OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2006 - 17 U 63/05
Fundstelle
openJur 2012, 65208
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21. Januar 2005 - 8 O 305/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und dahin abgeändert, dass der Zahlungsbetrag in Ziffer 1 des Urteilstenors auf 17.696,03 EURermäßigt wird.

II. Die weitergehende Berufung wird ebenso wie die Anschlussberufung der Kläger zurückgewiesen.

III. Von Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger zu je 1/8 und die Beklagte 3/4. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden zu je 5/18 den Klägern und in Höhe von 4/9 der Beklagten auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckungsschuldner dürfen jeweils die Zwangsvollstreckung des Gläubigers gegen Sicherheitsleistung von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt (16.022,42EUR + 20.000 EUR =) 36.022,42 EUR. Gemäß § 63 Abs. 3 GKG wird der Streitwert für den ersten Rechtszug auf (31.587,37 EUR + 17.748,11EUR =) 49.335,48 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ein Darlehensvertrag zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Steuerspar- und Anlagemodells.

Die Kläger ließen sich 1993 dafür werben, ohne Einsatz von Eigenkapital eine noch zu errichtende Wohnung in L. zu erwerben. Gemäß dem Anlagekonzept boten sie der vom Bauträger beauftragten Firma R. (Geschäftsbesorgerin) in notarieller Urkunde vom 24.3.1993 (Anl. K 5) den Abschluss eines Treuhand-/bzw. Geschäftsbesorgungsvertrags an und erteilten der Geschäftsbesorgerin Vollmacht, sämtliche Verträge zur Durchführung und Finanzierung des Anlagegeschäfts für sie zu schließen. Nach Annahme des Angebots durch notarielle Urkunde vom 22.04.1993 (Anl. K 38) schloss die Geschäftsbesorgerin, die über eine Erlaubnis zur Rechtsberatung nicht verfügte, namens der Kläger am selben Tag vor demselben Notar einen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung zum Kaufpreis von DM 129.127,00. Außerdem unterzeichnete die Geschäftsbesorgerin im Namen der Kläger am 13.4.1993 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über ein endfälliges Darlehen mit DM 166.000 mit einem Disagio von 10%, zu einem Zinssatz von 5,6% und einer Gesamtlaufzeit von 30 Jahren. Als Sicherheit dienten eine Sicherungsgrundschuld über DM 261.000 und die Abtretung zweier Lebensversicherungen. Nach Ablauf der 5-jährigen Zinsfestschreibung haben die Kläger am 15.4.1998 mit der Beklagten Vereinbarungen über die künftigen Darlehensbedingungen getroffen (Anl. B 9).

Die Kläger haben die Beklagte auf Rückzahlung der von ihnen von September 1995 bis zum Dezember 2002 erbrachten Zinsraten Zug um Zug gegen Auflassung der Wohnung sowie auf Rückgewähr der Rechte aus den zum Zwecke der Sicherstellung übertragenen Lebensversicherungen in Anspruch genommen. Sie haben sich zur Begründung ihrer Ansprüche - soweit es für das Berufungsverfahren noch von Interesse ist - auf den Standpunkt gestellt, die erteilte Vollmacht sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, sodass die von ihnen nicht genehmigten Darlehensverträge für die Zahlung der Darlehensraten keine Rechtsgrundlage zu Gunsten der Beklagten böten.

Das Landgericht hat dem Klagebegehren insoweit (unter Abweisung weitergehender Ersatzansprüche) stattgegeben und die Beklagte Zug um Zug gegen Auflassung der Wohnung und Rückabtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen zur Zahlung von 31.174,97 EUR verurteilt.

Dagegen richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger.

Die Beklagte erstrebt mit ihrem Rechtsmittel die Reduzierung des titulierten Zahlungsanspruchs auf 15.152,55 EUR. Sie nimmt es hin, dass das Landgericht eine wirksame Vollmacht der Geschäftsbesorgerin sowie eine Rechtsscheinsvollmacht der Geschäftsbesorgerin gemäß § § 172, 173 BGB verneint hat, und erhebt lediglich, aber erstmals im Berufungsrechtszug die Einrede der Verjährung.

