VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2009 - 10 S 3348/08
Fundstelle
openJur 2012, 62456
  • Rkr:

1. Eine satzungsrechtliche Fahrtroutenregelung für Selbstanlieferer zu einer Erdaushubdeponie bedarf als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit betroffener Fuhrunternehmer einer hinreichend bestimmten formellgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Satzungsermächtigungen in § 8 LAbfG 1996 und § 3 Abs. 1 LKrO genügen dieser Anforderung nicht.

2. Zu einer Fahrtroutenregelung, die nicht die Benutzung einer Entsorgungseinrichtung, sondern die Ausübung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen steuert, kann ein Landesgesetz mangels Gesetzgebungskompetenz nicht ermächtigen.

Tenor

§ 9 der Benutzungsordnung des Antragsgegners für die Abfallentsorgungsanlagen vom 18. Dezember 2006 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Fahrtroutenregelung für Anlieferungen zu einer Bodenaushubdeponie in einer Satzung des Antragsgegners über die Benutzung von Abfallentsorgungsanlagen (Benutzungsordnung).

Der Antragsteller betreibt in ... ein Fuhrunternehmen. Er erhält u.a. Aufträge von Bauherren bzw. Bauunternehmen, Erdaushub zur Bodenaushubdeponie Ehningen (Steinbruch Baresel) zu transportieren.

Mit Satzungsbeschluss vom 18.12.2006 erließ der Kreistag des Antragsgegners eine Benutzungsordnung für die Abfallentsorgungsanlagen (im Folgenden abgekürzt: BO). Die öffentliche Bekanntmachung der Satzung erfolgte am 21.12.2006 durch Einrücken in die örtlichen Tageszeitungen, die Anzeige beim Regierungspräsidium Stuttgart im Januar 2007. Die Benutzungsordnung steht im Zusammenhang mit der Satzung des Antragsgegners über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen vom 20.11.2006 (Abfallwirtschaftssatzung, AWS). Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 3 AWS, welcher lautet:

(3) Der Landkreis kann bestimmen, dass Abfälle nur zu bestimmten Abfallentsorgungsanlagen bzw. Abfallsammeleinrichtungen verbracht werden dürfen. Das Nähere, insbesondere Einzugsbereiche, Anlieferungszeiten sowie Art und Weise der Anlieferung von Abfällen werden in besonderen Benutzungsordnungen des Landkreises und des Zweckverbandes Restmüllheizkraftwerk Böblingen geregelt, die öffentlich bekannt gegeben werden. Falls dies aus Gründen einer geordneten Betriebsführung notwendig ist, ist der Landkreis berechtigt, Abfälle einer anderen Entsorgungsanlage zuzuweisen.

Die Abfallwirtschaftssatzung enthält ferner Bestimmungen zu drei verschiedenen Arten und Zeitpunkten der Überlassung von Abfällen, u.a. bei Selbstanlieferung (§ 2 Abs. 2 AWS), zum Ausschluss des Einsammelns und Beförderns von u.a. Bodenaushub seitens des Landkreises (§ 10 Abs. 3 Nr. 4 AWS) sowie zum Eigentumsübergang auf den Landkreis bei angelieferten Abfällen (§ 18 Satz 1 AWS).

In der Benutzungsordnung finden sich u.a. Regelungen über deren Geltungsbereich (§ 2 Abs. 1: ... für das gesamte Gelände der Abfallentsorgungsanlagen sowie ihre Zu- und Abfahrtsstraßen), die zugelassenen Deponiebenutzer (§ 3), Einzelfallregelungen für bestimmte Abfallarten (§ 4), Einzugsbereiche (§ 8), Fahrtrouten zur Bodenaushubdeponie in Ehningen (§ 9), den Zutritt zu den Abfallentsorgungsanlagen und den Fahrzeugverkehr auf dem Gelände der Anlagen (§ 11), das Verhalten auf den Abfallentsorgungsanlagen und bei der Anlieferung (§ 12) sowie über das Inkrafttreten dieser Benutzungsordnung am 01.01.2007 und das gleichzeitige Außerkrafttreten der früheren Benutzungsordnung (§ 19).

Die §§ 9 und 19 BO haben folgenden Wortlaut:

§ 9 Fahrtrouten Für Anlieferungen zur Bodenaushubdeponie in Ehningen sind folgende Fahrtrouten einzuhalten (Zu- und Abfahrten):

Aus dem Kreisgebiet:Nordwestliche Randstraße (K 1002), ohne die Ortsdurchfahrten Ehningen, Dagersheim und Darmsheim, wobei Fahrzeuge, die auf der A 81 zu- oder abfahren (z.B. aus dem nördlichen Kreisgebiet), dieselbe Fahrtroute wie Fahrzeuge aus dem Raum Stuttgart einhalten müssen. Aus dem Raum Stuttgart:Bundesautobahn A 81 Ausfahrt Hildrizhausen - weiter Richtung Ehningen - K 1077 Richtung Herrenberg - nordwestliche Randstraße (K 1002).

