VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.11.2009 - 10 S 1851/09
Fundstelle
openJur 2012, 62159
  • Rkr:

1. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist der Antrag auf Feststellung, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig war, im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich unzulässig.

2. In einem Rechtsstreit über die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG tritt Erledigung ein, wenn die Genehmigung nach § 4 BImSchG erteilt wird.

3. Es bleibt offen, ob die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG eine Entscheidung ist, die in den Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung fällt.

4. Zu den materiell-rechtlichen Anforderungen des § 8a BImSchG

5. Zum Prüfungsmaßstab des § 2 Abs. 5 UmwRG.

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wird das Verfahren eingestellt.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. August 2009 - 4 K 1648/09 - ist mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung unwirksam.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. Juli 2009 über die Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung des fleisch- und wurstverarbeitenden Betriebs der Beigeladenen auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Der nunmehr gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 6. Juli 2009 rechtswidrig war, ist unzulässig.

Die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags scheitert allerdings nicht daran, dass in der Sache keine Erledigung eingetreten ist. Vielmehr hat sich die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG infolge der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen (Haupt)Genehmigung nach § 4 BImSchG tatsächlich erledigt. Nach Erteilung der Hauptgenehmigung geht von der Vorabzulassung keine Beschwer mehr aus. Denn selbst wenn ein Rechtsbehelf gegen die Vorabzulassung Erfolg hätte, könnte unmittelbar von der Hauptgenehmigung Gebrauch gemacht werden. Die Erledigung folgt aber auch aus der Rechtsnatur einer Vorabzulassung. Funktion der vorzeitigen Zulassung des Beginns nach § 8a BImSchG ist die teilweise und vorläufige Suspendierung der grundsätzlich bestehenden präventiven Errichtungs- und Betriebsverbote. Wird die Genehmigung nach § 4 BImSchG später erteilt, tritt ihr gestattender Teil an die Stelle der vorläufigen Zulassung. Die Gestattungswirkung der Zulassung nach § 8a BImSchG ist mithin wegen der ihr kraft Gesetzes immanenten Vorläufigkeit bis zur endgültigen Entscheidung über die Genehmigung befristet. Sie endet, sobald über den Genehmigungsantrag entschieden und damit das Genehmigungsverfahren abgeschlossen wurde. Die vorläufige Zulassung, insbesondere die Prognose über die Genehmigungsfähigkeit, entfaltet nach überwiegender Ansicht auch keine rechtliche Bindungswirkung für die nachfolgende Genehmigung der Anlage. Zwar verliert der Zulassungsbescheid nach Erteilung der Genehmigung nicht vollständig seine rechtliche Bedeutung, etwa in Bezug auf Schadensersatzansprüche; im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage wird er aber nach Erteilung der endgültigen Genehmigung gegenstandslos und lebt auch bei Anfechtung der Genehmigung nicht wieder auf (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 30.04.1991 - 7 C 35/90 - juris, zur Parallelvorschrift § 7a Abs. 1 AbfG; OVG Greifswald, Beschl. v. 25.03.2002 - 3 M 87/01 - juris; Jarass, BImSchG, Kommentar, 7. Auflage, § 8a Rdnr. 18ff; Storost in Ule/Laubinger, BImSchG, Kommentar, Stand August 2009, § 8a, B 3, C 10; Scheuing in GK-BImSchG, Kommentar, Stand Dezember 2007, § 8a Rdnr. 119; Sellner in Umweltrecht, Kommentar, Band I, BImSchG, § 8a Rdnr. 122).

Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist aber deshalb unzulässig, weil die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Mit Eingang der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten bei Gericht entfällt die Rechtshängigkeit in der Hauptsache ipso iure und ex tunc. Eine Sachentscheidung kommt daher nicht mehr in Betracht. Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13.11.2009 nunmehr bestreitet, eine prozessbeendende Erklärung abgegeben zu haben, kann dem nicht gefolgt werden. Im Schriftsatz vom 08.10.2009 hat der Antragsteller - so wörtlich - ebenfalls den Rechtsstreit für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO beantragt. Zwar hat er im gleichen Schriftsatz weiter den oben genannten Feststellungsantrag gestellt. Die eindeutige Erklärung des Antragstellers gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag und die Erledigungserklärung im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen, so dass die Zulässigkeit einer solchen Antragshäufung dahinstehen kann. Das vom Antragsteller geltend gemachte Wahlrecht zwischen Fortsetzungsfeststellungsantrag und Erledigungserklärung bestand jedenfalls nur so lange, bis er eine bindende Erledigungserklärung abgegeben hatte. Der Schriftsatz vom 13.11.2009 kann auch nicht als wirksamer Widerruf der Erledigungserklärung gewertet werden. Ein Widerruf ist nur bis zum Eingang der übereinstimmenden Erledungserklärungen der anderen Prozessbeteiligten möglich. Die Erledigungserklärung des Antragsgegners ist am 9.10.2009, die der Beigeladenen am 02.10.2009 bei Gericht eingegangen.