Demgegenüber verteidigen die Kläger das landgerichtliche Urteil gegen den Berufungsangriff der Beklagten. Die Beklagte sei mit der Verjährungseinrede ausgeschlossen. Für den Fall, dass der Senat die Einrede gleichwohl zulasse und für begründet erachte, vermindern die Kläger die Zahlungssumme und erklären die Zahlungsklage, soweit sie auf verjährte Rückforderungsansprüche gerichtet sei, für erledigt.

Mit ihrer Anschließung begehren die Kläger die Aufhebung des Urteils des Landgerichts, soweit es den Zahlungsanspruch nur Zug um Zug gegen Auflassung der Eigentumswohnung zugesprochen hat. Die Kläger wollen sich im zweiten Rechtszug nicht mehr die im Zusammenhang mit der Kreditauszahlung der Beklagten erlangten Vorteile anrechnen lassen und sind auch nicht mehr bereit, gemäß ihrem ursprünglichen Klageantrag, die Wohnung an die Beklagte aufzulassen.

Die Beklagte tritt diesem Begehren entgegen. Sie ist der Auffassung, die Kläger könnten ihren bisherigen Antrag einseitig nicht fallen lassen. Der Erledigungserklärung gemäß Hilfsantrag der Kläger schließt sich die Beklagte nicht an.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsrechtszug Bezug genommen.II.

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger sind zulässig, haben aber unterschiedlichen Erfolg.

Das Hauptrechtsmittel der Beklagten dringt im Umfang der erhobenen Verjährungseinrede überwiegend durch und ist hinsichtlich eines kleinen Teiles unbegründet, während die Anschließung der Kläger insgesamt erfolglos ist.

1. Berufung der Beklagten

Die von der Berufung vorgebrachten Einwendungen führen lediglich im Hinblick auf das geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht zu einer Korrektur der Bereicherungsschuld der Beklagten (Ziffer 1 der Urteilsformel). Darüber hinaus hat es bei der titulierten Rückzahlungsforderung der Kläger zu verbleiben, soweit diese sich auf Zinsbeträge in unverjährter Zeit erstreckt.

a) Der streitige Darlehensvertrag der Parteien bietet keine Rechtsgrundlage für die von der Beklagten erhaltenen Darlehensraten der Kläger.

aa) Die Verträge sind unwirksam, weil die Kläger bei ihrem Abschluss nicht wirksam von der Geschäftsbesorgerin vertreten worden sind. Das hat das Landgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die hierzu ergangene Rechtsprechung festgestellt. Insoweit sieht der erkennende Senat keinen Anlass, von der seit BGHZ 145, 265, 275 ff. ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat übernommen hat, im Hinblick auf die von der Berufung erhobenen Einwendungen abzuweichen.

Ergänzend ist im Streitfall lediglich darauf hinzuweisen, dass die eingeschaltete Geschäftsbesorgerin hier ausschließlich mit der Abwicklung des Grundstückserwerbs im Rahmen des Bauträgermodells betraut war. Nach dem Inhalt des Geschäftsbesorgungsvertrages (vgl. Seite 4) war sie für die Prüfung des Anlageobjekts, dessen Wirtschaftlichkeit sowie für die Erreichung bestimmter steuerlicher Ziele nicht verantwortlich. Die Wahrnehmung steuerlicher Belange der Anleger ist gerade ausgenommen und vom Abschluss eines gesonderten Steuerberatervertrages abhängig gemacht worden (Anlage 8 der Mustervertragsurkunde, Anlage K 3).

bb) Die auf Grund nichtiger Vollmacht geschlossenen Darlehensverträge sind auch nicht durch Unterzeichnung der Vereinbarungen zur Konditionenanpassung nach Ablauf der Zinsbindungsfrist am 14.5.1998 wirksam geworden. Diese Vertragsabreden haben den streitigen Darlehensvertrag weder nachträglich mit Rückwirkung (§ § 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB) wirksam werden lassen noch haben sie dem Kreditverhältnis eine wirksame Grundlage für die Zukunft verschafft (vgl. bereits Senat, Urt. v. 29.12.2005 - 17 U 43/05).

