AG Lörrach, Beschluss vom 12.02.2011 - 25 UR II 27/10
Fundstelle
openJur 2012, 63913
  • Rkr:

Der Gleichbehandlungsgrundsatz und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichten die den Kostenansatz tätigende Behörde, die zu erhebende Gebühr nach dem wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung zu bemessen. Zufällige Ereignisse dürfen dies nicht beeinflussen.

Tenor

Der Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 24.01.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lörrach vom 10.11.2010 wird nicht abgeholfen.

Gründe

Die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung ist aufgrund der Normen des Grundgesetzes zwingend geboten.

Entgegen der Auffassung der Bezirksrevisorin läge ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, würde man nicht die vom Amtsgericht in dem zitierten Beschluss vertretene verfassungskonforme Auslegung der maßgebenden Normen zugrundelegen.

Es gibt vorliegend zwei Möglichkeiten:

Entweder liegt eine planwidrige Regelungslücke mit der Folge vor, dass das Gericht berechtigt ist, - wie geschehen - eine verfassungskonforme Auslegung vorzunehmen. Geht man wie die Bezirksrevisorin hiervon nicht aus, müsste das vorliegende Verfahren ausgesetzt werden und eine entsprechende Entscheidung - wohl in Form eines konkreten Normkontrollverfahrens - des Bundesverfassungsgerichts herbeigeführt werden.

Die Auffassung der Bezirksrevisorin, dass die Kostenordnung grundsätzlich an dem jeweiligen Grundbuchvorgang anknüpft und die wirtschaftlichen Interessen der Parteien nicht zu berücksichtigen sind, weiter, dass es sich bei den Regelungen der Kostenordnung um ein formalisiertes Gebührensystem handelt, sind zwar zutreffend. Gleichwohl unterliegt auch die Anwendung eines typisierten Gebührensystems und die Festsetzung entsprechender Gebühren durch staatliche Organe wie jedes staatliches Handeln den Normen des Grundgesetzes, insbesondere den Grund- und Menschenrechten und damit auch dem Gleichheitsgrundsatzes Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Kostenschuldner hat vorliegend nämlich keinen Einfluss darauf, ob er mit seinem Grundstück lediglich aus der Mithaft entlassen wird oder ob es sich bei seinem Grundstück zufällig um das letzte einer langen Reihe von Grundstücken handelt, mit der Folge,, dass aus formalen Gründen nunmehr die Globalgrundschuld, beziehungsweise Gesamtgrundschuld zu löschen ist. Sinn, Bedeutung und Folgen sind für den Kostenschuldner, der aus der Mithaft entlassen wird, die gleichen wie für den letzten Kostenschuldner bei welchem es zur Löschung der Globalgrundschuld kommt. Es handelt sich in diesem Sinne und dies allein ist aus Sicht des Grundrechtsinhabers maßgebend - um gleiche und daher auch gebührenrechtlich gleich zu behandelnde Sachverhalte.

Im vorliegenden Fall würden, wollte man der Auffassung der Bezirksrevisorin folgen, gleiche Sachverhalte in Folge eines formalisierten Gebührensystems in einer den letzten Kostenschuldner willkürlich benachteiligenden Weise ungleich behandelt.

Das Amtsgericht hält daher auch nach erneuter Überprüfung an seiner Auffassung fest, weist jedoch ergänzend darauf hin, dass, sofern der Gesetzgeber diese ungleichen Folgen bewusst in Kauf genommen haben sollte, wovon das Amtsgericht nicht ausgeht, das Verfahren auszusetzen wäre um eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

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