Ungeachtet der prozessualen Erklärungen ist der Antrag auf Feststellung entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit rechtswidrig war, aber auch grundsätzlichen Zulässigkeitsbedenken ausgesetzt. Es kann offenbleiben, ob im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ein Feststellungsbegehren entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO schon nicht statthaft ist; zumindest besteht regelmäßig kein berechtigtes Sachentscheidungsinteresse mehr. Denn die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ist trotz einer gewissen Akzessorietät der Prüfung und Entscheidung nicht Streitgegenstand des Verfahrens, weil das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutz nur dazu dient zu regeln, was bis zur Entscheidung in der Hauptsache gelten soll. Da nach Erledigung der Hauptsache diese Sicherungsfunktion nicht mehr erfüllt werden kann, bleibt für eine gleichsam gutachtliche Feststellung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts oder der Vollziehbarkeitsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kein Raum (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.03.1996 - 1 S 2856/95 -, VBlBW 1996, 418; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Oktober 2008, § 80 Rdnr. 246, § 123 Rdnr. 36, Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 80 Rdnr. 131; J. Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Auflage, § 80 Rdnr. 112). Zwar mag es Fallgestaltungen geben, bei denen ein Interesse bestehen kann, die Rechtmäßigkeit einer Vollziehbarkeitsanordnung nachträglich feststellen zu lassen, etwa wenn über die Gewichtung der jeweiligen Interessen als solche gestritten wird und eine Wiederholungsgefahr besteht (vgl. J. Schmidt aaO. § 80 Rdnr. 113). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Der Antragsteller bestreitet vielmehr in der Sache die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nach § 8a BImSchG. Der Rechtsschutz des Antragstellers wird auch nicht in unzulässiger Weise verkürzt, weil er - sofern hieran ein berechtigtes Interesse besteht - die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Zulassung nach § 8a BImSchG durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO überprüfen lassen kann.II.

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO deklaratorisch einzustellen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im ersten Rechtszug mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung zur Klarstellung für unwirksam zu erklären und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO durch Kollegialbeschluss des Senats über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Eine Entscheidung der Berichterstatterin nach § 87a Abs. 1 Nrn. 3 und 5, Abs. 3 VwGO kommt nicht mehr in Betracht, weil sich das Verfahren infolge der unter Ziffer 1. getroffenen Sachentscheidung des Senats nicht mehr im vorbereitenden Stadium befindet.

Nach der gesetzlichen Wertung findet eine erschöpfende Klärung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der Kostenentscheidung nicht mehr statt; das Gericht ist nicht verpflichtet, schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären; auch eine weitere Sachverhaltsaufklärung kommt nicht mehr in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.08.1998 - 4 B 75/98 -, NVwZ-RR 1999, 407; BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 - 9 VR 2/06 -juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.03.1998 - 10 S 1765/97 - juris, BayVGH, Beschl. v. 18.02.2004 - 1 CS 03.3043 - NVwZ-RR 2004, 622; Kopp/Schenke, aaO., § 161 Rdnr. 15, Eyermann, aaO, § 161 Rdnr. 15, Bader u.a., VwGO, § 161 Rdnr. 17, Clausing in Schoch aaO. § 161 Rdnr. 22). Daher scheidet entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers insbesondere eine Vorlage ungeklärter Rechtsfragen an den Europäischen Gerichtshof aus.

Grundsätzlich entspricht es billigem Ermessen, die Kosten demjenigen aufzuerlegen, der voraussichtlich unterlegen wäre. Danach hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil seine Beschwerde voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte. Zwar ist bei der Billigkeitsentscheidung auch zu berücksichtigen, inwieweit das erledigende Ereignis auf den Willensentschluss eines Beteiligten zurückzuführen ist. Dieser Gesichtspunkt führt vorliegend aber nicht zu einer anderen Bewertung. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass der Vorabzulassung nach § 8a BImSchG innerhalb eines verhältnismäßig überschaubaren Zeitraums eine Entscheidung über die Hauptgenehmigung folgt. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist nur innerhalb eines anhängigen Genehmigungsverfahrens zulässig; im Übrigen wäre andernfalls auch die Prognose, dass mit einer Genehmigung zu rechnen ist (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG), nicht möglich. Für eine missbräuchliche Umgehung des Genehmigungserfordernisses im Wege der Vorabzulassung bestehen keinerlei Anhaltspunkte.1.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, eines anerkannten Umweltverbands im Sinne des § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - URG -, auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG als unzulässig abgelehnt, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt und der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nicht eröffnet sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Vorabzulassung nach § 8a BImSchG keine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 URG ist, wirft allerdings eine Vielzahl von ungeklärten Rechtsfragen auf.1.1