(1) Eine ausdrückliche Bestätigung/Genehmigung der Kläger liegt nicht vor, in Betracht kommt allenfalls eine konkludente Erklärung im Zusammenhang mit der persönlichen Unterzeichnung der Erklärung zur Konditionenanpassung (Anl. B 9).

Eine Genehmigung schwebend unwirksamer Rechtsgeschäfte kann in einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung enthalten sein oder auch in einem schlüssigen Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Erklärungsverhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen. Fehlt es an einem Erklärungsbewusstsein des Betroffenen, so muss hinzu kommen, dass er bei pflichtgemäßer Sorgfalt gem. § 276 BGB hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, Urt. v. 27.9.2005 -XI ZR 79/04, BKR 2005, 501 unter II 1 d cc der Gründe m. w. N. zur Rechtsprechung des BGH).

An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall. Da beide Parteien im Zeitpunkt der Nachtragsvereinbarung von der Wirksamkeit des 1993 geschlossenen Darlehensvertrages ausgegangen sind und auch nicht an ihrem Rechtsbestand zu zweifeln Anlass hatten, kann eine konkludente Genehmigung nicht angenommen werden. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung konnte vor der so genannten Notarentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.9.2000 (BGHZ 145, 265, 275) kein Beteiligter einen Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz erkennen (BGH, Urt. v. 11.1.2005 -XI ZR 272/03, WM 2005, 237 und Urt. v. 27.9.2005 -XI ZR 79/04).

Damit konnten die im Jahre 1999 abgeschlossenen Vereinbarungen dem alten Darlehensvertrag nicht rückwirkend zur Gültigkeit verhelfen (a.A. OLG Frankfurt, BKR 2003, 831 unter Hinweis auf § 141 BGB und OLG Dresden, Urt. v. 11.1.2006 - 8 U 1383/05).

(2) Diese Vereinbarungen haben aber auch nicht mit Wirkung für die Zukunft dem Darlehensvertrag eine wirksame Grundlage verschafft, so dass es den Klägern nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages von 1993 zu berufen.

Es kann in diesem Zusammenhang nicht darauf abgestellt werden, dass nach dem Regelungsgehalt der Nachtragsvereinbarungen ein neuer Darlehensvertrag an Stelle des alten Vertrages hätte treten und somit das Kreditverhältnis der Parteien durch die Vereinbarungen neuer Konditionen auf einen selbstständigen schuldvertraglichen Boden hätte gestellt werden sollen (so OLG Dresden; vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 9.12.2004 - 3 U 16/04: Vereinbarungsdarlehen). Die Parteien haben mit den Nachträgen von 1998 den ursprünglichen Darlehensvertrag nicht ersetzt, sondern vielmehr lediglich die Kreditbedingungen nach Ablauf der Zinsfestschreibung bei unverändert fortgeltendem Kapitalnutzungsrecht geändert (sog. unechte Abschnittsfinanzierung). Die Anpassung der Konditionen über die Kapitalnutzung für die Zukunft lässt aber den ursprünglichen Kreditvertrag unberührt (vgl. in anderem Zusammenhang BGH Urt. v. 15.11.2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124). Die Unterzeichnung der Vereinbarungen im Jahre 1998 durch die Kläger erfolgte daher nur, um der Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung der Darlehen von 1993 zu entgehen, zu der die Kläger ohne Vorlage einer Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde durch die Treuhänderin jedoch nicht verpflichtet waren (BGH, Urt. v. 27.9.2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501).

Da weder den Klägern noch der Beklagten bei Abschluss der Zinsanpassungsvereinbarungen die schwebende Unwirksamkeit des Darlehensvertrages von 1993 bewusst war, müssen sich die Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben an dem streitig gewordenen Darlehensvertrag festhalten lassen. Ihre Berufung auf die tatsächliche Rechtslage ist nicht rechtsmissbräuchlich (BGH, Urt. v. 27.9.2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501).

b) Die gegenüber dem Rückzahlungsverlangen für den Leistungszeitraum bis einschließlich 1998 erhobene Verjährungseinrede der Beklagten ist entgegen dem Wortlaut des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Sie ist auch begründet.

aa) Die Vorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht der Berücksichtigung des neuen Verteidigungsmittels der Beklagten nicht entgegen, auch wenn hier keiner der dort genannten Zulassungsgründe gegeben ist. Nach dem Wortlaut der im Streitfall allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 3 wäre die Beklagte mit der Verjährungseinrede auszuschließen, weil sie es im ersten Rechtszug aus Nachlässigkeit versäumt hat, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingetretene Verjährung geltend zu machen.

