LG Stuttgart, Urteil vom 22.03.2005 - 20 O 541/04
Fundstelle
openJur 2012, 64604
  • Rkr:
Tenor

I.Die Beklagte hat es zu unterlassen,

sich gegenüber Verbrauchern auf nachfolgende oder diesen inhaltsgleichen Bestimmungen in Versicherungsverträgen, die im Rahmen betrieblicher Altersvorsorge nach dem 1.4.77 geschlossen wurden, zu berufen:

1."Bei Beitragsfreistellung während der ersten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer beträgt der Abzug bei einer Aufschubdauer

bis zu 10 Jahren:

1,2%

ab 11 bis 24 Jahren:

10%

ab 25 Jahren:

0,8%

der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Garantiekapital des bisherigen Versicherungsverlaufs und der Summe der bis zur Beitragsfreistellung gezahlten Beiträge"

2."Bei Betragsfreistellung während der zweiten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer wird der für Ihre Versicherung geltende Prozentsatz für die Berechnung des Abzugs reduziert. Der Prozentsatz sinkt von Jahr zu Jahr um einen gleichbleibenden Wert, bis er am Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer null Prozent erreicht. Die Höhe des Abzugs beträgt in beiden Fällen jedoch mindestens 30 EUR"

II.Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen I. wird der Beklagten ein festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, angedroht.

III.Die Beklagte hat an den Kläger 232,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 11.11.04 zu zahlen.

IV.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

V.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 12.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 10.000,00 EUR

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch, die seiner Ansicht nach gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen.

Der Kläger ist ein Dachverband von Verbraucherschutzorganisationen, der seiner Satzung entsprechend auch selbst Belange von Verbrauchern durch Beratung, Aufklärung und Abwehr verbraucherschädlicher Praktiken wahrnimmt, der mit öffentlichen Mitteln gefördert wird und der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.

Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen, das Lebensversicherungen mit der Besonderheit anbietet, dass das angesammelte Kapital als Leibrente ausgezahlt wird. Das Angebot der Beklagten richtet sich an Arbeitgeber als Versicherungsnehmer zur Versicherung des Lebens von deren Arbeitnehmern im Rahmen einer betrieblichen Alterssicherung und geht deshalb im Regelfall vom Erreichen des gesetzlichen Rentenalters als Versicherungsfall aus.

Die Beklagte verwendet Allgemeine Geschäftsbedingungen, darunter auch die streitgegenständlichen "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Baustein zur Altersvorsorge: Z...rente-E 67 (APK)" (künftig kurz: AVB). Diese AVB befassen sich mit der Abgrenzung der Leistungspflichten sowie den Möglichkeiten einer Beitragsrückzahlung, einer Auszahlung des Kapitals statt einer Rente und eines vorgezogenen oder hinausgeschobenen Rentenbeginns.

§ 13 der AVB räumt die Möglichkeit ein, die Versicherung (vor allem im Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber) von der Beitragszahlung freizustellen und bestimmt hierzu:

§ 13 Wann können Sie die Versicherung beitragsfrei stellen?

(1) Sie können sich zum Schluß einer Versicherungsperiode von der Beitragszahlungspflicht befreien lassen.

In diesem Fall setzen wir die Garantierente und das Garantiekapital zur Altersvorsorge nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik herab Der aus Ihrer Versicherung für die Bildung der beitragsfreien Garantierente und des beitragsfreien Garantiekapitals zur Verfügung stehende Betrag wird dabei um einen als angemessen angesehenen Abzug gekürzt (§ 174 VVG).

Bei Beitragsfreistellung während der ersten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer beträgt der Abzug bei einer Aufschubdauer

bis zu 10 Jahren:

1,2%

ab 11 bis 24 Jahren:

1,0%

ab 25 Jahren:

0,8%

der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Garantiekapital des bisherigen Versicherungsverlaufs und der Summe der bis zur Beitragsfreistellung gezahlten Beiträge.

Bei Beitragsfreistellung während der zweiten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer wird der für Ihre Versicherung geltende Prozentsatz für die Berechnung des Abzugs reduziert. Der Prozentsatz sinkt von Jahr zu Jahr um einen gleichbleibenden Wert, bis er am Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer null Prozent erreicht Die Höhe des Abzugs beträgt in beiden Fällen jedoch mindestens 30 EUR.

