OLG Stuttgart, Urteil vom 29.11.2007 - 2 U 38/07
Fundstelle
openJur 2012, 63189
  • Rkr:

Gegen das Urteil wurde Revision zum Az. I ZR 217/07 eingelegt.

Das Urteil des Oberlandesgerichts vom 29.11.2007 wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.9.2009 aufgehoben und der Rechtsstreit wurde an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (Az. 2 U 25/10).

Tenor

I. Auf die Berufungen beider Parteien wird das Urteil des Vorsitzenden der 33. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 04. Mai 2007 (Az.: 33 O 12/07 KfH), unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen,abgeändert

und wie folgtneugefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 14. Dezember 2006, höchstens jedoch 11,19% jährlich, zu bezahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 1/20 und die Beklagte 19/20.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeder der Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des für diese vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert für beide Rechtszüge: Bis 5.000,- EUR.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach Teilklagerücknahme im zweiten Rechtszug noch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nebst Zinsen in Anspruch.

Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 33. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 04. Mai 2007 (Az.: 33 O 12/07 KfH - GA 53/63).

Das Landgericht hat die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.500,-- EUR Vertragsstrafe nebst Zinsen sowie die verlangten Zinsen aus verauslagten Gerichtskosten zu bezahlen. Hierzu hat es ausgeführt,

durch ihre Werbung vom 20. Oktober 2006 habe die Beklagte einen Wettbewerbsverstoß i.S.d. § 6 Abs. 2 Ziff. 2 UWG begangen und dadurch gegen ihre strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Vertragsstrafe und Ordnungsstrafe könnten nebeneinander zur Anwendung kommen, zumal beide unterschiedlichen Rechtscharakters seien und keine Doppelbestrafung i.S.d. Art. 103 Abs. 3 GG vorliege. Die jeweils früher verhängte Sanktion sei bei der Höhe der jeweils späteren jedoch zu berücksichtigen. Angesichts der Bedeutung des begangenen Verstoßes sei eine Vertragsstrafe von 1.500,-- EUR unter Berücksichtigung dessen angemessen. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG lägen nicht vor. Dem Antrag II sei die Beklagte nicht entgegengetreten, so dass dieser zuzusprechen gewesen sei.

Beide Parteien haben gegen das landgerichtliche Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel jeweils prozessordnungsgemäß begründet.

Die Klägerin, welche zunächst ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt hatte, hat ihren Feststellungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Sie trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor:

Zu Unrecht sei die Vertragsstrafe auf lediglich 3.000,-- EUR bemessen und anschließend das vom Landgericht Hamburg verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 1.500,-- EUR in vollem Umfang angerechnet worden.

Die beanstandete Werbung habe nicht nur ein Produkt und einen Test betroffen, sondern zwei Produkte mit mehreren Testhinweisen. Eine geringere Vertragsstrafe bewirke eine Bagatellisierung des zu unterlassenden Verhaltens. Die Beklagte habe noch unter dem 22.12.2006 für sich in Anspruch genommen, dass die Bewerbung ihrer Produkte als Testsieger nicht unter ihre Unterlassungsverpflichtung falle, wenn mit der Wendung Der mehrfache Testsieger mehrere Testergebnisse in Bezug genommen würden.

Auch entlaste die Beklagte nicht, dass sie bei der Abgabe der Unterlassungserklärung fahrlässig gehandelt habe und es nur so zum Erlass der einstweiligen Verfügung gekommen sei. Dieser Titel sei als Folge des von der Beklagten begangenen Wettbewerbsverstoßes und der zögerlichen Abgabe der Unterlassungserklärung erwirkt worden. Es bestehe weder Veranlassung noch Rechtfertigung, zu Gunsten der Beklagten nachträglich die Folge ihres Verhaltens über die Anrechnung des Ordnungsgeldes in voller Höhe auf die Vertragsstrafenforderung gleichsam ungeschehen zu machen.

Die Anrechnung des vollen Ordnungsgeldes auf die festzusetzende Vertragsstrafe sei unvereinbar mit dem grundsätzlichen Nebeneinander der Sanktionen. So könne ein Ordnungsmittel auch nicht auf 0,00 EUR herabgesetzt werden. Auch dürfe der Vertragsstrafengläubiger nicht gezwungen werden, den Ausgang des Ordnungsmittelverfahrens - ggf. durch mehrere Rechtszüge - abzuwarten, was es faktisch ausschlösse, sich beider Sanktionen zu bedienen. Die Auffassung der Beklagten beschneide die Bekämpfung wiederholter Wettbewerbsverstöße und schränke die Privatautonomie ein.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 4.000,- nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem derzeit geltenden Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Im Zuge ihrer eigenen Berufung beantragt sie,

das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie bringt zu beiden Rechtsmitteln vor,

ein wirksamer Unterlassungsvertrag sei zwischen den Parteien wegen verspäteter Annahme des Vertragsangebotes nicht zustande gekommen. Noch innerhalb der gesetzten Frist habe die Beklagte die geforderte Erklärung abgegeben (JS 3). Es sei fast nicht vorstellbar, dass der nicht per Telefax, sondern mit einfacher Post übermittelte Brief erst, wie aus dem Eingangsstempel ersichtlich, am 6. März 2006 eingegangen sei. Den Verfügungsantrag habe die Klägerin noch vor Ablauf der gesetzten Frist gefertigt; er trage den Eingangsstempel vom 27. Februar 2006 (B 6). Am 2. März 2006 habe das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung erlassen, am 6. März 2006 die Klägerin die Annahme der Unterlassungserklärung vom 22. Februar 2006 (richtigerweise wohl: 23. Februar 2006 - JS 4) erklärt. Damit habe sie ihre Sanktionsmöglichkeiten verdoppelt, obwohl das Vertragsstrafeversprechen nur abgegeben worden sei, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Am 6. März 2006 habe die Beklagte mit einer Annahmeerklärung nicht mehr rechnen können. Die Postbeförderung von B. nach H. dauere unter regelmäßigen Umständen höchstens zwei Tage. Angesichts der besonderen, im Abmahnschreiben eigens betonten Dringlichkeit habe die Beklagte damit rechnen dürfen, dass ihre Erklärung noch am selben Tag beantwortet werden würde, so dass spätestens am 1. März 2006 mit einem Eingang zu rechnen gewesen wäre.

Die Versandverzögerung von zehn Tagen sei als völlig ungewöhnlich zu erachten. Unstreitig - was es aber nicht ist - habe die Beklagte ihr Angebot, wie auch das erste von ihr abgeänderte Angebot der Klägerin, per Fax verschicken wollen. Ihre Korrespondenz mit den Bevollmächtigten der Klägerin laufe ganz allgemein über Fax. Das Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages sei nur so verstehen gewesen, dass es in einem Entweder-oder-Verhältnis zum Gerichtsweg stehe. Die Zustellung der einstweiligen Verfügung am 2. März 2006 habe der Beklagten daher als Ablehnung ihres Angebotes erscheinen müssen.

Einen etwa wirksamen Vertrag hätte die Beklagte wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kündigen dürfen und habe dies spätestens mit Schriftsatz vom 19. Januar 2007 getan. Ausweislich S. 1 des Abmahnschreibens vom 16. Februar 2006 (JS 2 = GA 8) sei auch die Klägerin davon ausgegangen, dass durch einen Unterlassungsvertrag der Gesetzesverstoß außergerichtlich beigelegt würde. Dabei habe es sich nicht nur um eine einseitige Erwartung der Beklagten gehandelt. Alleiniger Zweck des außergerichtlichen Abmahnverfahrens sei es, Streitigkeiten über Unterlassungspflichten nach erfolgten Verletzungshandlungen ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu regeln (BGHZ 149, 371, 374 [missbräuchliche Mehrfachabmahnung], Bornkamm, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. [2007], Rn. 1.4 zu § 12 UWG). Eine doppelte Sanktion sei weder von der Klägerin verlangt, noch von der Beklagten gewollt gewesen. Da beide Parteien den Unterlassungsvertrag unter der gemeinsamen Prämisse abgeschlossen hätten, einen Rechtsstreit zu vermeiden, müsse selbst bei als wirksam unterstelltem Vertragsabschluss von einer durch die einstweilige Verfügung hervorgerufenen Störung der Geschäftsgrundlage ausgegangen werden.

Die Begründung des Landgerichts Stuttgart, die vom Landgericht Hamburg in Kenntnis aller Umstände festgesetzte Sanktion von 1.500,-- EUR zu verdoppeln, überzeuge nicht. Lasse man den Aspekt des Schadensersatzes als unbedeutend beiseite, diene die Vertragsstrafe lediglich als Sanktion für einen Wettbewerbsverstoß und solle vor einer Wiederholung abschrecken. Da ein neues Unternehmen wie die Klägerin niedrigere Preise gewähren müsse, um genügend Stammkunden für sein wirtschaftliches Überleben zu gewinnen, sei die Neukundenzahl in diesem Zusammenhang gerade kein Argument. Eine angemessene Vertragsstrafe dürfe 1.500,-- EUR hier nicht übersteigen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Vertragsstrafenvereinbarung sei wirksam zustande gekommen. Entscheidend sei, dass das Schreiben der Beklagten erst am 6. März 2007 bei der Bevollmächtigten der Klägerin eingegangen sei. Mit Schreiben vom selben Tag sei die Verpflichtungserklärung für die Klägerin angenommen worden. Damit liege eine rechtzeitige Annahme vor. Die Frist für die Annahme einer Erklärung beginne erst mit deren Zugang. Wer die Dienste der Deutschen Post in Anspruch nehme, wisse, dass im überregionalen Postversand häufig - teils deutlich - mehr als zwei Tage bis zum Zugang vergingen. Deshalb zählten zu seinen Lasten diese Verzögerungen zu den regelmäßigen Umständen i.S.d. § 147 Abs. 2 BGB. In der Zustellung der Beschlussverfügung habe die Beklagte keine konkludente Zurückweisung der Unterlassungserklärung sehen können.

Der Unterlassungsvertrag sei auch nicht nachträglich weggefallen. Die Erwartung, durch eine Unterlassungserklärung die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung verhindern zu können, sei nicht gemeinsame Geschäftsgrundlage der Parteien gewesen, sondern allenfalls die einseitige Erwartung der Beklagten. Auch daran bestünden jedoch Zweifel. Wer angesichts einer gesetzten Frist kurz vor Fristablauf nicht etwa zur Fristwahrung geeignete Kommunikationsmittel einsetze, sondern den Postweg verwende, bringe zum Ausdruck, dass es ihm nicht wichtig sei, der Einleitung der angedrohten gerichtlichen Schritte zuvorzukommen. Die Unterlassungserklärung sei nicht für den Faxversand vorgesehen gewesen. Eine dahingehende Angabe und eine Faxnummer fehle. Sollten solche Angaben vorgesehen worden sein, fehle es an einer hinreichenden Kontrolle seitens der Geschäftsführung im Zuge der Unterzeichnung.

Dass der Schuldner nach Zustellung einer einstweiligen Verfügung die ursprünglich geforderte oder eine modifizierte Unterlassungserklärung abgebe, sei nicht ungewöhnlich. Dass die Beklagte unter dem 21. März 2006 eine Abschlusserklärung abgegeben habe, führe nicht rückwirkend zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Der Vortrag der Beklagten zur Höhe der Vertragsstrafe lasse substantiierte Einwendungen gänzlich vermissen. Der Betrag von 4.000,-- EUR sei angesichts der Bedeutung des Werbens mit Testergebnissen für den Absatz und die Verhältnisse der beiden Unternehmen zueinander angemessen. Entscheidend sei vor allem das erhebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin am Unterbleiben künftiger Verstöße.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf die beim Oberlandesgericht Stuttgart eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08. November 2007 (GA 166/168) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur wegen eines kleinen Teils der zugesprochenen Zinsen begründet, die gleichfalls zulässige Berufung der Klägerin in der Hauptsache und ganz überwiegend wegen der geltend gemachten Zinsen. Im Übrigen sind beide Rechtsmittel unbegründet.1.

Die Parteien haben einen Vertrag abgeschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, an die Klägerin eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

a) Erstinstanzlich hat die Beklagte dies ausweislich des nicht angegriffenen Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils auch nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr hat sie, unter Bezugnahme auf ihre Unterlassungserklärung und ein Vertragsstrafversprechen ersichtlich voraussetzend, im Kern gegen die Höhe der Vertragsstrafe und für eine Anrechnung des vom Landgericht Hamburg verhängten Ordnungsgeldes gestritten. Soweit sie im Berufungsverfahren neue, von den Feststellungen des Landgerichts nicht gedeckte Verteidigungsmittel vorbringt, sind diese nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren unbeachtlich.

b) Die Annahme des Landgerichts, zwischen den Parteien sei ein wirksames Vertragsstrafversprechen zustande gekommen, ist auch nicht aus Rechtsgründen zu beanstanden.

aa) Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Schuldners begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrages zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrages gelten die allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüsse (BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 32/03 - GRUR 2006, 878 f. bei Juris Rz. 14, m.w.N.).

Der einem Abwesenden gemachte Antrag auf Abschluss eines Vertrages kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB). Die gesetzliche Annahmefrist setzt sich als objektiv zu berechnende einheitliche Frist zusammen aus der Zeit für die Beförderung des Antrages zum Empfänger, aus der Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Empfänger sowie aus der Zeit für die Rückbeförderung der Annahmeerklärung. Verzögerungen in einem dieser Zeitabschnitte können durch Beschleunigung in einem anderen ausgeglichen werden. Wie sich aus der Einbeziehung der Antragsbeförderungszeit ergibt, läuft die Frist von der Abgabe, nicht erst vom Zugang des Antrages an (BGH, Urteil vom 2. November 1995 - X ZR 135/93, bei Juris Rz. 24; Staudinger/Bork, Bearbeitung 2003, Rn. 10 zu § 147 m.w.N.).

bb) Die Klägerin hat das Vertragsstrafeversprechen der Beklagten noch am Tage des Einganges (Zuganges), dem 6. März 2006, angenommen und ihre Annahmeerklärung per Telefax - mit Zugang am selben Tag - übermittelt. Das Landgericht spricht zwar (LGU 3) von einem Zugang wohl am 8.3.2006, die Parteien tragen jedoch übereinstimmend mit JS 1 und JS 4 den 6. März 2006 als Zugangsdatum vor. Die schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Zweifel der Klägerin an der inhaltlichen Richtigkeit des anwaltlichen Eingangsstempels beschränken sich auf prozessual unbeachtliche Mutmaßungen und erlangen nicht die Stärke konkludenten Bestreitens. Solches wäre auch nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2. ZPO im Berufungsrechtszug unbeachtlich.

cc) Unter den Umständen des vorliegenden Falles durfte - und musste - die Beklagte mit dieser Annahme ihres Angebotes am 6. März 2006 noch rechnen.

aaa) Ihr Angebot lag in der Unterwerfungserklärung, welche aus der Anlage JS 3 ersichtlich ist. Diese Erklärung trägt - anders als vom Landgericht festgestellt, aber unstreitig - das Datum des 23.02.2006. Damit ist jedoch nichts dazu ausgesagt, wann das Schreiben tatsächlich verfasst und wann es abgesandt wurde. Das Landgericht hat hierzu nicht ausdrücklich Feststellungen getroffen. Erst in Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte auf das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin hin hierzu vorgetragen und Zeugenbeweis angetreten. Darauf käme es jedoch selbst dann nicht entscheidend an, wenn dieses Vorbringen noch zu berücksichtigen wäre.

Denn der Anbietende könnte auch aus einem Zeitablauf von 11 Tagen nach Absendung, wie ihn die Beklagte hier geltend macht, regelmäßig nicht den Schluss ziehen, sein Angebot werde nicht mehr angenommen werden. Anders als bei einer auf einen üblichen Austauschvertrag gerichteten Willenserklärung hat derjenige, den es zugekommen ist, die bestehende Wiederholungsgefahr aus einem von ihm begangenen Wettbewerbsverstoß zu beseitigen, regelmäßig kein berechtigtes Interesse daran, dass der andere Teil sein Vertragsstrafeversprechen innerhalb kurzer Frist annehme. Er muss damit rechnen, dass auch der andere Teil, in dessen Interesse das rasche Zustandekommen des Vertrages läge, sich Zeit nimmt, das Angebot zu prüfen und zu überlegen, selbst wenn das Vertragsstrafeversprechen auf seine Abmahnung und Forderung zurückgeht.

Hinzu kommt vorliegend, dass die Beklagte keine Kenntnis davon hatte, wann ihre Erklärung zugegangen war. Will sich der Anbietende insoweit absichern, steht ihm eine Befristung seines Angebotes offen. Die Beklagte hat von einer derartigen Einschränkung jedoch abgesehen.

Auch die sonstigen Umstände des vorliegenden Falles gaben der Beklagten keinen Grund, nicht mehr mit der Annahme ihres Angebotes zu rechnen. Insbesondere durfte sie die Zustellung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg am 2. März 2006 nicht als konkludente Ablehnung verstehen. Zum einen musste sie in Erwägung ziehen, dass ihr Vertragsstrafeversprechen die Klägervertreter nicht innerhalb der in dem Abmahnschreiben gesetzten Frist (25. Februar 2006, eingehend) erreicht haben könnte, wie tatsächlich geschehen. Zum anderen ließ sich aus der Zustellung der einstweiligen Verfügung kein Wille der Angebotsempfängerin ableiten, das Vertragsstrafversprechen ungenutzt zu lassen. Dies hätte ihren Interessen erkennbar widersprochen.

bbb) Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte konkludent auf eine förmliche Annahmeerklärung nach § 151 Abs. 2 BGB verzichtet hat und ob es unter dieser Annahme zu einem Vertrag gekommen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 32/03 - [Vertragsstrafevereinbarung], GRUR 2006, 878, bei Juris Rz. 15 f. m. w. N.).

c) Die Geschäftsgrundlage des Vertragsstrafversprechens ist nicht weggefallen. Für einen späteren, also nach Vertragsschluss am 6. März 2006 erfolgten Wegfall liegen keine Anhaltspunkte vor. In Betracht kommt allenfalls - was aber rechtlich keinen entscheidungserheblichen Unterschied mit sich bringt - ein anfängliches Fehlen der Geschäftsgrundlage, ohne dass dessen Voraussetzungen allerdings gegeben wären. Insoweit nimmt der Senat auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung übergehen, dass beide Parteien mit dem ein wettbewerbsbezogenes Vertragsstrafeversprechen enthaltenden Vertrag unterschiedliche Interessen verfolgen. Aus der Sicht des Schuldners soll eine durch ein Vertragsstrafeversprechen gesicherte Unterlassungsverpflichtung sicherstellen, dass für von ihr erfasste Handlungen weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr besteht. Aus der Sicht des Gläubigers geht es in erster Linie um die Sicherung seines als schutzwürdig angesehenen Interesses am Unterbleiben weiterer Zuwiderhandlungen. Außerdem dient die strafbewehrte Unterlassungserklärung aus der Sicht des Gläubigers vorrangig dazu, einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 32/03 -, GRUR 2006, 878 f., bei Juris Rz. 21). Daneben sichert sie aber auch sein Interesse, im Falle eines weiteren Verstoßes ohne den mit einem Nachweis verbundenen Aufwand und die mit einer Klage verbundenen Risiken pauschaliert Schadensersatz über die Vertragsstrafe zu erhalten. Dieses Interesse wird durch einen Unterlassungstitel nicht beseitigt.

Das Interesse an einer außergerichtlichen Regelung fällt weg, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits ein Unterlassungstitel erwirkt wurde. Gleichwohl verliert das Vertragsstrafeversprechen durch den Erlass eines solchen Titels seine Bedeutung nicht, weil das auch für den Schuldner erkennbare letztgenannte Gläubigerinteresse erhalten bleibt.

Gegen die Ansicht der Beklagten spricht außerdem, dass der Gläubiger, wenn sich der Schuldner strafbewehrt unterworfen hat, bei einem späteren Verstoß wählen kann, welche der Sanktionen (Ordnungsmittel oder Vertragsstrafe) er geltend macht. Er kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch beide Wege zugleich beschreiten (BGH, Urteil vom 5. Februar 1998 - III ZR 103/97 - WRP 1998, 507, 508 = BGHR ZPO § 890 Vertragsstrafe II = BGHZ 138, 67).

Eine abweichende Auslegung ergibt sich auch nicht aus der standardisierten Formulierung des Abmahnschreibens der Klägervertreter, dass die Unterwerfung erfolgen solle, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Dieser Zusatz ist nach seiner Stellung im Kontext nur eine verklausulierte Klageandrohung für den Fall, dass die Unterwerfung nicht in der gewünschten Art oder nicht rechtzeitig erfolge. Selbst ein Versprechen, im Falle einer ordnungsgemäßen Unterwerfung nicht zu klagen bzw. keinen Verfügungsantrag zu stellen - aus welchem die Beklagte Rechte allerdings allenfalls in einem gleichwohl eingeleiteten, auf Unterlassung gerichteten Gerichtsverfahren hätte geltend machen können - kann in dieser Formulierung nicht gesehen werden. Jedoch kommt es darauf nicht entscheidend an. Denn die von der Verletzten gesetzte Frist zur Unterwerfung war ausdrücklich mit dem Zusatz eingehend näher bestimmt, sodass, selbst wenn man der Argumentation der Beklagten folgen wollte (welche auf eine auflösende Bedingung des Vertragsstrafeversprechens auf den Klagefall hinausliefe), doch die Frist, an die der Verzicht auf gerichtliche Schritte geknüpft gewesen wäre, nicht eingehalten worden wäre. Der Eingang der Unterwerfungserklärung erfolgte am 6. März 2006 und damit nach Fristablauf. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Landgericht die einstweilige Verfügung schon erlassen. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung, auf welchen die Berufung abstellt, kommt es hingegen nicht ein; verfrühte Antragstellung kann allenfalls dazu führen, dass die Wiederholungsgefahr durch die Unterlassungserklärung weggefallen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 32/03 -, GRUR 2006, 878 f., bei Juris Rz. 20 m.w.N.) oder ausnahmsweise die Kostenfolge des § 93 ZPO zur Anwendung kommt.

d) Dieses Ergebnis erscheint auch nicht treuwidrig. Denn die Beklagte hätte sich vor einer doppelten Inanspruchnahme schützen können durch Aufnahme eines Klageverzichts in ihre Unterwerfungserklärung. Dies hat sie nicht getan.2.

Diese Vertragsstrafe hat die Beklagte durch ihre beanstandete Werbung verwirkt. Dies hat das Landgericht ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Beklagte erhebt hiergegen in der Berufung auch keine Angriffe mehr.3.

Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe von 4.000,- EUR kommt vorliegend nicht in Betracht.

a) Hinsichtlich der Höhe der Strafe kann aus dem für die Auslegung besonders bedeutsamen Wortlaut der Vereinbarung der Parteien ein eindeutiger Vertragswille dahin ermittelt werden, dass in erster Linie die Festsetzung durch die Gläubigerin (die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits) maßgebend sein sollte. Allerdings haben die Parteien zugleich eine gerichtliche Überprüfbarkeit vereinbart, weshalb dem erkennenden Gericht eine Angemessenheitskontrolle obliegt.

b) Die Angemessenheit hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere vom Ausmaß der Wiederholungsgefahr und der Berücksichtigung möglicherweise künftiger noch schwererer Verstöße; nicht außer Acht bleiben darf die von der Beklagten zu Unrecht an den Rand geschobene Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz.

Die Herabsetzung einer zwischen Kaufleuten (Unternehmern) verabredeten Vertragsstrafe kommt nur unter engen Voraussetzungen in Betracht, welche nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts nicht ersichtlich sind und auch von der Berufung nicht dargetan werden.

Die Beklagte hat durch zwei ihre Unterlassungspflicht verletzende Bezugnahmen auf Testergebnisse einen Standardverstoß von beachtlicher Reichweite begangen. Außerdem ist die verlangte Vertragsstrafe - was der Senat auf Grund seiner jahrelangen Befassung mit dem Wettbewerbsrecht selbst zu beurteilen vermag - nicht unüblich hoch oder als per se übersetzt anzusehen.4.

Jedenfalls unter den Umständen des Streitfalles ist auch das vom Landgericht Hamburg verhängte Ordnungsgeld nicht auf die Vertragsstrafe anzurechnen.

a) Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass eine Anrechnung stattzufinden habe, wobei freilich bei der Bemessung der Vertragsstrafe das Interesse des Gläubigers an einem Mindestschadensersatz zu berücksichtigen sei (Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, WettbewerbsR, 25. Aufl. [2007], Rdnr. 1.122 zu § 12 UWG). Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 5. Februar 1998 - III ZR 103/97 - GRUR 1998, 1053, 1054, m. w. N., in einem obiter dictum für die dort zu beurteilende Fallkonstellation eine Anrechnung für möglich gehalten.

b) Eine solche führte jedoch, wie auch von ihren Befürwortern nicht verkannt wird, zu einer Beliebigkeit im wirtschaftlichen Ergebnis, je nach der Vorgehensweise des Gläubigers: Für ihn würde es sich dann empfehlen, mit dem Bestrafungsantrag zuzuwarten, bis die Vertragsstrafe tituliert ist, um seinen Vertragsstrafenanspruch nicht zu schmälern (Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. [2007], Rn. 1.122 zu § 12 UWG).

Zwar steht die Vorgehensweise, sofern nur ein Gläubiger vorhanden ist, in seiner Entscheidungsmacht. Ein Konflikt kann jedoch entstehen, wenn mehrere Gläubiger unabhängig voneinander einen Ordnungsmittelantrag wegen desselben Verstoßes stellen und je für sich eine Vertragsstrafe verlangen können.

Außerdem führte eine Anrechnung stets zu rechtsdogmatisch unbefriedigenden Ergebnissen. Denn Vertragsstrafe und Ordnungsgeld sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwei unterschiedliche, ganz verschiedenen Zwecken dienende Rechtsfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1998 - III ZR 103/97 - GRUR 1998, 1053, 1054, m. w. N.). Indem die eine der beiden Sanktionen verfallen ist, wird der Zweck der anderen nicht erfüllt. Dies würde durch eine Anrechnung des Ordnungsgeldes auf die Vertragsstrafe überspielt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass für die Bemessung des Ordnungsgeldes bei der Prognose, welche Sanktion erforderlich sein wird, um den Schuldner zu veranlassen, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten, sonstige Umstände in begrenztem Umfang (der Strafcharakter bleibt unberührt) berücksichtigt werden können. Denn der der Vertragsstrafe innewohnende Aspekt eines Mindestschadensersatzes wird durch ein Ordnungsgeld nicht abgedeckt, weil dieses nicht dem Gläubiger zugute kommt.

Der Schuldner ist hingegen grundsätzlich nicht schutzwürdig. Abgesehen davon, dass es in seiner Macht steht, keinen Wettbewerbsverstoß zu begehen, kann er der doppelten Zahlungspflicht entgehen, indem er entweder keine Vertragsstrafe verspricht oder auf einen Verzicht des Gläubigers auf das Antragsrecht auf § 890 Abs. 2 ZPO als Vertragsbestimmung besteht (vgl. Nieder, WRP 2001, 117, 118).5.

Der gesetzliche Zinsanspruch war entsprechend dem Antrag der Klägerin auf den sich aus der derzeitigen Höhe des Basiszinssatzes ergebenden Jahreszinssatz zu begrenzen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Ein Fall des § 92 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben. Die in ihrem ursprünglichen Klageantrag II enthaltene Zuvielforderung der Klägerin mag zwar als verhältnismäßig geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anzusehen sein, die dadurch in zwei Rechtszügen entstandenen zusätzlichen Kosten sind jedoch nicht nur geringfügig im Sinne dieser Vorschrift.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 48 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

Der Senat lässt die Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu.