen am 6.9.2004, ist als sofortige Beschwerde auszulegen, die hier zulässig und in der Sache begründet ist.1.

Gemäß § 124 Nr. 2 ZPO kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben wurde. Die vollständige Erklärung und die Vorlage von Belegen kann auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden. Hier hat nun die Antragstellerin die vom Amtsgericht - Familiengericht - Heidenheim zuletzt noch verlangten Angaben zur Höhe des gezahlten Unterhalts und der Ratenzahlungen für das Darlehen sowie Lohnbescheinigungen für verschiedene Monate vorgelegt. Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO kann daher nach dem heutigen Sachstand keinen Bestand mehr haben.2.

Weil Gegenstand des Beschwerdeverfahrens allein die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO ist, erübrigt sich eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren, ob die nunmehr gemachten Angaben der Antragstellerin eine Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO rechtfertigen könnte.

Dennoch wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO eine Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei ausgeschlossen ist, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind. Diese vier Jahre waren hier am 18.5.2005 verstrichen.

Eine Abänderungsentscheidung kommt jedoch auch noch nach Ablauf der Vierjahresfrist in Betracht, wenn das Änderungsverfahren rechtzeitig vor Fristablauf begonnen worden ist.

Zwar wurde hier das Abänderungsverfahren bereits im November 2003 vom Amtsgericht in Gang gesetzt. Es ist auch nicht zu verkennen, dass die Verzögerungen, die das Abänderungsverfahren in die Länge gezogen haben, überwiegend von der Antragstellerin zu vertreten sind, weil diese nicht zeitnah auf die Aufforderungen des Amtsgerichts reagiert und die gewünschten Informationen und Belege erbracht hat.

Allerdings hat auch das Amtsgericht das Verfahren mehrfach über eine unangemessen lange Zeit nicht weiter betrieben. Hätte das Amtsgericht nach der Vorlage von Belegen und Informationen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin am 15.1.2004 nicht erst nach über vier Monaten, sondern bereits nach zwei bis vier Wochen mit einer Mahnung reagiert, nach der Anforderung von weiteren Unterlagen mit Schreiben vom 21.10.2004 nicht erst am 9.5.2005, sondern bereits nach zwei bis vier Wochen gemahnt, nach der Vorlage weiterer Belege am 5.7.2005 mit der Nachforderung von Informationen nicht wiederum über vier Monate zugewartet, sondern zeitnah gehandelt und nach Ablauf der mit Schreiben vom 21.11.2005 letztmals gesetzten Frist von zwei Wochen mit der Vorlage des Rechtsmittels an das Oberlandesgericht nicht bis zum 7.3.2006 zugewartet, sondern die Vorlage zeitnah nach Ablauf dieser letzten Frist bewerkstelligt, wäre eine Entscheidung über die Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zu Ungunsten der Antragstellerin unschwer innerhalb der Frist des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO möglich gewesen. Das Amtsgericht hat damit den Fristablauf mit zu vertreten, so dass wegen des Ablaufs des Vierjahreszeitraums hier eine Abänderung der Prozesskostenhilfe durch die Anordnung von Ratenzahlungen nicht mehr möglich ist (vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 4.5.2001, AZ: 13 WF 226/01, zitiert nach Juris).

Ob hier die Aufhebungsentscheidung des Amtsgerichts vom 12.8.2004 schon deshalb aufzuheben gewesen wäre, weil nach dem heutigen Sachstand eine Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht mehr möglich ist, kann aufgrund der Ausführungen zu Ziffer 1 dahingestellt bleiben.3.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1811 KV / GKG und § 127 Abs. 4 ZPO.