Ist bei Ihrer Versicherung die Beitragszahlungsdauer kürzer als die Aufschubdauer, werden die vorstehend aufgeführten Prozentsätze jeweils im Verhältnis von Beitragszahlungsdauer zur Aufschubdauer reduziert.

Der Abzug entfällt im letzten Versicherungsjahr. Sofern das Alter der versicherten Person bzw. einer der versicherten Personen rechnungsmäßig mindestens 55 Jahre beträgt, entfällt der Abzug auch innerhalb der letzten 5 Jahre der Aufschubdauer

Die Berechnung erfolgt zum Ende der Versicherungsperiode, für die Sie letztmalig den vollständigen Beitrag gezahlt haben

(2) Ihre Versicherung können Sie allerdings nur dann beitragsfrei fortführen, wenn die beitragsfreie Garantierente einen Mindestbetrag von jährlich 200 EUR und das beitragsfreie Garantiekapital einen Mindestbetrag von 2.000 EUR erreicht. Andernfalls erlischt die Versicherung und es wird - soweit vorhanden - der Rückkaufswert (§ 14) ausgezahlt.

(3) Die Beitragsfreistellung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist wegen der Verrechnung von Abschlußkosten nach dem Zillmerverfahren (vgl. § 23) keine beitragsfreie Garantierente und kein beitragsfreies Garantiekapital vorhanden. Auch in den Folgejahren stehen nicht unbedingt Mittel in Höhe der eingezahlten Beiträge für die Bildung einer beitragsfreien Garantierente und eines beitragsfreien Garantiekapitals zur Verfügung Nähere Informationen zur beitragsfreien Garantierente und zum beitragsfreien Garantiekapital können Sie Ihrem Versicherungsschein entnehmen,

§ 14 der AVB befasst sich mit der Möglichkeit, die Versicherung zu kündigen und regelt den hierbei zu zahlenden Rückkaufswert; weitere Klauseln befassen sich mit den Anzeigepflichten, die Versicherungsnehmer und Versicherte treffen sollen, einer Selbstmordklausel, den im Versicherungsfall einzuhaltenden Förmlichkeiten und regelt schließlich, an wen die Leistung im Versicherungsfall erfolgt (§ 22 AVB).

§ 23 der AVB, der sich mit den Kosten des Vertragsschlusses befasst, lautet:

§ 23 Wie werden Abschlußkosten mit Ihren Beiträgen verrechnet?

(1) Beim Abschluß von Versicherungsverträgen entstehen Kosten Diese sogenannten Abschlußkosten (§ 43 Abs. 2 der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen) sind bei der Tarifkalkulation berücksichtigt. Sie werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern mit den Beiträgen verrechnet.

(2) Für Ihren Versicherungsvertrag ist das Verrechnungsverfahren nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (Zillmerverfahren) vorgesehen. Hierbei werden die ersten Beiträge zur Tilgung von Abschlußkosten herangezogen. Der zu tilgende Betrag ist nach der erwähnten Deckungsrückstellungsverordnung auf 4 % der von Ihnen während der Laufzeit des Vertrages zu zahlenden Beiträge beschränkt.

Dieses Verrechnungsverfahren hat keine Auswirkungen auf den vereinbarten Versicherungsschutz. Er besteht von Anfang an in voller Höhe. Die Tilgung der Kosten für den Abschluß Ihres Vertrages hat jedoch zur Folge dass zunächst keine Beträge zur Bildung der beitragsfreien Garantierente oder des Rückkaufswertes zur Verfügung stehen Die Entwicklung der beitragsfreien Garantierente und des Rückkaufswertes Ihrer Versicherung ist im Versicherungsschein dargestellt

Der Kläger beanstandet die in § 13 vorgesehenen Abzüge als unangemessene, mit Grundgedanken gesetzlicher Vorschriften nicht zu vereinbarende und zudem intransparente Regelung zum Nachteil von Verbrauchern.