Es ist jedoch anerkannt, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift über die Behandlung verspäteter Angriffs- und Verteidigungsmittel auf streitiges und daher beweisbedürftiges Vorbringen zu beschränken ist, auch wenn die Präklusion nicht mehr wie im früheren Recht davon abhängt, ob die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Mit unstreitigem Vortrag kann eine Partei daher nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht ausgeschlossen werden (BGH, Urt. v. 18.11.2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138 = WM 2005, 99; und bereits Senat, OLGR 2004, 200 = MDR 2004, 1020).

Demgegenüber will der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem soeben veröffentlichten Urteil vom 21.12.2005 (X ZR 165/04) die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede unter Berufung auf den Wortlaut der Präklusionsregel des § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen, auch wenn die tatsächlichen Umstände, die zur Beurteilung der Anspruchsverjährung erforderlich sind, zwischen den Parteien nicht im Streit stehen. Die Frage, ob der die Verjährungseinrede begründende Lebenssachverhalt streitig oder unstreitig und damit zuzulassen sei, stelle sich erst, wenn die Einrede als solche die Präklusionshürde des § 531 Abs. 2 ZPO übersprungen habe.

Diese Differenzierung stellt eine zu formale Betrachtungsweise dar, die von der Teleologie des § 531 Abs. 2 ZPO nicht gefordert wird. Auch wenn das reformierte Präklusionsrecht nicht mehr unmittelbar auf dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung beruht (BGH, Beschl. vom 22.1.2004 - V ZR 187/03, NJW 2004, 1458, 1459), schließt es die unverändert von der Berufung angestrebte wirtschaftliche Verfahrensgestaltung nicht aus, auch verspätete Angriffs- und Verteidigungsmittel im Interesse einer materiell richtigen Entscheidung zu berücksichtigen, wenn eine Verfahrensverzögerung nicht zu besorgen ist. Das gerichtliche Erkenntnis beruht auch in diesem Fall auf der in der ersten Instanz geschaffenen Tatsachengrundlage. Der Ausschluss des prozessual nachlässigen Beklagten mit einer dort nicht erhobenen Einrede führt zum Verlust seines subjektiven (Gegen-) Rechts und damit notwendig zu einem materiell-rechtlich falschen Ergebnis. Eine solche harte Sanktion für ein fahrlässiges Prozessverhalten erfordern Sinn und Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO nicht. Die Rechtsfolge stellt auch unter Berücksichtigung der neu definierten Funktion der Berufung als Kontrollinstanz zur Fehlerfeststellung und Fehlerbeseitigung eine unverhältnismäßige Reaktion auf den Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht dar, weil damit das allgemeine Berufungsziel, ein gerechtes Ergebnis innerhalb der von der Zivilprozessordnung angestrebten Sicherung der subjektiven Rechte der Parteien zu gewähren, verfehlt wird und die Bewahrung des Prozessrechts als bloßer Selbstzweck erscheint.

Die prozessuale Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO ist deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, dass von ihrem Anwendungsbereich eine vom Beklagten erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede ausgenommen ist, wenn die tatsächlichen Grundlagen nicht streitig sind und die Zulassung daher nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führt (Rixecker, NJW 2004, 705, 707; vgl. auch Jauernig, Zivilprozessrecht, 28. Aufl., 2003, § 73 V, S. 302/303; W. Lüke, Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2003, Rdn. 41; a.A. z.B. OLG Frankfurt, BauR 2004, 560; OLG Oldenburg, MDR 2004, 292; H. Roth, JZ 2005, 174, 176 ders., JZ 2006, 9, 15).

bb) Die bereicherungsrechtlichen Herausgabeansprüche der Kläger wegen der vor dem 1. Januar 1999 gezahlten Zinsen sind verjährt, § 197 BGB a.F. (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EGBGB). Die in dieser Vorschrift angeordnete vierjährige Verjährungsfrist ist seit dem 31.12.2003 abgelaufen, sodass die erst am 30.10.2003 zugestellte Klage die Verjährung nicht mehr hemmen konnte.

