VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.05.2011 - 10 S 794/09
Fundstelle
openJur 2012, 64332
  • Rkr:

1. Die nachbessernde Änderung eines Bescheides durch die Behörde während eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stellt jedenfalls dann eine Aufhebung der ursprünglichen Verfügung und den Neuerlass eines Verwaltungsaktes dar, wenn der Bescheidtenor nicht unwesentlich geändert oder erstmals Ermessen ausgeübt wird. Eine derartige wesentliche Änderung hat zur Folge, dass sich der ursprünglich angegriffene Verwaltungsakt erledigt.

2. Auch nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses setzt der Übergang zur Erledigungserklärung oder zur Feststellung der Erledigung einen - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden - Antrag des Klägers voraus; eine stillschweigende Antragsänderung ist dem Prozessrecht fremd und kann nicht unterstellt werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14. November 2008 - 11 K 5885/07 und 11 K 1626/08 - geändert. Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Verfahrenskosten beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die landwirtschaftliche Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht bezüglich der Grundstücke Flst.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (Gewann ...), welche sie im Rahmen eines gegen ihren Vater als vormaligen Eigentümer gerichteten Zwangsversteigerungsverfahrens im Jahre 1997 erworben hat.

Nach den Feststellungen des Landratsamtes ... (untere Naturschutzbehörde) handelt es sich bei diesen beiden Grundstücken der Klägerin um verwilderte Streuobstgrundstücke mit einem gewissen ökologischen Potential, jedoch nicht um besonders geschützte und kartierte Biotope im Sinne von § 24a NatSchG. Mit Bescheid vom 04.10.2004 gab die Beklagte der Klägerin auf Ihre Grundstücke Flst.Nr. ... und Flst.Nr. ... im Gewann ... ... in ... bis spätestens 31.10.2004 in einen ordnungsgemäßen Pflege- und Bewirtschaftungszustand zu versetzen. Hierzu ist das Grundstück zu mähen und von Unkraut zu befreien, insbesondere ist entlang der Grundstücksgrenzen jeweils ein ca. 2 m breiter Streifen freizuschneiden. Die Hecken, die sich bereits auf Nachbargrundstücke ausgedehnt haben, sind zu entfernen. Ferner drohte die Beklagte in Ziff. 2 der Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von 150,-- EUR für den Fall an, dass die vorstehend angeordnete Maßnahme nicht innerhalb von drei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides durchgeführt ist. Zur Begründung führte die Beklagte aus, gemäß § 26 LLG seien die Eigentümer von landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücken zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung, mindestens zur einmal jährlichen Mahd, verpflichtet. Die Klägerin habe die Grundstücke bereits in stark verwildertem Zustand erworben und sei in der Vergangenheit bereits mehrmals erfolglos zur Pflege aufgefordert worden. Es handle sich weiterhin um landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke, die insbesondere nicht als Biotope gemäß § 24a NatSchG eingestuft seien. Den hiergegen von der Klägerin am 02.11.2004 eingelegten Widerspruch wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.12.2006 Klage zu dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, ihre Eltern hätten die beiden Grundstücke vor mehr als 30 Jahren erworben und aus Natur- und Tierliebe nicht bewirtschaftet. Die Gemeinde ... habe ihre Eltern deshalb in der Vergangenheit drangsaliert und das Grundstück zu einem weit überhöhten Preis von einem Landschaftsgärtner pflegen lassen. Die Klägerin selbst sei Krankenschwester und deshalb nicht zur Pflege des Grundstücks in der Lage; auch sei ihr Gehalt von der Bank gepfändet worden.

Während des laufenden gerichtlichen Verfahrens erließ die Beklagte am 07.11.2007 eine ergänzende Verfügung und änderte den Tenor ihrer Verfügung vom 04.10.2004 dahingehend ab, dass die Pflegeverpflichtung nunmehr bis spätestens 28.02.2008 zu erfüllen sei. In der Begründung des Änderungsbescheides übte die Beklagte erstmals Ermessen aus und wies darauf hin, dass die Entscheidung im Benehmen mit der zuständigen unteren Landwirtschaftsbehörde ergehe. Den von der Klägerin gegen die Verfügung eingelegten Widerspruch wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2008 zurück; hiergegen hat die Klägerin am 23.04.2008 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.

Das Verwaltungsgericht hat beide Klagen als getrennte Verfahren behandelt und hierüber jeweils am 14.11.2008 verhandelt; die Klägerin ist zu der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen, sondern hat auf krankheitsbedingte Verhinderung hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 25.11.2008 hat die Beklagte umfangreich zu den vom Verwaltungsgericht erörterten Rechtsfragen vorgetragen. Daneben legte die Beklagte eine Änderungsverfügung vom 24.11.2008 vor, die den Tenor der Verfügung vom 04.10.2004 bzw. 07.11.2007 dahingehend neu fasste, dass die beiden Grundstücke ... mindestens einmal jährlich in der Zeit zwischen dem 01.10. und dem 28.02. in einen ordnungsgemäßen Pflege- und Bewirtschaftungszustand zu versetzen (sind), so dass die Flurstücke wieder den Charakter einer Streuobstwiese erhalten. Hierzu sind die Grundstücke mindestens einmal im Jahr ganz zu mähen oder es ist nach einem ersten Mähen für eine ordnungsgemäße Beweidung zu sorgen. Ferner wurde mit der Änderungsverfügung vom 24.11.2008 die in den beiden vorausgegangenen Verfügungen noch enthaltene Zwangsgeldandrohung aufgehoben. Das Verwaltungsgericht hat die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet, sondern aufgrund der Verhandlung vom 14.11.2008 über beide Klagen mit Urteil entschieden.

Im Verfahren Az. 11 K 5885/07 (Berufungsverfahren des Senats Az. 10 S 794/09) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass sich der Bescheid der Beklagten vom 04.10.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes ... vom 15.11.2006 erledigt und die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es gehe davon aus, dass die nicht erschienene Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hätte, um eine Abweisung der Klage als unzulässig zu vermeiden. Denn die Klage sei durch Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, so dass das Begehren der Klägerin sachdienlich als Antrag auf die Feststellung umgestellt werden müsse, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache objektiv erledigt habe. Die Beklagte sei der Erledigungserklärung ausdrücklich entgegengetreten und habe kein schützenswertes Interesse an einer Sachentscheidung dargelegt.

Die so verstandene Feststellungsklage sei auch begründet, da der Bescheid vom 04.10.2004 mit Ablauf der darin gesetzten Frist zur Pflege der Grundstücke, spätestens mit Ablauf des Jahres 2004, seine Wirksamkeit verloren habe. Denn die Verpflichtung zur Pflege der Grundstücke bestehe zwar nach § 26 LLG auch für Folgejahre, jedoch könne diese Verpflichtung für das Jahr 2005 nicht mehr aufgrund der am 04.10.2004 erlassenen Verfügung durchgesetzt werden. Mit dem später ergangenen Ergänzungsbescheid vom 07.11.2007 sei keine Änderung der Geltungsfrist erfolgt, da eine nachträgliche Verlängerung von bereits abgelaufenen Fristen nicht statthaft sei. Dahingestellt könne deshalb bleiben, ob sich der Bescheid vom 04.10.2004 auch in Folge einer Überlagerung oder konkludenten Aufhebung durch den Bescheid vom 07.11.2007 objektiv erledigt habe.

Im Verfahren Az. 11 K 1626/08 (ehemaliges Berufungsverfahren 10 S 874/09) hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 07.11.2007 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 25.03.2008 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die auferlegte Pflegeverpflichtung finde ihre Grundlage in §§ 26, 29a Abs. 2 LLG, die nach der Rechtsprechung des Senats eine entsprechende Befugnis zur Konkretisierung der gesetzlich bestehenden Pflegepflicht enthielten. Es handle sich dabei um Ermessensnormen, auch lägen die das Ermessen eröffnenden Tatbestandsvoraussetzungen vor. Die Beklagte habe ihr Ermessen jedoch fehlerhaft ausgeübt und keinerlei Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin angestellt. Es liege auf der Hand, dass die Klägerin als Krankenschwester die Grundstücke nicht selbst landwirtschaftlich bewirtschaften könne. Im Rahmen der auf der Grundlage von § 26 LLG zu treffenden Ermessensentscheidung sei auch zu prüfen, ob der Adressat der Anordnung einen Anspruch auf Aussetzung der Pflegepflicht nach § 27 LLG habe. Diese unabhängig von einem entsprechenden Antrag des Betroffenen vorzunehmende Prüfung sei hier unterblieben. Insbesondere habe die Beklagte keinen Kosten-Nutzen-Vergleich angestellt und ermittelt, ob die Pflegeverpflichtung aus den laufenden Erträgen des Grundstücks bestritten werden könne.

Mit Beschlüssen vom 01.04.2009 und 14.04.2009 - dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 08.04.2009 bzw. 22.04.2009 - hat der Senat die Berufung jeweils wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Mit einem am 30.04.2009 per Telefax eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und vorgetragen, das Verwaltungsgericht habe es in verfahrensfehlerhafter Weise unterlassen, auf ihren Schriftsatz vom 25.11.2008 hin die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Rechtsirrig sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sich die mit Verfügung vom 04.10.2004 auferlegte Pflegeverpflichtung mit Ablauf des Jahres 2004 erledigt habe. Schon aus dem Wortlaut und der Begründung der Verfügung vom 04.10.2004 ergebe sich jedoch, dass die Beklagte die Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht nicht lediglich für das Jahr 2004 konkretisiert habe. Bei der Fristsetzung bis spätestens 31.10.2004 handle es sich lediglich um eine Fristsetzung, nach deren Ablauf die Verpflichtung, das Grundstück ordnungsgemäß zu bewirtschaften und mindestens einmal im Jahr zu mähen (§ 26 LLG) nicht wegfalle. Nach herrschender Auffassung liege keine Befristung im Sinne von § 36 Abs. 2 Ziff. 1 LVwVfG vor, wenn in einem Verwaltungsakt eine bestimmte, kraft Gesetzes bestehende Verpflichtung verfügt werde und der Betroffene dieser Verpflichtung nicht innerhalb der Frist nachkomme. Auch handle es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der ergänzenden Verfügung vom 07.11.2007 nicht um eine neue (Ketten-) Verfügung, sondern um eine Ergänzung zum Bescheid vom 04.10.2004, mit welcher den vom Verwaltungsgericht Stuttgart in der mündlichen Verhandlung angesprochenen angeblichen Mängeln Rechnung getragen werden sollte. Jedenfalls sei das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen, den ergänzenden Bescheid vom 24.11.2008 im Verfahren zu berücksichtigen, mit dem sämtliche Fristprobleme gelöst worden seien. Der Bescheid vom 04.10.2004 in der ergänzenden Fassung vom 07.11.2007 und 24.11.2008 erweise sich daher insgesamt als rechtmäßig. Die Klägerin sei gemäß § 26 LLG verpflichtet, ihr Grundstück ordnungsgemäß zu pflegen und mindestens einmal im Jahr zu mähen; die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen sachgerecht ausgeübt. Das Verwaltungsgericht interpretiere § 27 LLG unzutreffend, da nach dieser Bestimmung ein Anspruch auf Aussetzung der Pflegeverpflichtung nur auf entsprechenden Antrag des Betroffenen bestehe.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 14.11.2008 - 11 K 5585/07 und 11 K 1626/08 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin ist zur Berufungsverhandlung nicht erschienen und hat auch schriftsätzlich keinen Antrag gestellt.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Senat hat die Verfahren Az. 10 S 794/09 und 10 S 874/09 in der Berufungsverhandlung vom 31.05.2011 gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 10 S 794/09 weitergeführt.

Gründe

Der Verwaltungsgerichtshof konnte trotz des Nichterscheinens der Klägerin zu der mündlichen Verhandlung am 31.05.2011 verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung vom 08.04.2011 auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde (vgl. § 125 Satz 1 i.V.m. § 102 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt schon deshalb zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Abweisung der Klagen insgesamt, weil sich die angefochtenen Bescheide vom 04.10.2004 und 07.11.2007 erledigt haben (dazu unter 1.) und die Klägerin dem nicht durch die Abgabe einer Erledigungserklärung oder Umstellung ihres Antrages auf Feststellung der Erledigung Rechnung getragen hat (dazu unter 2.).

1.1 Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht im Verfahren Az. 11 K 5885/07 davon ausgegangen, dass sich der Rechtsstreit bis zu der mündlichen Verhandlung am 14.11.2008 in der Hauptsache erledigt hat. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hat sich die Verfügung vom 04.10.2004 jedoch nicht mit Ablauf der darin gesetzten Frist, dem 31.10.2004, bzw. mit Ablauf des Jahres 2004 erledigt. Nach § 43 Abs. 2 LVwVfG wird ein Verwaltungsakt unter anderem dann unwirksam, wenn er sich, auf welche Weise auch immer, erledigt. Von einer Erledigung im Sinne dieser Regelung ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen, oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 7 C 5.08 - NVwZ 2009, 122). Ob diese Voraussetzungen eingetreten sind, ist vom Regelungsgehalt des Verwaltungsakts her zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.2005 - 6 B 37.05 - juris). Wie sich bereits aus dem Wortlaut von § 43 Abs. 2 LVwVfG (... oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist) ergibt, kann die Erledigung eines Verwaltungsaktes auch durch Zeitablauf eintreten, wenn die Zeitbestimmung zum wesentlichen Inhalt des Verwaltungsakts gehört. Dies ist hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der gesetzten Handlungsfrist bis zum 31.10.2004 jedoch nicht der Fall. Zutreffend versteht das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 04.10.2004 zwar dahingehend, dass der Klägerin damit lediglich die einmalige Pflege des Grundstücks durch Vornahme der im Einzelnen näher aufgeführten Handlungen aufgegeben worden ist. Es handelt sich dabei um eine gesetzeskonkretisierende Verfügung, mit der die sich aus § 26 LLG unmittelbar ergebende Handlungspflicht für die Eigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke verbindlich festgestellt und in Form eines Verwaltungsaktes konkretisiert wird. Letzteres ist von Bedeutung, weil die Behörde nur einen den Einzelfall regelnden Verwaltungsakt, nicht aber den allgemeinen gesetzlichen Befehl mit Zwangsmitteln durchsetzen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 22.12.1992 - 14 S 2326/91 - GewArch 1993, 205; sowie vom 09.05.1995 - 14 S 2403/94 - juris). In dieser Konkretisierung der gesetzlich bestehenden Handlungspflicht, die dann auch die Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen bilden soll, liegt die Beschwer für die Klägerin. Der Umstand, dass für die Durchführung der Pflegepflicht ein genau bestimmter Zeitpunkt festgelegt wurde, stellt keine zeitliche Beschränkung des Geltungsanspruchs der Verfügung dar. Vielmehr ist die Verfügung der Beklagten - wie sich vor allem aus der in Ziff. 2 des Tenors enthaltenen Zwangsgeldandroh-ung ergibt - als zeitlich unbegrenzte Pflicht, das Grundstück erstmalig in einem ordnungsgemäßen Pflegezustand zu versetzen, zu verstehen, die bei fortdauernder Untätigkeit durch das angedrohte Zwangsmittel durchgesetzt werden kann. Der festgelegte Zeitpunkt soll der Klägerin nur die Möglichkeit eröffnen, ihrer durch die Verfügung aufgegebenen Handlungspflicht nachzukommen und dadurch die Anwendung von Zwangsmitteln zu verhindern.

Jedoch hat sich der Bescheid vom 04.10.2004 mit Erlass des Änderungsbescheides vom 07.11.2007 erledigt. Diese Wirkung ist dabei sogleich mit Erlass des Änderungsbescheides eingetreten, ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin auch gegen den Änderungsbescheid vom 07.11.2007 Widerspruch eingelegt und damit dessen Bestandskraft gehemmt hat (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21.06.2007 - 3 C 11.06 - BVerwGE 129, 66). Auch handelt es sich bei dem Nachbessern der Beklagten mit ergänzender Verfügung vom 07.11.2007 der Sache nach um eine Aufhebung der ursprünglichen Verfügung vom 04.10.2004 und den Erlass eines neuen Verwaltungsakts (vgl. zu dieser Problematik BVerwG, Urteil vom 18.05.1990 - 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163; Eyermann/Rennert, VwGO, Komm., 13. Aufl., RdZiff. 89 zu § 114 VwGO). Dies dürfte sich bereits daraus ergeben, dass die Beklagte nicht lediglich die Bescheidgründe, sondern den Bescheidtenor nicht unwesentlich geändert hat. Eine Wesensänderung der Verfügung und damit der Erlass eines neuen Verwaltungsaktes liegt regelmäßig vor, wenn die Behörde den Regelungsausspruch ändert. Unabhängig hiervon ist eine neue Entschließung auch deshalb anzunehmen, weil die Beklagte in ihrem Änderungsbescheid vom 07.11.2007 erstmals Ermessen ausgeübt hat. Es liegt deshalb nicht lediglich eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO ohne Wesensänderung des angegriffenen ursprünglichen Verwaltungsaktes vor. Denn § 114 Satz 2 VwGO schafft die prozessualen Voraussetzungen lediglich dafür, dass defizitäre Ermessenserwägungen ergänzt werden, nicht hingegen, dass das Ermessen erstmals ausgeübt oder die Gründe einer Ermessensausübung komplett oder doch in ihrem Wesensgehalt ausgewechselt werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 14.01.1999 - 6 B 133/98 - NJW 1999, 2912; sowie Urteil vom 05.09.2006 - 1 C 20.05 - NVwZ 2007, 470). Die von § 114 Satz 2 VwGO nicht mehr gedeckte erstmalige Ausübung von Ermessen stellt deshalb stets den Neuerlass eines Verwaltungsaktes mit der Folge dar, dass sich der ursprünglich angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat.

1.2 Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht im Verfahren Az. 11 K 1626/08 durch Sachurteil entschieden und den angefochtenen Bescheid wegen Ermessensausfalls aufgehoben. Die mit Bescheid vom 07.11.2007 auferlegte Pflegeverpflichtung hat sich zwar nach dem oben Gesagten nicht mit Verstreichen der darin gesetzten Handlungsfrist erledigt. Eine Erledigung in der Hauptsache ist jedoch mit Erlass des weiteren Abänderungsbescheids vom 24.11.2008 eingetreten. Auch bei dieser Verfügung handelt es sich nicht um eine bloße Präzisierung des Bescheids vom 04.10.2004 bzw. 07.11.2007 oder um eine nach § 114 Satz 2 VwGO ohne Wesensänderung statthafte Ergänzung von Ermessenserwägungen. Vielmehr stellt auch die zweite Abänderung mit Bescheid vom 24.11.2008 bei der gebotenen materiellen Betrachtung die Aufhebung des vorangegangenen Abänderungsbescheids und den Neuerlass eines Verwaltungsaktes dar.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Klägerin im Tenor des Bescheids vom 24.11.2008 weitergehende Handlungsverpflichtungen als in den vorausgehenden Verwaltungsakten auferlegt wurden. Denn die Beklagte verzichtete in ihrem Bescheid vom 24.11.2008 nicht lediglich auf eine Fristsetzung zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Pflegezustandes, vielmehr erlegte sie der Klägerin mit dieser Verfügung eine jährlich wiederkehrende Pflicht zur Mahd und Pflege der Grundstücke auf. Eine derartige Konkretisierung der nach § 26 LLG bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur jährlichen Bewirtschaftung und Pflege durch Verwaltungsakt ist bei zutreffender Auslegung in den vorausgegangenen Bescheiden nicht erfolgt. Wie sich dem für die Ermittlung des Regelungsgehalts primär maßgeblichen Tenor der Verfügungen vom 04.10.2004 bzw. 07.11.2007 unzweideutig entnehmen lässt, wurde der Klägerin damit lediglich aufgegeben, ihre Grundstücke erstmals in einen ordnungsgemäßen Pflege- und Bewirtschaftungszustand zu versetzen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass im Eingang der Begründung der Bescheide auf die gemäß § 26 LLG bestehende gesetzliche Pflicht hingewiesen wurde, landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke mindestens einmal jährlich zu mähen. Demnach hat sich auch dieses Klageverfahren erledigt, da die Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den Änderungsbescheid vom 24.11.2008 in das laufende Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht einzubeziehen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Urteile vom 18.05.1990 - 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163; sowie vom 30.10.1997 - 3 C 35.96 - BVerwGE 105, 288). Da die Klägerin gegen den Änderungsbescheid vom 24.11.2008 auch nicht Widerspruch eingelegt hat, ist dieser in Bestandskraft erwachsen.

2. Die Klägerin hat der nach dem oben Gesagten eingetretenen Erledigung der Bescheide vom 04.10.2004 und 07.11.2007 nicht in der gebotenen Weise Rechnung getragen. Um eine Abweisung ihrer unzulässig gewordenen Anfechtungsklagen zu vermeiden, hätte sie als Berufungsbeklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.07.1989 - 8 C 79/87 - a.a.O.). Mit der Erledigung ist das allgemeine Rechtsschutzinteresse für die Anfechtungsklage entfallen, da die Klägerin mit ihrem Rechtsbehelf eine Verbesserung ihrer Rechtsstellung nicht mehr erreichen konnte, sich die Inanspruchnahme des Gerichts also für ihre subjektive Rechtsstellung als nutzlos darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.2005 - 6 B 37.05 - a.a.O.).

Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Verfahren Az. 11 K 5885/07 vertretenen Auffassung ist es auch nicht statthaft, ohne jegliche Reaktion der Klägerin von einer Erledigungserklärung oder einer Umstellung des Antrags auf Feststellung dahingehend auszugehen, dass sich die angefochtenen Bescheide vom 04.10.2004 bzw. 07.11.2007 erledigt haben. Der Übergang zur Erledigungserklärung oder zum Feststellungsbegehren setzt einen Antrag voraus, der zwar nicht ausdrücklich gestellt werden muss. Es genügt regelmäßig, wenn er dem Vorbringen des Klägers sinngemäß entnommen werden kann. Reagiert der Kläger jedoch auf den Erledigungseintritt und einen Hinweis des Gerichts überhaupt nicht - sei es durch Erledigungserklärung, sei es durch Antragsänderung - so ist die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig geworden abzuweisen. Eine stillschweigende Antragsänderung ist dem Prozessrecht fremd und kann nicht unterstellt werden. Andernfalls hätte das Antragserfordernis keine Bedeutung mehr; dieses Verständnis würde der Dispositionsmaxime nicht gerecht und verletzt zudem den Grundsatz der Waffengleichheit der Verfahrensbeteiligten (vgl. hierzu Eyermann/Schmidt, a.a.O., RdNr. 66 zu § 113 VwGO). Auch wäre es mit der Neutralitätspflicht des Gerichts nicht zu vereinbaren, wenn eine unzulässig gewordene Klage vom Gericht trotz fehlender Reaktion des Prozessbeteiligten zulässig gemacht würde. Erforderlich ist deshalb zumindest, dass bestimmte Handlungen oder Erklärungen des Klägers vorliegen, die von dem Verwaltungsgericht in Ausübung seiner Fürsorgepflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO als Erledigungserklärung ausgelegt werden können. An einer derartigen auslegungsfähigen Reaktion der Klägerin fehlt es hier indes, nachdem sie auf die gerichtliche Hinweisverfügung vom 04.03.2011 nicht reagiert hat und trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Berufungsverhandlung erschienen ist. Ferner durfte die Klägerin aus der Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts nicht schließen, dass auch das Berufungsgericht trotz fehlenden Antrags von einem Übergang zum Feststellungsbegehren mit der Folge ihres Obsiegens ausgehen werde. Denn der Berichterstatter hat in seiner Hinweisverfüg-ung vom 04.03.2011 nicht nur darauf hingewiesen, dass nach summarischer Einschätzung von einer Erledigung der Bescheide vom 04.10.2004 und 07.11.2007 auszugehen sei. Darüber hinaus hat der Berichterstatter der Klägerin eine Erledigungserklärung nahegelegt und mitgeteilt, dass diese auch im Berufungsverfahren nicht dem Anwaltszwang des § 67 Abs. 4 VwGO unterliegt.

Nach alldem hat die Berufung der Beklagten Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 31. Mai 2011

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Die Anwendung des Auffangstreitwerts gemäß § 52 Abs. 2 GKG erscheint dem Senat geboten, da eine exakte wirtschaftliche Bewertung der auferlegten Pflegeverpflichtung ohne weitergehende Ermittlungen nicht möglich ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.