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 URG findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden: UVP) bestehen kann. Im Schrifttum ist umstritten, ob die Zulassung des vorläufigen Beginns eine Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG ist (bejahend Appold in Hoppe, UVPG, Kommentar, 3. Auflage, § 2 Rdnr. 80; Peters/Balla, UVPG, Kommentar, 3. Auflage, § 2 Rdnr. 43, 67; Jarass aaO. § 8a Rdnr. 2a; a.A. Scheuing/Wirths aaO. § 8a Rdnr. 23; Sellner aaO. § 8a Rdnr. 56ff; Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Stand Juni 2009, 9. BImSchV § 11 Rd. 18). Nach § 1 Abs. 2 9. BImSchV ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei einer UVP-pflichtigen Anlage unselbständiger Teil der in Absatz 1 genannten Verfahren; in § 1 Abs. 1 Nr. 3 9. BImSchV ist auch das Verfahren bei der Erteilung einer Zulassung des vorzeitigen Beginns genannt. Es ist noch nicht abschließend geklärt, welche Folgerungen aus dem Umstand zu ziehen sind, dass das nationale Recht keine verfahrensrechtlichen Regelungen über die Durchführung einer UVP bei der Zulassung des vorzeitigen Beginns vorsieht und eine solche auch dem Beschleunigungszweck des § 8a BImSchG widersprechen dürfte. Hieraus wird einerseits die Schlussfolgerung gezogen, dass eine UVP nur im Verfahren der Hauptgenehmigung durchzuführen ist, andererseits, dass eine Zulassungsentscheidung nach § 8a BImSchG bei UVP-pflichtigen Vorhaben nicht in Betracht kommt (Jarass aaO. Rdnr. 2a; a.A. wohl BVerwG, Beschl. v. 30.04.1991, aaO.). Die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes setzt weiter voraus, dass die Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann . Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob und inwieweit das geplante Fleisch- und Wurstwerk der Beigeladenen zu den in Anlage 1 zum UVPG und im Anhang I der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie) genannten Anlagen gehört. Es ist offen, ob diese Frage bereits abschließend im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs zu klären ist (so im Ergebnis OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.10.2008 - 7 ME 170/07 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.07.2009 - 8 C 10399/08 - juris) oder ob es für die Überschreitung der Zulässigkeitsschwelle ausreicht, dass nach dem Vorbringen des Antragstellers die Möglichkeit besteht, dass das Vorhaben der UVP-Pflicht unterliegt.1.2

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG auch keine Genehmigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 URG ist, wirft ebenfalls ungeklärte Rechtsfragen auf. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist ein Verwaltungsakt, der zwar nicht die feststellende, wohl aber die Gestattungswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorwegnimmt, indem präventive Erlaubnis- und Genehmigungsvorbehalte beseitigt werden. Die Zulassungsentscheidung dürfte damit von ihren Rechtswirkungen her über die bloße faktische Ermöglichung des Baubeginns hinausgehen. Solange die Hauptgenehmigung nicht erteilt und ein Widerruf nicht erfolgt ist, ist der Vorhabenträger rechtlich befugt, auf der Grundlage der Zulassungsentscheidung mit der Durchführung des Vorhabens zu beginnen, ohne eine Einstellung oder Nutzungsuntersagung befürchten zu müssen. Zwar entfaltet die Zulassungsentscheidung keine rechtliche Bindungswirkung im Hinblick auf die endgültige immissionsschutzrechtliche Genehmigung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.04.1991, aaO.). Diese Entscheidung ergeht aber gleichwohl in dem Genehmigungsverfahren (so der Wortlaut von § 8a BImSchG) und weist einen materiellen Bezug zur endgültigen Entscheidung auf (vgl. § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG; ähnlich HessVGH, Beschl. v. 14.02.1989 - 7 TH 2335/88 - juris, zu § 9a WHG). Dem dürfte auch nicht zwingend entgegenstehen, dass die Zulassung vorzeitigen Beginns keine präjudizielle Wirkung für die Hauptgenehmigung entfaltet, also eine Abschichtung rechtlicher Probleme nicht erfolgt. Denn zum einen läuft die Vorabzulassung stets Gefahr, Bindungen zwar nicht rechtlicher, aber tatsächlicher Art zu erzeugen und damit faktische Einbußen des Rechtsschutzes mit sich zu bringen (so auch BVerwG Beschl. v. 30.04.1991, aaO.); zum anderen kann ein Betroffener zumindest insoweit nicht auf den Rechtsschutz gegen die Hauptgenehmigung verwiesen werden, als die besonderen rechtlichen Voraussetzungen des § 8a BImSchG, etwa hinsichtlich der Reversibilität der zugelassenen Maßnahmen und der Beschränkung auf den Beginn des Vorhabens, in einem gerichtlichen Verfahren über die Hauptgenehmigung nicht mehr zur Überprüfung stehen. Nicht zuletzt ist offen, in welcher Weise gemeinschaftsrechtliche Vorgaben eine weite Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 URG gebieten. Denn einerseits befasst sich die Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.01.2008 (IVU-Richtlinie), deren Umsetzung die genannte Vorschrift dient, in erster Linie mit dem hier noch nicht in Rede stehenden Betrieb von Anlagen, andererseits bestimmt Art. 16 der IVU-Richtlinie (Art. 15a alter Fassung), dessen Regelungsgehalt durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit eingeführt wurde, dass der betroffenen Öffentlichkeit ein weiter Zugang zu den Gerichten zu gewähren ist.1.3

Offen ist ferner, ob der vom Verwaltungsgericht hilfsweise herangezogene § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG der Antragsbefugnis entgegensteht. Danach kann eine anerkannte Vereinigung Rechtsbehelfe nach § 1 Abs. 1 Satz 1 URG (nur) einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Rechtsvorschriften verletzt, die u.a. dem Umweltschutz dienen und Rechte Einzelner begründen. Die Vereinbarkeit des § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG mit Gemeinschaftsrecht ist verbindlich noch nicht geklärt. Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass Art. 10a UVP-Richtlinie und Art. 16 IVU-Richtlinie einer Beschränkung auf subjektiv-rechtlich wirkende Normen entgegenstehen (vgl. etwa Schoch in Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Handbuch des Verwaltungsrechts, Bd. III § 50 Rdnr. 181; Kment, NVwZ 2007, 274; Ewer, NVwZ 2007, 267; Ziekow, NVwZ 2007, 259), während nach anderer Auffassung eine Abkehr vom Konzept des § 42 Abs. 2 VwGO nicht gefordert ist, weil das jeweilige nationale Rechtsschutzsystem in seiner überkommenen Ausgestaltung gemeinschaftsrechtlich Anerkennung gefunden habe (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.03.2007 - 5 S 293/07 -; Niedersächs.OVG, Beschl. v. 07.0.2008 - 1 ME 131/08 - juris, NVwZ 2008, 1144; Schrödter, NVwZ 2009, 157). Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Frage, wenn auch in anderem Zusammenhang, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (OVG Münster, Beschl. v. 05.03.2009 - 8 D 58/08.AK - juris).

Darüber hinaus hat der Antragsteller nicht nur die Verletzung objektiven Natur- und Artenschutzrechts geltend gemacht, sondern auch einen Verstoß gegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8a BImSchG gerügt. Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, § 8a BImSchG als Norm einzuordnen, die Rechte Einzelner im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG begründet. Zwar entfaltet § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nach überwiegender Auffassung keine drittschützende Wirkung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.04.1991, aaO.; a.A. aber Scheuing/Wirths aaO. § 8a BImSchG Rdnr. 130f). Als drittschützend wird aber zumindest die § 8a Abs. 1 BImSchG zu entnehmende Einschränkung bezeichnet, dass nur der Beginn der Errichtung zugelassen werden darf, da andernfalls der Rechtsschutz betroffener Dritter durch Schaffung vollendeter Tatsachen rechtlich oder faktisch an Effektivität einbüßen könnte (BVerwG, Beschl v. 30.04.1991, aaO.; Storost aaO. § 8a F 4; teilweise a.A. Jarass, aaO, § 8a Rdnr. 26; Sellner aaO. Rdnr. 127). Auch das in der Norm enthaltene Abwägungsgebot wird als drittschützend angesehen (Storost aaO. F 4). Geht die Reichweite der Zulassung vorzeitigen Beginns über den rechtlich zulässigen Rahmen hinaus, könnte mithin auch eine Verletzung von drittschützenden Verfahrensvorschriften vorliegen (vgl. Sellner aaO. Rdnr. 127). Weiterer Klärungsbedarf besteht bezüglich der Frage, inwieweit § 8a BImSchG eine (zumindest auch) dem Umweltschutz dienende Vorschrift im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG ist. Nach den Gesetzesmaterialien dürfte von einem weiten Verständnis des Begriffs auszugehen und auch das planungsrechtliche Abwägungsgebot erfasst sein (vgl. BT-Drs. 16/2495, S. 12, OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.07.2009 aaO; Ziekow, NVwZ 2007, 259). Zumindest bei der Abwägung der gegenläufigen privaten und öffentlichen Belange im Rahmen der nach § 8a BImSchG erforderlichen Ermessensausübung dürften auch die Belange des Umweltschutzes einzustellen sein, weil nicht erst der Betrieb, sondern schon der Beginn der Errichtung einer Anlage ggf. zu irreparablen Schäden der Natur führen kann (vgl. BVerwG, Beschl. 30.04.1991, aaO.). Umweltbelange dürften daher auch bei der Frage zu berücksichtigen sein, ob der vorzeitige Beginn der Errichtung reversibel ist. Auch nach der Entstehungsgeschichte dient die Zulassung des vorzeitigen Beginns zunächst der rascheren Verwirklichung höherer Umweltstandards (vgl. zur Vorgängervorschrift des § 15a BImSchG BT-Drs. 11/6633 S. 45).2.

Gleichwohl wäre der Antragsteller voraussichtlich unterlegen, weil sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei überschlägiger Beurteilung in der Sache wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt hätte, so dass es auf die Zulässigkeit des Antrags jedenfalls im Ergebnis nicht ankommt.

Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Abwägung, ob das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehbarkeit der Zulassung des vorzeitigen Beginns gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt, kommt der Erfolgsaussicht der Hauptsache, also der vom Antragsteller erhobenen Anfechtungsklage gegen die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach § 8a BImSchG, entscheidende Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 -, NVwZ 2009, 240).2.1

Die Verfahrensrügen des Antragstellers hätten voraussichtlich nicht durchgegriffen. Bei überschlägiger Prüfung spricht vieles dafür, dass für das geplante Fleisch- und Wurstwerk der Beigeladenen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand. Die Anlagen, die nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 7.5 (Räuchereien), 7.34 (sonstige Nahrungsmittelherstellung) und 10.25 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, werden weder in den Anlagen 1 und 3 zum UVPG noch im Anhang I und II zur UVP-Richtlinie aufgeführt und unterliegen daher nicht der UVP-Pflicht nach § 3 Abs. 1 und 1a UVPG, Art. 4 UVP-Richtlinie (vgl. Ludwig in Feldhaus aaO. B 2, 4. BImSchV Rdnr. 8 zu Nr. 7.5, Rdnr. 9 zu 7.34, Rdnr. 5 zu 10.25). Bei dem umstrittenen Fleisch- und Wurstwerk handelt es sich unstrittig nicht um eine Anlage zum Schlachten im Sinne von Nr. 7.13 Anlage 1 zum UVPG. Es spricht auch wenig dafür, dass jegliche Verlängerung der Haltbarkeit der Fleisch- und Wurstprodukte durch (Folien-)Verpackung und Kühlung als Herstellung von Konserven im Sinne von Nr. 7.16 der Anlage 1 zum UVPG und Nr. 7 b) des Anhangs II der UVP-Richtlinie ausgelegt werden kann. Auch die UVP-Richtlinie stellt vom Wortlauf her auf das Endprodukt der Konserve und nicht auf den Vorgang des Konservierens im weiteren Sinne ab (vgl. zu diesen Begriffen: Ludwig in Feldhaus aaO. B 2.4 zu Rdnr. 7.4 Rdrn. 5). Schließlich dürfte es sich entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht um eine Abwasserbehandlungsanlage im Sinne der Anlage 1 des Landesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung handeln. Auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht dürfte im Hinblick auf den Standort und die Grundfläche der baulichen Anlagen von etwa 100 000 qm keine gesonderte Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sein. Auf die vom Antragsteller problematisierte Frage, ob der Schwellenwert von 100 000 qm Grundfläche überschritten ist, weil die Privilegierungen des § 19 Abs. 4 BauNVO unberücksichtigt bleiben müssen, wäre es voraussichtlich nicht angekommen. Zwar ist bei einer Grundfläche über 100 000 qm nach Nr. 18.5.2 der Anlage 1 zum UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wohingegen bei geringeren Grundflächen nur eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UVPG zu erfolgen hat (Nr. 18.5.1 der Anlage 1 zum UVPG). Die Umweltverträglichkeitsprüfung wird aber im Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG als Umweltprüfung nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchgeführt. Ist eine Umweltprüfung erfolgt, entfällt die allgemeine Vorprüfung (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Eine solche umfassende Umweltprüfung hat ausweislich der Verfahrensakten bei der Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans E. Fleischwerk stattgefunden (vgl. Umweltbericht vom Dezember 2008). Soweit der Antragsteller rügt, die Umweltprüfung sei fehlerhaft und im Ergebnis nicht nachvollziehbar, dringt er hiermit nicht durch. Denn ein Anspruch auf Aufhebung einer Entscheidung besteht gemäß § 4 Abs. 1 URG nur, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung erforderlich war und gänzlich unterblieben ist. (vgl. VGH, Bad.-Württ., Beschl. v. 27.02.2009 - 8 S 2144.08 -; Hess VGH, Urt. v. 24.09.2008 - 6 C 1600/07.T - juris; Spieth/Appel, NuR 2009, 312). Es dürften bei überschlägiger Prüfung auch keine sonstigen Verfahrensfehler vorliegen, bei denen die konkrete Möglichkeit besteht, dass sie sich auf die hier streitgegenständliche Entscheidung der Zulassung des vorzeitigen Beginns im Hinblick auf Umweltbelange ausgewirkt haben.2.2

Auch die materiell-rechtlichen Rügen des Antragstellers dürften bei summarischer Prüfung nicht durchgreifen. Nach § 2 Abs. 5 URG ist der Rechtsbehelf eines Umweltverbands begründet, wenn u.a. gegen eine dem Umweltschutz dienende Vorschrift verstoßen wurde und Belange des Umweltschutzes berührt sind. Hieraus folgt, dass sich die Kontrolle im Rahmen des Verbandsklageverfahrens nicht auf den nicht umweltschützenden Teil einer Vorschrift erstreckt. Vielmehr hat die Rüge eines Umweltverbandes nur insoweit Erfolg, als die fehlerhafte Anwendung den umweltschutzbezogenen Gehalt der Rechtsvorschrift betrifft (vgl. Ewer, NVwZ 2007, 267 Nr. III.1f). Weiter ist die gegenständliche Beschränkung des vorliegenden Verfahrens auf die vorab zugelassenen Maßnahmen zu berücksichtigen (hier: Tiefbauarbeiten und Verkehrsflächen bezüglich der Außenanlagen, Erdarbeiten, Rohbauarbeiten Bauteil D und Tiefbauarbeiten Bauteil E). Alle Rügen des Antragstellers, die sich auf den späteren Betrieb der Anlage beziehen (Luft-, Licht-, Geruchs-, Verkehrsimmissionen etc.), sind daher im vorliegenden Verfahren allenfalls mittelbar beachtlich im Rahmen der Prüfung nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, ob mit der Erteilung einer Genehmigung gerechnet werden kann. Vorliegend war die Annahme des Antragsgegners, dass der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen (Haupt-)Genehmigung im Zeitpunkt der Vorabzulassung keine Hindernisse entgegenstehen, die nicht durch Nebenbestimmungen ausgeräumt werden können, gerechtfertigt. Insbesondere hatte das immissionsschutzrechtliche Verfahren nach Anhörung der Träger öffentlicher Belange, Öffentlichkeitsbeteiligung und Durchführung des Erörterungstermins einen Stand erreicht, der insoweit eine zuverlässige Prognose ermöglicht hat. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist mittlerweile erteilt worden.

Bei summarischer Prüfung ist auch nicht davon auszugehen, dass gerade durch den vorzeitigen Beginn natur- und artenschutzrechtliche Vorschriften verletzt werden. Im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung vom 6. Juli 2009 waren Ausgleichs-, Ersatz- und Kompensationsmaßnahmen vertraglich vereinbart und vorab soweit verwirklicht, dass die ökologische Funktion der möglicherweise beeinträchtigten Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Tieren im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt und die Lebensstätten von Tieren durch die zugelassenen Erdarbeiten, die Freiräumung der Baufelder und den Beginn der Bauarbeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachteilig betroffen wurden. Die vereinbarten Maßnahmen entsprechen weitgehend den Maßgaben des Umweltberichts vom Dezember 2008, erfolgten in enger Abstimmung mit den fachkundigen Naturschutzbehörden und den hinzugezogenen Sachverständigen und wurden von diesen übereinstimmend für geeignet und ausreichend angesehen. Wenn der Antragsteller demgegenüber vorträgt, dass die auf Vorschlag der Sachverständigen geschaffenen Ersatzbrutstätten für Feldlerchen (sog. Glatzen) nicht geeignet seien, erscheint dies nicht hinreichend substantiiert. Sollte auf den Ersatzflächen im Zeitpunkt des Baubeginns keine Brut stattgefunden haben, dürfte dies jahreszeitlich bedingt gewesen sein; nach dem Bericht des Sachverständigen R. vom 11.08.2009 war die Zweitbrut zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Bruten anderer Vogelarten wurden weder im Umweltbericht noch bei späteren Begehungen der Sachverständigen festgestellt; insbesondere bei der Wiesenweihe wurde nur ein Brutversuch vermutet. Im Übrigen wurde in der Zulassungsentscheidung durch die Nebenbestimmungen 5.1 und 5.2 in geeigneter Weise sichergestellt, dass im Zeitpunkt des Baubeginns keine Brut- und Aufzuchtaktivitäten auf den betroffenen Flächen mehr stattfinden. Danach war vor Baubeginn ein ökologischer Baubegleiter zur Gewährleistung der Belange des Natur- und Artenschutzes während der Bauphase zu bestellen und in Abstimmung mit diesem sowie mit der Naturschutzbehörde ein Bauzeiten- und Bauflächenplan vorzulegen. Die Baumaßnahmen durften nur auf den Teilflächen begonnen werden, die vom ökologischen Baubegleiter freigegeben worden waren, nachdem ein Gutachter festgestellt hatte, dass keine Brut- und Aufzuchtaktivitäten mehr stattfinden. Falls solche während der Arbeiten festgestellt wurden, waren diese unverzüglich einzustellen. Ausweislich der vorliegenden Verfahrensakten wurden diese Vorgaben tatsächlich erfüllt. Die Beigeladene hat am 20.07.2009 einen Bauzeitenplan vorgelegt und mit Schriftsatz vom 17.07.2009 ökologische Baubegleiter bestellt, die die Bauflächen in der 2. Julihälfte und im Laufe des August abschnittsweise freigegeben haben, nachdem der Sachverständige R. durch Begehung festgestellt hatte, dass nach Abschluss der Zweitbrut dort keine Nistaktivitäten mehr stattfinden (vgl. etwa Vermerke Dr. N. vom 07.07.2009 und v. 12.08.2009). Dem steht nicht entgegen, dass Feldlerchen dort noch zur Nahrungsaufnahme angetroffen wurden, weil im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmen hinreichende weitere Nahrungsangebote geschaffen worden sind (u.a. Ansähen von Wildbienenmischungen, Hanfstreifen, Extensivierung von Ackerflächen). Lebensstätten von Fledermäusen befanden sich unstreitig nicht auf dem Baugrundstück. Die Störung von Flugaktivitäten der Fledermäuse durch Licht und ggf. Lärm wird durch die Nebenbestimmungen Ziff. 1.2.1 und 1.2.2 vermieden, wonach insektenschonende, nach unten gerichtete Lichtquellen zu verwenden und die Bauarbeiten jahreszeitlich abgestuft mit Einbruch der Dunkelheit einzustellen sind. Der Gewässerschutz dürfte durch die umfangreichen Nebenbestimmungen in Ziff. 4 der Zulassungsentscheidung hinreichend sichergestellt sein.

Auch die Einwendungen des Antragstellers bezüglich der Vielzahl der auf dem Baugrundstück angetroffenen, zum Teil streng geschützten Wildbienenarten dürften voraussichtlich nicht durchgreifen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Beginn der Erdarbeiten zur Zerstörung von Bodennestern führt. Zur Ermöglichung der Umsiedlung der Wildbienen wurde aber neben dem Baugrundstück ein temporäres Wildbienenhabitat (Magerwiesenstreifen mit Aussaat einer Wildbienenmischung) angelegt und später eine dauerhaft vorzuhaltende Magerwiese vorgeschrieben. Für eine mangelnde Eignung in tatsächlicher Hinsicht dürften keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wurde von den fachkundigen Stellen als ausreichend und geeignet angesehen. Auch nach der vom Antragsteller vorgelegten Stellungsnahme des Sachverständigen Dr. H. hat der Wiesenstreifen das Potential für eine Magerwiese; es wird auch nicht ausgeschlossen, dass er diese Qualität bereits erreicht hat, sofern ein bestimmter Indikator nochmals aufgefunden wird. Nicht zuletzt hat der biologische Sachverständige R. nach einer Ortsbegehung vom 11.08.2009 bestätigt, dass der Wiesenstreifen von den Wildbienen tatsächlich angenommen wurde. Darüber hinaus kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die nachgewiesene Fauna und Flora das Ergebnis einer spontanen Neubesiedlung eines frisch brach gefallenen Ackers war, der zuvor intensiv landwirtschaftlich genutzt wurde (Umweltbericht S. 41f; Faunistischer Fachbeitrag zum Bebauungsplan, Kapitel Eingriffsbewertung, Stellungnahme des bodenökologischen Baubegleiters v. 10.09.2009). Es wird aus fachkundlicher Sicht von einem hohen Entwicklungspotential mit einer ebenso spontanen Neubesiedlung in geeigneter Weise gestalteter Ausgleichsflächen ausgegangen. Die hohe naturschutzfachliche Wertigkeit der Eingriffsfläche sei innerhalb kurzer Zeiträume (1 - 3 Jahre) vollständig an anderer Stelle in der nahen Umgebung herstellbar (vgl. Fachbeitrag Fauna aaO.).

Auch die Bedenken des Antragstellers dahingehend, dass die Ausgleichsmaßnahmen im öffentlich-rechtlichen Vertrag insbesondere mangels Beteiligung der Beigeladenen nicht hinreichend rechtsverbindlich festgesetzt wurden, dürften nicht durchgreifen. Das temporäre Wildbienenhabitat sowie die weiteren Ausgleichs-, Ersatz- und Kompensationsmaßnahmen sind im wesentlichen von den Vertragsparteien, d.h. dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Rheinstetten, durchzuführen. Soweit die Beigeladene selbst Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen hat (u.a. dauerhafte Anlegung einer Magerwiese auf dem Baugrundstück, Gehölzpflanzung) folgt ihre diesbezügliche Verpflichtung bereits aus den Feststetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (vgl. Ziff. 1.8 der schriftlichen Festsetzungen) und kann im Wege der Nebenbestimmung zur Hauptgenehmigung nochmals verbindlich festgesetzt werden. Im Übrigen waren die temporären Ausgleichsmaßnahmen im Zeitpunkt der Vorabzulassung tatsächlich verwirklicht.2.3

Auch unter der Voraussetzung, dass sich der Antragsteller grundsätzlich auf eine Verletzung des § 8a BImSchG berufen kann, hätte sein Rechtsbehelf voraussichtlich im Ergebnis keinen Erfolg gehabt. Nach dem oben dargestellten Maßstab des § 2 Abs. 5 URG dürfte auch eine Rüge des Verstoßes gegen § 8a BImSchG nur insoweit durchgreifen, als Umweltbelange verletzt sind. Die Vorabzulassung kann gemäß § 8a Abs. 1 Nr. 2 BImSchG im berechtigten Interesse eines Privaten erfolgen. Das Privatinteresse ist allerdings nicht als berechtigt anzuerkennen, wenn erhebliche öffentliche oder private Interessen dem vorzeitigen Beginn entgegenstehen (Scheuing/Wirths aaO. § 8a Rdnr. 52; Storost aaO. § 8a C 3). Die Beigeladene hat ihre privaten Interessen am vorzeitigen Baubeginn dargelegt. Zwar mag mit dem Antragsteller bezweifelt werden, ob alle von der Beigeladenen angeführten Gesichtpunkte in vollem Umfang anerkennenswert sind, etwa soweit es sich um selbstgeschaffene Kostenfaktoren wie die Inanspruchnahme eines Rücktrittsrechts durch den Träger des Vorhabens selbst handelt. Wie ausgeführt, verstößt der vorzeitige Beginn bei überschlägiger Beurteilung aber voraussichtlich nicht gegen natur- und artenschutzrechtliche oder sonstige umweltschutzrechtliche Belange. Daher spricht vieles dafür, dass die Interessen der Beigeladenen an einem zeitnahen Baubeginn im Ergebnis anzuerkennen gewesen wären.

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Zulassungsentscheidung den rechtlich vorgegeben Rahmen überschreitet. Trotz der vom Antragsteller geäußerten Bedenken, ob die zugelassenen Maßnahmen hinreichend bestimmt umschrieben sind, ist jedenfalls nicht zweifelhaft, dass es sich lediglich um den Beginn der Errichtung handelt, weil insbesondere mit der Errichtung der Bauabteile A - C nicht begonnen werden durfte. Der Senat hat auch keine durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Reversibilität der Maßnahmen (zu diesem Erfordernis BVerwG v. 30.04.1991, aaO.; Scheuing/Wirths aaO. § 8a Rdnr. 111; Storost aaO. C 10; Sellner aaO. Rdnr. 15ff). Nach dem Bericht des bodenökologischen Baubegleiters vom 10.09.2009 sind gegenüber Verdichtung, Vernässung und Umlagerung wenig empfindliche Sand- und Kiesböden betroffen, die auch bei Wiederaufbringung am ursprünglichen Standort ihre ökologische Funktion erfüllen können. Ferner dürfte aufgrund des im Umweltbericht dargelegten hohen Entwicklungspotentials eine große Wahrscheinlichkeit für eine spontane Wiederbesiedlung der Fläche mit der ursprünglichen Flora und Fauna bestanden haben, sofern eine dem vorherigen Zustand entsprechende Ausgestaltung und Nutzung der Flächen erfolgt wäre.III.

Der Senat hält es für angemessen, den Antragsteller insgesamt mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Für Ziffer 1 des Beschlusses folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 2 VwGO; im Übrigen - wie dargelegt - aus der Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene in beiden Instanzen einen Antrag gestellt hat und damit selbst ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) sowie das Verfahren auch in der Sache gefördert hat, entspricht es der Billigkeit, dem Antragsteller gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG vom 30.04.1991 aaO.; Olbertz in Schoch aaO. § 162 Rdnr. 86 ff m.w.N.).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63, 47, 53 Abs. 3 und 52 Abs. 1 und 2 GKG in Anlehnung an die Empfehlungen Nummern 1.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Streitwertkatalog empfiehlt für Verbandsklagen die Festsetzung von mindestens 15.000 Euro (Nr.1.2); im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Streitwert regelmäßig zu halbieren (Nr. 1.5). Zwar kann bei Vorwegnahme der Hauptsache der Streitwert bis zur vollen Höhe des für die Hauptsache anzunehmenden Streitwerts angehoben werden. Hiervon sieht der Senat aber im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe ab, dass Verfahren nach Art. 10a UVP-Richtlinie und Art. 16 IVU-Richtlinie nicht übermäßig teuer durchzuführen sind.

Der Beschluss ist unanfechtbar.