§ 19 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten (1) Diese Benutzungsordnung tritt am 01.01.2007 in Kraft. (2) Gleichzeitig tritt die Benutzungsordnung für die Abfallentsorgungsanlagen des Landkreises Böblingen vom 25.05.1992, zuletzt geändert am 17.12.2001, außer Kraft.

Am 19.12.2008 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung vorgetragen: Die Bestimmung in § 9 BO zwinge ihn zu erheblichen Umwegen mit einem entsprechenden Kostenmehraufwand, den er seinen Auftraggebern nicht weitergeben könne. Er sei häufig für Baustellen tätig, die im Bereich nördlich von Sindelfingen lägen, beispielsweise im Bereich Magstadt. Dort seien Infrastrukturprojekte mit einem beträchtlichen Anfall von Erdaushub im Gange oder geplant (z.B. Baumaßnahmen im Zuge der B 464, Bahnprojekt S 60). Die kürzeste Route von Magstadt zur Erdaushubdeponie führe über die Kreisstraße K 1000 durch die Ortsdurchfahrt von Dagersheim. Diese Route habe eine Länge von 11,9 km, was einer Fahrtzeit von ca. 20 Minuten entspreche. Wolle er, wie es § 9 BO vorsehe, die Ortsdurchfahrten Darmsheim und Dagersheim meiden, so könne er einen Westbogen über Aidlingen fahren, indem er die K 1063 und anschließend die K 1001 benutze. Diese Route habe eine Länge von 16,2 km, was gegenüber der Direktverbindung durch die Ortsdurchfahrt Dagersheim/Darmsheim eine Verlängerung der Strecke um 36 % und der Fahrzeit auf 26 Minuten bedeute. Auch die in Betracht kommende Alternative, die Ortsdurchfahrten Dagersheim und Darmsheim in einem Ostbogen über die B 464 und die BAB 81 bis zur Anschlussstelle Hildrizhausen zu umfahren und anschließend wiederum in einem Westbogen um Ehningen herum zur Deponie zu gelangen, führe zu einem ähnlichen Mehraufwand. Ihm sei wegen Zuwiderhandlungen gegen § 9 BO bereits ein Anlieferungsverbot hinsichtlich der Erdaushubdeponie in Ehningen angedroht worden. Gegen andere Fuhrunternehmen seien entsprechende Anlieferungsverbote verhängt worden. Die erforderliche Antragsbefugnis sei gegeben. Es bestehe die Möglichkeit, dass er durch § 9 BO in seiner Berufsfreiheit verletzt werde. Diese Vorschrift habe eine objektiv berufsregelnde Tendenz, da sie sich schwerpunktmäßig im Bereich beruflicher Tätigkeit auswirke. Die Antragsfrist sei gewahrt. Die Benutzungsordnung sei am 21.12.2006 durch den Antragsgegner bekannt gemacht worden. Die gemäß § 195 Abs. 7 VwGO zwei Jahre betragende Antragsfrist sei demnach erst am 21.12.2008 abgelaufen. Dem stehe nicht entgegen, dass die angegriffene Regelung in § 9 BO bereits in deren Vorgängerfassung aus dem Jahre 1992 inhaltsgleich enthalten gewesen sei. Die Satzung vom 18.12.2006 schaffe nämlich auch für diese aus der Vorgängersatzung übernommene Regelung einen neuen Geltungsgrund. § 19 BO bestimme in Absatz 1, dass diese Satzung am 01.01.2007 in Kraft trete, und in Absatz 2, dass gleichzeitig die Benutzungsordnung vom 25.05.1992, zuletzt geändert am 17.12.2001, außer Kraft trete. Somit könne nicht von einer Fortgeltung der Vorgängersatzung ausgegangen werden, auch soweit deren Regelungen unverändert in die Benutzungsordnung vom 18.12.2006 Eingang gefunden hätten.

Der Normenkontrollantrag sei begründet, weil § 9 BO einer erforderlichen Ermächtigungsgrundlage entbehre. Eine solche ergebe sich nicht schon aus der allgemeinen Satzungsautonomie des Antragsgegners gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LKrO. Da diese Satzungsregelung einen Eingriff in seine Berufsfreiheit darstelle, bedürfe es hierfür einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn nur auf seine allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG abgestellt würde. § 9 BO könne auch nicht auf § 8 Satz 1 LAbfG 1996, der § 10 Satz 1 der Neufassung des Landesabfallgesetzes 2008 entspreche, gestützt werden. § 9 BO sei keine Benutzungsregelung i.S. des § 8 Satz 1 LAbfG 1996. Es handle sich nicht um den Bestandteil einer Hausordnung für die Erdaushubdeponie, sondern um eine Schutzvorschrift zugunsten der Anlieger der dort genannten Ortsdurchfahrten, insbesondere von Darmsheim und Dagersheim. Der Antragsgegner habe damit eine straßenverkehrsrechtliche Regelungskompetenz usurpiert, die ihm in seiner Eigenschaft als Satzungsgeber nicht zukomme. Führe ein hohes Aufkommen an Lkw-Verkehr in bestimmten Ortsdurchfahrten zu unzuträglichen Verhältnissen, so sei es gemäß §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bzw. Abs. 1 b Nr. 5 StVO Aufgabe der Straßenverkehrsbehörden, die notwendigen Anordnungen durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nach § 45 Abs. 4 StVO zu treffen. An dieser Zuständigkeitsverteilung ändere es nichts, dass möglicherweise die gesetzlichen Voraussetzungen für derartige Verkehrsregelungen nicht vorlägen. Offenbar hege auch das Landratsamt insoweit rechtliche Bedenken, wie sich einer entsprechenden Pressemitteilung entnehmen lasse. In dieser heiße es, das Landratsamt habe über die abfallwirtschaftliche Schiene gehandelt, weil verkehrsrechtlich eine generelle Sperrung der Kreisstraße zwischen Dagersheim und Ehningen für den Lkw-Verkehr nicht angeordnet werden könne, da diese Straße eine wichtige regionale Verbindung darstelle. Dem sei beizupflichten. Die Straße zwischen Dagersheim/Darmsheim und Ehningen sei eine Kreisstraße, die schon nach ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG gesetzlich vorgegebenen Verkehrsbedeutung dem überörtlichen Verkehr diene. Der Widmungszweck dieser Kreisstraße sei nicht beschränkt. Straßenverkehrsrechtliche Beschränkungen seien ebenfalls nicht angeordnet worden. Bei dieser Ausgangslage sei es ausgeschlossen, dass sich die Benutzungsordnung einer Erdaushubdeponie des Schutzes der Anwohner vor Lärm und Abgasen annehme und damit die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit z.B. von Fuhrunternehmen einschränke. Darin liege keine Regelung der Benutzung der Einrichtung i.S. des § 8 Satz 1 LAbfG 1996.

Der Antragsteller beantragt,

§ 9 (Fahrtrouten) der Satzung des Landkreises Böblingen für die Abfallentsorgungsanlagen (Benutzungsordnung) vom 18.12.2006 für unwirksam zu erklären;

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er führt zur Begründung aus, der Normenkontrollantrag sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Satzungsbestimmung in § 9 BO über die Fahrtrouten für die Anlieferung zur Bodenaushubdeponie in Ehningen finde eine Ermächtigungsgrundlage in § 8 LAbfG 1996 und in § 19 Abs. 3 AWS. Sowohl § 19 Abs. 3 AWS als auch § 9 BO beruhten mit Blick auf § 8 LAbfG 1996 bzw. § 10 Abs. 1 LAbfG 2008 auf einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage. § 8 LAbfG 1996 bzw. § 10 Abs. 1 LAbfG 2008 ermächtigten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nämlich u.a., die Benutzung ihrer Einrichtungen der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung satzungsrechtlich zu regeln. Die Bodenaushubdeponie in Ehningen sei eine Einrichtung des Antragsgegners zur Abfallbeseitigung. Teil einer Benutzungsregelung sei auch die Regelung der Anlieferung von Abfällen zur Entsorgungseinrichtung einschließlich der Festlegung einer Fahrtroute, die für die Anlieferung von Abfällen genutzt werden müsse. Der Regelung der Fahrtroute mit dem Ziel, die Ortsdurchfahrten von Dagersheim und Darmsheim zu entlasten, stehe nicht entgegen, dass diese Ortsdurchfahrten für den Schwerlastverkehr nicht generell gesperrt seien. Mit der Festlegung der Fahrtroute in § 9 BO werde nämlich keine straßenverkehrsrechtliche Anordnung getroffen, sondern eine Anordnung, welche die Benutzung der Bodenaushubdeponie in Ehningen zum Gegenstand habe. Die Fahrtroutenregelung führe auch nicht zu einer unangemessenen Belastung des Antragstellers. Dies zeige sich schon darin, dass diese Regelung bereits seit 1987 gelte und im Wesentlichen von den Transportunternehmen, welche die Deponie anführen, beachtet werde. Von 1987 bis 2001 habe sich eine entsprechende Regelung in der Abfallwirtschaftssatzung befunden. Seit 01.01.2002 gelte sie unverändert als § 9 der jeweiligen Benutzungsordnung.

Dem Senat liegen die einschlägigen Verfahrensakten des Antragsgegners vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese sowie auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I.

Der Antrag ist zulässig.

Er richtet sich gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende satzungsrechtliche Vorschrift und ist somit gemäß § 47 VwGO statthaft.

Die Antragsfrist ist gewahrt. Im vorliegenden Fall gilt gemäß § 195 Abs. 7 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. noch eine zweijährige Antragsfrist, da die mit Wirkung zum 01.01.2007 normierte Verkürzung der Frist auf ein Jahr erst für nach dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 21.12.2006 (BGBl. I S. 3316), d.h. nach dem 31.12.2006 bekannt gemachte, der Normenkontrolle unterliegende Vorschriften anzuwenden ist. Der Antrag ist am 18.12.2008 und damit innerhalb von zwei Jahren seit der am 21.12.2006 erfolgten Bekanntmachung der Benutzungsordnung 2006 (BO) gestellt worden. Die Antragsfrist begann mit dieser Bekanntmachung zu laufen ungeachtet des Umstands, dass bereits die Vorgängersatzung eine inhaltsgleiche Vorschrift enthielt. Der Antragsteller hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass nach § 19 Abs. 2 BO zeitgleich mit dem Inkrafttreten der Benutzungsordnung 2006 die Vorgängersatzung insgesamt außer Kraft gesetzt wurde. Damit ist für die neue Benutzungsordnung ein eigenständiger neuer Geltungsgrund geschaffen worden. Dies hat zur Folge, dass die Normenkontrolle hinsichtlich auch solcher Vorschriften der Benutzungsordnung 2006 (ggf. wieder) eröffnet ist, die lediglich eine in der Vorgängersatzung enthaltene entsprechende Bestimmung unverändert übernommen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.2004 - 8 CN 1.02 -, BVerwGE 120, 82; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 47 RdNr. 83 m.w.N.). Dass die Antragsfrist hinsichtlich der Vorläuferbestimmung bereits abgelaufen war, ist mithin unerheblich.

Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil er geltend machen kann, durch die angegriffene Fahrtroutenregelung in der Gestaltung seines Arbeitsablaufs als Fuhrunternehmer und damit möglicherweise in der Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), zumindest aber in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt zu werden (zum Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art 2 Abs. 1 GG in umfassendem Sinn vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 - BVerfGE 80, 137, 153 - Reiten im Walde; zur Rügebefugnis eines Verkehrsteilnehmers, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen einer auch ihn treffenden Verkehrsbeschränkung lägen nicht vor, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.1993 - 11 C 35/92 - BVerwGE 92, 32 - Busspur). Dies genügt den auf die bloße Möglichkeit einer Rechtsverletzung abhebenden Anforderungen der Antragsbefugnis; insoweit gelten die zur Klagebefugnis im Rahmen des § 42 Abs. 2 VwGO entwickelten Grundsätze entsprechend.

II.

Der Antrag ist auch begründet. § 9 BO ist rechtswidrig und deshalb für unwirksam zu erklären.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht sind Bedenken gegen die Benutzungsordnung bzw. die primär angegriffene Vorschrift vom Antragsteller nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. § 9 BO entbehrt jedoch einer tragfähigen - erforderlichen - gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

1. Die Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Grundlage ergibt sich aus dem mit der satzungsrechtlichen Verkehrsbeschränkung verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG; dieser Eingriff unterliegt dem (Gesetzes-) Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG für die verhältnismäßige Zuordnung von Freiheitsrecht und dessen Einschränkung rechtfertigenden Gemeinwohlbelangen.

a) Ob es sich bei der - ersichtlich auf den Schutz der Straßenanlieger vor Verkehrsimmissionen abzielenden - Regelung, die im Übrigen auch entsprechende private Transporte erfasst, um einen unmittelbaren Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls kommt der angegriffenen Vorschrift, wie der Antragsteller zu Recht geltend macht, eine objektiv berufsregelnde Tendenz für die betroffenen Fuhrunternehmer zu . Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Annahme oder Verneinung einer derartigen objektiv berufsregelnden Tendenz von Vorschriften, die sich nicht unmittelbar auf berufliche Tätigkeiten beziehen, stellt allgemein darauf ab, ob nach Entstehungsgeschichte und Inhalt im Schwerpunkt Tätigkeiten betroffen sind, die typischerweise beruflich ausgeübt werden, sowie ob eine Regelung die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändert bzw. nennenswert behindert und infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs steht; fehlt es an einem Berufsbezug in diesem Sinne, liegt nur ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG in ihrer Ausgestaltung als wirtschaftliche Betätigungsfreiheit vor, ggf. auch in ein anderes Grundrecht (vgl. die Nachweise bei Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 12 RdNr. 12). Im vorliegenden Zusammenhang finden sich thematisch ähnliche höchstrichterliche Entscheidungen, in denen ein Eingriff in den Normbereich des Art. 12 Abs. 1 GG bejaht wurde, etwa für ein Wochenendfahrverbot für den Schwerlastverkehr an fünf Wochenenden in der Ferienzeit (BVerfG, Beschl. v. 25.06.1969 - 2 BvR 321/69 -, BVerfGE 26, 259, 263 f.) sowie für eine Beschränkung des Mietwagenverkehrs in der Innenstadt (BVerwG, Urt. v. 25.04.1980, - 7 C 19.78 -, NJW 1981, 184). Der erkennende Senat hat den zeitweiligen Ausschluss eines Abbruchunternehmens durch den Entsorgungsträger (Landkreis) von der Benutzung einer Erdaushub- und Bauschuttdeponie als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG angesehen (Senatsurt. v. 12.02.1993 - 10 S 101/93 -, VBlBW 1993, 227). Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang unwidersprochen vorgetragen, dass eine Nichtbefolgung der Fahrtroutenregelung vom Antragsgegner bereits zum Anlass für die Androhung bzw. - gegenüber anderen Fuhrunternehmen - die Verhängung entsprechender Sanktionen genommen wurde. Auch wenn die Verkehrsbeschränkung durch § 9 BO als solche noch keinen Sanktionscharakter hat, so ist sie doch bereits selbst als eine die Fuhrunternehmer mit objektiv berufsregelnder Tendenz betreffende Vorschrift zu qualifizieren, die in den Normbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG hineinreicht. Die Belastung pro Einzelfahrt mag noch nicht gravierend erscheinen, in der Summe der beruflich veranlassten Fahrten des Antragstellers und vergleichbarer Fuhrunternehmer fällt sie aber als deutlich spürbare Beschränkung der Berufsausübung mit entsprechenden finanziellen Folgen ins Gewicht.

b) Wollte man dies verneinen, so würde die Erforderlichkeit einer hinreichend bestimmten, ihrerseits verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage zumindest aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG folgen. Denn die verkehrsbeschränkende Satzungsvorschrift greift gegebenenfalls, vergleichbar mit Verkehrszeichen, jedenfalls in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG ein. Bereits solche Eingriffe müssen sich auf eine ausreichende formell-gesetzliche Grundlage zurückführen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.2006 - 8 C 13.05 -, BVerwGE 125, 68 - Fernwärmeversorgung; vgl. auch Urt. v. 15.04.1999 - 3 C 25.98 -, BVerwGE 109, 25 - Sommersmog).

2. Die vom Antragsgegner ins Feld geführten Regelungen in § 8 des zum Zeitpunkt des Satzungserlasses noch geltenden Landesabfallgesetzes in der Fassung vom 15.10.1996 (GBl. S. 617) mit nachfolgenden, hier nicht rechtserheblichen Änderungen - LAbfG 1996 - und in § 19 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners vom 20.1.2006 - AWS - stellen keine hinreichenden Rechtsgrundlagen dar.

Für § 19 Abs. 3 AWS gilt dies bereits deshalb, weil die Vorschrift ihrerseits nur Satzungsrang hat.

§ 8 LAbfG 1996 hat inhaltlich nicht die Reichweite, um die Fahrtroutenregelung in § 9 BO zu stützen. Insoweit ist zum Gegenstand der rechtlichen Prüfung festzuhalten, dass sich der Anwendungsbereich des § 9 BO auf Selbstanlieferungen zur Bodenaushubdeponie in Ehningen bezieht und beschränkt. Denn Anlieferungen von Bodenaushub sind durch 10 Abs. 3 Nr. 4 AWS vom Transport durch den Entsorgungsträger ausgeschlossen, und die Überlassung und der Eigentumsübergang erfolgen auf dem Gelände der Deponie (siehe §§ 2 Abs. 2, 18 Satz 1 AWS).

Nach § 8 LAbfG 1996, der die für die Auslegung unergiebige Überschrift Satzung trägt, regeln die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Überlassungspflichten nach § 13 Abs. 1 bis 3 KrW-/AbfG durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebietes den Anschluss an die Einrichtungen der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung und die Benutzung dieser Einrichtungen sowie in welcher Weise die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen darzulegen haben, dass sie eine ordnungsgemäße und schadlose Eigenverwertung beabsichtigen und hierzu in der Lage sind (Satz 1). Sie regeln durch Satzung, unter welchen Voraussetzungen Abfälle als angefallen gelten und welche Abfälle getrennt zu überlassen sind, insbesondere in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihnen die Abfälle zu überlassen sind (Satz 2). Dabei kann bestimmt werden, dass mindestens ein bestimmtes Behältervolumen vorhanden sein muss (Satz 3).

a) § 8 Satz 1 LAbfG 1996 mit der Ermächtigung zur satzungsrechtlichen Regelung der Benutzung der Einrichtungen der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung erweist sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht als tragfähige gesetzliche Grundlage für die Fahrtroutenregelung. Bereits der Wortlaut des § 8 Satz 1 LAbfG 1996 spricht deutlich dagegen, dass sich, wie vom Antragsgegner postuliert, die Reichweite der Satzungsermächtigung für den - im Kontext des § 9 BO nur zur Debatte stehenden - Fall der Selbstanlieferung auch auf die Regelung von Verkehrsvorgängen außerhalb des Deponiegeländes und der deponieeigenen Zu- und Abfahrten zu diesem erstrecken kann. Nach allgemeinem Sprachgebrauch beginnt die Benutzung einer Bodenaushubdeponie durch einen Selbstanlieferer frühestens mit dem Überwechseln vom öffentlichen Straßennetz auf deponieeigene Zufahrtsstraßen bzw. -wege als Vorstufe der eigentlichen Inanspruchnahme der Einrichtung durch das Überlassen des Erdaushubmaterials auf dem Deponiegelände selbst. Erst dadurch, dass der Abfallbesitzer dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Abfälle zur Übernahme des Abfallbesitzes tatsächlich zur Verfügung stellt und der Entsorgungsträger die Abfälle - unter Verlust der Sachherrschaft des vorherigen Abfallbesitzers - in Besitz nimmt, wird die Überlassung bewirkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 - 7 C 42.07 -, BVerwGE 130, 127). Dem tragen auch hierauf bezogene Regelungen in der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners Rechnung. So gelten nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b AWS als überlassen Abfälle, die vom Besitzer oder einem Beauftragten unmittelbar zu den Abfallentsorgungsanlagen befördert und dem Landkreis dort während der Öffnungszeiten übergeben werden (Selbstanlieferer). Dem entspricht ferner die Bestimmung über den Eigentumsübergang in § 18 Satz 2 AWS; danach geht der Abfall mit dem gestatteten Abladen in das Eigentum des Landkreises über, wenn Abfälle durch den Besitzer oder für diesen durch einen Dritten zu einer Abfallentsorgungsanlage des Landkreises gebracht werden.

Aus den Sätzen 2 und 3 des § 8 Satz LAbfG 1996, die der Antragsgegner erstmals in der mündlichen Verhandlung ergänzend herangezogen hat, lässt sich weder isoliert noch bei einer Zusammenschau mit Satz 1 eine Stärkung seiner Rechtsposition herleiten. Diese Sätze betreffen die im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um (Selbst-) Anlieferungen zur Bodenaushubdeponie in Ehningen geht, schwerlich angesprochene Frage der Abfalltrennung bzw. der Pflicht zur Überlassung getrennter Abfälle und hieran anknüpfend (vgl. insbesondere), in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit die Abfälle zu überlassen sind. Gemeint ist damit offenbar die Bereitstellung und Überlassung heterogenen Abfalls in unterschiedlichen Behältern zur Abholung durch den Entsorgungsträger und Transport durch diesen zur Entsorgungseinrichtung (s. dazu die Regelungen in §§ 2 Abs. 2 Buchst. a und c, 9 Nr. 1 AWS). Davon zu unterscheiden ist der in § 9 BO allein angesprochene Fall der Selbstanlieferung von Bodenaushub. Im Falle der Selbstanlieferung kann sich eine Regelung über Art und Weise, Ort und der Zeit der Abfallüberlassung schon deshalb nicht auf den der Überlassung vorausgehenden Transport-(Weg) auf öffentlichen Straßen beziehen, weil die Überlassung, d.h. die Besitzverschaffung an den Entsorgungsträger, erst auf dem Deponiegelände erfolgt.

b) Für ein derart eingegrenztes Begriffsverständnis der Benutzung der Deponie durch Selbstanlieferer spricht auch eine funktionale Betrachtung im Lichte der Zielsetzung des § 8 LAbfG 1996 und des gesetzessystematischen Zusammenhangs mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Die erkennbare Zielrichtung der Satzungsermächtigung des § 8 LAbfG ist allein abfallwirtschaftlicher Natur. Der systematische Zusammenhang des § 8 LAbfG 1996 mit dem tatbestandlich in Bezug genommenen § 13 KrW-/AbfG (vgl. ...im Rahmen der Überlassungspflichten nach § 13 Abs. 1 bis 3 KrW-/AbfG) stützt die Annahme, dass satzungsrechtliche Benutzungsordnungen sich auf Regelungen zur Gewährleistung eines funktionsgerechten Betriebs der Einrichtung in Anknüpfung an die bundesrechtlich vorgegebenen Überlassungspflichten zu beschränken haben. Für den funktionsgerechten Betrieb der Einrichtung, zu dessen satzungsrechtlicher Ordnung die gesetzliche Vorschrift ermächtigt, ist es im Falle der Selbstanlieferung aber nicht von Bedeutung, auf welchem Wege im öffentlichen Straßennetz die Deponie erreicht wird, um dort die Schwelle zur Benutzung der Einrichtung zu überschreiten. Das Befahren der öffentlichen Straßen im näheren oder weiteren Umkreis der Deponie stellt bei Selbstanlieferern eine Benutzung dieser öffentlichen Straßen, nicht aber der Erdaushubdeponie des Antragsgegners dar.

c) Den Materialien zu § 8 LAbfG 1996 wie auch zur inhaltsgleichen Vorläuferregelung in § 8 des Landesabfallgesetzes vom 08.01.1990 (GBl. S. 1) lässt sich ebenfalls kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Landesgesetzgeber der Ermächtigung zu einer satzungsrechtlichen Benutzungsregelung eine weitreichendere Bedeutung hätte zumessen wollen, etwa auch zur Verfolgung allgemeiner umweltpolitischer Zielsetzungen im weiteren Umfeld der Abfallentsorgungsanlagen (vgl. die Begründung zu den jeweiligen Regierungsentwürfen, LT-Drs. 11/6865 zum Landesabfallgesetz 1996, zu Nr. 10 (§ 8); LT-Drs. 10/1924 zum Landesabfallgesetz 1990, zu § 8). Eine Intention des Landesgesetzgebers, mit § 8 LAbfG 1996 ein solches allgemeines umwelt- oder verkehrsrechtliches Mandat für die Entsorgungsträger zu verknüpfen, ist nicht feststellbar. Diese erkennbare Zurückhaltung bestätigt jedenfalls eher eine ausschließlich abfallwirtschaftliche Orientierung der Satzungsermächtigung.

d) Das vorstehend dargelegte restriktive Verständnis der Satzungsermächtigung wird nicht zuletzt durch kompetenzrechtliche Gesichtspunkte nahegelegt. Bereits die Gesetzgebungskompetenz des Landes fehlt, soweit das gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG zur konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gehörende, von diesem erlassene Abfallwirtschaftsrecht einschlägige abschließende Regelungen trifft (zur umfassenden Reichweite dieser Bundeskompetenz vgl. BVerfG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 BvR 1991, 2004/95 -, BVerfGE 98, 106 - Verpackungssteuer). Aus diesem Grunde ist etwa die in § 8 Satz 2 LAbfG 1996 enthaltene Fiktion des Anfallens von Abfall in der Neufassung des Gesetzes vom 14.10.2008 (GBl. S. 370) - dort § 10 -gestrichen worden, weil der Überlassungsbegriff - ebenso wie die sonstigen mit der Entsorgung verbundenen Vorgänge (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 27.08.2009 - 7 CN 2.08 -) - begrifflich bundesrechtlich abschließend geprägt und eine abweichende landesrechtliche Vorschrift nicht mehr von der Gesetzgebungskompetenz des Landes gedeckt ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf der Neufassung des Landesabfallgesetzes, LT-Drs. 14/2998, zu § 10, S. 29 f.). Dem Landesgesetzgeber verbleibt im Wesentlichen nur Raum für eine das Bundesrecht konkretisierende, die abfallwirtschaftliche Umsetzung erleichternde Normierung im Sinne einer Durchführungs- und Ausführungsgesetzgebung zum Wie der Überlassung (Senatsurt. v. 20.11.2001 - 10 S 3182/98 -, VBlBW 2002, 488; Senatsurt. v. 27.03.2007 - 10 S 1684/06-, VBlBW 2008, 102; BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 - 7 C 42.07 -, BVerwGE 130, 127; Urt. v. 27.08.2009 - 7 CN 2.08 - Sperrmüllabfuhr; zur äußerst eingeschränkten Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers im Bereich der Abfallwirtschaft vgl. näher von Komorowski, Die Novelle des Landesabfallgesetzes, VBlBW 2009, 449 ff.). Freilich mögen für die landesrechtliche Ausgestaltung von Bereitstellungs- und Überlassungspflichten ihrerseits bundesrechtliche Grenzen nur insoweit bestehen, als für das gewählte System sachbezogene Gründe bestehen müssen und die konkrete Ausgestaltung der Überlassungspflicht nicht das Ziel einer ordnungsgemäßen und gemeinwohlverträglichen Abfallverwertung oder -beseitigung gefährden darf (so BVerwG, Urt. v. 27.08.2009 - 7 CN 2.08 -). Dies ändert indes nichts an der kompetenzgebundenen Beschränkung dieser Ausgestaltung.

Hiernach spricht schon die isolierte Betrachtung der abfallrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen für eine Bestätigung der obigen, an Wortlaut, Zielsetzung und Funktionszusammenhang orientierten restriktiven Auslegung der Satzungsermächtigung. Sodann führt die angesichts der streitgegenständlichen Verkehrsregelung naheliegende Einbeziehung auch der Kompetenzlage bei den insoweit thematisch angesprochenen Bereichen des Straßenverkehrsrechts und des Straßenrechts zu einer weiteren Bestärkung des Befunds, dass die mit § 9 BO erlassene Verkehrsbeschränkung für die Benutzung öffentlicher Straßen nicht mehr von der Satzungsermächtigung in § 8 Satz 1 LAbfG 1996 gedeckt sein kann, weil die (Rest-) Gesetzgebungskompetenz des Landes für die Abfallwirtschaft nicht so weit reicht und insoweit auch keine andere Kompetenz des Landesgesetzgebers herangezogen werden kann, etwa die für das Straßenrecht.

Das Straßenrecht hat grundsätzlich die durch entsprechende Widmung erfolgende gewissermaßen statusrechtliche Eröffnung bzw. Konturierung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen zum Gegenstand, nicht konkrete Lenkungs- bzw. Beschränkungsmaßnahmen für die Ausübung des Gemeingebrauchs wie die hier angegriffenen (zur kompetenzrechtlichen Abgrenzung von Straßenverkehrsrecht und Straßenrecht vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 - Laternengarage; BVerwG, Urt. v. 25.04.1980 - 7 C 19.78 -, NJW 1981, 184). § 9 BO lässt den straßenrechtlichen Status der betroffenen Kreisstraße und deren Widmungsumfang unberührt. Dass die bestehende Landeskompetenz für das Straßenrecht eine Grundlage für den Gemeingebrauch beschränkende Verkehrsregelungen wie die in § 9 BO getroffene darstellen könnte, wird auch vom Antragsgegner nicht geltend gemacht.

Die mit § 9 BO normierte Fahrtroutenbindung stellt (auch) unter kompetenzrechtlichem Blickwinkel der Sache nach vielmehr eine Regelung des Straßenverkehrs dar, für welchen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit besitzt. Von dieser Zuständigkeit hat der Bund auch in Ansehung des Schutzes der Bevölkerung vor den vom Straßenverkehr herrührenden Lärm- und Abgasimmissionen Gebrauch gemacht. So enthält § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d StVG eine Rechtsverordnungsermächtigung für die Bestimmung von Maßnahmen über den Straßenverkehr zur Verhütung von Belästigungen, und zwar u.a. über den Schutz der Wohnbevölkerung und der Erholungsuchenden gegen Lärm und Abgas durch den Kraftfahrzeugverkehr. Diese Verordnungsermächtigung hat der Verordnungsgeber mit den Vorschriften des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 sowie Abs. 1 b Nr. 5 StVO genutzt mit der Maßgabe, dass gemäß § 44 Abs. 1 die Straßenverkehrsbehörden sachlich zuständig sind, die diesbezüglichen Anordnungen - gemäß § 45 Abs. 4 StVO ausschließlich - durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu treffen. Auch wenn im konkreten Einzelfall eine Verkehrsbeschränkung auf dieser Grundlage rechtmäßig angeordnet werden könnte, vermag dies an der kompetenzrechtlichen Feststellung nichts zu ändern, dass insoweit eine abschließende bundesrechtliche Regelung anzunehmen ist, die keinen Raum für abweichende landesrechtliche Vorschriften lässt. Dass diese straßenverkehrsrechtliche Rechtsgrundlage im Einzelfall nicht zu als wünschenswert empfundenen Verkehrsbeschränkungen für bestimmte Verkehrsteilnehmer ausreichen mag, sei es wegen einer ansonsten eintretenden Konterkarierung der straßenrechtlichen Widmung der betreffenden Straße, sei es wegen der Bindung an den Gleichheitsgrundsatz, kann ebenfalls keine andere kompetenzrechtliche Beurteilung rechtfertigen, so verständlich das mit § 9 BO verfolgte Ziel des Schutzes der Wohnbevölkerung erscheint. Demgegenüber noch eine sektorale Verkehrsregelungskompetenz für den Landesgesetzgeber in Verbindung mit der, wie dargelegt, nur mehr rudimentären Restzuständigkeit für die Abfallwirtschaft herleiten zu wollen, liegt fern. Eine solche erweiterte Kompetenz wäre nur kraft Sachzusammenhangs vorstellbar, deren Voraussetzung, dass ohne sie eine zugewiesene Materie verstän-digerweise nicht geregelt werden kann, hier nicht vorliegt (zur Kompetenz kraft Sachzusammenhangs vgl. BVerfG, Urt. v. 27.10.1998 - 1 BvR 2306/96 u.a. -, BVerfGE 98, 265, 299 m.w.N.). Die gegenteilige Annahme würde auf einen Übergriff in die bundesrechtlich ausgeschöpfte straßenverkehrsrechtliche Kompetenz hinauslaufen.

Aus diesen Gründen vermag der Senat auch der vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung angestellten Erwägung einer Ausstrahlungswirkung der abfallrechtlichen Zuständigkeiten des Entsorgungsträgers bzw. des Landesgesetzgebers nicht zu folgen. Mit der vom Antragsgegner angeführten Konstellation, dass im Zusammenhang mit der Einrichtung von Deponien zum Schutze der Wohnbevölkerung auch Umgehungsstraßen geplant und gebaut würden, ist die Inanspruchnahme einer Verkehrsregelungskompetenz für das bestehende Straßennetz nicht vergleich- und begründbar.

2. Die in § 3 Abs. 1 LKrO gewährleistete allgemeine Satzungsautonomie reicht als Ermächtigungsgrundlage ebenfalls nicht aus, weil § 9 BO, wie dargelegt, in Grundrechte eingreift. Entsprechendes gilt für einen Rückgriff unmittelbar auf Art. 28 GG. Vielmehr bedarf es bei in Grundrechte eingreifenden Satzungsregelungen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die selbst bereits die Voraussetzungen für den Grund des Eingriffs hinreichend bestimmt enthält (vgl. Senatsbeschl. v. 15.12.1992 - 10 S 305/92 -, ESVGH 43, 124 - Grundstücksbetretungsrecht des kommunalen Müllbeauftragten; BVerwG, Beschl. v. 07.09.1992 - 7 NB 2.92 -, BVerwGE 90, 359 - Verbot von Einwegverpackungen; jeweils m.w.N.).

3. Eine anderweitige gesetzliche Satzungsermächtigung für § 9 BO ist nicht ersichtlich. Dies hindert den Antragsgegner freilich nicht, das von ihm mit § 9 BO verfolgte Ziel weiterhin auf dem in der mündlichen Verhandlung als teilweise erfolgreich geschilderten Weg zu verfolgen, die Benutzer der Erdaushubdeponie mit Überzeugungsarbeit zu einem freiwilligen Verzicht auf die Benutzung bestimmter Ortsdurchfahrten zu bewegen (Selbstverpflichtung).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.