Er macht geltend, dass jedenfalls dann, wenn die Beiträge von Arbeitgebern unter Verzicht des Arbeitnehmers auf Entgelt (§ 1 a Betriebsrentengesetz - BetrAVG -) aufgebracht würden, die Garantierente bzw. das Garantiekapital von Anfang an unverfallbar und damit nicht kürzbar seien, dass die Abschlusskosten (insoweit unbeanstandet) im Wege der "Zillmerung" bereits bei der Berechnung der Garantierente bzw. des Garantiekapitals berücksichtigt seien, so dass weitere Abzüge einer Rechtfertigung entbehrten, und jedenfalls der versicherte Arbeitnehmer als Verbraucher die Garantierente oder das Garantiekapital der Höhe nach nicht kenne und für ihn die Ermittlung der Abzüge nach Rechenweg und absoluter Höhe undurchschaubar sei. Die Beklagte sei auch verpflichtet, die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung zu tragen.

Der Kläger beantragt,

I.die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, es zu unterlassen, sich auf nachfolgende oder dieser inhaltsgleiche Bestimmungen in Versicherungsverträgen, die im Rahmen betrieblicher Altersvorsorge nach dem 1.4.77 geschlossen wurden, gegenüber Verbrauchern zu berufen:

1."Bei Beitragsfreistellung während der ersten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer beträgt der Abzug bei einer Aufschubdauer

bis zu 10 Jahren:

1,2%

ab 11 bis 24 Jahren:

10%

ab 25 Jahren:

0,8%

der Differenz zwischen dem durchschnittlichen Garantiekapital des bisherigen Versicherungsverlaufs und der Summe der bis zur Beitragsfreistellung gezahlten Beiträge"

2."Bei Betragsfreistellung während der zweiten Hälfte der vereinbarten Beitragszahlungsdauer wird der für Ihre Versicherung geltende Prozentsatz für die Berechnung des Abzugs reduziert, Der Prozentsatz sinkt von Jahr zu Jahr um einen gleichbleibenden Wert, bis er am Ende der vereinbarten Beitragszahlungsdauer null Prozent erreicht. Die Höhe des Abzugs beträgt in beiden Fällen jedoch mindestens 30 EUR"

II.Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 232,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit (11.11.04) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet in erster Linie ein, die Klage sei unzulässig, weil sie den Versicherungsvertrag nicht mit Verbrauchern, sondern ausschließlich mit Arbeitgebern und daher mit Unternehmern im Sinne des UKlaG abschließe. Dies wirke sich auch bei der Anwendung des materiellen Rechtes dort aus, wo es auf das Verständnis des Vertragspartners oder dessen Benachteiligung ankomme.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte die angegriffene Regelung als gesetzeskonform und hinreichend verständlich. Sie weist darauf hin, dass bei der Zillmerung nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) die tatsächlichen Abschlusskosten nicht vollständig erfasst würden, so dass es erforderlich und angemessen sei, diese Vertragskosten gesondert in Abhängigkeit zur Beitragszeit zu erfassen, wenn infolge einer Freistellung von der Beitragspflicht das Versicherungsverhältnis abweichend vom normalen Verlauf abgewickelt werde. Sie füge dem einzelnen Versicherungsvertrag eine Aufstellung bei, in welcher Höhe sich tatsächlich die Abzüge bewegen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG eine Stellungnahme abgegeben.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, weil die Wirkung der von der Beklagten verwendeten AVB nicht ausschließlich auf den geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern beschränkt ist, sondern sich auch auf Verbraucher auswirkt.

1.Bei den von der Beklagten zur betrieblichen Altersvorsorge angebotenen Leibrentenverträgen handelt es sich um Versicherungsverträge auf fremde Rechnung (§§ 74, 75 VVG). Denn der Versicherungsvertrag mit der Beklagten wird vom Arbeitgeber im eigenen Namen und mit seiner Verpflichtung, die Prämien zu zahlen, abgeschlossen, während das Recht auf die Versicherungsleistung nicht dem Arbeitgeber als Versicherungsnehmer, sondern dem Arbeitnehmer als dem Versicherten zustehen soll.

2.Nach § 3 Abs. 2 UKlaG können Unterlassungsansprüche in Bezug auf Allgemeine Geschäftsbedingungen von verbraucherschützenden Einrichtungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG) nicht geltend gemacht werden, wenn die Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Dies berührt nicht nur die materielle Berechtigung zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, sondern auch die Zulässigkeit der Erhebung einer Unterlassungsklage. Die streitbefangenen AVB werden jedoch nicht nur gegenüber Unternehmern verwendet, sondern im Rahmen der durch diese Geschäftsbedingungen geregelten Rechtsbeziehungen auch gegenüber Verbrauchern.

a)Bei einem Versicherungsvertrag auf fremde Rechnung handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Soweit dabei die Leistungsverpflichtungen der Beklagten auch mit Wirkung für oder gegen den unmittelbar anspruchsberechtigten Dritten geregelt werden, ist auf diesen abzustellen.

So hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 23.06.1999 (NJW 99, 3558 - Versorgungsanstalt Bund/Länder -) ausgesprochen, dass grundsätzlich solche Dritte in den Schutz des § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) einbezogen sind, die Rechte aus einem Vertrag herleiten können oder durch diesen unmittelbar berechtigt sind.

In der weiterführenden Entscheidung vom 28.03.2001 (NJW 2001, 1934 - Reiseinsolvenzversicherung -) hat der Bundesgerichtshof unter ausdrücklichem Hinweis auf seine frühere Entscheidung ausgesprochen, dass bei der Versicherung auf fremde Rechnung zwar Versicherungsnehmer ein Unternehmer ist, dieser Umstand aber der Klage eines Verbraucherschutzvereins nicht im Sinn von § 13 Abs. 3 AGBG (jetzt § 3 Abs. 2 UKlaG) entgegen steht. Denn insoweit geht es nicht darum, den Verkehr zwischen Unternehmern auf unwirksame Geschäftsbedingungen zu prüfen, sondern darum, die dem Verbraucher aus einem Vertrag zukommenden Rechte von unwirksamen Geschäftsbedingungen frei zu halten. Ist der Verbraucher nach der Vertragskonstruktion unmittelbar Inhaber von Ansprüchen, dann erstreckt sich der Schutz der AGB-Gesetzgebung auf die Rechte, die dem Verbraucher in dieser Weise aus einem Vertrag zwischen dem Klauselverwender und einem Unternehmer zukommen.

b)Ist es Zweck des Versicherungsvertrages, dem Verbraucher eine Rechtsposition zu verschaffen, verbleibt es deshalb bei den zum Schutze des Verbrauchers geforderten und geschaffenen Kontrollinstrumenten.

3.Auch die übrigen Voraussetzungen für die Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 UKlaG) sind zweifelsfrei erfüllt.

Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren dahin eingeschränkt, dass der Beklagten nur verboten werden soll, sich gegenüber Verbrauchern auf bestimmte Klauseln in ihren AVB zu berufen. Damit trägt der Kläger auf jeden Fall den Besonderheiten, wie sie durch einen Vertrag mit einem Unternehmer zugunsten eines Verbrauchers gegeben sein könnten, hinreichend Rechnung, so dass es keiner weiteren Prüfung bedarf, ob diese Einschränkung auch tatsächlich notwendig gewesen wäre.

Damit ist die Klage zulässig.II.

Das Unterlassungsbegehren des Klägers ist auch in der Sache begründet. Denn die Beklagte verstößt gegen gesetzliche Vorschriften und benachteiligt Verbraucher auch dadurch, dass die beanstandeten Bestimmungen nicht klar und verständlich sind.

1.Im Bereich der abstrakten AGB-Kontrolle gilt der aus § 305 c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) abgeleitete Grundsatz der sog. kundenfeindlichsten Auslegung einer Klausel (vgl. BGHZ 150, 269; 139, 190; 95, 350 jeweils m. w. N.). Wenn deshalb ein Sachverhalt sich bei kundenfeindlichster Auslegung unter die streitgegenständliche Klausel subsumieren lässt und sich bei Anwendung der Klausel auf diesen Sachverhalt ihre Unwirksamkeit ergibt, so ist sie zu verbieten, ohne dass es darauf ankäme, ob die Beklagte diesen Sachverhalt in ihren Regelungswillen einbezogen hat oder nicht oder ob sich die Klausel auf einen anderen Sachverhalt ohne Beanstandungen anwenden ließe.

2.Die von der Beklagten angebotenen Leibrentenverträge zur Altersvorsorge erfüllen den Tatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG (Pensionskasse).

a)Das Angebot ist nicht auf den Fall beschränkt, dass die Versicherungsprämien ausschließlich aus Mitteln des Arbeitgebers aufgebracht werden dürfen (auch wenn formal nur dieser zur Beitragszahlung verpflichtet ist). Damit gilt das vertragliche Regelwerk auch für solche Vertragsgestaltungen, bei denen der Arbeitnehmer mittelbar durch Entgeltumwandlung Beiträge zu seiner eigenen Altersvorsorge erbringt (vgl. § 1 a BetrAVG). Bei derartigen Versorgungsverträgen ist die Anwartschaft des Arbeitnehmers von Anfang an unverfallbar (§ 1 b BetrAVG). Deshalb ist auf die Rechtsbeziehungen der Beklagten insoweit nicht § 2 Abs. 3 BetrAVG (bleibt die Leistungspflicht einer Pensionskasse nach deren Versicherungsbedingungen hinter dem Anspruch gegen den Arbeitgeber zurück, so hat Letzterer für die Differenz aufzukommen) anzuwenden, sondern nach § 5 a und 5 b BetrAVG das Versorgungskapital ungekürzt um sonstige Abzüge für den Versorgungsempfänger bereit zu halten.

b)Indem die Beklagte Abschlusskosten, die noch nicht bei der Bildung der Deckungsvorsorge berücksichtigt worden sind und berücksichtigt werden konnten, später noch berücksichtigt haben will, verschlechtert sie entgegen einer zwingenden gesetzlichen Regelung den Rentenanspruch eines Verbrauchers, der in den Versorgungsvertrag zwischen seinem Arbeitnehmer und der Beklagten eingebunden ist. Die hierin liegende Benachteiligung verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam und unterliegt damit dem klagegegenständlichen Unterlassungsanspruch des Klägers.

3.Die beanstandete Regelung verstößt auch gegen § 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB, weil sie nicht klar und verständlich ist.

a)Der Verbraucher in seiner Rolle als Arbeitnehmer ist nicht in die Lage versetzt, den Regelungsgehalt des § 13 Abs. 1 nach Grund und Auswirkungen auf die dem Arbeitnehmer zugesagte Versorgung oder die Richtigkeit der Berechnung zu verstehen oder zu überprüfen.

Denn in erster Linie hängt die Höhe der Abzüge von der Differenz zwischen dem "durchschnittlichen Garantiekapital des bisherigen Versicherungsverlaufs" und der "Summe der bis zur Beitragsfreistellung gezahlten Beiträge" ab. Beide Ausgangsgrößen sind dem Versicherten im Zweifel nicht bekannt.

b)Wird eine solche Altersversorgung beitragsfrei gestellt, so kann dies auf mannigfaltigen Ursachen beruhen. Selbst im nahe liegenden Fall einer Beitragsfreistellung in Verbindung mit einem Wechsel des Arbeitgebers ist die "Aufschubdauer" von der die Höhe des Abzugs ebenfalls abhängen soll, völlig ungewiss.

c)Nach § 13 soll der Abzugsbetrag von einer "Aufschubdauer" abhängen. Dabei verwendet die Beklagte den Begriff des "Aufschubs" in einer unklaren und wohl auch in verschiedenen Teilen der AVB unterschiedlicher Bedeutung:

Nach § 4 Abs. 2 wird unter Aufschub das Hinausschieben des Leistungsbeginns verstanden. In diesem Sinne den Begriff des "Aufschubs" im Rahmen des § 13 zu verstehen, fällt deswegen schwer, weil der Prozentsatz, mit dem der Abzug ermittelt werden soll, mit höherer Aufschubdauer niedriger werden soll. Es ist insoweit nicht zu erkennen, weshalb dies so sein sollte, obwohl doch, wenn man die Aufschubdauer mit der Zeit bis zum eigentlichen Leistungszeitpunkt in Verbindung setzt, eine längere Aufschubdauer einer kürzeren Beitragszeit und damit eigentlich einem höheren Abzugsbedarf korrespondieren müsste.

d)In § 23 Abs. 1 AVB wird dem Verbraucher mitgeteilt, dass sog. "Abschlusskosten" zwar anfallen, aber bereits bei der Tarifkalkulation berücksichtigt sind (entgegen der Rüge des BGH in dem Urteil vom 09.05.2001 - IV ZR 121/00 - (dort unter II. 2. c) erwähnt die Beklagte die besonders ins Gewicht fallende Vermittlungsprovision als solche immer noch nicht und lässt den Verbraucher damit völlig im Unklaren, um was für Kosten es sich bei den sog. Abschlusskosten überhaupt handeln könnte).

aa)Tatsächlich wird dem Verbraucher nur mitgeteilt, dass ihm die Kosten nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern mit den Beiträgen verrechnet werden. Anschließend wird mitgeteilt, dass die Verrechnung nach dem sog. Zillmer-Verfahren erfolge, wobei erläuternd hinzugesetzt wird, dass hierbei die ersten Beiträge zur Tilgung der Abschlusskosten herangezogen werden.

Mit dem weiteren Hinweis, wie sich die Begrenzung der Verrechnung durch die Deckungsrückstellungsverordnung auswirkt, kann der Vertragsbeteiligte nur dann etwas anfangen, wenn er sich die Gesamtlaufzeit des Vertrages und die in dieser Zeit insgesamt zu zahlenden Beiträge vor Augen führt und dann Mutmaßungen anstellt, wie hoch die Abschlusskosten effektiv eigentlich sein könnten. Im Anschluss hieran wird aber derjenige, der sich für den Umfang der Leistungen interessiert, damit beruhigt, dass ihm mitgeteilt wird, dass durch das Verrechnungsverfahren keine Auswirkungen auf den vereinbarten Versicherungsschutz eintreten, dieser bestehe vielmehr von Anfang an in voller Höhe.

bb)Demgegenüber will aber die Beklagte nach der Regelung des § 13 im Falle einer Beitragsfreistellung Abzüge machen, die sie nach ihrem Vorbringen in vorliegendem Rechtsstreit mit nicht gedeckten Abschlusskosten begründet. Zu diesen Kosten ist in § 23 AVB nachzulesen, dass die Tilgung für den Abschluss des Vertrages die Folge habe, dass zunächst keine Beiträge zur Bildung der beitragsfreien Garantierente zur Verfügung stehen. Dies erklärt aber nicht, weshalb dann nach § 13 die Garantierente, bei deren Bildung Kosten im Rahmen des § 23 berücksichtigt worden sind, nochmals um einen Abzug verringert werden sollen.

cc)Dass die Beklagte in eigenmächtiger Abweichung von dem Wortlaut des § 174 VVG nicht einen auf seine Angemessenheit überprüfbaren Abzug sich vorbehält, sondern diesen apodiktisch als "angemessen angesehenen Abzug" bezeichnet, also den irreführenden Eindruck erweckt, der Abzug sei von irgendeinem neutralen Dritten in der Vergangenheit überprüft und als angemessen angesehen worden, verstärkt die Unklarheit der von der Beklagten geschaffenen Regelung, ist vorliegend aber in Ermangelung eines hierauf erstreckten Unterlassungsantrages nicht zu prüfen.

e)Dem Verbraucher ist als Versicherungsnehmer die Möglichkeit eingeräumt, einen beitragsfrei gestellten Vertrag mit eigenen Leistungen fortzuführen. Wenn er sich im Hinblick hierauf über den Stand seiner Ansprüche informieren möchte, wird ihm das nicht nur durch die vorstehend aufgezeigten Widersprüchlichkeiten erschwert, sondern ganz wesentlich auch dadurch, dass die Abzugsregelungen in die § 13 und 23 aufgespaltet und dabei auch noch räumlich ganz erheblich getrennt sind. Einen textlich-inhaltlichen Bezug durch Verweisung auf die jeweils andere zum Verständnis erforderliche Regelung von § 13 auf § 23 und umgekehrt wird nicht hergestellt. Der Hinweis in § 13 auf "die Verrechnung von Abschlußkosten nach dem Zillmerverfahren (§ 23)" reicht insoweit keineswegs aus, um das Zusammenspiel der Regelungen verständlich zu machen.

Diese nicht ungewollte Erschwerung des Verständnisses der Zusammenhänge benachteiligt den Verbraucher daher bei der Wahrung seiner Rechte unangemessen.III.

1.Nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 UWG hat der Kläger Anspruch auf Erstattung seiner Abmahnkosten. Weil die Höhe der Abmahnkosten nicht bestritten ist und die Abmahnung als solche berechtigt war, ist diesem Antrag zu entsprechen.

2.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.