Die Verjährung bereicherungsrechtlicher Ansprüche auf Rückgewähr von in regelmäßigen Raten gezahlten Zinsen beurteilt sich nach § 197 BGB a.F. (vgl. bereits Senat, OLGR 2004, 405). Solche Ansprüche sind als regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne dieser Bestimmung einzusehen. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung soll vermieden werden, dass sich rückständige wiederkehrende Leistungen ansammeln und auf diese Weise übermäßige und möglicherweise existenzbedrohende Rückzahlungsschulden anwachsen (BGH, NJW 2000, 1637; BGHZ 148, 90 = WM 2001, 1409 unter II 1 a). Daher unterfallen alle Verbindlichkeiten, die nur in den fortlaufenden Leistungen bestehen und darin ihre charakteristische Erscheinung haben, der Regel des § 197 BGB a.F.. Die Bereicherungsansprüche der Kläger sind, wie sich aus der Auflistung der Kläger ergibt, nicht auf einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr entstanden. Jede Ratenzahlung auf die Zinsen löste von selbst einen entsprechenden Bereicherungsanspruch der Kläger aus. Damit erfüllen die Ansprüche auf Rückzahlung periodisch fällig werdender, rechtsgrundlos geleisteter Zinsen die Voraussetzungen, unter denen § 197 BGB a.F. eingreift. Es hat dabei keinen Einfluss, aus welchem Grund die Zahlungen als rechtsgrundlos behandelt werden.

cc) Die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. für die bis einschließlich 1997 gezahlten Darlehensraten begann mit Ablauf des 31.12.1997 zu laufen (§ 201 BGB a.F.) und endete am 31.12.2001. Damit waren diese Ansprüche der Kläger bei Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts bereits verjährt, sodass es insoweit auf das Übergangsrecht nicht ankommt, Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Auf die wegen der Zahlung im Jahre 1998 entstandenen Ansprüche der Kläger ist diese Bestimmung allerdings anwendbar. Danach beläuft sich gem. § 195 BGB n.F. die Verjährungsfrist auf drei Jahre, wobei sich gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn für den Zeitraum vor dem 1.1.2002 nach dem BGB in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung bestimmen. Der Abs. 4 der genannten Vorschrift ist dann, wenn die Verjährungsfrist nach dem BGB in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung kürzer ist als nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, die kürzere Frist von dem 1.1.2002 an zu berechnen. Läuft allerdings die im BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmte längere Frist früher ab als die im BGB in der seit diesem Tage geltenden Fassung bestimmten Frist, so ist die Verjährung mit dem Ablauf der im BGB in der bis zu dem Tag geltenden Fassung bestimmten Frist vollendet.

Daher sind auch unter Beachtung dieser Verjährungsregeln die zwischen dem 31.12.1997 und dem 31.12.1998 entstandenen Ansprüche der Kläger verjährt, während hinsichtlich der nach dem 31.12.1998 entstandenen Ansprüche die Verjährung rechtzeitig durch die am 30.10.2003 zugestellte Klage gehemmt wurde, vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, § 209 BGB n.F.

c) Damit ist der Zahlungsantrag der Kläger im Umfang des geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechts abzuweisen. Hiervon betroffen sind im Zeitraum von 9/95 bis 12/98 erbrachte Zahlungen in Höhe von 26.882,55 DM = 13.744,83 EUR.

In diesem Zeitraum haben die Kläger insgesamt an Zinsleistungen 31.337,12 DM aufgebracht. Hierauf wollen sie sich (mit Recht) die von den Hausgeldzahlungen bereinigten Einnahmen aus dem Mietenpool anrechnen lassen. Dabei handelt es sich um einen Betrag von 4.454,57 DM. Dieser Abzugsposten ermittelt sich aus den Mieterträgnissen; vgl. Aufstellung der Kläger (vgl. I 30): 3.901,30 DM + 2.030,61 DM + 2.400,98 DM ./. 1.698,01 + 2.160,31 (Hausgeldzahlungen).

Die in unverjährter Zeit geleisteten Darlehensraten können die Kläger im Wege der Leistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB von der Beklagten zu verlangen. Dabei handelt es sich um einen Betrag von 34.610,42 DM = 17.696,03 EUR. Dieser Rückerstattungsbetrag errechnet sich folgendermaßen: geleistete Darlehensraten insgesamt: 38.033,35 DM abzüglich (um Hausgeldzahlungen in Höhe von 10.830,35 DM bereinigte) Mieterträge von 14.253,28 DM = 3.422,93 DM. In Höhe der Differenz zum ihrem mit 15.152,55 EUR bezifferten Antrag ist die Berufung unbegründet.

2. Anschlussberufung der Kläger

Mit ihrer Anschlussberufung verfolgen die Kläger zwei Ziele. Zum einen begehren sie für den Fall, dass im Berufungsrechtszug die Verjährungseinrede der Beklagten für zulässig und begründet erachtet wird, Feststellung der Erledigung ihres Zahlungsantrages, soweit die Verjährungseinrede der Beklagten durchgreift. Außerdem erstreben sie eine unbedingte Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten. Beide Prozessziele vermag die zulässige Anschließung der Kläger nicht zu erreichen.

a) Beseitigung der Zug-um-Zug-Verurteilung

Die Feststellung einer unbedingten Rückzahlungspflicht der Beklagten bedeutet eine Erweiterung der ursprünglichen Zahlungsklage. Die Klageerweiterung ist zulässig, § § 525, 263, 533, 529 Abs. 1 ZPO. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Zu Recht beruft sich die Beklagte demgegenüber auf ein Zurückbehaltungsrecht gem. § § 273, 274 BGB. Die Beklagte kann Herausgabe der finanzierten Eigentumswohnung von den Klägern auch im Rahmen des hier in Rede stehenden Bereicherungsausgleichs verlangen.

Wie der Senat im Urteil vom 29.12.2005 (17 U 43/05) dargelegt und näher begründet hat, ist der - einer Immobiliengesellschaft beigetretene - Anleger mit Rücksicht auf den vom Kreditinstitut seiner Darlehensauszahlung unterlegten Finanzierungszweck bei Unwirksamkeit des Kreditvertrages verpflichtet, den finanzierten Fondsanteil an das Kreditinstitut herauszugeben. Eine entsprechende Herausgabepflicht besteht auch im Falle der Rückabwicklung eines kreditfinanzierten Grundstücksgeschäfts. Sie beruht nicht auf der Rechtsfigur des Verbundes i. S. von § 9 VerbrKrG, sodass ihr auch nicht § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegensteht. Die Unwirksamkeit des (Real-) Kreditvertrages löst wegen des damit gescheiterten Anlagekonzepts die Rückabwicklung des gesamten Anlagegeschäfts aus. Im Hinblick auf den von der Kreditgeberin in Vollzug der Anlagekonzeption gegenüber dem Anleger verfolgten weiteren (atypischen) Finanzierungszweck ist sie bei der Rückabwicklung des Darlehensvertrages so zu behandeln, als hätte sie die Wohnung an den Kapitalanleger geleistet. Daher ist der Anleger auf entsprechende Einrede der Finanzierungsbank auch verpflichtet, die bei Durchführung des Anlagegeschäfts erlangte Eigentumswohnung Zug um Zug gegen Rückzahlung der auf den unwirksamen Darlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zu übertragen.

Die Kläger können damit in dem vorliegenden Rechtsstreit die von ihnen erstrebte Rückabwicklung nicht auf das Darlehensverhältnis mit der Beklagten beschränken.

b) Erledigungserklärung

Der von den Klägern verfolgte Eventualantrag auf Feststellung der Erledigung ist unzulässig. Denn nach herrschender und zutreffender Meinung ist es nicht möglich, die Feststellung der Erledigung der Hauptsache lediglich hilfsweise zu beantragen (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 91 a Rdnr. 35; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 91 a Rdnr. 31).

3. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und Abs. 2 in Verb. mit § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat § § 708 Nr. 10, 711 ZPO zur Grundlage. Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO mit Rücksicht auf die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in mehreren Punkten (Zinsfortschreibung, Zug-um-Zug-Titel) zuzulassen. Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen.