LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.02.2010 - L 4 KR 3594/08
Fundstelle
openJur 2012, 62572
  • Rkr:

Die Beschwer eines unterliegenden Beteiligten in einem Klagverfahren über Krankengeld bemisst sich nur nach dem Nettobetrag, den die Krankenkasse an den Versicherten auszahlen muss. Die darauf entfallenden Beiträge der Krankenkasse an die Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (Bruttobetrag) bleiben unberücksichtigt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherte oder die Krankenkasse Berufung einlegen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2008 wird verworfen.Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höheres Krankengeld.

Die am 1947 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie war bis zum 31. Januar 2007 bei der V L eG (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Sekretärin beschäftigt. Unter dem 20. Dezember 2004 schlossen die Klägerin und ihre Arbeitgeberin einen Vertrag über Altersteilzeit, nach dem die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit weiter ausüben und die Arbeitszeit während der Laufzeit des Vertrags im Durchschnitt die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit von 39 Stunden pro Wochen betragen sollte. Die Arbeitszeit wurde nach dem Blockmodell verteilt, es wurde vereinbart, dass die Arbeitsphase vom 01. Februar 2005 bis zum 31. Januar 2006 und die Freistellungsphase vom 01. Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 laufen sollte. Das Gehalt der Klägerin sollte sich während der Altersteilzeit entsprechend der halbierten Arbeitszeit verringern (EUR 1.638,50 brutto statt EUR 3.277,00 brutto). Außerdem sollte die Klägerin Aufstockungsbeträge nach dem Tarifvertrag zur vorgezogenen freiwilligen Pensionierung und nach dem Altersteilzeitgesetz erhalten. Ferner war vereinbart, dass Zeiten des Krankengeldbezugs oder anderer Entgeltersatzleistungen (Fehlzeiten) während der Arbeitsphase in dem Umfang nachzuarbeiten seien, der der Hälfte der Fehlzeit entspreche.

Für Januar 2005 erteilte die Arbeitgeberin eine Verdienstabrechnung über EUR 3.277,00 brutto zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen von EUR 40,00 und einer Fahrgeldentschädigung von EUR 52,00, insgesamt EUR 3.369,00, woraus sich ein Nettogehalt von EUR 1.937,53 ergab.

Ab dem 14. Februar 2005 war die Klägerin wegen einer Wirbelsäulenerkrankung arbeitsunfähig erkrankt. Vom 17. bis 28. März 2005 befand sie sich in stationärer Behandlung, in welcher am 22. März 2005 ein operativer Eingriff erfolgte. Vom 28. März bis zum 25. April 2005 absolvierte sie eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der Fachklinik E., aus der sie als zunächst weiterhin arbeitsunfähig entlassen wurde (Entlassungsbericht von Dr. K. vom 28. April 2005). Internist Dr. M. stellte Auszahlscheine bis einschließlich 29. Mai 2005 aus. Wegen der längeren Arbeitsunfähigkeit wurde die Freistellungsphase die Klägerin - den Abreden mit ihrem Arbeitgeber entsprechend - um einen Monat verschoben und begann erst am 01. März 2006.

Die Klägerin erhielt bis zum 27. März 2005 Entgeltfortzahlung von ihrer Arbeitgeberin. Während der Heilmaßnahme bezog sie vom 28. März bis zum 25. April 2005 von der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Übergangsgeld, das nach dem Vortrag der Kläger aus dem für Januar 2005 abgerechneten Entgelt berechnet wurde.

Mit Bescheid vom 20. Mai 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab dem 26. April 2005 Krankengeld in Höhe von EUR 36,86 (Auszahlbetrag EUR 31,76) kalendertäglich erhalte. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Bescheid nicht. Die Beklagte legte der Berechnung des Krankengelds ein Bruttoarbeitsentgelt von EUR 1.638,50 (netto EUR 1.124,88) und beitragspflichtige Einmalzahlungen von EUR 1.808,52 zu Grunde. Hieraus errechnete sie ein kumuliertes Regelentgelt (Regelentgelt [EUR 1.638,50 ÷ 30] EUR 54,62 zuzüglich Brutto-Hinzurechnungsbetrag [EUR 1.808,52 ÷ 30] EUR 5,02) von EUR 59,64 und ein kumuliertes Nettoarbeitsentgelt (Nettoarbeitsentgelt [EUR 1.124,88 ÷ 30] EUR 37,50 Netto-Hinzurechnungsbetrag [(EUR 37,50 ÷ EUR 54,62) x EUR 5,02]) von EUR 40,95. 70 v.H. des kumulierten kalendertäglichen Regelentgelts von EUR 59,64 ergab EUR 41,75, 90 v.H. des kumulierten kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelts von EUR 40,95 ergab EUR 36,86.

Die Klägerin teilte der Beklagten am 25. Mai 2005 telefonisch und per e-mail mit, sie sei mit der Berechnung des Krankengelds nicht einverstanden. Die Beklagte erläuterte der Klägerin mit Schreiben vom 07. Juni 2005 die Berechnung des Krankengelds. Da das Krankengeld 90 v.H. des kumulierten kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen dürfe, betrage das kalendertägliche Brutto-Krankengeld EUR 36,86. Mit Schreiben vom 06. Juli 2005 wandte die Klägerin - anwaltlich vertreten - ein, Grundlage der Krankengeldbemessung müsse der zuletzt abgerechnete Entgeltabrechnungszeitraum sein. Dies sei hier das vom Arbeitgeber der Klägerin im Januar 2005 ausgezahlte Arbeitsentgelt. Die Klägerin habe in diesem Monat einen Grundlohn von brutto EUR 3.277,00 bezogen. Außerdem brachte die Klägerin vor, die Beklagte habe Krankengeld nur bis zum 27. Mai 2005 ausbezahlt. Die Beklagte veranlasste die Nachzahlung von Krankengeld für den 28. und den 29. Mai 2005. In dem Schreiben vom 26. Juli 2005 teilte sie mit, dass bei der Berechnung des Krankengelds grundsätzlich der letzte abgerechnete Kalendermonat herangezogen werde, dass aber das Krankengeld dem tatsächlichen Arbeitsverhältnis angepasst werden müsse, wenn ein Wechsel von einer vollen Beschäftigung auf Altersteilzeit erfolge, da durch die Krankheit während der Altersteilzeit keine geldliche Besserstellung erfolgen dürfe. Die Beklagte übermittelte der Klägerin auch eine Kopie der Gemeinsame Verlautbarung zum Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 15. April 1998 (im Folgenden: Verlautbarung) der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung (RdSchr. 98a), die - in Nr. 4.1. - ihre Ansicht stütze. Die Klägerin hielt jedoch an ihrer Ansicht fest, das Krankengeld müsse aus ihrem Januargehalt berechnet werden.

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 31. März 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch vom 25. Mai 2005 gegen den Bescheid vom 26. April 2005 (gemeint Bescheid vom 20. Mai 2005) zurück. Er führte aus, nach Auffassung zweier Kommentatoren zum Fünften Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - (Vay, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 47 SGB V Rn. 33; Hochscheid, in: Jahn, Sozialgesetzbuch für die Praxis, § 47 SGB V Rn. 21 f.) und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung in der genannten Verlautbarung sei das Krankengeld auf der Grundlage des bei Arbeitsfähigkeit zu zahlenden Arbeitsentgelts zu berechnen; dies gelte sogar, wenn bereits bei Eintritt in die flexible Arbeitszeitregelung Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, bei der Berechnung des Krankengeldes daher in jedem Fall ein Monat der vollen Entgeltzahlung herangezogen werden müsste. Diese Auffassung sei auch sachgerecht. Der Versicherte würde durch eine Berechnung anhand des letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraums insoweit bevorzugt, als er infolge der Arbeitsunfähigkeit höhere Bezüge hätte als bei Arbeitsfähigkeit. Dies widerspreche dem Sinn und Zweck des Krankengeldes. Im Übrigen lasse sich diese Auslegung auch aus dem Regelungsgehalt des § 47 Abs. 2 Satz 4 SGB V gewinnen. Für flexible Arbeitszeitmodelle sehe die Vorschrift ausdrücklich vor, dass das Krankengeld anhand des geringeren ausgezahlten Entgelts zu berechnen sei. Dem sei zu entnehmen, dass dies auch bei Arbeitsunfähigkeit im ersten Monat des flexiblen Arbeitszeitmodells gelten solle. Der Widerspruchsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. April 2006 zugestellt.

Am Montag, dem 22. Mai 2006, erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie trug vor, sie habe Anspruch auf Krankengeld auf Basis eines Nettoentgelts von EUR 1.937,53. Sie verwies darauf, dass sie wegen der längeren Arbeitsunfähigkeit einen Monat länger habe arbeiten müssen, und legte insoweit ihre Gehaltsabrechnung für Februar 2006 vor. Danach betrug das Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin EUR 2.951,59 (Tarifgehalt EUR 3.329,00 abzüglich Kürzung Altersteilzeit EUR 1.664,50 sowie zuzüglich Aufstockung Altersteilzeit insgesamt EUR 735,09, Fahrgeld EUR 52,00 und Sonderzahlungen Altersteilzeit EUR 500,00) und das Nettoarbeitsentgelt EUR 2.174,81.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte ergänzend zu ihrem Widerspruchsbescheid aus, wirtschaftlicher Bezugspunkt für die Krankengeldgewährung sei die Tätigkeit, die der Versicherte ohne die Erkrankung ausüben würde.

Mit Urteil vom 26. Juni 2008 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2006, der Klägerin für die Zeit vom 26. April bis zum 29. Mai 2005 Krankengeld in gesetzlicher Höhe von EUR 62,02 brutto (EUR 53,42 netto) kalendertäglich zu gewähren. Zur Berechnung des Regelentgelts, das der Berechnung des Krankengelds zu Grunde liege, sei nach § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt werde. Dies sei bei der Klägerin das Gehalt für Januar 2005 in Höhe von EUR 1.937,53. Ein abweichendes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass bei der Klägerin eine Änderung des Beschäftigungsverhältnisses bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit bereits festgestanden habe und wirksam geworden sei. Auch in einer atypischen Situation müsse das Krankengeld in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise berechnet werden. Dies führe hier zwar dazu, dass das Krankengeld der Klägerin höher sei der ihr entgangene Lohn. Dies sei vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Krankengeldberechnung, dass nämlich möglichst schnell und mit wenig Verwaltungsaufwand eine Entscheidung über die Höhe des Krankengelds getroffen werden könne, hinzunehmen. Die Berechnungsweise der Beklagten stehe überdies im Widerspruch dazu, dass sich die Höhe des Krankengelds nach den vorher entrichteten Beiträgen richte.

Gegen das ihr am 04. Juli 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. Juli 2008 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie trägt vor, für den Umfang des Versicherungsschutzes komme es auf das im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksame Versicherungsverhältnis an. Wirtschaftlicher Bezugspunkt des Krankengelds sei diejenige Tätigkeit, die der Versicherte ohne Krankheit ausüben würde. Der Krankengeldanspruch der Klägerin sei am 15. Februar 2005 entstanden. Die Klägerin habe sich bereits seit dem 01. Februar 2005 in der Beschäftigungsphase der Altersteilzeit befunden. Dass sich das ausgezahlte Gehalt der Klägerin während der Altersteilzeit nicht wesentlich verändert habe, beruhe auf nicht beitragspflichtigen Aufstockungbeträgen. Maßgeblich sei ausschließlich das Bruttoarbeitsentgelt. Dieses habe sich auf EUR 1.638,50 vermindert. Das Versicherungsverhältnis habe sich damit im Vergleich zum davor liegenden Zeitraum wesentlich verändert. Ihre Arbeitgeberin habe entsprechend die Klägerin - jeweils wegen sonstiger Gründe/Änderungen im Beschäftigungsverhältnis - zum 31. Januar 2005 ab - und ab dem 01. Februar 2005 in einer anderen Personengruppe, die ausschließlich Beschäftigte in Altersteizeit umfasse, wieder angemeldet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie trägt vor, ihre Arbeitszeit habe sich zum 01. Februar 2005 gegenüber ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis nicht verändert. Auch verweist sie darauf, dass sie am Ende der Beschäftigungsphase einen Monat länger habe arbeiten müssen. Außerdem habe sie nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit ein Nettoeinkommen in Höhe von EUR 1.859,00 erzielt, also nur EUR 78,00 weniger als vor der Altersteilzeit. Im weiteren Verlauf habe sich das Nettoentgelt sogar wieder auf EUR 1.916,00 erhöht. Hierzu hat die Klägerin ihre Lohnabrechnungen für Juni und Juli 2005 vorgelegt.

Unter dem 25. Januar 2010 hat der Berichterstatter des Senats die Beteiligten darüber unterrichtet, dass die Berufung der Beklagten wegen Nichterreichens der Berufungssumme möglicherweise unzulässig sei. Beide Seiten haben sich im Anschluss - erneut - mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Gründe

1. Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unzulässig.

a) Sie ist zwar nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht erhoben worden.

b) Die Unzulässigkeit folgt jedoch aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden und daher hier schon anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes - SGGArbGÄndG - vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444). Nach dieser Vorschrift bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt.

aa) Die Beklagte ist aus dem angegriffenen Urteil nicht um einen Betrag von mehr als EUR 750,00 beschwert.

(1) Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung höheren Krankengelds und damit einer Geldleistung im Sinne dieser Vorschrift. In einem solchen Verfahren ist maßgebend der Betrag, um den die Beteiligten unmittelbar streiten (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 Rn. 15). Dies ist bei Sozialleistungen, für die der Sozialleistungsträger Sozialversicherungsbeiträge an andere Träger zahlen muss, nur der Betrag, der an den Versicherten ausbezahlt würde (Nettobetrag). Dies hat das Bundessozialgericht - BSG - zum Arbeitslosengeld bereits entschieden. Es hat in jenem Urteil ausgeführt (SozR 4-1500 § 144 Nr. 2):

Der mögliche Einfluss auf andere Leistungen kann bei der Feststellung des Beschwerdegegenstands nicht berücksichtigt werden, denn rechtliche und wirtschaftliche Folgewirkungen der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch müssen bei der Berechnung der Beschwer außer Ansatz bleiben (grundlegend BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 11 &). Zwar hat das BSG bislang zumeist Fälle entschieden, bei denen mit der Forderung verbundene Folgewirkungen/Nebenforderungen noch einer weiteren Umsetzung bedurften (teilweise durch Verwaltungsakt einer anderen Behörde &), während hier die Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung ex lege an den Bezug von Alg gekoppelt ist (&). Doch auch in diesem Fall ist der Streitwert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausschließlich nach der unmittelbar geltend gemachten Forderung - hier den Anspruch auf Alg - festzusetzen. Mittelbar folgt dies auch aus dem über § 202 SGG in Bezug genommenen § 4 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach dieser Norm sind sogar Nebenforderungen für die Wertberechnung außer Acht zu lassen, wobei man von Nebenforderungen spricht, wenn diese zu der Hauptforderung in einem objektiven Abhängigkeitsverhältnis stehen (&). Der Anspruch auf Tragung der Beiträge zu anderen Sozialversicherungsträgern wäre sachlich-rechtlich vom Hauptanspruch (der Bewilligung von Alg) abhängig (&). Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung nicht zuletzt in dem Sinn und Zweck des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Mit der Festlegung einer notwendigerweise pauschalen Streitwertgrenze wird eine Vereinfachung des Verfahrens angestrebt. Mit diesem Ziel wäre es nicht zu vereinbaren, allein wegen des Streitwerts nach allen Richtungen zu prüfen, welche Auswirkungen das Urteil für den Rechtsmittelführer möglicherweise in anderen Bereichen haben könnte (&). Zu Recht hat die Beklagte darauf verwiesen, dass mit einer Berücksichtigung der jeweils zu tragenden Beiträge zu anderen Sozialversicherungsträgern die Ermittlung des Berufungsstreitwerts zu großen verwaltungspraktischen Schwierigkeiten führen würde. Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass der jeweilige Beitragssatz der zuständigen Krankenkasse zu ermitteln wäre und im Gegensatz zu den Sozialversicherungsbereichen, in denen die Beitragshöhe durch Gesetz festgelegt wird, somit der Streitwert bei identischer Höhe des Alg-Anspruchs Schwankungen ausweisen könnte. (&). Hingegen ist die Höhe des geltend gemachten Alg-Anspruchs kalendertäglich leicht festzustellen und gewährleistet eine einfache und schnelle Handhabung der Ermittlung des Berufungsstreitwerts.

Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an. Welche Sozialversicherungsbeiträge von einer streitigen Sozialleistung abgeführt werden müssen, welcher Brutto-Anspruch sich also aus einem eingeklagten Nettobetrag ergibt, ist nicht immer leicht zu ermitteln. Hinzu kommt, dass die Ansprüche auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge in erster Linie den anderen Sozialleistungsträgern gegen den Beklagten zustehen. Diese sind an dem fraglichen Prozess aber nicht beteiligt, sodass eine womöglich rechtskräftige Entscheidung des Gerichts über die Höhe dieser Beträge - die mit einer Entscheidung über den Brutto-Anspruch verbunden wäre - nicht ergehen kann.

Auf den Netto-Betrag kommt es ebenso wie beim Arbeitslosen- auch beim Krankengeld an, um das in diesem Prozess gestritten wird. Auch die Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und zur Pflegeversicherung, die vom Krankengeld abgeführt werden, sind nicht immer ohne Weiteres zu ermitteln. Dies gilt vor allem für die Beiträge zur Pflegeversicherung, deren Höhe auch davon abhängt, ob der Krankengeldempfänger Kinder hat.

Weiterhin gelten diese Erwägungen auch, wenn - wie hier - die beklagte Krankenkasse Berufung eingelegt hat. Sie ist zwar - materiell betrachtet - durch das Urteil des Sozialgerichts um den Bruttobetrag des Krankengelds beschwert, denn diesen Betrag muss sie insgesamt abführen, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Gleichwohl können die Sozialversicherungsbeiträge nicht in die - rechtliche - Beschwer der Krankenkasse eingerechnet werden. Bereits in erster Instanz stritten die Beteiligten nur um den Nettobetrag des Krankengelds. Der eigentlich sachgerechte Klagantrag der Klägerin wäre gewesen, die Beklagte (unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide) zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 26. April bis 29. Mai 2005 weiteres Krankengeld in Höhe von EUR 21,66 kalendertäglich, insgesamt EUR 736,44, zu zahlen. Hätte das SG die Klage abgewiesen, wäre die Klägerin nur hinsichtlich dieses Betrages beschwert. Nur dieser Betrag würde auch - wenn das Verfahren gerichtskostenpflichtig wäre - den Streitwert bestimmen. Wenn ein Beteiligter dann vollständig unterliegt, ist er nur um einen Betrag in dieser Höhe beschwert. Die Höhe der Beschwer kann hier nicht davon abhängigen, ob der Kläger oder die beklagte Krankenkasse Berufung einlegt. Dies widerspräche auch dem Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), das unter dem Einfluss von Art. 3 Abs. 1 GG auch das Gebot der prozessualen Waffengleichheit umfasst (BVerfGE 52, 131, 144, 156 ff.), also das Gebot der Gleichbehandlung aller Prozessbeteiligten.

Etwas anderes gilt auch nicht im konkreten Fall, weil das SG im Tenor des angegriffenen Urteils die Beklagte zur Zahlung des Krankengeldes in Höhe von EUR 62,02 (brutto) kalendertäglich verurteilt und den Nettobetrag von EUR 53,42 nur in Klammern dazugesetzt hat. Dieser Tenor ist nicht so zu verstehen, dass die Beklagte den Bruttobetrag an die Klägerin zahlen müsse. Vielmehr hat das SG - bei verständiger Auslegung - nur zur Zahlung des Nettobetrags abzüglich des bereits gezahlten Krankengelds verurteilt, denn ein höherer Betrag war wie gesagt nicht Gegenstand des Verfahrens. Den Bruttobetrag hat das SG nur zur Verdeutlichung bzw. als Berechnungsposten im Tenor genannt.

(2) Legt man diese Nettobeträge zu Grunde, dann hat das SG die Beklagte zur Zahlung eines kalendertäglichen Krankengelds in Höhe der Differenz zwischen EUR 53,42 und dem bereits gewährten Krankengeld von EUR 31,76 kalendertäglich verurteilt, also zur Zahlung von jeweils EUR 21,66. Für die streitigen 34 Kalendertage vom 26. April bis zum 29. Mai 2005 ergibt sich eine Beschwer von EUR 736,44.

bb) Die Berufung war auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulassungsfrei. Der Streit betrifft nicht laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr, sondern eine Krankengeldzahlung für einen abgeschlossenen Zeitraum von nur 34 Kalendertagen.

cc) Die demnach zulassungsbedürftige Berufung ist nicht zugelassen worden.

Das SG hat eine Zulassung nicht ausgesprochen. Die Rechtsmittelbelehrung, die es seinem Urteil beigegeben hat, und in der es auf die Berufung als statthaftes Rechtsmittel hingewiesen hat, stellt allein keine Zulassung dar. Eine Zulassung muss mit entsprechendem Willen bzw. Bewusstsein im Tenor oder zumindest deutlich erkennbar in den Entscheidungsgründen ausgesprochen werden. Die Rechtsmittelbelehrung traf schlicht nicht zu. Eine solche fehlerhafte Belehrung allein führt nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels, das sie nennt (BSG SozR 4-1500 § 144 Nr. 2).

Auch der Senat hat die Berufung nicht nachträglich zugelassen und ist zu einer solchen Entscheidung nicht befugt. Eine - ggfs. hilfsweise - Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des SG (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG) hat die Beklagte nicht erhoben, weder binnen der wegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung des SG laufenden einjährigen Frist (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) noch nach dem Hinweis des Berichterstatters auf die mögliche Unzulässigkeit ihrer Berufung vom 25. Januar 2010. Es muss daher offen bleiben, ob einer der Zulassungsgründe des § 144 Abs. 2 SGG vorläge.

2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.